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78 quadrat 10 / 2012 � lüneburg sozial<br />
Landleben –<br />
kein Romantizismus<br />
Ein Sorgentelefon für Landwirte? Denen geht<br />
es doch gut, die haben doch alles!“ – so die<br />
nicht unübliche Erstreaktion überraschter<br />
Mitmenschen, wenn sie vom Angebot des Sorgentelefons<br />
für landwirtschaftliche Familien erfahren;<br />
dreimal gibt es diese Hotline in Niedersachsen.<br />
Wie sehr die Menschen doch immer wieder den<br />
eigenen Blick auf die Dinge durch Vorannahmen<br />
ein engen, ist keine neue Erfahrung für Hella Lietz,<br />
die zwölf Jahre lang im Ehrenamt als Vorsitzende<br />
des Trägervereins tätig war. Auch ihre Nachfolgerin<br />
Annemarie Strüber kennt dieses Phänomen. Für<br />
beide ist der Lebensalltag auf dem Bauernhof mit<br />
DAS SORGENTELEFON FÜR LANDWIRTSCHAFTLICHE FAMILIEN BEDEUTET ERSTE HILFE<br />
FÜR FAMILIÄRE UND WIRTSCHAFTLICHE KRISEN<br />
Hella Lietz (links) und Annemarie Strübe kennen den Lebensalltag auf dem Bauernhof<br />
all seinen Vor- und Nachteilen ein wichtiger Teil<br />
ihrer Biografi e − und damit auch Ursache ihres<br />
Engagements für Hoffamilien.<br />
„Wer keinerlei Berührungspunkte mit der Landwirt-<br />
schaft hat, hat oft ein völlig falsches, von Romantizismen<br />
und Vorurteilen geprägtes Bild von den<br />
Menschen, die von der Landwirtschaft leben“, erklärt<br />
Hella Lietz, „entsprechend ungläubig reagiert<br />
man in Bezug auf die Existenz und Notwendigkeit<br />
des Sorgentelefons“.<br />
Annemarie Strüber ergänzt: „Vor allem geht es dabei<br />
in erster Linie um Hilfe für Familien, um die<br />
Beziehungsebene zwischen den Menschen einer<br />
Hofgemeinschaft. Die sozialökonomische Beratung<br />
umfasst nicht unser Aufgabengebiet, da vermitteln<br />
wir weiter − wobei aber natürlich wirtschaftliche<br />
Aspekte und Familiäres ganz besonders im bäuerlichen<br />
Kontext miteinander verwoben sind. Immerhin<br />
leben mitunter bis zu vier Generationen auf<br />
einem Hof. Wie existenziell ist es also, wenn diese<br />
Konklave auseinander zu brechen droht! Die<br />
Hemmschwelle, sich Beratung auf familiärer Ebene<br />
zu holen, ist bei jenen Menschen naturgemäß sehr<br />
hoch.“<br />
In diesem Zusammenhang sollte man sich auch<br />
ins Bewusstsein rufen, dass die bäuerlichen Lebens-<br />
FOTO: ENNO FRIEDRICH