32STRATEGIE<strong>Die</strong> Kommunikationswissenschaft postuliert die „Ergebnisoffenheitdialogischer Kommunikation“. Doch in <strong>der</strong> Praxis hat Kundendialogimmer ein Ergebnis zum Ziel: Es geht um Abschlüsse, ums Verkaufeno<strong>der</strong> um Kundenbindung. Wenn Kunden Wertschätzung erfahren,belohnen sie dies mit Treue. Das ist in Studien erwiesen.Doch wie bringt man gerade im Callcenter Wertschätzung rüber?Wie sich Wertschätzung auszahlt50 Prozent weniger KündigungenBild: styleuneed – Fotolia.comGerald Schreiber,geschäftsführen<strong>der</strong>Gesellschafter<strong>der</strong>davero-Gruppe.Bild: daveroViel wurde deshalb in den letztenJahren unternommen, um diese naturgegebeneErgebnisoffenheit mitengen Korsagen zu überwinden:Verkaufstrainings, Gesprächsleitfäden,klare Skriptvorgaben. Der Akzeptanzdes Kanals Telefon hat daswenig gebracht. Standards sindheute fast überall verankert, be -geistern aber niemanden am an<strong>der</strong>enEnde <strong>der</strong> Telefonleitung mehr.Was hilft – das zeigt nicht nur diePraxis –, ist echte, aufrichtige Wertschätzung.<strong>Die</strong> lässt sich planenund gestalten. Das ist Wertschätzungsmanagement.Kunden haben ein langesGedächtnisSchon die ersten Ergebnisse desdavero Wertschätzungsmonitors –einer umfangreichen Studie zurKundenwertschätzung – zeigendeutlich, dass positive Serviceüberraschungenam Telefon länger imGedächtnis bleiben als bei an<strong>der</strong>enKanälen o<strong>der</strong> dem persönlichen Erlebenin einer Filiale. Sie zeigenaußerdem, dass sich an diese positivenErlebnisse länger als sechs Monateerinnert wird. Für den Kundendialogbedeutet das: Es lohnt sich,in Dialogkonzepte zu investieren,die Basis positiver Erinnerungensind. Genau dort setzt Wertschätzungsmanagementan. Ziel ist einoffener Dialog, <strong>der</strong> eben nicht versucht,die Ergebnisoffenheit durchein Korsett zu beeinflussen. Son<strong>der</strong>neiner, <strong>der</strong> das Ziel hat, Wertschätzungauszudrücken. Einfacherausgedrückt: Es geht um Kundenbindung,nicht um das schnelle Verkaufen.Das honoriert <strong>der</strong> Kunde.Wertschätzungsmanage mentin <strong>der</strong> PraxisFür mehrere Unternehmen <strong>der</strong> Versicherungswirtschaftsetzt daveroWertschätzungsmanagement seiteinigen Jahren zur Bindung vonVersicherten ein. <strong>Die</strong>se Versichertenwerden zweimal im Jahr angerufen.Ohne jede Verkaufsabsicht.Dabei wird nach <strong>der</strong> Zufriedenheitmit <strong>der</strong> Versicherung und ihrenLeistungen gefragt, es gibt Raum imGespräch für die Wünsche und Anregungenund es werden passende,kostenfreie Zusatzangebote vorgestellt.<strong>Die</strong> Gespräche drückennichts an<strong>der</strong>es aus als „meine Versicherunginteressiert sich für michals Mensch“ – nicht mehr und nichtweniger. Der Erfolg dieses Konzeptsist – dank einer entsprechendenKontrollgruppe – leicht messbarund überzeugt: <strong>Die</strong> Kündigerquoteist bei den zweimal im Jahr für jeweilseinige Minuten aktiv wertgeschätztenKunden bis zu 50 Prozentgeringer als bei denjenigen, dienicht angerufen worden sind. Auchgegenüber Kundenkarten o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>eneher wirtschaftlichen Anreizenschneidet Wertschätzungsmanagementdeutlich besser ab.Doch ganz so einfach wie es klingt,ist das Wertschätzungsmanagementnicht: Es reicht nicht, den Agentendas Skript wegzunehmen und siedrauflostelefonieren zu lassen. Essind auch nicht nur die Gesprächs -inhalte, die zählen. Wertschätzunglässt sich nicht per Konzept verordnen,son<strong>der</strong>n entsteht erst im Zusammenspielvon Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern im Kundenservicemit ihren Kundinnen und Kunden.Sie ist ein flüchtiges Konstrukt, dasin jedem Gespräch neu erarbeitetwerden muss.Das Institut für Sprechwissenschaftan <strong>der</strong> Universität Halle hat die Gesprächefür diese Versicherungsunternehmenuntersucht. Mit 150verschiedenen Kriterien haben dieWissenschaftler herausgearbeitet,was wirklich wichtig ist, um Wertschätzungam Telefon zu vermitteln.<strong>Die</strong> Ergebnisse zeigen deutlich,dass es nicht die Standards sind, dieüberzeugen. Es ist die Nähe, dieentsteht, wenn sich zwei Menschenverstehen. Und dafür ist es wichtig,dass sich <strong>der</strong> Mitarbeiter am Telefonauf die Lebenssituation des Gesprächspartnerseinstellen kann:Was bedeutet Hinterbliebenen-Absicherungfür einen Menschen,wenn er gerade Vater von Zwillingengeworden ist? Was treibt diesenMenschen in gerade dieser Situationum? Wer diese Fragen für sichbeantworten und ein Gefühl desVerständnisses vermitteln kann, hatim Gespräch klare Vorteile. Wersich nur auf <strong>der</strong> Ebene des Verstehensbewegt – also zwar kognitiv,aber nicht emotional auf <strong>der</strong> gleichenGesprächsebene unterwegs ist–, <strong>der</strong> wird nicht in <strong>der</strong> Lage sein,echte Wertschätzung zu vermitteln.Wichtig ist außerdem: Der Kundesteht je<strong>der</strong>zeit im Mittelpunkt eineswertschätzenden Gesprächs. Deshalbkommen Gesprächsleitfädenhier an ihre Grenze – ein wertschätzendesGespräch enthält viel Spontaneitätund stellt hohe Anfor<strong>der</strong>ungenan den Mitarbeiter. Der Aufwandallerdings lohnt sich: DassWertschätzung mittel- und langfristigzu mehr Wertschöpfung führt, istlängst bewiesen.CallCenter for Finance 2/2012
STRATEGIE33Sitel ist einer <strong>der</strong> Weltmarktführer im Bereich Outsourcing vonKundendienstleistungen. Das Leistungsspektrum umfasst dieBeratung, das Business Process Outsourcing,Kundenakquisition und -bindung, Back-Office-Services undviele weitere Leistungen. CallCenter for Finance wolltewissen, wie man sich im Umfeld von Social Media bewegt undwelche Rolle die Banken und Versicherungen hierbei spielen.Interview mit Christian Steinebach,Managing Director <strong>der</strong> Sitel GmbHBild: Sitel<strong>Die</strong> Klaviatur von Social Mediarichtig spielenWas verstehen Sie unter?Kundendialog 2.0?Christian Steinebach: Kundendialog2.0 heißt für uns: Unseren Kundendie Social-Media-Welt mithilfe vonOmnichannel-Kommunikation zurVerfügung stellen. Services rund umdie Entwicklung des Social Websind für uns ein maßgeblicher Treiber,um mit und für unsere Kundenneue Potenziale zu erschließen. Soeröffnen Social Media wie Facebooko<strong>der</strong> Twitter Unternehmenvielfältige Möglichkeiten, mit ihrenKunden in Kontakt zu treten.Immer mehr Stamm- und Neukundenverwenden Social Media zumAustausch über die Produkte und<strong>Die</strong>nstleistungen, die sie von einerFirma kaufen o<strong>der</strong> zu kaufen beabsichtigen.<strong>Die</strong>se Art Empfehlerdialogwird häufig dem Kontakt mitden jeweiligen Firmen vorgezogen.Contactcenter sind deshalb gefragt,für ihre Klienten Interaktionsstrategienfür Social Media zu entwickeln,die sämtliche Kanäle erfassenund somit den Kundendialogoptimieren.Wie können Banken und?Versicherungen sich in diesemUmfeld bewegen?Christian Steinebach: <strong>Die</strong> Omni -channel-Kommunikation ist <strong>der</strong>richtige Ansatz für Banken und Versicherungen.Damit geben wir denKunden unserer Kunden die Möglichkeit,auf dem von ihnen präferiertenKanal Kontakt aufzunehmen– und zwar bidirektional: DerKunde möchte in den interaktivenKontakt mit dem Unternehmen tretenund muss dort abgeholt werden,wo er zuhause ist: im Internet, amTelefon o<strong>der</strong> im persönlichen Kontakt.Omnichannel-Kommunikationist daher die <strong>Lösung</strong> <strong>der</strong> Zukunft. Sokönnen wir erreichen, dass dieEndkunden eine maximale Flexibilitätbezüglich des Supports erhalten.Essentiell ist dabei die ganzheitlicheBetrachtung, <strong>der</strong> „ClosedLoop“: Wir clustern und wertenInformationen beziehungsweise Reaktionenaus und spielen diesedann an unsere Kunden zurück. Sowird sichergestellt, dass alle Ak -tivitäten transparent zurückgespiegeltund somit verarbeitet werdenkönnen.Was kann ein <strong>Die</strong>nstleister wie?Sitel zum Erfolg beitragen?Christian Steinebach: Spezialistenwie Sitel können besseren Servicezu geringeren Kosten anbieten.Zudem steigert auch die Prozessoptimierungdie Effizienz. Bedingtdurch exzellente Standards undProzesse sind wir in <strong>der</strong> Lage, hoheQualität bei sinkenden Kosten zubieten. Auch <strong>der</strong> Einsatz von so -zialen Medien unterstützt kostengünstigereKommunikationskanäle.Mithilfe von Nearshoring o<strong>der</strong> Off -shoring sind selbstverständlichebenfalls erhebliche positive Kosteneffektemöglich. Als internationalagierendes Unternehmen sindwir aufgrund unserer flächendeckendenPräsenz in <strong>der</strong> Lage, großeProjekte für internationale Unternehmenzu übernehmen. Dochauch für kleine und mittelständischeUnternehmen ist Sitel einguter Partner − die Themen sind imPrinzip die Gleichen: Ob CustomerCare o<strong>der</strong> klassische Back-Office-Services − dies sind die Prozessedes Kundenbeziehungsmanagements,die Handelsunternehmen,egal ob groß o<strong>der</strong> klein, sinnvollerweisean einen Partner auslagernkönnen, um sich auf das zu konzentrieren,was sie am besten können.Welche Hürden und Stolpersteine?müssen bedacht werden?Christian Steinebach: Rein technologischbetrachtet gibt es von unsererSeite keine Hürden und Stolpersteine,denn unsere <strong>Lösung</strong>en sindschnell und einfach zu implementieren.Wichtig jedoch sind Aspektewie eine strukturelle Herangehensweiseund die strategische Planung:Welches sind die genauen Anfor<strong>der</strong>ungendes Kunden? Was benötigter? Wir möchten mit unseren Kundenauf Augenhöhe agieren und setzendaher alles daran, dass er dieServices von uns erhält, die erbraucht.CallCenter for Finance 2/2012