Coverstoryhier wird der Grundstein für eine erfolgreicheZukunft unserer Kinder und des Wirtschaftsstandortesgelegt. Daher war es mirauch so wichtig, den Bereich Bildung alsLandeshauptmann selbst zu übernehmen.Besonders wichtig ist es auch, die Budgetkonsolidierungvoranzutreiben, denn Zinsenfür Schulden zu zahlen, ist keine Investitionin die Zukunft. Davon wird abhängen, ob wirdie Ziele, die sich die neue Landesregierungin ihrem Regierungsprogramm gesetzt hat,auch erreichen können. Wichtig ist mir dabei,dass wir das Land nicht ‚kaputtsparen‘.Wir brauchen eine gute Mischung aus Budgetkonsolidierungund Schuldenabbau einerseitsund einem richtigen Mix aus Investitionenin die Wirtschaft andererseits. Dennohne funktionierende Wirtschaft, die für Beschäftigung,Wertschöpfung und Steuereinnahmensorgt, können wir weder investieren,noch das Budget wieder in Ordnung bringen.“Auch für Markus Wallner, der im November2011 Hans Sausgruber im Amt des VorarlbergerLandeshauptmanns nachgefolgt ist,gilt grundsätzlich, dass die geografische Distanzzu Wien nicht immer ein Nachteil ist.„Wir kommen ganz gut selbst zurecht, wennman uns ungestört arbeiten lässt“, so Wallner.„Wenn es aber notwendig ist, bringenwir uns in die Debatte ein und werden gehört.In den meisten Fällen stehen wir mitunseren Bedenken oder Wünschen ja nichtallein da, sondern finden Partner, die uns unterstützen.Die Landeshauptleute-Konferenzhat sich hier sehr bewährt. Oder die enge Zusammenarbeitmit Tirol und Salzburg – aberauch unsere Beziehungen zur Stadt Wiensind hervorragend.“Föderalismus im VergleichWer die föderale Struktur Österreichs mit dervon Deutschland und der Schweiz vergleicht,stößt schnell auf die gravierendenUnterschiede. Das föderale System inDeutschland wird vor allem durch die sogenannteKulturhoheit der Länder geprägt. Alles,was mit Bildung, Erziehung, Hochschuleund Forschung sowie Kultur zu tun hat, istausschließlich Sache des jeweiligen Bundeslandes.In der Ständigen Konferenz der Kultusminister,bereits 1948 gegründet, wird dieArbeit bundesweit koordiniert. Ein anderermarkanter Unterschied liegt darin, dassDeutschland seine Bundesbehörden über dasgesamte Land verteilt hat. So liegt das Kraftfahr-Bundesamtin Flensburg im Norden desLandes, das Bundesverfassungsgericht undBundesgerichtshof in Karlsruhe im <strong>West</strong>en,fast an der französischen Grenze, das Umweltbundesamtin Dessau im Osten, das Patent-und Markenamt in München und derBundesnachrichtendienst (BND) in Pullachim Isartal im Süden. Dazwischen sind knappweitere 30 Bundesbehörden verteilt.Auch in der Schweiz sind Bundesbehördennicht nur in Bern, sondern in acht weiterenStädten, wie zum Beispiel Luzern, Lausanne,Zürich und St. Gallen, etabliert. Besonderssignifikant für den Föderalismus inder Schweiz ist die Freiheit, die den Kantonenin der Gestaltung ihrer Steuerordnungzugestanden wird. Besonders deutlichschlägt dies bei den direkten Steuern vomEinkommen und Vermögen bzw. vom Gewinnund vom Kapital zu Buche.Im Gegensatz dazu ist der Föderalismus inÖsterreich eher schwach ausgeprägt. Vielgravierender in seinen Auswirkungen istaber der Umstand, dass der „Wasserkopf“Wien von den Ländern mitfinanziert wird.So listet der ehemalige Bundesratspräsidentund „Forum Land Tirol“-Chef Georg Keuschniggauf, dass Wien zum Beispiel 60 Prozentaller Kulturmittel und 50 Prozent desUniversitätsbudgets abschöpft. Dass derBund im Wiener Allgemeinen Krankenhaus(AKH) im Gegensatz zu den Unikliniken inInnsbruck und Graz die Gehälter der Ärztezur Gänze zahle, sei eine weitere Ungerechtigkeit,so Keuschnigg, die jährlich immerhinknapp 200 Millionen Euro ausmache. PeterBußjäger, Direktor des Instituts für Föderalismus,das in Innsbruck angesiedelt ist undvon den drei Bundesländern Salzburg, Tirolund Vorarlberg getragen wird, pflichtet Keuschniggbei. Zu diesem Befund komme nochdie ungleiche Verteilung von Förderungenund vermehrte Jobchancen durch die zentralenBereiche von Wissenschaft und Kultur.Das alles trägt zum Wachsen des ZentralraumsWien bei. Bußjäger abschließend:„Dieser Braindrain ist eine Gefahr für dieLänder, weil hochqualifizierte Kräfte abwandern.“Was gut ist, muss besser werdenUm im Wettbewerb innerhalb der EU-Regionendie Positionen nicht nur zu halten,sondern weiter ausbauen zu können, müssenerhebliche Investitionen in Infrastruktur undBildung geleistet werden. Dies vor allemauch vor dem Hintergrund, weil Projekte ausGeldmangel immer wieder auf die langeBank geschoben werden mussten. Der dadurchentstandene Investitionsstau führt inder Außenbetrachtung dazu, dass die diesbezüglichenForderungen der Bundesländerals überzogene Begehrlichkeiten von Landesfürstenkritisiert werden. Dabei geht esum nichts anderes als um gelebten Föderalismus,der für innovative Regionen unabdingbarist, was auch Föderalismus-Fachleuteimmer wieder betonen. Deshalb mussdie Benachteiligung des <strong>West</strong>ens, was finanzielleUnterstützungen des Bundes betrifft,ein Ende haben, fordert Günther Platter imVerbund mit Wallner und Haslauer.SalzburgerInfrastrukturprojekte„Natürlich gibt es einige Projekte und Vorhaben“,so Haslauer, „die sich die Landesregierungzum Ziel gesetzt hat und die auskKommentarVom <strong>West</strong>en die Besten,im Osten die PostenVon einem Vorarlberger gesprochen,klingt diese knappe Mentalitätsstudie,wie sie über viele Jahrzehntevor allem innerhalb der ÖsterreichischenBundesbahnen gerne undbei jeder Gelegenheit formuliertwurde, schon wegen der vielenZischlaute noch eine Spur drastischer.Weil sich auch in dieser Hinsichtvieles geändert hat, bringenwir die drastische Beschreibung desLeistungsgefälles auch unter deutlichemVorbehalt. Der maßgeblicheUnterschied zwischen den Menschenim gebirgigen <strong>West</strong>en und denFlachländlern und Städtern im Ostenliegt im Wesen der Leistungsbereitschaft.Wer unter erschwertenBedingungen und kargen Böden dasNotwendige fürs Überleben abzutrotzengelernt hat, ist es gewohnt,zuzupacken und nicht auf jemandenzu warten, der einem die Arbeit vielleichtabnehmen könnte. Diese prägendeHaltung hat sich quasi eingefrästund wird mit den Genen weitergegeben.Noch einmal: Diese Feststellungbeinhaltet keine Wertung,vielmehr dient sie der Beschreibungdes Umstandes, warum man im<strong>West</strong>en eher anpackt als im Osten.So ist es auch zu verstehen, dass dieLandeshauptmänner von Vorarlberg,Tirol und Salzburg dem bildungspolitischenSchlendrian der Bundesregierungnicht länger zuschauen mögenund entgegen der Generallinieihrer Partei die Gesamtschule möglichstrasch in die Tat umgesetzt sehenwollen. Sie wissen, dass einezukunftweisende Bildungspolitik fürdie Sicherung des Wirtschaftsstandortesund den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeitunabdingbar ist. Siewollen handeln, weil sie handelnmüssen und weil ihnen niemand zurSeite steht und die Probleme abnimmt.SHfinanziellen Gründen nur mit Hilfe des Bundesverwirklicht werden können. Ich denkehier insbesondere an große Infrastrukturprojektewie die Verlängerung der Stadtregionalbahn,aber auch an Verbesserungen imGesundheitsbereich oder bildungspolitischeAnliegen, bei denen es nicht nur ums Geldgeht, sondern die auch bundesgesetzlicherRegelungen bedürfen. Abseits von Einzelprojektengeht es jedoch ganz generell darum,dass der <strong>West</strong>en in Wien mehr GehörWIRTSCHAFTSNACHRICHTEN <strong>10</strong>/<strong>2013</strong> 9
CoverstoryiWahlergebnisse (Stimmenanteil in Prozent)SalzburgLTW <strong>2013</strong> NRW <strong>2013</strong> NRW 2008ÖVP 29,01 26,69 29,<strong>10</strong>SPÖ 23,81 23,05 23,80Grüne 20,18 14,73 11,80FPÖ 17,03 21,28 17,70FRANK 8,34 5,20NEOS 4,54TirolLTW <strong>2013</strong> NRW <strong>2013</strong> NRW 2008ÖVP 39,35 32,36 31,11SPÖ 13,72 18,31 18,04Grüne 12,59 15,13 11,07FPÖ 9,34 19,40 16,99FRANK 5,60NEOS 4,86VorarlbergLTW 2009 NRW <strong>2013</strong> NRW 2008ÖVP 50,79 26,38 31,<strong>10</strong>SPÖ <strong>10</strong>,20 13,16 14,<strong>10</strong>FPÖ 25,12 20,26 16,<strong>10</strong>Grüne <strong>10</strong>,58 16,92 17,20NEOS 13,03FRANK 5,35LH Wilfried Haslauer (2. von links) mit Vertretern der Forschungsförderungsgesellschaft:„Wir brauchen eine gute Mischung aus Budgetkonsolidierungund Schuldenabbau einerseits sowie andererseits einen richtigenMix aus Investitionen in die Wirtschaft.“Foto: Franz Neumayrfindet.“ Haslauer zeigt sich sehr überzeugt davon, dass die westlichenBundesländer in Zukunft gemeinsam ihre Interessen in Wien nochstärker artikulieren und auch durchsetzen werden. Was die Zusageder Errichtung einer medizinischen Fakultät in Linz betrifft, seiennach Haslauer noch einige Punkte zu klären. Der Salzburger Landeshauptmanngönnt Linz, wie er ausführt, zwar jeden Erfolg, verweistaber deutlich darauf, dass Salzburg die älteren Rechte habeund mit der Paracelsus Medizinischen Universität (PMU) auch eineuropaweites Vorzeigemodell vorweisen könne. Die Salzburger Landesregierunghat sich daraufhin entschlossen, beim VerfassungsgerichtshofKlage zu erheben, um den klinischen Mehraufwand, derder PMU entsteht, aus Bundesmitteln abgegolten zu bekommen. „Ichbin zuversichtlich“, so Haslauer abschließend, „dass wir damit Erfolghaben und dass diese Ungleichbehandlung der PMU gegenüber denöffentlichen medizinischen Fakultäten beendet werden kann.“InnsbruckerRegionalbahnWährend der GroßraumWien, so Keuschnigg,mehr als die Hälfte derVerkehrsmillionen lukriere,wartet man in Tirolnach wie vor auf diefinanziellen Zusagen, diefür den Ausbau der InnsbruckerRegionalbahnunbedingt notwendigsind. Und Platter fügtdeutlich hinzu: „Aus Tirolfließen jedes Jahrviele Tourismus- undMautmillionen ab, wäh-