Groß und stark werden - Vorsprung durch Bildung
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<strong>Groß</strong> <strong>und</strong> <strong>stark</strong> <strong>werden</strong><br />
– Initiative Kinderkrippen in Bayern –
Impressum<br />
Herausgeber<br />
vbw – Vereinigung der<br />
Bayerischen Wirtschaft e. V.<br />
unterstützt von<br />
BayME – Bayerischer Unternehmensverband<br />
Metall <strong>und</strong> Elektro e. V. <strong>und</strong><br />
VBM – Verband der Bayerischen Metall- <strong>und</strong><br />
Elektro-Industrie e. V.<br />
Max-Joseph-Str. 5, 80333 München<br />
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit <strong>und</strong><br />
Sozialordnung, Familie <strong>und</strong> Frauen (StMAS)<br />
Winzererstraße 9, 80797 München<br />
Gesamtverantwortung<br />
Dr. Christof Prechtl, vbw<br />
Hans-Jürgen Dunkl, StMAS<br />
Redaktion<br />
Renate Niesel,<br />
Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP)<br />
Birgit Siglmüller (StMAS)<br />
Elisabeth Graf, <strong>Bildung</strong>swerk<br />
der Bayerischen Wirtschaft e. V.<br />
Nicole Scherbe (vbw)<br />
Konzeption <strong>und</strong> Text<br />
Renate Niesel (IFP)<br />
Birgit Siglmüller (StMAS): Ausführungen<br />
zum Gesamtkonzept zur kind- <strong>und</strong> familiengerechten<br />
Betreuung, <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> Erziehung<br />
von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>und</strong> zum<br />
Bayerischen Kinderbildungs- <strong>und</strong> -betreuungsgesetz<br />
(BayKiBiG), sowie Erstellung des<br />
Leitfadens zur Errichtung einer Kinderkrippe<br />
Michael Lindemann, Nicole Scherbe (vbw):<br />
Tipps für Betriebe<br />
Wissenschaftliche Dokumentation<br />
Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP)<br />
Winzererstraße 9, 80797 München<br />
Ansprechpartnerin: Renate Niesel<br />
Prozessbegleitung <strong>und</strong> Qualifizierung<br />
Elfriede Maria Daschner<br />
Gerda Wimmer-Schmidt<br />
Elisabeth Erndt-Doll<br />
Fotos<br />
Jochen Fiebig (IFP)<br />
Layout<br />
PC-Print GmbH, München<br />
Herstellung<br />
Humbach & Nemazal Offsetdruck GmbH,<br />
Pfaffenhofen/ Ilm<br />
© 2005<br />
Für die kritische Durchsicht der Texte <strong>und</strong> wertvolle Rückmeldungen danken wir Frau Angelika<br />
Simeth (Landeshauptstadt München, Sozialreferat, Stadtjugendamt, Abt. Kindertagesbetreuung) <strong>und</strong><br />
Frau Elfriede Maria Daschner (Prozessbegleiterin). Bei Frau Daschner bedanken wir uns zudem für<br />
die kompetente Durchführung der Interviews.<br />
Da die Fachkräfte in Kinderkrippen <strong>und</strong> Kindergärten überwiegend Frauen sind, wird in dieser<br />
Publikation die Berufsbezeichnung „Erzieherin“ oder „Kinderpflegerin“ verwendet bzw. von „Mitarbeiterinnen“<br />
gesprochen. Die männlichen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen sind einbezogen.
Inhalt<br />
Grußwort der Bayerischen Staatsministerin<br />
für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, Familie <strong>und</strong> Frauen 5<br />
Grußwort des Präsidenten der vbw – Vereinigung<br />
der Bayerischen Wirtschaft e. V. 6<br />
Vorwort des Direktors des Staatsinstituts für Frühpädagogik 7<br />
Einführung 8<br />
Betreuung <strong>und</strong> <strong>Bildung</strong> für Kinder unter drei Jahren: Eine gesellschaftliche Herausforderung 9<br />
Von der Säuglingsbewahranstalt zur familienergänzenden <strong>Bildung</strong>seinrichtung<br />
Mütter möchten berufstätig sein <strong>und</strong> die Jüngsten sind in einer Kinderkrippe<br />
gut aufgehoben<br />
Das Projekt „Initiative Kinderkrippen in Bayern“ 14<br />
Sieben neu gegründete Kinderkrippen im Porträt 16<br />
Wie die Porträts entstanden sind <strong>und</strong> was sie zeigen sollen<br />
Eigenständigkeit <strong>und</strong> Kooperation – Kinderkrippe <strong>und</strong> Kindertagesstätte 17<br />
in einem multinationalen Umfeld:<br />
Die Kinderkrippe „Zachäus-Nest“ in Neu-Ulm<br />
Eine alte Villa für die Kinderkrippe – Bürgerhilfe beginnt 24<br />
bei den Jüngsten:<br />
Die kinderVilla der bürgerhilfe ingolstadt e. V.<br />
„Hilf mir, es selbst zu tun“ – Der Leitsatz der Montessori-Pädagogik 31<br />
gilt auch für die Neugründung einer Kinderkrippe:<br />
Die Kinderkrippe des Fördervereins Montessori Kinderhaus Passau <strong>und</strong> Umgebung e. V.<br />
Qualitätsentwicklung als Leitprinzip – Konsequente Entscheidungen 37<br />
für Familienfre<strong>und</strong>lichkeit:<br />
Die Kinderkrippe „Krabbelstube“, Markt Lappersdorf<br />
Liebe auf den zweiten Blick – Was zunächst wenig einladend erschien, 44<br />
wurde eine Umgebung, in der Kinder sich mit Freude bewegen:<br />
Die Kinderkrippe „Zwergenparadies“ in Hof<br />
Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren – ein Plus 49<br />
für die Gemeinde als Wirtschaftsstandort:<br />
Die Kinderkrippe „St. Vinzenz von Paul“ in Kleinostheim<br />
Familienfre<strong>und</strong>lichkeit als Element unternehmerischer Tradition 55<br />
<strong>und</strong> Zukunftsplanung: Die Kindertagesstätten „Grete Schickedanz e. V.“ in Fürth<br />
Fazit: Erfahrungen aus der Anfangszeit kurz zusammengefasst 62<br />
3
Elternfragen <strong>und</strong> Elternerfahrungen 65<br />
Diese Eltern wurden befragt …<br />
… <strong>und</strong> das waren ihre Antworten<br />
Ohne Fachkompetenz geht es nicht: Die Professionalisierung der Fachkräfte 72<br />
als Gr<strong>und</strong>lage einer Kleinkindpädagogik auf hohem Niveau<br />
Es tut sich was: Fachkräfte qualifizieren sich für die Arbeit mit den Jüngsten<br />
Die „Initiative Kinderkrippen in Bayern“ setzt Maßstäbe<br />
Der Bayerische <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplan gilt auch für Kinderkrippen<br />
Träger tragen Verantwortung 79<br />
Die Träger der Kinderkrippen im Projekt „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
Gr<strong>und</strong>lagen der Trägerqualität<br />
Leitfaden zur Errichtung einer Kinderkrippe 83<br />
Tipps für Betriebe, die sich engagieren wollen 87<br />
Anhang 89<br />
Zitierte Literatur <strong>und</strong> Literaturempfehlungen<br />
Die Einrichtungen im Modellprojekt<br />
Die Mitglieder des Fachbeirats<br />
Weitere Informationen <strong>und</strong> Ansprechpartner<br />
4
Grußwort<br />
Gegenwärtig sind r<strong>und</strong> 26 Prozent der Mütter<br />
mit Kindern unter drei Jahren erwerbstätig.<br />
Diese Zahl wird in absehbarer Zeit noch weiter<br />
ansteigen. Damit den Eltern erleichtert wird,<br />
Familie <strong>und</strong> Erwerbstätigkeit unter einen Hut zu<br />
bringen, hat der Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten<br />
gerade für diese Altersgruppe für die<br />
Bayerische Staatsregierung oberste Priorität.<br />
Bereits im Jahr 2001 wurde das „Gesamtkonzept<br />
zur kind- <strong>und</strong> familiengerechten Betreuung,<br />
<strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> Erziehung von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen“<br />
beschlossen. Dies war der Startschuss<br />
für den Einstieg des Freistaats Bayern in<br />
die staatliche Kinderkrippenförderung. Anfangs<br />
erfolgte die Förderung auf der Gr<strong>und</strong>lage von<br />
Richtlinien, doch der Freistaat Bayern ging mittlerweile<br />
noch einen Schritt weiter. Mit Einführung<br />
des Bayerischen Kinderbildungs- <strong>und</strong><br />
–betreuungsgesetzes (BayKiBiG) wurde die Förderung<br />
aller Formen der institutionalisierten<br />
Kinderbetreuung, mithin auch die der Kinderkrippen,<br />
auf eine gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage gestellt.<br />
Damit sind die Rahmenbedingungen dafür geschaffen,<br />
um bis 2008 unser Ziel eines bedarfsgerechten<br />
<strong>und</strong> qualifizierten Angebots zu erreichen.<br />
Nach letzten statistischen Erhebungen verfügen<br />
wir in Bayern derzeit über r<strong>und</strong> 16.000 Plätze für<br />
Kinder unter drei Jahren. Etwa die Hälfte der<br />
Plätze befindet sich in Kinderkrippen. Dass die<br />
Akzeptanz der Kinderkrippen in den letzten Jahren<br />
rapide zunahm, ist auch mit ein Verdienst<br />
der Initiative „Kinderkrippen in Bayern“, welche<br />
im Jahr 2001 ins Leben gerufen wurde. Dank der<br />
gemeinsamen Initiative der vbw – Vereinigung<br />
der Bayerischen Wirtschaft e. V. <strong>und</strong> meines<br />
Hauses sowie dem herausragenden Engagement<br />
der Träger <strong>und</strong> Gemeinden waren binnen<br />
eines Jahres Ganztageseinrichtungen für Kinder<br />
unter 3 Jahren in Neu-Ulm, Fürth, Kleinostheim,<br />
Passau, Ingolstadt, Hof <strong>und</strong> Markt Lappersdorf<br />
mit insgesamt 84 Betreuungsplätzen geschaffen<br />
worden, denen bayernweit jährlich etwa 1000<br />
weitere Plätze folgten.<br />
Die Initiative „Kinderkrippen in Bayern“ ist im<br />
Jahre 2001 von Herrn Ministerpräsident Dr.<br />
Edm<strong>und</strong> Stoiber <strong>und</strong> Herrn vbw – Präsident<br />
Randolf Rodenstock vereinbart worden. An dem<br />
Modellprojekt beteiligten sich die vbw unterstützt<br />
<strong>durch</strong> den BayME – Bayerischer Unternehmensverband<br />
Metall <strong>und</strong> Elektro e. V. <strong>und</strong> dem<br />
VBM – Verband der Bayerischen Metall- <strong>und</strong><br />
Elektro-Industrie e. V. Durch dieses gelungene<br />
Beispiel von „public private partnership“ wurde<br />
<strong>und</strong> <strong>werden</strong> Staat, Kommunen, Träger, Unternehmen<br />
<strong>und</strong> Eltern gleichermaßen angesprochen,<br />
sich in der Kinderbetreuung zu engagieren<br />
<strong>und</strong> damit zu einer konstruktiven Beschäftigungs-<br />
<strong>und</strong> Arbeitsmarktpolitik beizutragen.<br />
Dies ist die Gr<strong>und</strong>lage für eine nachhaltige<br />
Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie<br />
<strong>und</strong> Erwerbstätigkeit. Zudem war es uns wichtig,<br />
im Modellprojekt <strong>durch</strong> ein spezielles Qualifizierungsprogramm<br />
für Krippenfachkräfte hohe<br />
Maßstäbe in Sachen Pädagogik zu setzen. Denn<br />
für die Akzeptanz der Kinderkrippen wird jetzt<br />
wie auch in Zukunft die Qualität der pädagogischen<br />
Arbeit ausschlaggebend sein.<br />
Für die Möglichkeit, ein solch konstruktives<br />
Kooperationsprojekt in Bayern <strong>durch</strong>zuführen,<br />
möchte ich mich herzlich bei Herrn Präsident<br />
Rodenstock bedanken. Ich hoffe, unsere positiven<br />
Erfahrungen <strong>werden</strong> noch viele motivieren,<br />
unserem Beispiel zu folgen.<br />
Nicht zuletzt möchte ich auch einen herzlichen<br />
Dank an die Modelleinrichtungen, die Träger, die<br />
Verantwortlichen für die Qualifizierungsmaßnahmen,<br />
das Staatsinstitut für Frühpädagogik<br />
<strong>und</strong> den Fachbeirat für ihre tatkräftige Unterstützung<br />
bei dem Projekt richten.<br />
Christa Stewens, MdL<br />
Bayerische Staatsministerin für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung,<br />
Familie <strong>und</strong> Frauen<br />
5
Grußwort<br />
Beruf oder Kind? Viele Frauen sind berufstätig<br />
<strong>und</strong> wollen Kinder haben. Ihre Lebensplanung<br />
heißt deshalb: Beruf <strong>und</strong> Kind! In der Theorie ist<br />
das einfach, in der Praxis liegen häufig Steine<br />
im Weg, die es zu überwinden gilt.<br />
Die mangelnden Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
führen immer wieder dazu, dass berufstätige<br />
Frauen ihren Kinderwunsch zurückstellen.<br />
Aber auch der Blick auf die demographische<br />
Entwicklung zeigt: Wir benötigen eine Infrastruktur,<br />
die den Eltern die Vereinbarkeit von<br />
Familie <strong>und</strong> Beruf ermöglicht.<br />
Vielfach steht den Frauen auch ein gesellschaftliches<br />
Rollenverständnis im Weg, das berufstätige<br />
Mütter gleichzeitig als „Rabenmutter“ <strong>und</strong><br />
„karriereuntauglich“ bezeichnet. Den Unternehmen<br />
fehlen aber fachlich geeignete <strong>und</strong> engagierte<br />
Arbeitskräfte, erfolgreiche Frauen eben,<br />
die mit der Elternzeit aus dem Berufsleben aussteigen.<br />
Mit der „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
hat die bayerische Wirtschaft gezeigt, dass<br />
beides vereinbar ist: Ein erfülltes Berufsleben<br />
<strong>und</strong> die persönliche Familienplanung. Unsere<br />
europäischen Nachbarn wie Frankreich oder<br />
Schweden machen es uns seit Jahren vor: Eine<br />
hohe Erwerbstätigkeit von Müttern geht einher<br />
mit einer hohen Geburtenrate.<br />
Im Rahmen des Modellprojekts hat die vbw –<br />
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. mit<br />
der Unterstützung des BayME – Bayerischer<br />
Unternehmensverband Metall <strong>und</strong> Elektro e. V.<br />
<strong>und</strong> des VBM – Verband der Bayerischen Metall<strong>und</strong><br />
Elektro-Industrie e. V. ein familienpolitisches<br />
Signal gesetzt. In jedem Regierungsbezirk<br />
Bayerns haben wir die Einrichtung zusätzlicher<br />
6<br />
Ganztagseinrichtungen für Kinder unter drei<br />
Jahren finanziell unterstützt. Das Projekt hatte<br />
auch treibende Funktion, um den Handlungsdruck<br />
bei Politik <strong>und</strong> Kommunen zu erhöhen.<br />
Denn eines ist klar: Die Vereinbarkeit von Erwerbs-<br />
<strong>und</strong> Familienleben ist Voraussetzung für<br />
die Zukunftsfähigkeit unserer gesamten Gesellschaft.<br />
In unserem Modellversuch haben die beteiligten<br />
Krippen großes Engagement gezeigt. Wir danken<br />
deshalb den Erzieherinnen <strong>und</strong> den beiden<br />
Prozessbegleiterinnen Frau Daschner <strong>und</strong> Frau<br />
Wimmer-Schmidt, ohne die wir das Projekt nicht<br />
hätten umsetzen können. Wir danken dem Sozialministerium<br />
<strong>und</strong> den Trägern vor Ort, die das<br />
Projekt maßgeblich unterstützt <strong>und</strong> ermöglicht<br />
haben. Ganz besonders danken wir der Landeshauptstadt<br />
München, die uns von Prozessbeginn<br />
an fachk<strong>und</strong>ig zur Seite stand <strong>und</strong> viele<br />
wertvolle Hinweise bei der Umsetzung gab. Und<br />
wir danken dem Fachbeirat, der uns stets <strong>durch</strong><br />
fachlichen Rat hilfreich unterstützt hat.<br />
Der vorliegende Leitfaden erläutert das Modellprojekt<br />
<strong>und</strong> die daraus gewonnenen Erfahrungen,<br />
die bei der Umsetzung ähnlicher Pläne hilfreich<br />
sein können. Alle Ideen seien zur vielfachen<br />
Nachahmung empfohlen. Wir wünschen<br />
allen Kindern <strong>und</strong> berufstätigen Eltern zahlreiche<br />
weitere Krippen.<br />
Randolf Rodenstock<br />
Präsident<br />
vbw – Vereinigung der Bayerischen<br />
Wirtschaft e. V.<br />
BayME – Bayerischer Unternehmensverband<br />
Metall <strong>und</strong> Elektro e. V.<br />
VBM – Verband der Bayerischen Metall-<br />
<strong>und</strong> Elektro-Industrie e. V.
Vorwort<br />
Die Landschaft der Kindertagesbetreuung, die in<br />
(West-)Deutschland <strong>durch</strong> den Kindergarten für<br />
Kinder vom dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt<br />
geprägt ist, ist in Bewegung geraten.<br />
Insbesondere der Mangel an einer familienergänzenden<br />
<strong>Bildung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Betreuung<br />
für Kinder unter drei Jahren ist nicht länger<br />
wegzudiskutieren. In dieser Diskussion <strong>werden</strong><br />
ganz unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. So<br />
gilt z. B. die Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Erwerbstätigkeit<br />
in der Frauen- <strong>und</strong> Familienpolitik<br />
unter dem Aspekt der Gleichberechtigung<br />
als eine der zentralen Herausforderungen für die<br />
Zukunft. Vertreter aus Unternehmen <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
äußern ihre Sorge bezüglich eines zunehmenden<br />
Fachkräftemangels. Sie sehen in der<br />
Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Beruf, die erst<br />
ganz vereinzelt auch aus der Perspektive der<br />
Väter gesehen wird, einen Schlüssel für die<br />
Erweiterung <strong>und</strong> Erhaltung des Arbeitskräftepotenzials<br />
qualifizierter Frauen. Es wird auch<br />
bevölkerungspolitisch argumentiert <strong>und</strong> angenommen,<br />
dass der Ausbau des Betreuungssystems<br />
die Geburtenzahlen wieder ansteigen ließe.<br />
Ein herausragender Schwerpunkt der jüngsten<br />
Diskussionen liegt jedoch auf der bildungspolitischen<br />
Ebene. Nicht zuletzt angeregt <strong>durch</strong><br />
die Ergebnisse der PISA-Studie <strong>und</strong> der OECD-<br />
Studie von 2004 <strong>werden</strong> Kindertageseinrichtungen<br />
zunehmend nicht mehr nur unter Betreuungs-,<br />
sondern vielmehr unter <strong>Bildung</strong>saspekten<br />
gesehen: Die Wissensgesellschaft braucht frühes<br />
Lernen als Ressource der Zukunftssicherung.<br />
Der Bayerische <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplan<br />
von der Geburt bis zum Eintritt in die<br />
Schule, der am Staatsinstitut für Frühpädagogik<br />
entwickelt wurde <strong>und</strong> im Dialog mit der Praxis<br />
fortgeschrieben wird, war <strong>und</strong> ist Vorreiter, diesen<br />
Anspruch in der Praxis umzusetzen. Der<br />
<strong>Bildung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Betreuung von Kindern<br />
unter drei Jahren wird in der überarbeiteten<br />
Fassung, die im Herbst 2005 erscheint, besondere<br />
Aufmerksamkeit gewidmet.<br />
Während für potenzielle Träger von Tageseinrichtungen<br />
für Kinder unter drei Jahren Fragen<br />
der Organisation <strong>und</strong> Finanzen im Vordergr<strong>und</strong><br />
stehen, beschäftigen Eltern andere Überlegungen:<br />
Wie geht es meinem Kind, wenn es einige<br />
St<strong>und</strong>en des Tages in einer Kinderkrippe verbringt?<br />
Wie wirkt sich die Betreuung außerhalb<br />
der Familie auf seine Entwicklung aus? Was<br />
machen Familien für Erfahrungen? Das Staatsinstitut<br />
für Frühpädagogik hat das Projekt<br />
„Initiative Kinderkrippen in Bayern“ mit einer Interviewstudie<br />
begleitet. Auf der Basis der<br />
Auswertungen von Interviews mit den Leiterinnen<br />
der Modellkinderkrippen, Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertretern der beteiligten Träger sowie mit<br />
Eltern, deren Kinder die Einrichtungen besuchten,<br />
entstanden die Texte dieser Dokumentation.<br />
Frau Diplom-Psychologin Renate Niesel hat diesen<br />
Teil des Projektes übernommen, <strong>und</strong> dafür<br />
möchte ich ihr ganz besonders danken. Darüber<br />
hinaus gilt mein Dank allen, die in diesem<br />
Projekt mitgewirkt <strong>und</strong> <strong>durch</strong> ihre kompetente<br />
<strong>und</strong> kollegiale Kooperation zum Gelingen beigetragen<br />
haben. Dazu gehören in ganz besonderem<br />
Maße die engagierten Fachkräfte, die<br />
Prozessbegleiterinnen <strong>und</strong> die Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter der Träger, die die Verantwortung<br />
für die neu gegründeten Kinderkrippen übernommen<br />
haben.<br />
Mein Wunsch ist es, dass dieses Projekt als tragfähiger<br />
Baustein für die Stärkung <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />
der Qualitätsstandards für die<br />
<strong>Bildung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Betreuung von Kindern<br />
unter drei Jahren wirkt. Die mit diesem Projekt<br />
verb<strong>und</strong>ene, wegweisende Qualifizierungsmaßnahme<br />
für pädagogische Fachkräfte im Kinderkrippenbereich<br />
berechtigt zu dieser Hoffnung.<br />
Hohe Qualitätsstandards sind der einzige Weg,<br />
noch bestehende Vorurteile abzubauen <strong>und</strong> ein<br />
Angebot entstehen zu lassen, das Kindern <strong>und</strong><br />
ihren Familien gerecht wird <strong>und</strong> dann letztendlich<br />
auch politische <strong>und</strong> wirtschaftliche Erwartungen<br />
zu erfüllen vermag.<br />
Prof. Dr. Dr. Dr. Wassilios E. Fthenakis<br />
Direktor des Staatsinstituts für Frühpädagogik<br />
7
Einführung<br />
Die vorliegende Broschüre „<strong>Groß</strong> <strong>und</strong> <strong>stark</strong> <strong>werden</strong><br />
– Initiative Kinderkrippen in Bayern“ wendet<br />
sich an alle, die sich für den Ausbau der Kindertagesbetreuung<br />
für Kinder unter drei Jahren<br />
interessieren <strong>und</strong> ihn unterstützen wollen. In<br />
erster Linie ist dabei an Entscheidungsträger<br />
<strong>und</strong> Entscheidungsträgerinnen in Kommunen,<br />
Trägerverbänden <strong>und</strong> Unternehmen gedacht.<br />
Frühpädagogischen Fachkräften in der Praxis<br />
sowie in Aus- <strong>und</strong> Fortbildungseinrichtungen<br />
wird ein Einblick in die Entwicklung der Fachlichkeit<br />
in einem beruflichen Feld gegeben, auf<br />
das sich eine verstärkte Aufmerksamkeit zu richten<br />
beginnt <strong>und</strong> für das hohe Qualitätsstandards<br />
gefordert <strong>werden</strong>.<br />
Nicht zuletzt richtet sich die Broschüre an Eltern.<br />
Sie <strong>werden</strong> Antworten auf viele ihrer Fragen finden,<br />
wenn sie vor der Entscheidung stehen, die<br />
Betreuung ihres Kindes in der Familie <strong>durch</strong> die<br />
Betreuung in einer Kindertagesstätte zu ergänzen.<br />
Die Broschüre ist eine Dokumentation des Projektes<br />
„Initiative Kinderkrippen in Bayern“ <strong>und</strong><br />
folgendermaßen gegliedert:<br />
Im ersten Teil wird die gesellschaftliche Herausforderung<br />
der <strong>Bildung</strong>, Betreuung <strong>und</strong> Erziehung<br />
von Kindern unter drei Jahren umrissen<br />
<strong>und</strong> mit aktuellen Erkenntnissen der Familienforschung<br />
<strong>und</strong> Entwicklungspsychologie verknüpft.<br />
Den Hauptteil bilden die Porträts der sieben<br />
Modelleinrichtungen des Projekts, beruhend auf<br />
ausführlichen Interviews mit den Leiterinnen<br />
<strong>und</strong> Trägervertretern bzw. -vertreterinnen jeder<br />
Einrichtung. Jede dieser Kinderkrippen wird mit<br />
ausgesuchten pädagogischen <strong>und</strong> strukturellen<br />
Schwerpunkten dargestellt, so dass die Gesamtschau<br />
der sieben Porträts nicht nur einen<br />
umfassenden Querschnitt der Fragen bietet, die<br />
Fachkräfte, Träger <strong>und</strong> Eltern bezüglich der<br />
Tagesbetreuung von Kindern unter drei Jahren<br />
bewegt, sondern auch ausführlich die Antworten<br />
darstellt, die in den Modelleinrichtungen<br />
entwickelt wurden. Dabei ist auch von den Problemen<br />
<strong>und</strong> Fallstricken die Rede, die im<br />
Prozess der Neugründungen aufgetreten sind.<br />
Bei den Darstellungen ging es um eine möglichst<br />
große Praxisnähe, die insbesondere in<br />
den vielen Tipps <strong>und</strong> fachlichen Hinweisen, die<br />
sowohl zu pädagogischen als auch zu organisatorischen<br />
Fragestellungen gegeben <strong>werden</strong>,<br />
deutlich wird. Die neuen gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>werden</strong> eingeführt <strong>und</strong> erläutert. Ergänzt<br />
<strong>werden</strong> die Porträts <strong>durch</strong> die Aussagen von<br />
8<br />
Eltern, die von ihren Erfahrungen mit der Betreuung<br />
ihrer Kinder in den Modelleinrichtungen<br />
berichten.<br />
Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes war<br />
die umfassende Qualifizierung des Fachpersonals.<br />
Über die Inhalte, den Verlauf der Qualifizierungsmaßnahme<br />
<strong>und</strong> die Einschätzungen der<br />
Teilnehmerinnen, der Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertreter<br />
der Träger sowie der Prozessbegleiterinnen<br />
wird in einem weiteren Kapitel berichtet.<br />
Der abschließende Teil befasst sich mit der<br />
Trägerverantwortung für die Qualitätsentwicklung<br />
in Kindertageseinrichtungen. Er bietet zudem<br />
einen Leitfaden zur Errichtung einer Kinderkrippe<br />
<strong>und</strong> schließt mit Tipps für Betriebe,<br />
die sich in diesem Bereich engagieren wollen.<br />
Ziel dieser Dokumentation ist es, Mut zu machen<br />
<strong>und</strong> Anregungen zu geben für die Gründung<br />
weiterer Kinderkrippen. Es geht darum,<br />
Vorurteile abzubauen <strong>und</strong> Qualitätsstandards<br />
weiter anzuheben, um ein Entwicklungsumfeld<br />
zu schaffen, das Eltern Sicherheit gibt <strong>und</strong> in<br />
dem Kinder groß <strong>und</strong> <strong>stark</strong> <strong>werden</strong>.
Betreuung <strong>und</strong> <strong>Bildung</strong> für Kinder unter drei Jahren: Eine gesellschaftliche<br />
Herausforderung<br />
Von der Säuglingsbewahranstalt zur familienergänzenden<br />
<strong>Bildung</strong>seinrichtung<br />
Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, dass sich<br />
die familienergänzende Kinderbetreuung <strong>stark</strong><br />
gewandelt hat. Aufgr<strong>und</strong> zunehmenden Wissens<br />
über die Entwicklung von Kindern <strong>und</strong> ihre<br />
Bedürfnisse ist sie nicht nur immer kind- <strong>und</strong><br />
familiengerechter geworden, sondern sie hat<br />
sich im Laufe der Zeit zu einem unverzichtbaren<br />
Element unserer Gesellschaft entwickelt.<br />
Gestern: Die Säuglings- <strong>und</strong> Kinderbewahranstalt<br />
für Familien in Not<br />
Im 19. <strong>und</strong> auch noch in der ersten Hälfte des<br />
20. Jahrh<strong>und</strong>erts galten Kinderkrippen <strong>und</strong> Kindergärten,<br />
also alle Anstalten institutioneller<br />
Kinderfürsorge, als unnatürlich <strong>und</strong> minderwertig<br />
gegenüber der Betreuung <strong>und</strong> Erziehung<br />
eines Kindes in der Familie. Wenn die Jüngsten<br />
fremder Pflege <strong>und</strong> Obhut anvertraut <strong>werden</strong><br />
mussten, so geschah das, weil wirtschaftliche<br />
Not Mütter dazu zwang, einer Arbeit nachzugehen.<br />
Maßnahmen der Hygiene, der Pflege <strong>und</strong><br />
der Ernährung im Sinne der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />
waren das Anliegen der Fürsorge. Die<br />
Kleinen sollten besser, reinlicher, zweckmäßiger<br />
gepflegt <strong>und</strong> somit gesünder erhalten <strong>werden</strong><br />
als dies in ihren armen Familien möglich war.<br />
Heute: Kindergärten sind selbstverständlich <strong>und</strong><br />
Kinderkrippen entwickeln sich mit regionalen<br />
Unterschieden<br />
Während Kindergärten heute als familienergänzende<br />
Tageseinrichtung selbstverständlich sind<br />
<strong>und</strong> zunehmend als erste Stufe unseres <strong>Bildung</strong>ssystems<br />
anerkannt <strong>werden</strong>, haftet der Kinderkrippe<br />
vielerorts noch immer der Makel des<br />
Notbehelfs an. Nicht selten müssen sich Mütter,<br />
die nach der Geburt ihres Kindes bald wieder ihre<br />
Berufstätigkeit aufnehmen möchten, mit Kritik<br />
<strong>und</strong> Vorurteilen auseinandersetzen. In der Einstellung<br />
zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren<br />
gibt es in Deutschland große regionale Unterschiede,<br />
z. B. zwischen städtischen <strong>und</strong> ländlichen<br />
Regionen, insbesondere aber zwischen den östlichen<br />
<strong>und</strong> westlichen B<strong>und</strong>esländern. Ende 2002<br />
gab es in Deutschland für 2,2 Millionen Kinder<br />
unter drei Jahren 190.000 Plätze.<br />
Während in den östlichen B<strong>und</strong>esländern ein<br />
Platzangebot für r<strong>und</strong> 37 % der Kinder dieser<br />
Altersgruppe bestand, galt das in Westdeutschland<br />
nur für knapp 3 % der Kinder1 . Insbesondere<br />
in Westdeutschland liegt das Angebot weit<br />
unter dem Bedarf.<br />
Mit dem am 06.11.2001 beschlossenen „Gesamtkonzept<br />
zur kind- <strong>und</strong> familiengerechten Betreuung,<br />
<strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> Erziehung von Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen“ brachte Bayern den bedarfsgerechten<br />
Ausbau der Kinderbetreuung, auch für<br />
den Bereich der unter 3jährigen, auf den Weg. Im<br />
Zuge des Gesamtkonzepts wurde in Bayern ab<br />
dem 01.01.2002 erstmals eine staatliche Förderung<br />
für Kinderkrippen gewährt. Anfangs erfolgte<br />
die staatliche Förderung auf Richtlinienbasis, seit<br />
dem 01.08.2005 gilt als gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage das<br />
Bayerische Kinderbildungs- <strong>und</strong> -betreuungsgesetz<br />
(BayKiBiG). Durch den Einstieg Bayerns in die<br />
staatliche Förderung konnte das Angebot an<br />
Krippenplätzen gegenüber dem Jahr 1998 um<br />
r<strong>und</strong> 40 % auf 7.365 Plätze im Jahr 2004 erhöht<br />
<strong>werden</strong>. Insgesamt standen im Jahr 2004 in<br />
Bayern r<strong>und</strong> 16.000 Plätze für Kinder unter drei<br />
Jahren zur Verfügung. Etwa die Hälfte der Plätze<br />
befand sich in Kinderkrippen. Die restlichen Plätze<br />
wurden in Einrichtungen mit erweiterter Altersmischung<br />
(z. B. Kindergärten, Netze für Kinder<br />
etc.) <strong>und</strong> in der Tagespflege angeboten. Damit lag<br />
die Versorgungsquote in Bayern im Jahr 2004<br />
bereits bei 4,8 %. Der weitere Ausbau von Angeboten<br />
für Kinder unter drei Jahren wird <strong>durch</strong><br />
die Einführung des BayKiBiG weiter forciert 2 .<br />
Morgen: Die Kinderkrippe wird ebenso wie der<br />
Kindergarten als familienergänzende <strong>Bildung</strong>seinrichtung<br />
allgemein anerkannt sein.<br />
Vereinbarte Zielperspektive der Länder der Europäischen<br />
Union ist die Bereitstellung von Betreuungsplätzen<br />
für mindestens 33 % der Kinder<br />
unter drei Jahren bis zum Jahr 2010.<br />
Abdeckung <strong>durch</strong> Kinderbetreuung in %<br />
Frankreich<br />
29<br />
99<br />
Niederlande 6<br />
98<br />
Belgien<br />
30<br />
97<br />
Italien<br />
6<br />
95<br />
Dänemark<br />
64<br />
91<br />
Spanien<br />
5<br />
84<br />
Norwegen<br />
40<br />
80<br />
Schweden<br />
48<br />
80<br />
Deutschland 10<br />
78<br />
Portugal<br />
12<br />
75<br />
Österreich 4<br />
68<br />
Finnland<br />
22<br />
66<br />
<strong>Groß</strong>britannien<br />
34<br />
60<br />
Irland<br />
38<br />
56<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
unter 3 Jahre 3 Jahre bis Gr<strong>und</strong>schulalter<br />
Kinderbetreuung in europäischen Ländern.<br />
Quelle: OECD Employment Outlook 2001<br />
1 Statistisches B<strong>und</strong>esamt, 2004<br />
2 Nähere Informationen unter www.stmas.bayern.de/kinderbetreuung.htm<br />
9
Alle B<strong>und</strong>esländer haben es sich zum Ziel gesetzt,<br />
bis zum Jahr 2010 das Angebot an Kinderbetreuung<br />
für Kinder unter drei Jahren quantitativ<br />
<strong>und</strong> qualitativ an den westeuropäischen<br />
Standard heranzuführen.<br />
Mit dem „Gesetz zum qualitätsorientierten <strong>und</strong><br />
bedarfsgerechten Ausbau der Kinderbetreuung“<br />
(Tagesbetreuungsausbaugesetz – TAG – Novellierung<br />
des Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfegesetzes<br />
SGB VIII) wurde die Verpflichtung, für Kinder<br />
unter drei Jahren ausreichend Betreuungsplätze<br />
vorzuhalten, konkretisiert. Das TAG trat am<br />
01.01.2005 in Kraft.<br />
Bereits 2001 hat der Freistaat Bayern mit dem Gesamtkonzept<br />
Kinderbetreuung <strong>durch</strong> Aufnahme<br />
der Kinderkrippen in die staatliche Förderung die<br />
Weichen für die Schaffung eines bedarfsgerechten<br />
Kinderbetreuungsangebotes für Kleinkinder<br />
gestellt. Aufgr<strong>und</strong> des Bayerischen Kinderbildungs-<br />
<strong>und</strong> -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) vom<br />
08.07.2005 bestehen nun für alle bedarfsnotwendigen<br />
Kinderbetreuungsplätze gesetzliche Förderansprüche.<br />
Voraussetzung ist eine möglichst<br />
kleinräumige örtliche Bedarfsplanung der Gemeinden.<br />
Die Förderung erfolgt nach einer Übergangsphase<br />
einheitlich kindbezogen:<br />
■ Gesetz für alle Betreuungsformen:<br />
Das BayKiBiG bildet einen einheitlichen rechtlichen<br />
Rahmen für Kinderkrippen, Kindergärten,<br />
Kinderhorte, Netze für Kinder <strong>und</strong> die Tagespflege.<br />
Auf diese Weise kann ein bedarfsgerechtes,<br />
qualifiziertes Angebot an Kindertageseinrichtungen<br />
geschaffen <strong>werden</strong>. Frei <strong>werden</strong>de Plät-<br />
10<br />
ze in Kindergärten sind für Kinder anderer Altersgruppen<br />
zugänglich, Einrichtungen mit erweiterter<br />
Altersmischung (Häuser für Kinder)<br />
können entstehen.<br />
■ Gesetz zur fördergerechten Mittelverteilung:<br />
Durch die Einführung der kindbezogenen Förderung<br />
können Finanzmittel effizienter <strong>und</strong> fördergerechter<br />
eingesetzt <strong>werden</strong>. Entscheidend ist<br />
der Förderbedarf des Kindes <strong>und</strong> nicht die Art<br />
der Einrichtung. Die Aufnahme von Kindern<br />
unterschiedlicher Altersgruppen ist problemlos<br />
möglich. Die kindbezogene Förderung berücksichtigt<br />
– anders als die bisherige Personalkostenförderung<br />
– die Zahl der betreuten Kinder,<br />
die Dauer ihrer Betreuung sowie den konkreten<br />
Betreuungsaufwand.<br />
■ Gesetz zur Stärkung der örtlichen Planungsverantwortung:<br />
Ein weiterer Ausbau ist nur mit dem Engagement<br />
der Kommunen möglich. Das BayKiBiG<br />
stärkt die Kommunen in ihrer Planungs- <strong>und</strong><br />
Finanzierungsverantwortung. Ihre Finanzierungspflicht<br />
beschränkt sich auf die bedarfsnotwendigen<br />
Einrichtungen; die Kommunen können das<br />
Betreuungsangebot konkret auf die Bedürfnisse<br />
vor Ort ausrichten.<br />
■ Gesetz zur <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> Erziehung:<br />
Die Ziele des Bayerischen <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplans<br />
<strong>werden</strong> in einer Ausführungsverordnung<br />
zum BayKiBiG (BayKiBiGV) verbindlich<br />
festgeschrieben. Da<strong>durch</strong> wird sich die pädagogische<br />
Arbeit in den Kindertageseinrichtungen<br />
spürbar verbessern. Daneben findet eine mittelbare<br />
Steuerung statt, z. B. Offenlegung des<br />
pädagogischen Konzepts <strong>und</strong> Maßnahmen der<br />
Selbstevaluation.<br />
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage<br />
Was ist eine Kinderkrippe?<br />
Kinderkrippen sind Kindertageseinrichtungen,<br />
deren Angebot sich überwiegend<br />
an Kinder unter drei Jahren richtet. Kindertageseinrichtungen<br />
sind außerschulische<br />
Tageseinrichtungen zur regelmäßigen<br />
<strong>Bildung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Betreuung<br />
von Kindern. Eine regelmäßige <strong>Bildung</strong>,<br />
Erziehung <strong>und</strong> Betreuung setzt voraus,<br />
dass die überwiegende Zahl der Kinder<br />
über einen Zeitraum von mindestens<br />
einem Monat die Kindertageseinrichtung<br />
<strong>durch</strong>schnittlich mindestens 20 St<strong>und</strong>en<br />
pro Woche besucht. Bei Kindern unter<br />
drei Jahren ist insbesondere in der Eingewöhnungsphase<br />
eine Unterschreitung<br />
bis zu einer Grenze von 10 St<strong>und</strong>en pro<br />
Woche zulässig.<br />
(aus: Bayerisches Kinderbildungs- <strong>und</strong><br />
-betreuungsgesetz vom 08.07.2005)
Mütter möchten berufstätig sein <strong>und</strong><br />
die Jüngsten sind in einer Kinderkrippe<br />
gut aufgehoben<br />
Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren ist<br />
eng mit Fragen zur Berufstätigkeit von Müttern<br />
verknüpft. Im Vergleich zu anderen industrialisierten<br />
Ländern hat Deutschland mit einer mütterlichen<br />
Erwerbsbeteiligung von ca. 50 % (2/3<br />
davon Teilzeit) eine eher geringere Quote erwerbstätiger<br />
Mütter.<br />
Auffallend ist, dass in Deutschland die Diskrepanz<br />
zwischen den praktizierten <strong>und</strong> den<br />
gewünschten Erwerbsmustern in Paarhaushalten<br />
mit Kindern groß ist. So sind in 52 % dieser<br />
Haushalte die Väter in Vollzeit tätig, während<br />
die Mütter nicht erwerbstätig sind. Gewünscht<br />
wird diese Konstellation lediglich von ca. 6 %<br />
der Paare. In 23 % der Paarhaushalte mit Kindern<br />
arbeiten die Männer Vollzeit <strong>und</strong> die<br />
Frauen Teilzeit. Gewünscht wird diese Kombination<br />
von r<strong>und</strong> 43 % der Eltern. In ca. 16 % der<br />
Paarhaushalte mit Kindern arbeiten beide Partner<br />
Vollzeit, während 32 % der Paarhaushalte<br />
mit Kindern eine Vollzeitberufstätigkeit beider<br />
Partner bevorzugen würden3 .<br />
Einstellung zur institutionellen Betreuung von<br />
Kindern unter drei Jahren<br />
Noch immer ist die Auffassung verbreitet, dass<br />
ein junges Kind sich nur dann optimal entwickeln<br />
könne, wenn es seine ersten Lebensjahre ausschließlich<br />
in der Obhut seiner Mutter verbringe.<br />
Eine der Befürchtungen ist, dass die mütterliche<br />
Abwesenheit – die beruflich bedingte<br />
Abwesenheit der Väter wird kaum problematisiert<br />
– die gemeinsame Zeit von Mutter <strong>und</strong><br />
Kind so weit einschränke, dass die Bindungsbeziehung<br />
zwischen Kind <strong>und</strong> Mutter <strong>und</strong> damit<br />
die Entwicklung des Kindes gefährdet seien.<br />
Untersuchungen zeigen jedoch, dass erwerbstätige<br />
Mütter pro Tag in der Regel nicht viel weniger<br />
Zeit im direkten Zusammensein mit ihrem<br />
Kind verbringen, da die Mütter die eingeschränkte<br />
Zeit, die ihnen zur Verfügung steht,<br />
mit ihren Kindern besonders intensiv nutzen.<br />
Sehr wichtig ist auch die mütterliche Einstellung:<br />
Je weniger Mütter Beruf <strong>und</strong> Kind als<br />
einen Rollenkonflikt erleben, desto besser geht<br />
es der Familie4 .<br />
Die Sache mit der Mutter-Kind-Bindung<br />
Unter Bindung versteht man das besondere<br />
emotionale Band zwischen zwei Menschen.<br />
Der enge Kontakt zwischen einem Säugling <strong>und</strong><br />
mindestens einer Bezugsperson legt den Gr<strong>und</strong>stein<br />
für die Erfahrung psychischer Sicherheit<br />
oder auch psychischer Unsicherheit. Frühe Bin-<br />
dungserfahrungen beeinflussen die spätere Ges<strong>und</strong>heit,<br />
die Beziehungsfähigkeit <strong>und</strong> die Stressresistenz<br />
eines Menschen. Entscheidend ist,<br />
dass „feinfühlig“ auf das Bindungsbedürfnis<br />
des Säuglings reagiert wird. Die betreuende<br />
Person erkennt, was das Kind in der aktuellen<br />
Situation braucht. Eine feinfühlige Betreuungsperson<br />
respektiert auch die kindliche Autonomie.<br />
Sie lässt das Kind gewähren <strong>und</strong> lässt es<br />
selbst tun, was es tun möchte.<br />
Die frühe Bindungsforschung hat die Qualität<br />
der Mutter-Kind-Bindung als die einzig entscheidende<br />
Basis für die langfristige Persönlichkeitsentwicklung<br />
angesehen. Eine Folge davon war,<br />
dass die Berufstätigkeit von Müttern <strong>und</strong> die<br />
damit verb<strong>und</strong>ene st<strong>und</strong>enweise Trennung von<br />
Mutter <strong>und</strong> Kind als negativ angesehen wurden.<br />
Inzwischen hat sich der Blick der Bindungsforschung<br />
geweitet: Sie schaut nicht mehr nur<br />
auf die Qualität der Mutter-Kind-Bindung, sondern<br />
sie hat z. B. auch die besondere Bedeutung<br />
der Vater-Kind-Bindung untersucht. Auch die<br />
Beziehungen von jungen Kindern zu Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> den anderen Kindern in der Gruppe<br />
einer Kindertageseinrichtung ist heute Forschungsthema5<br />
.<br />
Belegt ist inzwischen: Babys <strong>und</strong> Kleinkinder können<br />
Bindungsbeziehungen zu mehreren Personen<br />
entwickeln. Diese Beziehungen sind unabhängig<br />
3 OECD Employment Outlook 2001,<br />
die Zahlen beziehen sich auf 1998<br />
4 Kracke & Hofer, 2002<br />
5 Ahnert, 2004; Howes, 2000<br />
11
voneinander. D. h. ein Kind unterscheidet nicht<br />
nur zwischen den verschiedenen Bindungspersonen,<br />
sondern jede dieser Bindungen wird für sich<br />
aufgebaut <strong>und</strong> die Bindungsbeziehungen sind<br />
von unterschiedlicher Qualität. Bindungspersonen<br />
können neben den Eltern z. B. die <strong>Groß</strong>eltern,<br />
Tagesmütter oder Erzieherinnen in der Tageseinrichtung<br />
sein. Eine gute Eltern-Kind-Bindung<br />
wird <strong>durch</strong> die Betreuung des jungen Kindes in<br />
einer Kindertageseinrichtung oder bei einer<br />
Tagesmutter nicht verschlechtert. Dagegen unterstützen<br />
sichere Bindungsbeziehungen das Kind<br />
dabei, befriedigende soziale Interaktionen mit<br />
anderen Erwachsenen <strong>und</strong> Kindern (z. B. in Spielbeziehungen)<br />
zu gestalten – eine wichtige Gr<strong>und</strong>lage<br />
für seine seelische Ges<strong>und</strong>heit.<br />
Der Aufbau von Bindungsbeziehungen <strong>und</strong> Spielbeziehungen<br />
außerhalb des vertrauten familiären<br />
Netzes stellt eine besondere Entwicklungsaufgabe<br />
<strong>und</strong> Entwicklungschance für Kleinkinder dar.<br />
Mit der angemessenen pädagogischen Unterstützung,<br />
d. h. einem auf individuelle Bedürfnisse abgestimmten<br />
Eingewöhungsverfahren, gelingt es<br />
Kindern, eine gute Beziehung zunächst zu „ihrer“<br />
Erzieherin aufzubauen. Sie lassen sich dann von<br />
ihr führen <strong>und</strong> anregen <strong>und</strong> wenden sich ihr in<br />
belastenden Situationen zu, lassen sich trösten<br />
<strong>und</strong> gewinnen so ihre Sicherheit zurück. Die<br />
Bindungssicherheit des Kindes zur Erzieherin wird<br />
getragen von Ermutigung <strong>und</strong> Unterstützung in<br />
vielfältigen Situationen des Alltags in einer Kindertageseinrichtung.<br />
Mit der Eingewöhnung entwickelt<br />
das Kind auch zu den anderen Erwachsenen<br />
<strong>und</strong> ganz besonders auch mit Kindern seiner<br />
Gruppe vielfältige <strong>und</strong> anregende Beziehungen.<br />
12<br />
Dafür ist eine entspannte Gruppenatmosphäre, in<br />
der sich das Kind wohl fühlt, wichtig.<br />
Aus der Sicht der Bindungsforschung spricht<br />
heute nichts mehr gegen eine frühe Betreuung<br />
eines Kindes außerhalb der Familie, wenn die<br />
Qualität stimmt. Bindungs- <strong>und</strong> Spielbeziehungen<br />
in der Familie <strong>und</strong> in der Tageseinrichtung<br />
sind nicht nur für die emotionalen Bedürfnisse<br />
der Kinder wichtig. Sie sind die Gr<strong>und</strong>lage für<br />
Explorations- <strong>und</strong> Lernprozesse, denn Kinder,<br />
die sich wohl <strong>und</strong> sicher fühlen, sind bereit für<br />
neue Erfahrungen.<br />
Schon Babys sind aktive Lerner<br />
Welche Vorstellungen haben wir davon, was<br />
Babys <strong>und</strong> Kleinkinder brauchen, was sie können<br />
<strong>und</strong> was wir ihnen zutrauen können? Die<br />
Säuglingsforschung hat uns gelehrt, dass Kinder<br />
von Geburt an mit Neugier <strong>und</strong> Kompetenzen<br />
ausgestattet sind, um sich selbst <strong>und</strong> die<br />
Welt um sich herum zu erforschen <strong>und</strong> sich Wissen<br />
anzueignen. Von Geburt an sind Kinder aktive<br />
Lerner, die, mit Unterstützung erwachsener<br />
Bezugspersonen oder in Spielbeziehungen mit<br />
anderen Kindern, in sozialen Zusammenhängen<br />
lernen. Für ihre Lust am Forschen <strong>und</strong> Entdecken<br />
nutzen schon ganz junge Kinder alles,<br />
was ihnen zur Verfügung steht. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> sind Kinder in Kinderkrippen heute nicht<br />
mehr fest gewickelte Bündel in Gitterbettchen,<br />
die nach der Uhr gefüttert <strong>werden</strong>, sondern<br />
neben der einfühlsamen <strong>und</strong> auf das einzelne<br />
Kind abgestimmten Betreuung spielt die altersgemäße<br />
Förderung aller Entwicklungsbereiche<br />
von Anfang an eine wichtige Rolle. Der Bayerischen<br />
<strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplan für Kinder<br />
in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung betont<br />
diese pädagogische Haltung nachdrücklich6 .<br />
(Informationen zum Bayerischen <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Erziehungsplan finden Sie im Kapitel „Ohne Fachkompetenz<br />
geht es nicht“.)<br />
Ein Wort <strong>und</strong> seine Wirkung<br />
In der Diskussion um die Betreuung von Kindern<br />
unter drei Jahren fällt häufig der Begriff „Fremdbetreuung“.<br />
In diesem Wort schwingt mit, dass<br />
das Kind an Fremde gegeben wird. Welche gute<br />
Mutter würde so etwas tun? Der Begriff ist aber<br />
unzutreffend <strong>und</strong> sollte im Zusammenhang mit<br />
der Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen<br />
nicht verwendet <strong>werden</strong>. Eine Pädagogik für die<br />
jüngsten Kinder, die heutigen Qualitätsstandards<br />
entspricht, bezieht Familienerziehung mit ein <strong>und</strong><br />
praktiziert eine umsichtige gemeinsame Eingewöhnung<br />
des Kindes <strong>und</strong> seiner Eltern. Eltern<br />
6 Bayerisches Staatsministerium für Arbeit, Sozialordnung, Familie<br />
<strong>und</strong> Frauen & Staatsinstitut für Frühpädagogik, 2003, überarbeitete<br />
Neuauflage, 2005
(Mutter oder Vater) <strong>und</strong> Kind bleiben zusammen,<br />
bis das Kind mit der neuen Umgebung <strong>und</strong> den<br />
noch fremden Personen vertraut ist. Wenn dann<br />
das Kind für eine bestimmte Zeit des Tages nicht<br />
in der Familie, sondern in der Kindertageseinrichtung<br />
verbringt, wird es dort nicht von Fremden<br />
betreut, sondern im Mittelpunkt der neuen<br />
Umgebung steht die Bezugserzieherin, die dem<br />
Kind <strong>und</strong> seinen Eltern Sicherheit gibt.<br />
Über die Entwicklung von Kindern<br />
in Kinderkrippen<br />
In der Fachdiskussion wurde die „Rechtfertigungsdebatte“<br />
(also das Aufzählen von Gründen,<br />
warum eine Kinderkrippe manchmal nötig ist)<br />
längst von der Qualitätsdebatte abgelöst. In der<br />
Qualitätsdebatte geht es um überprüfbares fachliches<br />
Handeln <strong>und</strong> den Zusammenhang von<br />
Qualität <strong>und</strong> kindlicher Entwicklung7 .<br />
<strong>Groß</strong>e Studien zur Auswirkung von Tagesbetreuung<br />
auf die Entwicklung junger Kinder<br />
haben inzwischen belegt, dass eine qualitativ<br />
gute Tagesbetreuung Kindern nicht schadet8 . In<br />
der längerfristigen Entwicklung waren kaum<br />
Unterschiede zu finden zwischen den Kindern,<br />
die schon früh eine Betreuung außerhalb der<br />
Familie erlebt hatten <strong>und</strong> den Kindern, die länger<br />
in der Familie betreut wurden9 .<br />
Aus der Praxis, aber auch in Fachveröffentlichungen,<br />
<strong>werden</strong> häufig positive Auswirkungen<br />
der Krippenerfahrungen berichtet: Im sozialen<br />
Bereich entwickeln Kinder Kompetenzen wie<br />
Selbstständigkeit, Selbstbehauptung, Kooperationsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> soziales Regelwissen10 .<br />
Kinder mit Krippenerfahrung entwickeln sich<br />
aber manchmal etwas anders als Kinder, die<br />
ausschließlich Familienerfahrungen haben: Sie<br />
sind häufig nicht nur sozial kompetenter, sondern<br />
auch <strong>durch</strong>setzungsfähiger11 . Den größten<br />
Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes aber<br />
behält die Familie.<br />
Heute steht ein Pool an Forschungsergebnissen<br />
<strong>und</strong> praktischen Erfahrungen zur Verfügung, die<br />
es erlauben, Konzepte für die außerfamiliale<br />
Betreuung auch für Kinder unter drei Jahren zu<br />
entwickeln <strong>und</strong> so umzusetzen, dass das Wohl<br />
des Kindes <strong>und</strong> seine Entwicklung im Mittelpunkt<br />
stehen.<br />
Es geht um die Förderung der emotionalen,<br />
sozialen <strong>und</strong> kognitiven Entwicklung der Kinder.<br />
Dabei spielen frühe Gruppenerfahrungen, anregende<br />
Spiel- <strong>und</strong> Lernumwelten <strong>und</strong> die Verlässlichkeit<br />
der Betreuungspersonen eine herausragende<br />
Rolle.<br />
7 Anregungen <strong>und</strong> ausführliche Erläuterungen sind zu finden in:<br />
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit, Sozialordnung, Familie<br />
<strong>und</strong> Frauen & Staatsinstitut für Frühpädagogik, 2003; Tietze &<br />
Viernickel, 2003.<br />
8 Lamb & Ahnert, 2003; Ahnert, 2004; Cryer & Harms, 2000<br />
9 B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend<br />
2003, S. 38 ff<br />
10 vgl. Beller, 1993<br />
11 B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend,<br />
2003, S. 38 ff<br />
13
Das Projekt „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
Die Initiative „Kinderkrippen in Bayern“ war im<br />
Mai 2001 von Ministerpräsident Dr. Edm<strong>und</strong><br />
Stoiber <strong>und</strong> dem Präsidenten der vbw– Vereinigung<br />
der Bayerischen Wirtschaft e. V., Randolf<br />
Rodenstock, mit folgenden Zielen vereinbart<br />
worden:<br />
– Durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie<br />
<strong>und</strong> Beruf soll insbesondere die Frauenerwerbsquote<br />
erhöht <strong>werden</strong>, indem Eltern als<br />
Alternative zur Erziehung ihres Kindes in der<br />
Familie oder bei einer Tagesmutter ein qualitativ<br />
hochwertiges Betreuungsangebot in einer<br />
Kinderkrippe zur Verfügung gestellt wird.<br />
– Das Projekt soll Signalcharakter für andere Gemeinden<br />
<strong>und</strong> Träger, aber auch für Betriebe<br />
haben, sich ebenfalls in der Kinderbetreuung<br />
für Kinder unter drei Jahren zu engagieren.<br />
– Das Ansehen der <strong>Bildung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Betreuung<br />
von Kindern in Kinderkrippen soll<br />
<strong>durch</strong> eine hohe fachliche Qualität des Personals<br />
<strong>und</strong> der Einrichtungen insgesamt verbessert<br />
<strong>werden</strong>.<br />
Der 01.10.2001 war der offizielle Projektbeginn<br />
mit einer Auftaktveranstaltung <strong>und</strong> dem Aufruf<br />
zur Bewerbung. Ein Auswahlgremium konnte<br />
die Zusagen an sieben Modellstandorte Anfang<br />
2002 erteilen. Die Auswahl der sieben Modelleinrichtungen<br />
für Kinder unter drei Jahren<br />
erfolgte nach verschiedenen Kriterien. Maßgeblich<br />
waren z. B.:<br />
– Aufbau einer Kinderkrippe in je einem Regierungsbezirk,<br />
– die Schaffung neuer Kinderkrippenplätze sowie<br />
– die Einbindung unterschiedlicher Trägermodelle.<br />
– Die Bewerber mussten in der Lage sein, im<br />
ersten Halbjahr 2002 den Betrieb aufzunehmen.<br />
– Es musste eine Konzeption vorliegen.<br />
– Die Teilnahme der pädagogischen Fachkräfte<br />
an Qualifizierungsmaßnahmen musste zugesichert<br />
<strong>werden</strong>.<br />
– Die kommunale Mitfinanzierung musste gesichert<br />
sein.<br />
14<br />
Ausgewählt wurden die Standorte Fürth, Hof,<br />
Ingolstadt, Lappersdorf, Kleinostheim, Neu-Ulm<br />
<strong>und</strong> Passau. Insgesamt entstanden r<strong>und</strong> 85<br />
neue Ganztagsplätze in folgenden Einrichtungen:<br />
■ das „Zachäus-Nest“ in Neu-Ulm<br />
■ die Kinderkrippe kinderVilla der bügerhilfe<br />
ingolstadt e. V.<br />
■ die Kinderkrippe des Fördervereins Montessori<br />
Kinderhaus Passau <strong>und</strong> Umgebung e. V.<br />
■ die „Krabbelstube“ des Marktes Lappersdorf<br />
■ das „Zwergenparadies“ in Hof<br />
■ die Kinderkrippe „St. Vinzenz von Paul“ in<br />
Kleinostheim<br />
■ die Kinderkrippe der Kindertagesstätten<br />
„Grete Schickedanz e. V.“ in Fürth<br />
Bereits im Februar 2002 wurden die erfolgreichen<br />
Bewerberinnen <strong>und</strong> Bewerber im Rahmen<br />
einer „Kick-off-Veranstaltung“ in das Projekt<br />
eingeführt. An allen ausgewählten Standorten<br />
wurden die Kinderkrippen im Laufe des Jahres<br />
2002 eröffnet. Die Sicherung der Qualität des<br />
Betreuungsangebotes war von Beginn an oberste<br />
Zielsetzung.
Aus diesem Gr<strong>und</strong> startete im Oktober 2002 eine<br />
Qualifizierungsmaßnahme für das Fachpersonal<br />
der neu gegründeten Kinderkrippen, die von einer<br />
Diplom-Sozialpädagogin <strong>und</strong> einer Diplom-Psychologin<br />
geleitet wurde. In zunächst sechs Fortbildungsmodulen<br />
wurde Fachwissen vermittelt, eingeübt<br />
<strong>und</strong> vertieft. Eine Anbindung an die Praxis<br />
wurde <strong>durch</strong> die Hospitation in städtischen<br />
Münchner Kinderkrippen erreicht. Ergänzt wurden<br />
die Qualifizierungsmaßnahmen <strong>durch</strong> regionale<br />
Arbeitstreffen mit unterschiedlichen thematischen<br />
Schwerpunkten <strong>und</strong> Supervision.<br />
Nicht zuletzt <strong>durch</strong> die großzügige Unterstützung<br />
des Projektes <strong>durch</strong> das Sozialreferat der<br />
Stadt München, das über ein über Jahrzehnte<br />
gewachsenes Know-how in allen Aspekten der<br />
Krippenpädagogik verfügt, hat diese Weiterbildungsmaßnahme<br />
beispielgebenden Charakter.<br />
Den beiden Prozessbegleiterinnen wurde zudem<br />
während der gesamten Projektlaufzeit ein Büro<br />
in der Abteilung Kindertagesbetreuung des<br />
Stadtjugendamts München kostenlos zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Wegen des großen Erfolges wurde die Qualifizierungsmaßnahme<br />
um weitere vier Module<br />
verlängert <strong>und</strong> bis in das Jahr 2005 fortgesetzt.<br />
Für die Qualität einer Einrichtung ist aber nicht<br />
nur die Qualifizierung der Fachkräfte entscheidend,<br />
sondern die Träger zeichnen für die<br />
Qualitätslenkung <strong>und</strong> Qualitätssicherung verantwortlich.<br />
Vertreter <strong>und</strong> Vertreterinnen der<br />
Träger (Freie Träger, ein kirchlicher Träger,<br />
Gemeinden, Elterninitiativen, ein Unternehmen)<br />
der Projektkrippen wurden im Rahmen von zwei<br />
Trägertreffen über Fachfragen informiert <strong>und</strong><br />
hatten Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch<br />
sowie zur Vernetzung. Zudem standen die Projektbegleiterinnen<br />
auch ihnen als Ansprechpartnerinnen<br />
zur Verfügung.<br />
An der Finanzierung beteiligten sich der Freistaat<br />
Bayern, Kommunen <strong>und</strong> Träger (einschließlich<br />
der Elternbeiträge) mit je 20 Prozent<br />
der Kosten, die vbw, unterstützt vom BayME –<br />
Bayerischer Unternehmensverband Metall <strong>und</strong><br />
Elektro e. V. <strong>und</strong> vom VBM – Verband der Bayerischen<br />
Metall- <strong>und</strong> Elektro-Industrie e. V., mit 40<br />
Prozent. Die Förderung erfolgte auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
der zu diesem Zeitpunkt noch geltenden<br />
Förderichtlinien12 .<br />
Begleitet wurde das Projekt von einem Fachbeirat<br />
(vgl. Anhang), dessen Mitglieder <strong>durch</strong><br />
ihr konstruktives Engagement viel zum Gelingen<br />
des Projekts beigetragen haben. Dafür sei<br />
ihnen an dieser Stelle ein besonders herzlicher<br />
Dank ausgesprochen.<br />
Vom Staatsinstitut für Frühpädagogik wurde die<br />
wissenschaftliche Dokumentation des Entwicklungsprozesses<br />
der sieben Einrichtungen übernommen.<br />
Dazu wurde eine Interviewstudie mit<br />
den Leiterinnen der Kinderkrippen, Vertretern<br />
<strong>und</strong> Vertreterinnen der Träger sowie mit Eltern,<br />
deren Kinder diese Krippen besuchen, <strong>durch</strong>geführt.<br />
Die Ergebnisse bilden die Basis für die<br />
vorliegende Veröffentlichung.<br />
12 Richtlinie zur Förderung der Betreuung, <strong>Bildung</strong> <strong>und</strong> Erziehung<br />
von Kindern in Kinderkrippen, Bekanntmachung des Bayerischen<br />
Staatsministeriums für Arbeit, Sozialordnung, Familie <strong>und</strong> Frauen<br />
vom 14. Juni 2002<br />
15
Sieben neu gegründete Kinderkrippen im Porträt<br />
Wie die Porträts entstanden sind<br />
<strong>und</strong> was sie zeigen sollen<br />
Die Gr<strong>und</strong>lage für die folgenden Porträts sind<br />
Interviews mit den Leiterinnen der Kinderkrippen<br />
sowie mit Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertretern<br />
der Träger, die im Zeitraum von Mai bis Juli<br />
2003 <strong>durch</strong>geführt wurden. Der Schwerpunkt<br />
liegt also in der Aufbauphase der Kinderkrippen.<br />
Eine Nachbefragung fand Ende 2003/Anfang<br />
2004 statt. Die Daten, die jedem Einrichtungsporträt<br />
voran gestellt sind, entsprechen dem<br />
Stand vom Juni 2005.<br />
Für Interessenten <strong>und</strong> Gründer einer Kinderkrippe<br />
soll erkennbar <strong>werden</strong>, welche Vorarbeiten<br />
<strong>und</strong> Bedingungen den Start erleichtern <strong>und</strong> wie<br />
Fallstricke vermieden <strong>werden</strong> können. Dazu gibt<br />
es in den Interviews viele Anregungen <strong>und</strong><br />
Tipps. Es soll aber ebenso deutlich <strong>werden</strong>, dass<br />
auch unter Umständen, die zunächst nicht optimal<br />
zu sein scheinen, der Einstieg lohnend sein<br />
kann <strong>und</strong> dass die Suche nach (z. B. räumlichen)<br />
Ressourcen manchmal unerwartete Erfolge<br />
bringt.<br />
Kleine Episoden aus dem Alltag der Kinderkrippen<br />
illustrieren die kindliche Erfahrungswelt.<br />
Ergänzt <strong>werden</strong> die Porträts <strong>durch</strong> Hinweise<br />
aus der Fachliteratur13 . Schlagwörter an<br />
den Seitenrändern helfen beim Auffinden von<br />
Einzelthemen.<br />
Da die vollständigen Interviews den Rahmen<br />
dieser Veröffentlichung sprengen würden, wurden<br />
jeweils unterschiedliche pädagogische bzw.<br />
organisatorisch/strukturelle Schwerpunkte ausgewählt.<br />
Beabsichtigt war, den besonderen<br />
Charakter jeder Einrichtung <strong>und</strong> ihrer Trägerstruktur<br />
erkennbar <strong>werden</strong> zu lassen. Zum einen<br />
sollen die Gestaltungsmöglichkeiten in ihrer<br />
Vielfalt, zum anderen aber auch die unverzichtbaren<br />
Qualitätsansprüche verdeutlicht <strong>werden</strong>.<br />
Aus der Zusammenschau aller sieben Porträts<br />
ergibt sich so ein lebendiger Querschnitt der<br />
vielfältigen Fragestellungen, mit denen sich<br />
Fachkräfte <strong>und</strong> Träger in der Gründungsphase<br />
einer Kinderkrippe auseinandersetzen müssen,<br />
<strong>und</strong> es wird dokumentiert, welche pädagogischen<br />
<strong>und</strong> organisatorischen Antworten in den<br />
Modelleinrichtungen des Projektes „Initiative<br />
Kinderkrippen in Bayern“ gef<strong>und</strong>en wurden.<br />
13 Umfassende Informationen, Anregungen <strong>und</strong> Praxishinweise bieten:<br />
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung,<br />
Familie <strong>und</strong> Frauen & Staatsinstitut für Frühpädagogik, 2003/2005;<br />
Landeshauptstadt München, Sozialreferat, Stadtjugendamt, 2000;<br />
Tietze & Viernickel, 2003<br />
16<br />
Für Eltern bildet sich in den Berichten das Leben<br />
in einer Kinderkrippe anschaulich ab, <strong>und</strong> sie<br />
finden viele Hinweise darauf, auf welche Qualitätsmerkmale<br />
sie achten können, wenn sie für<br />
ihre eigenen Kinder einen Platz in einer Kinderkrippe<br />
suchen. Und nicht zuletzt können Erzieherinnen,<br />
die noch keine praktischen Erfahrungen<br />
mit der pädagogischen Arbeit mit Kindern unter<br />
drei Jahren haben, ein neues Berufsfeld entdecken.<br />
An dieser Stelle möchten wir allen Eltern <strong>und</strong><br />
Kindern, Erzieherinnen, Trägervertretern <strong>und</strong><br />
Trägervertreterinnen danken, dass sie für Interviews,<br />
Fotos <strong>und</strong> Fragen jederzeit fre<strong>und</strong>lich<br />
<strong>und</strong> geduldig zur Verfügung standen. Ohne sie<br />
hätte diese Dokumentation nicht entstehen können.
Eigenständigkeit <strong>und</strong> Kooperation – Kinderkrippe <strong>und</strong> Kindertagesstätte<br />
in einem multinationalen Umfeld: Die Kinderkrippe Zachäus-<br />
Nest in Neu-Ulm<br />
Träger:<br />
Evang.-Luth. Petrusgemeinde Neu-Ulm<br />
Pfarrer Joachim Pennig<br />
Leiterin der Kinderkrippe:<br />
Silke Schulmeyer<br />
Leiterin der Kindertagesstätte:<br />
Ulrike Eisenlauer<br />
Eröffnung der Kinderkrippe: 19. August 2002<br />
Öffnungszeiten: 7.30 Uhr–17.00 Uhr (Mo–Fr)<br />
Anzahl der aufgenommenen Kinder: 15<br />
Kinder auf der Warteliste: 25<br />
Altersspanne: 9 Monate bis 3 Jahre<br />
Personal: 3 Vollzeitkräfte<br />
Überwiegender Bedarf an Betreuungsst<strong>und</strong>en:<br />
7–10 Std.<br />
Höhe der Elternbeiträge:<br />
Es gibt verschiedene Zeitzonen: Von 150,00 €<br />
(unter 4 Std.) bis 190,00 € (7–10 Std.)<br />
Die Kinderkrippe Zachäus-Nest in Neu-Ulm ist<br />
an eine integrierte Kindertagesstätte mit zwei<br />
Kindergartengruppen mit 25 Kindern <strong>und</strong> zwei<br />
Integrativgruppen mit 5 behinderten <strong>und</strong> 10<br />
nichtbehinderten Kindern pro Gruppe angeschlossen.<br />
Sie ist in einem, dem Haupthaus nahe<br />
gelegenen, Wohnhaus untergebracht <strong>und</strong><br />
verfügt über Räumlichkeiten von ca. 130 m2 sowie<br />
über einen 120 m2 großer Garten. Die Organisationsstruktur<br />
erlaubt es, dass sich das Fachpersonal<br />
gegenseitig vertreten kann, wenn personelle<br />
Engpässe z. B. <strong>durch</strong> Krankheit, Fortbildung<br />
oder Urlaub entstehen.<br />
Es gibt eine Gesamtleitung der Kindertagesstätte<br />
<strong>und</strong> eine Leitung der Kinderkrippe. Die Gesamtleitung<br />
liegt in der Verantwortung von Frau<br />
Eisenlauer. Sie ist Erzieherin, verfügt über eine<br />
Zusatzausbildung als Tanztherapeutin <strong>und</strong> hat in<br />
Fortbildungen die Qualifizierung als Kindergartenfachwirtin<br />
erlangt, „denn“, so sagt sie selber,<br />
„die Leiterin einer großen Einrichtung braucht<br />
betriebswirtschaftliche Kenntnisse“. Die Kinderkrippe<br />
wird von Frau Schulmeyer geleitet: „Ich<br />
habe zwei Jahre während meines Vorpraktikums<br />
in einer Kinderkrippe gearbeitet. Schon damals<br />
ist mir klar geworden, dass ich auf jeden Fall in<br />
einer Kinderkrippe arbeiten will.“<br />
17
Vorbereitungsphase<br />
Pfarrer Joachim Pennig ist seit 9 Jahren in<br />
der Petrusgemeinde tätig. In seinem Gemeindesprengel<br />
liegt die Kindertagesstätte,<br />
an die die Kinderkrippe „Zachäus-Nest“ angegliedert<br />
ist. Er erklärt, …<br />
… warum die Kinderkrippe „Zachäus-Nest“<br />
heißt<br />
„Als evangelische Kirche hat unsere<br />
Synode beschlossen, einen Schwerpunkt in<br />
der Familienarbeit zu setzten, <strong>und</strong> für uns<br />
bedeutet Teilnehmen am gesellschaftlichen<br />
Leben nicht nur Verkündigung der Bibel,<br />
sondern eben auch die <strong>Bildung</strong>sarbeit in<br />
Kindergarten, Krippe <strong>und</strong> Hort.<br />
Zachäus ist eine biblische Gestalt, die unserem<br />
Leitbild sehr nahe kommt. Weil er ein<br />
Außenseiter war, wurde er von den Leuten<br />
nicht akzeptiert <strong>und</strong> musste deshalb auf<br />
einen Baum steigen, um Jesus sehen zu<br />
können. Und Jesus ruft ausgerechnet aus<br />
all den schlauen Leuten, die da herum stehen,<br />
diesen Zachäus <strong>und</strong> feiert mit ihm ein<br />
großes Fest.<br />
Außenseiter haben wir hier genug in diesem<br />
Gemeindebereich <strong>und</strong> davon leitet sich<br />
unser Leitbild ab, nämlich Integration. Das<br />
„Nest“ ist dazugekommen, weil die Erzieherinnen<br />
auch den Gedanken der Geborgenheit<br />
ausdrücken wollten.“<br />
Wie haben Sie sich auf die Kinderkrippe<br />
vorbereitet?<br />
„Zunächst haben wir, Frau Eisenlauer <strong>und</strong><br />
ich, gemeinsam geplant <strong>und</strong> uns ein Rahmenkonzept<br />
überlegt <strong>und</strong> haben uns dann<br />
mit der Stadt verständigt. Der Vorschlag, sich<br />
an der „Initiative Kinderkrippen in Bayern“ zu<br />
beteiligen, war ja von der Stadt Neu-Ulm<br />
14 Ein Vertrag, demzufolge Defizite einer Einrichtung bis zu<br />
einer bestimmten Höhe freiwillig von der Kommune übernommen<br />
<strong>werden</strong>.<br />
18<br />
gekommen. Da wir viele Anfragen von jungen<br />
Frauen hatten, die studieren oder die die<br />
Ausbildung noch abschließen müssen, ist<br />
das ein Thema gewesen, das bei uns schon<br />
länger in der Überlegung war. Bezüglich der<br />
Öffnungszeiten war klar, dass es einen relativ<br />
langen Betreuungszeitraum braucht, denn<br />
wir hatten zuvor eine Elternbefragung <strong>durch</strong>geführt:<br />
Von früh um 7.30 Uhr bis um 17.00<br />
Uhr, das stand von vornherein fest.<br />
Wir fragten anschließend nach, wie es in<br />
den anderen Krippen bei der Stadt läuft.<br />
Dann sind wir auch einmal nach München<br />
gefahren <strong>und</strong> haben uns dort eine Krippe<br />
angeschaut.“<br />
Sie haben gleich zu Beginn drei<br />
Mitarbeiterinnen eingestellt. Wie sieht<br />
Ihre Finanzierung aus?<br />
„Das ist ein Zugeständnis, das uns die Stadt<br />
gemacht hat. Bei diesen langen Öffnungszeiten,<br />
zu denen wir uns verpflichteten –<br />
was ja auch bedeutet, dass wir nur drei<br />
Wochen im Sommer <strong>und</strong> eine Woche nach<br />
Weihnachten schließen – brauchen wir unbedingt<br />
drei Fachkräfte. Die Stadt sah das<br />
ein <strong>und</strong> bewilligte uns diese drei Stellen.<br />
Wir finanzieren uns über die staatliche Förderung,<br />
die Elternbeiträge <strong>und</strong> mit der Stadt<br />
Neu-Ulm besteht ein Defizitausgleichsvertrag14<br />
. Daran kann man auch wieder sehen,<br />
dass das Verhältnis der Stadt zu uns einfach<br />
stimmt.“<br />
Personalplanung<br />
Finanzierung
Teamentwicklung<br />
Ist Neu-Ulm eine reiche Gemeinde?<br />
„Eigentlich nicht, aber Kinder- <strong>und</strong> Familienfre<strong>und</strong>lichkeit<br />
ist ein Schwerpunkt der Stadt,<br />
<strong>und</strong> das macht sich eben bemerkbar. Deshalb<br />
sind wir in einer wirklich guten Lage.“<br />
Die Zusammensetzung Ihres Teams ist ja<br />
eine Besonderheit…<br />
„Wir achteten bei unserem Krippenteam darauf,<br />
dass verschiedene Altersgruppen darin<br />
vertreten sind. Da ist die Rolle der Berufsanfängerin,<br />
die Rolle der bereits erfahrenen<br />
Fachkraft, <strong>und</strong> wir haben eine Kollegin, die<br />
vom Alter her <strong>Groß</strong>mutter sein könnte. Wir<br />
wollten, dass die Lebenserfahrungen der Bezugspersonen<br />
mit einfließen. In unserem<br />
Stammteam spiegelt sich auch unser multikulturelles<br />
Umfeld wider: Wir haben Kolleginnen<br />
aus der ehemaligen UdSSR <strong>und</strong> aus<br />
Rumänien. Es scheint auf den ersten Blick<br />
kompliziert, aber wir halten das für ganz wichtig<br />
– auch für unsere Eltern.“<br />
Damit das Team der drei Generationen gut<br />
zusammen arbeitet, gab es am Anfang<br />
Supervision – das kostet ja auch Geld.<br />
„Ich glaube, dass Supervision zu vergleichen<br />
ist mit einem soliden F<strong>und</strong>ament beim<br />
Hausbau. Das erste Jahr war engmaschig<br />
begleitet <strong>durch</strong> Supervision, also alle sechs<br />
bis acht Wochen, wobei die Krippenleiterin<br />
die Gelegenheit hatte, für ihre Führungsaufgaben<br />
Einzelsupervision zu erhalten. Zu-<br />
nächst waren es gruppendynamische Angelegenheiten<br />
im Team, was sich im Anschluss<br />
wandelte zu Fallgesprächen. Im<br />
Frühjahr 2004 war das letzte Gespräch, <strong>und</strong><br />
wir vereinbarten nur noch nach Bedarf<br />
Termine. Wir investierten also sicherlich im<br />
ersten Jahr, aber wir haben jetzt auch ein<br />
Team, das genau weiß, wo es steht, <strong>und</strong> es<br />
ist eine Verständigungsebene gef<strong>und</strong>en.<br />
Und das zieht weite Kreise. Die Kinder<br />
<strong>werden</strong> sehr viel kompetenter betreut, die<br />
Krankheitstage der Mitarbeiterinnen nehmen<br />
meiner Erfahrung nach ab.“<br />
Sind Sie damit zufrieden, wie die Arbeitsprozesse<br />
in Ihrer Einrichtung laufen?<br />
„Da bin ich eigentlich sogar hochzufrieden.<br />
Ich habe ein sehr motiviertes Team. Wir<br />
tun natürlich auch was dafür. Regelmäßige<br />
Dienstbesprechungen sind Pflicht, ohne die<br />
geht es sowieso nicht. Darüber hinaus haben<br />
wir Planungstage, da kommt Frau Eisenlauer<br />
von der Gesamteinrichtung dazu, <strong>und</strong><br />
mit ihrer Erfahrung kann sie auch weiterhelfen,<br />
falls es einmal Probleme gibt. Und wir<br />
machen Mitarbeiterjahresgespräche, was<br />
ich auch für eine gute <strong>und</strong> notwendige Geschichte<br />
halte.“<br />
Kinderkrippen haben teilweise immer noch<br />
kein gutes Image. Wie beurteilen Sie die<br />
pädagogische Arbeit?<br />
„Ich habe echte Hochachtung für mein<br />
Team, das leistet wirklich Gewaltiges. Es ist<br />
eine wichtige pädagogische Arbeit, die in<br />
den Familien auf diese Weise nicht geleistet<br />
<strong>werden</strong> kann. Das ist der Vorteil von institutioneller<br />
Erziehung, <strong>und</strong> das sehe ich deutlich,<br />
seit die Kinder bei uns sind.<br />
19<br />
Qualitätssicherung<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe
Trägerverantwortung<br />
Gesamtleitung<br />
Leitungsaufgaben<br />
Deswegen würde ich für eine wesentlich<br />
höhere Zahl an Kinderkrippenplätzen plädieren,<br />
weil ich beobachte, dass Kinder da<br />
offener, toleranter, sozialfähig <strong>werden</strong>, dass<br />
sie ein Stück Menschlichkeit entwickeln,<br />
ganz normal im Zusammensein mit anderen<br />
<strong>und</strong> klare Regeln erfahren.“<br />
Welche Rolle spielen Sie als Träger dabei?<br />
„Ich sehe eine mehrfache Verantwortung. In<br />
erster Linie ist es die Verantwortung den<br />
Kindern gegenüber, ihnen auf diesem Weg zu<br />
helfen, verantwortungs- <strong>und</strong> selbstbewusste<br />
Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger zu <strong>werden</strong>. Der<br />
zweite Blickpunkt ist, dass wir uns um unser<br />
Team kümmern, denn ohne dieses Team<br />
könnte kein Träger etwas erreichen. Die nächste<br />
Verantwortung haben wir hier in der Stadt<br />
<strong>und</strong> in unserem Stadtteil, weil da die Familien<br />
herkommen, die ihre Kinder zu uns bringen,<br />
<strong>und</strong> letztendlich sehe ich das eingebettet<br />
in ein großes Ganzes, das nur dann funktionieren<br />
kann, wenn auch Einzelne ihre Verantwortung<br />
wahrnehmen.“<br />
„Unsere Erfahrungen geben wir sehr<br />
gerne weiter. Wir haben unser Konzept<br />
in das Internet unter<br />
www.petruskirche.telebus.de gestellt.<br />
Wir sind auch per e-mail unter<br />
evang.petrus-krippe@kirche-neu-ulm.de<br />
zu erreichen.“<br />
Tipp<br />
Gespräch mit Frau Eisenlauer, die für die<br />
Gesamtleitung der Kindertagesstätte verantwortlich<br />
ist, <strong>und</strong> Frau Schulmeyer, die<br />
die Kinderkrippe leitet:<br />
In dieser Einrichtung wirken zwei<br />
Leitungspersönlichkeiten. Wie sind die<br />
Verantwortlichkeiten abgestimmt?<br />
Frau Eisenlauer: „Ich sehe meine Arbeit insbesondere<br />
darin, die Tätigen in der Kinderkrippe<br />
zu unterstützen <strong>und</strong> nicht zu bevorm<strong>und</strong>en.<br />
Die Kinderkrippe hat Modellcharakter <strong>und</strong><br />
arbeitet eigenständig. Ich habe eine beratende<br />
Funktion. Wichtig ist auch, dass Personalgespräche<br />
stattfinden, um den Entwicklungsstand<br />
der jeweiligen Fachkraft zu ermitteln,<br />
aber auch um Wünsche aufzunehmen <strong>und</strong> zu<br />
schauen, wo weitere Fortbildungswünsche<br />
<strong>und</strong> auch Notwendigkeiten sind.“<br />
Frau Schulmeyer, Sie sind die Leiter<br />
in der Kinderkrippe …<br />
„Ich kann mit Frau Eisenlauer wirklich gut<br />
zusammenarbeiten, sie lässt mir meinen<br />
Freiraum, sagt vielleicht auch, wie ich etwas<br />
20<br />
anders machen könnte. Im Endeffekt liegt<br />
die Entscheidung aber bei mir. Im Speziellen<br />
bin ich zuständig für die Entwicklung<br />
des Tagesablaufs, für die Zusammenarbeit<br />
im Team, die Arbeit mit den Eltern. Wir<br />
haben zwar ein Rahmenkonzept für das<br />
ganze Haus, aber unsere Konzeption für die<br />
Krippe haben wir selber entwickelt.<br />
Außerdem führe ich die Anmeldungsgespräche<br />
mit den Eltern. Frau Eisenlauer <strong>und</strong><br />
Pfarrer Pennig machen das Finanzielle – das<br />
ist für mich natürlich eine Erleichterung.“<br />
Brauchen diese Abstimmungsprozesse<br />
nicht viel Zeit?<br />
Frau Schulmeyer: „Wir haben im Jahr zwei<br />
Planungstage, an denen wir die Einrichtung<br />
schließen. Und wir haben einen ganzen Tag,<br />
um das erste halbe Jahr zu planen <strong>und</strong> einen<br />
weiteren für das zweite halbe Jahr, diese konzentrierte<br />
Arbeit führt zu guten Ergebnissen<br />
<strong>und</strong> spart im Endeffekt Zeit.“<br />
Wenn die Kinderkrippe in eine<br />
Gesamteinrichtung integriert ist …<br />
– Die jeweiligen Verantwortlichkeiten sind<br />
– unter Einbeziehung des Trägers – klar<br />
abgestimmt. Sie <strong>werden</strong> möglichst schriftlich<br />
festgehalten <strong>und</strong> sind allen Beteiligten<br />
zugänglich.<br />
– Es wird Klarheit darüber hergestellt, ob<br />
<strong>und</strong> in welchen Bereichen gemeinsam<br />
bzw. separat gearbeitet <strong>werden</strong> soll.<br />
– Über die Art <strong>und</strong> Weise der Nutzung gemeinsamer<br />
Ressourcen (Personal, Räume,<br />
Material) wird Einverständnis hergestellt.<br />
– Bei Dienstbesprechung wird darauf geachtet,<br />
dass für die jeweils anstehenden<br />
Themen die entsprechenden Mitarbeiterinnen<br />
anwesend sind.<br />
– Der Kommunikationsfluss wird sorgfältig<br />
organisiert.<br />
Sie haben ein sehr anspruchsvolles<br />
pädagogisches Leitbild …<br />
Frau Eisenlauer: „Unsere Einrichtung liegt in<br />
einem ehemaligen US-Gebiet. Seit dem Abzug<br />
der Amerikaner wohnen hier Menschen,<br />
die aus den ehemaligen UdSSR-Staaten ausgewandert<br />
sind, aber auch Flüchtlinge aus<br />
dem ehemaligen Jugoslawien, aus Algerien<br />
usw. Wir freuen uns an diesem multikulturellen<br />
Umfeld, obwohl es nicht immer ganz einfach<br />
ist, denn es treffen sehr unterschiedliche<br />
Lebenshaltungen aufeinander. Aber wir ver-<br />
Pädagogisches<br />
Leitbild
Einbindung<br />
der Eltern<br />
Qualifizierung<br />
stehen es als Chance, voneinander zu lernen.<br />
Den Eltern, die zu uns kommen, soll deutlich<br />
<strong>werden</strong>, was wir unter Integration verstehen,<br />
insbesondere wie wir es umsetzen in der<br />
Arbeit mit den Kindern.<br />
Das heißt auch, dass ich mich damit auseinander<br />
setzen muss, wie die Struktur in einer<br />
muslimischen Familie ist <strong>und</strong> wie das Verständnis<br />
dieser Familie ist, wenn es um die<br />
Erziehung der Kinder geht. In den Familien<br />
aus der ehemaligen UdSSR, da sieht es wieder<br />
anders aus. Ich denke, dass der Kontakt<br />
<strong>und</strong> die Kontaktbereitschaft zu den Eltern<br />
eine ganz wesentliche Rolle spielt.“<br />
Ist die Elternarbeit in so einem Umfeld<br />
nicht sehr schwierig?<br />
Frau Schulmeyer: „Ich finde, die Arbeit in<br />
der Kinderkrippe wird von den Eltern mehr<br />
geschätzt als im Kindergarten. Das merkt<br />
man auch bei der Elternarbeit. Unser Elternbeirat<br />
wirkt bei uns voll <strong>und</strong> ganz mit. Die<br />
Eltern sollen nicht Mitglieder in einem Gremium<br />
sein, das nur nickt, sondern das wir<br />
auch anhören bei allen Angelegenheiten,<br />
die die Einrichtung betreffen – z. B. bei Einstellungen.<br />
Die Eltern sind unsere Partner.<br />
Es ist bei uns ein ganz wichtiger Gr<strong>und</strong>satz,<br />
Eltern nicht als Menschen zu sehen, die<br />
bedürftig zu uns kommen, sondern wir sind<br />
aufeinander angewiesen – zum Wohle der<br />
Kinder, <strong>und</strong> deshalb müssen wir auch an<br />
einem Strang ziehen. Für die Zukunft sind<br />
ein bis zwei feste Einzelgesprächstermine<br />
pro Jahr geplant. Durch die Qualifizierungsmaßnahme<br />
fühlen wir uns dafür gut vorbereitet.<br />
Es gibt monatliche Sitzungen des<br />
Elternbeirats <strong>und</strong> tägliche Tür- <strong>und</strong> Angelgespräche.<br />
Dazu kommen Feste, Bastelnachmittage,<br />
usw. Die Eltern unterstützen<br />
auch das Team, wenn wir z. B. zur Fortbildung<br />
fahren. Das ist für die Eltern wie<br />
eine Hospitation <strong>und</strong> alle haben etwas davon.“<br />
Eltern <strong>und</strong> Erzieherinnen<br />
sind Erziehungspartner<br />
– Eltern <strong>werden</strong> regelmäßig über den<br />
Alltag <strong>und</strong> über besondere Ereignisse in<br />
der Einrichtung in angemessener Form<br />
informiert.<br />
– Sie haben die Möglichkeit, sich in der Einrichtung<br />
aufzuhalten (z. B. in einer Sitzecke)<br />
<strong>und</strong> können am Alltag in der Krippe<br />
teilnehmen (hospitieren).<br />
– Außer den Elternabenden <strong>werden</strong> spezielle<br />
Veranstaltungen (z. B. Fachvorträge)<br />
für die Elterngruppe angeboten.<br />
– Es finden regelmäßig individuelle Elterngespräche<br />
statt.<br />
– Auf Gesprächswünsche wird schnell reagiert.<br />
– Eltern wirken in verschiedenen Gremien<br />
mit, sie sind an Aktivitäten beteiligt.<br />
– Eltern sind an der Konzeptionsentwicklung<br />
beteiligt.<br />
– Die Öffnungszeiten richten sich so weit als<br />
möglich nach den Wünschen der Eltern.<br />
– Eltern <strong>werden</strong> (anonym) befragt (Zufriedenheit,<br />
Wünsche) <strong>und</strong> über die Ergebnisse<br />
informiert.<br />
Wie fängt so eine neue Kinderkrippe<br />
eigentlich an? Man kann wohl nicht erwarten,<br />
dass gleich alles reibungslos läuft?<br />
Frau Schulmeyer: „Das ist wohl wahr! Wir<br />
hatten im Vorhinein noch keinen Tagesablauf<br />
festgelegt – das ist alles erst nach der Öffnung<br />
entstanden. Und während dieser Zeit<br />
war es für mich – ehrlich gesagt – ziemlich<br />
chaotisch <strong>und</strong> auch nicht ganz einfach auszuhalten.<br />
Es waren Kleinigkeiten, wie: Essen<br />
war überall, Trinken war überall, die Bälle<br />
waren überall – es war alles überall, die Eltern<br />
noch dazwischen, <strong>und</strong> das war für mich<br />
schon Chaos. Langsam hat sich’s strukturiert,<br />
z. B. können sich die Kinder das Trinken selber<br />
holen, aber die Flaschen bleiben auf dem<br />
Tisch, getobt <strong>werden</strong> darf nur draußen, usw.<br />
Es kamen in dieser Zeit viele Fragen von den<br />
Eltern, <strong>und</strong> wir haben dann auch manchmal<br />
unterschiedliche Antworten gegeben. Aber<br />
das hat sich dann im Tun entwickelt, <strong>und</strong><br />
innerhalb von drei bis vier Wochen haben<br />
wir es in den Griff bekommen.<br />
Der Tagesablauf, den wir zuerst vorgesehen<br />
hatten, war sehr strukturiert. Wir waren<br />
eigentlich auch nur drinnen während der<br />
21<br />
Anfangserfahrungen<br />
Tagesablauf
Raumgestaltung<br />
Eingewöhnungszeit. Das haben wir nach<br />
zwei Monaten verändert. Wir gehen jetzt<br />
immer raus, <strong>und</strong> die festen Zeiten für die<br />
Kinder sind eigentlich nur noch die Essens<strong>und</strong><br />
Schlafenszeiten. Und alles andere gestalten<br />
wir offen.<br />
Außerdem haben wir gemerkt, dass <strong>durch</strong><br />
den Schlafraum, der mit Gitterbetten voll<br />
gestellt war, viel Raum verloren ging, weil<br />
er ausschließlich zum Schlafen genutzt <strong>werden</strong><br />
konnte. Inzwischen wissen wir, dass<br />
nicht jedes Kind ein Gitterbett braucht, sondern<br />
dass die Kinder auch auf Matratzen gut<br />
schlafen, <strong>und</strong> wir den Platz viel besser nutzen<br />
können.“<br />
Wie sehen Ihre wichtigsten<br />
pädagogischen Ziele aus?<br />
„Die Selbstständigkeit in allen alltäglichen<br />
Dingen ist mir sehr wichtig <strong>und</strong> dass die<br />
22<br />
Kinder gefördert <strong>werden</strong>, indem sie alle ihre<br />
Sinne einsetzen. Wir machen gerade viel<br />
mit Farben <strong>und</strong> den Händen. Das sind für<br />
manche Kinder ganz neue Erfahrungen, z. B.<br />
traute ein Kind sich zunächst nicht, barfuß<br />
in den Sand zu gehen. Sprachförderung<br />
<strong>durch</strong> Fingerspiele <strong>und</strong> Bilderbücher machen<br />
wir viel. Wir achten darauf, dass die<br />
Kinder ihre Bedürfnisse selbst mitteilen<br />
können, dass sie sich als Mitglied ihrer<br />
Gruppe fühlen, aber auch merken, dass sie<br />
als Person wichtig sind. In der Gruppe lernen<br />
sie auch zu warten oder auf etwas verzichten<br />
zu können. Sie sollen darüber hinaus<br />
lernen, Konflikte nicht <strong>durch</strong> Schreien,<br />
Zwicken oder Beißen, sondern verbal zu<br />
lösen – alles das ist mir wichtig.“<br />
Was zeichnet denn in Ihren Augen eine<br />
gute Kinderkrippe aus?<br />
Frau Eisenlauer: „Die Kinder sollen das entfalten,<br />
was sie als Gr<strong>und</strong>lage mitbringen.<br />
Dazu ist immer wichtig, dass Kinder die<br />
Möglichkeit haben, Erfahrungen zu machen,<br />
es müssen Erfahrungsräume in der Krippe<br />
da sein, damit Kinder sich <strong>und</strong> auch den<br />
anderen ausprobieren können, <strong>und</strong> dabei<br />
lernen, wo die Grenzen sind. Ich denke,<br />
dass Kinder die Botschaft erhalten müssen:<br />
Es ist gut, dass ich da bin!“<br />
Frau Schulmeyer: „So ist es. Sehr wichtig<br />
ist, dass es genügend Personal gibt, dass<br />
die Kinderkrippe keine Abgabestelle, sondern<br />
eine pädagogische Einrichtung ist <strong>und</strong><br />
dass die Rahmenbedingungen einfach stimmen.“<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe
Leben in der Kinderkrippe<br />
Ein 2-jähriger Junge wollte morgens einmal<br />
nicht in der Krippe bleiben … als ihn seine<br />
Mama nachmittags abholte, wollte er nicht<br />
mit nach Hause gehen.<br />
Wenn Kinder morgens aus der Familienumgebung<br />
in die Kinderkrippe (im Kindergarten<br />
ist das ebenso) gebracht <strong>werden</strong>, müssen sie<br />
sich neu orientieren, sowohl was die räumlichen<br />
aber auch die sozialen Gegebenheiten<br />
anbelangt. Das ist eine Leistung, die nicht<br />
jeden Tag in gleicher Weise gelingt. Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Eltern wissen das, <strong>und</strong> darum<br />
<strong>werden</strong> die morgendlichen Bringsituationen<br />
meistens als kleines Ritual gestaltet, zu dem<br />
auch der Abschied von Mutter oder Vater<br />
gehört, wie z. B. das Winken aus dem Fenster.<br />
Die Erzieherin begrüßt jedes Kind fre<strong>und</strong>lich<br />
<strong>und</strong> aufmerksam <strong>und</strong> erkennt, wie sie den<br />
Einstieg in den Krippentag unterstützen kann.<br />
Vielleicht braucht das Kind noch ein paar<br />
ruhige Minuten auf dem Schoß oder es ist<br />
gleich für ein Spiel zu gewinnen.<br />
Ganz ähnlich vollzieht sich der Wechsel zwischen<br />
den beiden Lebensbereichen Kinderkrippe<br />
<strong>und</strong> Familie beim Abholen. Das Kind<br />
bereitet sich auf diesen Wechsel vor, in dem<br />
es noch ein paar Minuten im Beisein von<br />
Mutter oder Vater „fertig“ spielt, etwas<br />
Neues zeigt, sich bewusst verabschiedet <strong>und</strong><br />
sich auf den Teil des Tages umstellt, der der<br />
Familie gehört.<br />
23
Eine alte Villa für die Kinderkrippe – Bürgerhilfe beginnt<br />
bei den Jüngsten: Die kinderVilla der bürgerhilfe ingolstadt e. V.<br />
Träger:<br />
bürgerhilfe ingolstadt e. V.<br />
Sabine Thanheiser<br />
Leiterin der Gesamteinrichtung:<br />
Astrid Bock (bis zum Beginn ihrer Elternzeit<br />
am 30. Oktober 2003)<br />
Andrea Kupka seit 1. November 2003<br />
Leiterin der Kinderkrippe:<br />
Karin Tittes<br />
Personal:<br />
Erzieherin (38,5 Std.); Kinderpflegerin (38,5 Std.);<br />
Köchin (25 Std.) <strong>und</strong> 2 Reinigungskräfte für die<br />
Gesamteinrichtung (je 2 Std. tägl.)<br />
Eröffnung der Kinderkrippe: September 2002<br />
Öffnungszeiten: 7.00 Uhr–17.00 Uhr (Mo–Do);<br />
7.00 Uhr–16.00 Uhr (Fr)<br />
Anzahl der Kinder: 12<br />
Altersspanne: 4 Monate bis 3 Jahre<br />
Kinder auf der Warteliste: 100<br />
Überwiegende Betreuungszeit: 6–8 Std.<br />
24<br />
Höhe der Elternbeiträge:<br />
195,50 € (4 Std.) bis 283,50 € (mehr als 8 Std.)<br />
(11-monatiger Abrechnungsmodus)<br />
In der kinderVilla in Ingolstadt <strong>werden</strong> die<br />
Kinder der Kinderkrippe, die <strong>durch</strong> die „Initiative<br />
Kinderkrippen in Bayern“ gegründet wurde,<br />
unter einem Dach mit zwei Kindergartengruppen<br />
betreut. Die pädagogischen Kräfte arbeiten<br />
dort nach einem pädagogischen Konzept der<br />
erweiterten Altersmischung mit Kindern im<br />
Alter von wenigen Monaten bis zum Schuleintritt.<br />
Der Träger „bürgerhilfe ingolstadt e. V.“ ist ein<br />
eingetragener Verein mit mehreren Einrichtungen.<br />
Ein Schwerpunkt liegt auf der Betreuung<br />
von Kindern unter drei Jahren, mit dem<br />
Ziel, Familien <strong>und</strong> berufstätige Mütter in Ingolstadt<br />
zu unterstützen. Als erfahrener Träger hat<br />
die Bürgerhilfe ein eigenes Qualitätshandbuch<br />
für seine Einrichtungen entwickelt.<br />
Die kinderVilla ist tatsächlich eine alte Villa mit<br />
einem w<strong>und</strong>erschönen Garten, die die Stadt im<br />
Rahmen von öffentlichen Baumaßnahmen erwerben<br />
musste <strong>und</strong> die schon längere Zeit leer<br />
stand, bis sie als optimale Kindertagesstätte entdeckt<br />
wurde.
SchwerpunktFamilienförderung<br />
Eine Stadt verpflichtet sich zur<br />
Familienfre<strong>und</strong>lichkeit<br />
„Mein Name ist Stefan Michaelis. Ich leite für<br />
die Stadt Ingolstadt das Sachgebiet Kindertageseinrichtungen.<br />
Die Stadt Ingolstadt ist<br />
Träger von 18 Kindertageseinrichtungen <strong>und</strong><br />
führt zugleich die Fachberatung/-aufsicht<br />
für die freien Träger im Stadtgebiet. Des<br />
Weiteren verantwortet das Sachgebiet die<br />
Haushaltsführung der eigenen Kindertageseinrichtungen<br />
sowie die Abrechnung <strong>und</strong><br />
Auszahlung der Förderung für die Kindertageseinrichtungen<br />
in freier Trägerschaft.<br />
Auf der Suche nach bestehenden räumlichen<br />
Ressourcen für die Kindertagesbetreuung<br />
wurden wir <strong>durch</strong> das Liegenschaftsamt der<br />
Stadt Ingolstadt auf die „Bäumler-Villa“ aufmerksam.<br />
Nachdem das Gebäude im Besitz<br />
der Stadt war <strong>und</strong> aktuell nicht genutzt<br />
wurde, bot es sich insbesondere aufgr<strong>und</strong><br />
seiner zentralen Lage in der Stadtmitte für<br />
unsere Zwecke an. Die Umbaukosten für das<br />
Gebäude wurden mit knapp 500.000,00 Euro<br />
<strong>durch</strong> das Städtische Hochbauamt kalkuliert.<br />
Diese Summe löste im Stadtrat zunächst<br />
Bedenken aus, inwieweit diese Investition<br />
vertretbar sei. Nachdem jedoch der Bedarf an<br />
Krippenplätzen groß ist, entschied sich der<br />
Stadtrat, diese Maßnahme zur Schaffung von<br />
Krippenplätzen zu unterstützen. Die Stadt<br />
bekennt sich eindeutig zu den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
der lokalen Agenda 21, deren Hauptziel eine<br />
nachhaltige <strong>und</strong> ausgewogene Stadtentwicklung<br />
ist, <strong>und</strong> dies war ein weiterer Schritt zur<br />
Schaffung einer familienfre<strong>und</strong>lichen Stadt.<br />
Als Anfang 2001 das Projekt „Initiative Kinderkrippen<br />
in Bayern“ zur Sprache kam, haben<br />
wir uns mit der „Bäumler-Villa“ als Modellprojekt<br />
positioniert. Um einen möglichst<br />
qualifizierten Träger für diese Einrichtung zu<br />
gewinnen, wurde die Trägerschaft entsprechend<br />
offen ausgeschrieben. Im Ergebnis<br />
wurde die „bürgerhilfe ingolstadt e. V.“ Träger<br />
der Einrichtung. Die Bürgerhilfe hat in Ingolstadt<br />
die längsten Erfahrungen mit der Betreuung<br />
von Kindern unter drei Jahren <strong>und</strong> ist somit<br />
Garant für eine gute Betreuungsqualität.<br />
Selbstverständlich wurden die trägerspezifischen<br />
Wünsche zur Gestaltung <strong>und</strong> Ausstattung<br />
der Einrichtung bei der gesamte<br />
Umbauplanung berücksichtigt. Heute ist die<br />
„kinderVilla“ ein weiteres w<strong>und</strong>erschönes<br />
Haus für die Kinderbetreuung in Ingolstadt.“<br />
Frau Thanheiser war Leiterin in einem der<br />
Kinderhäuser der bürgerhilfe e. V. <strong>und</strong> ist<br />
nach einer Zusatzausbildung als Fachwirtin<br />
im Sozialwesen jetzt Geschäftsführerin der<br />
Bürgerhilfe.<br />
„Wir haben in den Einrichtungen der bürgerhilfe<br />
e. V. in den letzten Jahren immer mit<br />
altersgemischten Gruppen gearbeitet. Dafür<br />
haben wir die Standards selber erarbeitet.<br />
Natürlich haben wir dabei auch die 0–3jährigen<br />
berücksichtigt, was den Einstieg erleichtert<br />
hat.<br />
Der Aufbau einer Krippengruppe hat uns<br />
jedoch besonders interessiert, weil die<br />
Qualifizierungsmaßnahme damit verb<strong>und</strong>en<br />
war. In den Kinderkrippen brauchen wir<br />
Qualität. Die Kinderkrippen hatten noch vor<br />
gar nicht langer Zeit eher den negativen<br />
Touch in pädagogischer Hinsicht, weil es<br />
noch keine pädagogischen Standards gab.“<br />
Die Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme<br />
bedeutet ja auch, dass Arbeitszeit<br />
der Fachkräfte investiert wird, die dann für<br />
die tägliche Arbeit in der Einrichtung nicht<br />
mehr zur Verfügung steht.<br />
„Diese Zeit zahlt sich letztendlich aus, weil<br />
die Qualifizierung die Arbeitsprozesse hier<br />
vor Ort unterstützt. Uns ist es ein Anliegen,<br />
Qualität in die Arbeit zu bringen, das zeigen<br />
25<br />
Qualitätssicherung<br />
Qualifizierung
Einbindung<br />
der Eltern<br />
Qualifizierung<br />
schon die bestehenden Qualitätshandbücher<br />
von der bürgerhilfe e. V. Ich sehe die<br />
Qualifizierung sehr positiv, <strong>und</strong> ich schätze<br />
es sehr, dass es vom Team her so gut organisiert<br />
läuft <strong>und</strong> der Träger hier nicht einwirken<br />
muss. Von den Eltern sind ebenfalls<br />
sehr positive Rückmeldungen gekommen,<br />
weil die Arbeit mit den Kindern einfach<br />
immer besser wird. Das merken die Eltern,<br />
<strong>und</strong> das ist das Ausschlaggebende. Und wir<br />
haben gemerkt, dass auch die Eltern sehr<br />
kooperativ sind <strong>und</strong> mal für ein paar St<strong>und</strong>en<br />
reinkommen, wenn es personell sehr<br />
eng wird <strong>und</strong> die Eltern wissen, dass das<br />
Personal an der Qualifizierungsmaßnahme<br />
teilnimmt.“<br />
Hat sich Ihrer Meinung nach die Arbeit der<br />
Fachkräfte verändert?<br />
„Ich habe den Eindruck, dass es jetzt auf<br />
jeden Fall leichter wird. Das Personal bekommt<br />
<strong>durch</strong> die Qualifizierungen eine größere<br />
Sicherheit im Umgang mit den Kindern<br />
<strong>und</strong> mit der Tagesgestaltung. Ich<br />
denke, es ist auf jeden Fall wichtig, wenn<br />
man ein neues Projekt startet, dass zugleich<br />
Qualifizierungsmaßnahmen <strong>durch</strong>geführt<br />
<strong>werden</strong>. Das war mir am Anfang auch nicht<br />
klar, jetzt finde ich es absolut positiv, dass<br />
die Mitarbeiterinnen nicht alleine gelassen<br />
<strong>werden</strong>. Es gibt eindeutig zu wenig Fortbildungsangebote<br />
im Bereich, hier muss sich<br />
noch einiges ändern. Die Qualifizierungsmaßnahme<br />
dieses Projektes ist ein tolles<br />
Beispiel dafür, wie es laufen sollte.“<br />
Die Leiterin der Kinderkrippe ist Frau Tittes. Sie<br />
ist arbeitet schon seit 1986 bei der bürgerhilfe<br />
e. V. Pädagogische Erfahrung gewann sie in<br />
einer Kinderkrippe sowie <strong>durch</strong> die Arbeit in<br />
Gruppen mit erweiterter Altersmischung.<br />
Frau Tittes ergänzt:<br />
„Es kommen immer wieder neue Erkenntnisse<br />
in der Pädagogik hinzu. Das fachliche<br />
Wissen zu haben, das ist einfach wichtig. In<br />
den Fortbildungsmodulen war vieles, was<br />
man wirklich gut mitnehmen konnte, auch<br />
wenn man nicht gleich alles umsetzen kann,<br />
aber es entwickelt sich.<br />
Ohne Qualifizierung sehe ich auf längere Sicht<br />
keine Chance für eine Einrichtung. Ich finde,<br />
dass eine Kinderkrippe nur dann gut funktioniert,<br />
wenn das Personal von seiner Arbeit mit<br />
dieser Altersstufe wirklich überzeugt ist. Auch<br />
dafür ist die Qualifizierung wichtig. Die Fortbildungen<br />
müssen dafür sorgen, dass ein<br />
Team immer auf dem aktuellsten Stand der<br />
26<br />
Krippenpädagogik ist. Die Rahmenbedingungen<br />
müssen allerdings so sein, dass das Personal<br />
diese Fortbildungen in Anspruch nehmen<br />
kann.<br />
Frau Thanheiser:<br />
„Zu den Rahmenbedingungen, die zur Qualität<br />
beitragen, gehören darüber hinaus die<br />
so genannten Verfügungszeiten, also die<br />
Zeiten, die für die Vorbereitung <strong>und</strong> für die<br />
Reflexion der täglichen pädagogischen Arbeit<br />
nötig sind. In unserer Personalplanung<br />
hatten wir zunächst den Erzieherinnen ein<br />
größeres Kontingent an Verfügungszeit<br />
zugedacht als den Kinderpflegerinnen. Das<br />
Team hat sich die Zeiten jedoch so aufgeteilt,<br />
dass jetzt jede Mitarbeiterin fünf St<strong>und</strong>en<br />
in der Woche Verfügungszeit hat.“<br />
Auch Verfügungszeiten bestimmen<br />
die Qualität – wofür Verfügungszeiten<br />
gebraucht <strong>werden</strong><br />
Die Arbeitszeit der Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen<br />
ist nicht mit den Öffnungszeiten<br />
gleich zu setzen. Die folgende<br />
Auflistung entstand aufgr<strong>und</strong> von Zeitprotokollen,<br />
die Erzieherinnen in den Projektkinderkrippen<br />
geführt haben. Sie verdeutlicht,<br />
wie vielfältig die Aufgaben sind, die nicht in<br />
der direkten Arbeit mit den Kindern erbracht<br />
<strong>werden</strong> müssen. Es liegt in der Trägerverantwortung,<br />
dieses Anforderungsprofil im<br />
Blick zu haben <strong>und</strong> förderliche Arbeitsbedingungen<br />
sicher zu stellen.<br />
Pädagogische Planung<br />
Reflexion mündlich / schriftlich<br />
Planung für den nächsten Tag<br />
Wochenplan / langfristige Planung<br />
Konzeptionsentwicklung<br />
Individualisierte pädagogische Arbeit<br />
Führen von Kindertagebüchern<br />
Lernzielplanung für individuelle Kinder<br />
Auswertung von Beobachtungsbögen<br />
Krisenintervention<br />
Material- <strong>und</strong> Raumvorbereitung<br />
Versorgung des Gruppenraums<br />
Materialvorbereitung /-instandhaltung<br />
Raumgestaltung<br />
Festvorbereitungen<br />
Gartennutzung<br />
Küche / Wäsche / Putzen<br />
Elternarbeit<br />
Planung / Reflexion / Elterbeiratssitzung<br />
Gespräche / Anmeldungen / Elternabende<br />
Verfügungszeiten
Verwaltung / Organisation<br />
Abrechnungen (Essensgeld, Spielgeld)<br />
Organisatorische Mitarbeit<br />
Statistiken / Dienstpläne / Organisation /<br />
Einkäufe / Bestellungen<br />
Schriftverkehr<br />
Mieterversammlung<br />
Team / Personalführung / Träger<br />
Dienstbesprechungen / Teamgespräche /<br />
Konzeptentwicklung<br />
Fachgespräche / Erfahrungsaustausch<br />
Praktikantenbetreuung<br />
Teamarbeit / Supervision<br />
Gespräche mit dem Träger<br />
Vernetzung / Vertretung der Einrichtung<br />
nach außen<br />
Leiterinnentreffen<br />
Regionaltreffen<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Frau Bock leitete die Gesamteinrichtung<br />
„kinderVilla“ bis Oktober 2003. Sie ist von<br />
Beruf Erzieherin <strong>und</strong> arbeitet seit 13 Jahren<br />
beim Träger „bürgerhilfe ingolstadt e. V.“.<br />
Sie hat bereits sechs Jahre lang eine Einrichtung<br />
mit Kinderkrippe <strong>und</strong> einer altersgemischten<br />
Gruppe geleitet.<br />
Sie sind Leiterin der gesamten Einrichtung.<br />
Haben Sie sich mit Ihren Kolleginnen<br />
Aufgaben <strong>und</strong> Arbeitsbereiche aufgeteilt?<br />
„Es ist bei uns nicht so streng getrennt in<br />
Krippe <strong>und</strong> Kindergarten. Frau Tittes ist<br />
zwar für das Pädagogische <strong>und</strong> die Elternarbeit<br />
zuständig, aber das Organisatorische<br />
läuft über die Leitung. Z. B. laufen die Verrechnungen<br />
über die Geschäftsstelle, aber<br />
wir müssen natürlich jeden Monat die nötigen<br />
Unterlagen einreichen. Wir haben ein<br />
Gebührenheft mit den St<strong>und</strong>enbuchungen<br />
für jedes Kind. Die Buchungszeiten sind ja<br />
im Vertrag festgeschrieben, <strong>und</strong> es muss<br />
nur geändert <strong>werden</strong>, wenn die Eltern an<br />
der St<strong>und</strong>enbuchung etwas ändern. Das<br />
wird alles zu dem Buchungsvertrag dazugelegt,<br />
so dass wir immer über aktuelle Unterlagen<br />
verfügen“.<br />
Wie sehen Sie den Unterschied zwischen<br />
einer Gruppe, in der Kinder unter drei Jahren<br />
betreut <strong>werden</strong>, <strong>und</strong> einer Gruppe mit<br />
erweiterter Altersmischung, in der Kinder<br />
bis zu sechs Jahren gemeinsam betreut<br />
<strong>werden</strong>?<br />
„Der Unterschied zur altersgemischten Gruppe<br />
ist natürlich schon enorm. In der Krippengruppe<br />
ist die Belastung größer, weil man<br />
27<br />
Gesamtleitung<br />
Erweiterte<br />
Altersmischung
mehr Kinder betreut, die noch sehr viel Hilfe<br />
<strong>und</strong> Unterstützung brauchen, die eine Bezugsperson<br />
benötigen – gerade, wenn es noch ein<br />
Kind im Säuglingsalter ist.<br />
Diese Kinder haben ihren eigenen Rhythmus,<br />
jedes hat seine eigenen Essenszeiten, Schlafzeiten,<br />
<strong>und</strong> dem allem gerecht zu <strong>werden</strong>, das<br />
ist wirklich eine Herausforderung. Das wird in<br />
einer altersgemischten Gruppe ganz anders<br />
aufgefangen, denn die <strong>Groß</strong>en haben auch<br />
Zeiten, in denen sie sich gerne alleine beschäftigen,<br />
wo sie das auch brauchen <strong>und</strong><br />
diese Zeiten kann man dann wieder für die<br />
Kleineren nutzen.<br />
Ein Vorteil ist vielleicht, dass mehrere Kinder<br />
in einem Alter zusammen sind – das ist<br />
für die Kinder sicher eine gute Erfahrung.<br />
Weiterhin kommt es darauf an, wie man das<br />
gestaltet.<br />
Ein Unterschied ist zudem, dass man mehr<br />
Kinder unter drei Jahren hat, die man nur<br />
eine gewisse Zeit begleitet <strong>und</strong> anschließend<br />
wieder an eine andere Einrichtung<br />
weitergibt – also z. B. an einen anderen Kindergarten<br />
im Stadtgebiet. Da<strong>durch</strong> muss<br />
man die Eltern weiter begleiten, damit sie<br />
auch dort wieder einen guten neuen Start<br />
28<br />
haben. Wobei die Eltern hier im Haus<br />
bereits den Wunsch geäußert haben, sich<br />
vermehrt für die Altersmischung einzusetzen.<br />
Eltern wünschen sich die längere<br />
Betreuungszeit, damit ihre Kinder nicht<br />
nach spätestens drei Jahren wieder wechseln<br />
müssen.“<br />
„Qualität muss sichtbar sein, <strong>und</strong><br />
wenn sie sichtbar ist, <strong>werden</strong> auch<br />
Vorurteile abgebaut. Diese früher vorhandenen<br />
Vorurteile im Stadtgebiet<br />
<strong>und</strong> bei Stadträten haben sich <strong>durch</strong> die<br />
positive Arbeit, die sie kennen gelernt<br />
haben, abgebaut. Es ist gr<strong>und</strong>sätzlich so,<br />
dass junge Mütter heutzutage viel offener<br />
sind. Es kommen heute auch <strong>Groß</strong>eltern<br />
mit in die Einrichtung, um sie sich anzuschauen.<br />
Die Besucher sehen, es ist nicht<br />
so, wie die Kinderkrippe früher immer dargestellt<br />
wurde, sie sehen an den Kindern,<br />
wie positiv sie sich entwickeln.“<br />
Tipp<br />
Frau Tittes zum Thema „Ernährung<br />
in der Kinderkrippe“:<br />
„Ges<strong>und</strong>e Ernährung gehört zum Konzept.<br />
Darauf legt unser Träger sehr viel Wert.<br />
Alle Häuser haben ihre eigene Köchin. Es<br />
wird frisch eingekauft, es wird täglich<br />
frisch <strong>und</strong> kindgerecht gekocht. Wir kochen<br />
mit wenig Fleisch <strong>und</strong> wenn überhaupt,<br />
dann mit Geflügel, das für die Kinder<br />
m<strong>und</strong>gerecht vorbereitet wird. Es wird möglichst<br />
schonend gekocht, so dass Vitamine<br />
<strong>und</strong> Mineralstoffe erhalten bleiben.<br />
Gewürzt wird sehr mild, nicht scharf oder<br />
salzig, auch dann, wenn Speisen aus anderen<br />
Kulturen zubereitet <strong>werden</strong>. Milch ist<br />
täglich dabei. Süßes gibt es in Form von<br />
Pudding oder Quark als Nachspeise. Ab<br />
<strong>und</strong> zu gibt es einen Kuchen oder Kekse.<br />
Wenn Kinder zwischen<strong>durch</strong> Hunger haben<br />
sollten, bieten wir Obst an.<br />
Wasser <strong>und</strong> Früchte- oder Kräutertees stehen<br />
immer bereit. Die größeren Kinder<br />
können sich selbst aus kleinen Kannen<br />
bedienen. Das tun sie sehr gerne. Bei den<br />
Kleineren achten wir darauf, dass sie in<br />
den Trinktassen oder Flaschen immer Flüssigkeit<br />
haben.“<br />
„Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme. Es<br />
ist in unseren Standards festgehalten, dass<br />
Essen eine Situation für die Kinder ist, in<br />
der sie vieles lernen, z. B. dass Essen Freude<br />
macht, dass es nicht etwas ist, was man<br />
möglichst schnell abhandelt. Es ist so, dass<br />
wir mittags vor dem Essen die Hände<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Ernährung
waschen. Der Reihe nach decken die Kinder den<br />
Tisch, auch schon die Zweijährigen. Wir zwingen<br />
es ihnen nicht auf, aber die meisten Kinder<br />
wollen das von sich aus. Entweder können sie<br />
es alleine oder man gibt Hilfestellung. Wir achten<br />
darauf, dass immer eine ansprechende Dekoration<br />
auf dem Tisch ist.<br />
Wenn alle Kinder sitzen, holt ein Erwachsener<br />
das Essen aus der Küche. Die Größeren können<br />
sich selbst bedienen, bei den Kleinen helfen wir<br />
mit. Wenn das Essen auf dem Teller ist, reichen<br />
wir uns die Hand <strong>und</strong> sprechen einen Tischspruch.<br />
Und hier beteiligen sich bereits die<br />
Einjährigen.<br />
Die Teller sind aus Porzellan. Wir haben Kinderbestecke.<br />
Die Größeren essen je nach Mahlzeit<br />
mit Messer <strong>und</strong> Gabel. Die Tassen sind im<br />
Moment noch aus Plastik, aber das möchten wir<br />
umstellen. Die Erzieherinnen essen mit, das ist<br />
auch als Vorbild gedacht. So sehen die Kinder, wie<br />
man richtig isst, wie man sich beim Essen verhält.<br />
Wir unterhalten uns am Tisch, wenn die Kinder<br />
das möchten. Wir achten darauf, dass relativ sauber<br />
gegessen wird, wobei die Kinder auf jeden<br />
Fall alleine essen sollen, auch die Kleinen, selbst<br />
wenn sie etwas rummatschen. Aber wir sagen<br />
ihnen, dass man mit dem Löffel isst.“<br />
Auf besondere Bedürfnisse <strong>und</strong> Wünsche<br />
wird Rücksicht genommen<br />
„Kinder, die noch Babynahrung brauchen, bekommen<br />
in ihrem individuellen Rhythmus Babynahrung<br />
aus dem Gläschen. Wenn sie wach<br />
sind, wenn wir am Tisch sitzen, dann nehmen<br />
wir sie im Hochstuhl dazu. Wenn ein Kind schon<br />
knabbern kann, kriegt es einen Zwieback in die<br />
Hand, so dass es beim Essen integriert ist.<br />
Dass Kinder gar nichts mitessen, das kennen wir<br />
nicht. Es wird kein Kind gezwungen, aufzuessen.<br />
Es ist so, dass Kinder das eine lieber essen <strong>und</strong><br />
das andere weniger gern, das wird auch so<br />
akzeptiert. Es wird ein bisschen motiviert zu probieren,<br />
<strong>und</strong> mit der Zeit wissen wir, welche<br />
Vorlieben die Kinder haben. Es findet eigentlich<br />
jeder immer etwas, was er mag.<br />
Ob ein Kind eine Allergie oder eine Nahrungsmittelunverträglichkeit<br />
hat, wissen wir schon aus<br />
den Aufnahmegesprächen. Unser Betreuungsvertrag<br />
sieht diese Frage vor. Wir stellen sicher,<br />
dass alle Kolleginnen darüber informiert sind.<br />
Religiöse Ernährungsvorschriften sind kein Problem,<br />
da nur wenig Fleisch serviert wird <strong>und</strong><br />
Schweinefleisch gr<strong>und</strong>sätzlich nicht verwendet<br />
wird.“<br />
29
Wichtiges zum Thema „Mahlzeiten <strong>und</strong><br />
Ernährung“ zusammengefasst:<br />
– Die Eltern <strong>werden</strong> schriftlich (Aushang) über<br />
die Mahlzeiten informiert.<br />
– Lebensmittelallergien einzelner Kinder <strong>werden</strong><br />
dokumentiert <strong>und</strong> allen zugänglich<br />
gemacht, die es wissen müssen.<br />
– Ebenso sorgfältig <strong>werden</strong> religiös bedingte<br />
Ernährungsvorschriften beachtet.<br />
– Die Mahlzeiten sind ausgewogen, abwechslungsreich<br />
<strong>und</strong> möglichst aus frischen Produkten,<br />
unabhängig davon, ob sie in der Einrichtung<br />
zubereitet oder geliefert <strong>werden</strong>.<br />
– Wird das Essen geliefert, so ist sichergestellt,<br />
dass der Hersteller nach anerkannten, regelmäßig<br />
überprüften Standards arbeitet.<br />
– Flaschennahrung <strong>und</strong> Breie <strong>werden</strong> frisch<br />
zubereitet.<br />
– Die Kinder können jederzeit Trinken: Getränke<br />
<strong>und</strong> Becher stehen bereit.<br />
– Zu den Mahlzeiten wird der Tisch ansprechend<br />
gedeckt.<br />
30<br />
– Zunehmend <strong>werden</strong> die Kinder daran beteiligt,<br />
die Jüngsten können beobachten.<br />
– Kinder erleben die Mahlzeiten als kommunikatives<br />
Ereignis.<br />
– Die Erzieherinnen beobachten, wann Kinder<br />
selber Speisen auf den Teller tun möchten<br />
oder selber eingießen möchten <strong>und</strong> unterstützen<br />
die Selbstständigkeit.<br />
– Die Erzieherinnen regen dazu an, Essen zu<br />
probieren. Kinder dürfen Speisen ansehen,<br />
anfassen, riechen.<br />
– Wenn ein Kind etwas nicht mag, <strong>werden</strong><br />
Alternativen angeboten. Kinder <strong>werden</strong> nicht<br />
zum Aufessen überredet.<br />
– Die Reaktionen von Kindern <strong>werden</strong> sprachlich<br />
begleitet.
„Hilf mir, es selbst zu tun“ – Der Leitsatz der Montessori-Pädagogik<br />
gilt auch für die Neugründung einer Kinderkrippe: Die Kinderkrippe<br />
des Fördervereins Montessori Kinderhaus Passau <strong>und</strong> Umgebung e. V.<br />
Träger:<br />
Förderverein Montessori-Kinderhaus Passau<br />
<strong>und</strong> Umgebung e. V.<br />
Marion Leebmann (bis April 2004)<br />
Sigrid Burgstaller / Klaus Dirscherl<br />
(seit April 2004)<br />
Leiterin der Kinderkrippe:<br />
z. Zt. vakant<br />
Ansprechpartnerin:<br />
Renate Dietz-Brand<br />
Personal:<br />
Erzieherin (30 Std.),<br />
Kinderpflegerin (36,5 Std.)<br />
Eröffnung der Kinderkrippe: 2. September 2002<br />
Öffnungszeiten: 7.30 Uhr –14.30 Uhr (Mo–Fr)<br />
Anzahl der aufgenommenen Kinder: 12<br />
Kinder auf der Warteliste: 42<br />
Altersspanne: 6 Monate – 3 Jahre<br />
Höhe der Elternbeiträge:<br />
160,00 € (4 Std. = Mindestbuchung)<br />
bis 240,00 € (7 Std.)<br />
Die Kinderkrippe wurde in einer ca. 70 m2 großen<br />
Wohnung im 1. Obergeschoss eines Mietshauses<br />
eingerichtet. Im Erdgeschoss darunter befindet<br />
sich ein seit 1995 bestehender Montessori-Kindergarten<br />
mit 30 Kindern. Dieser wird im Rahmen<br />
des „Netz für Kinder“ 15 gefördert. Mitglieder des<br />
Vorstandes des Montessori Fördervereins wurden<br />
<strong>durch</strong> eine Zeitungsnotiz auf das Projekt „Initiative<br />
Kinderkrippen in Bayern“ aufmerksam.<br />
Da es im Montessori-Kindergarten immer wieder<br />
Anfragen nach Krippenplätzen gegeben hatte,<br />
wurde der Beschluss gefasst, sich zu bewerben.<br />
Angela Tahetel, eine erfahrene Erzieherin <strong>und</strong><br />
Renate Dietz-Brand, eine erfahrene Kinderpflegerin,<br />
die beide eine Zusatzausbildung für<br />
Montessoripädagogik haben, hatten schon lange<br />
den Wunsch, in einer Kinderkrippe zu arbeiten.<br />
15 Das „Netz für Kinder“ gehört seit 1993 zum bayerischen System<br />
der Kindertagesbetreuung. In Gruppen von 12–15 Kindern können<br />
Kinder im Alter von 2–12 Jahren betreut <strong>werden</strong>. Ein wichtiges<br />
Merkmal ist die Mitarbeit von Eltern in der Organisation <strong>und</strong><br />
Betreuung.<br />
31
Einbindung<br />
der Eltern<br />
Trägerstruktur<br />
ehrenamtlicheTrägerarbeit<br />
Nach der Zusage im Dezember 2001, eine der<br />
ausgewählten Modelleinrichtungen zu sein,<br />
wurde in den Sommerferien 2002 mit den<br />
Umbauarbeiten begonnen. Beide Pädagoginnen<br />
waren an allen Entscheidungen beteiligt.<br />
Sie haben die Einrichtung mit geplant <strong>und</strong><br />
gestaltet. Gemeinsam mit engagierten Eltern<br />
wurden in vielen Arbeitsst<strong>und</strong>en Wände eingerissen,<br />
Fußböden verlegt, gefliest <strong>und</strong> gestrichen.<br />
Lediglich die Feuertreppe wurde von<br />
Fachleuten eingebaut. Zuletzt wurde noch der<br />
Balkon als „Freiluftzimmer“ mit Sandkasten<br />
<strong>und</strong> Schaukel gestaltet, so dass die Kinder ihn<br />
auch bei Regenwetter nutzen können. Der<br />
große Garten wird gemeinsam mit dem<br />
Kindergarten genutzt. Mit geringen finanziellen<br />
Mitteln wurde eine Umgebung geschaffen,<br />
in der Kleinkinder sich wohl fühlen. Im<br />
September 2002 konnte die Krippe eröffnet<br />
<strong>werden</strong>.<br />
Die Satzung des Fördervereins Montessori<br />
Kinderhaus Passau <strong>und</strong> Umgebung e. V.<br />
sieht vor, dass die Vorstandsmitglieder alle<br />
zwei Jahre neu gewählt <strong>werden</strong>. Dies ist<br />
zum einen eine gute Voraussetzung für eine<br />
enge Zusammenarbeit zwischen Erzieherinnen<br />
<strong>und</strong> Trägervertretern bzw. Vertreterinnen,<br />
da es sich um Eltern handelt, deren<br />
Kinder im Kinderhaus betreut <strong>werden</strong>. So<br />
ergeben sich auch außerhalb der regelmäßigen<br />
Sitzungen zahlreiche Austauschmöglichkeiten<br />
z. B. bei den täglichen Bring- <strong>und</strong><br />
Abholsituationen. Ein nicht unerheblicher<br />
Nachteil besteht aber darin, dass sich schon<br />
nach relativ kurzen Zeiträumen wieder neue<br />
Vorstandsmitglieder einarbeiten müssen,<br />
was nach den Erfahrungen der Erzieherinnen<br />
bedeutet, „immer wieder ein Stück weit<br />
von vorne anzufangen“.<br />
Gespräch mit der Trägervertreterin<br />
Frau Leebmann vom Montessori-Verein<br />
„Mein Name ist Marion Leebmann, ich bin<br />
seit 1999 im Vorstand des Trägervereins<br />
speziell für die finanziellen Angelegenheiten<br />
zuständig. Ich mache die Korrespondenz,<br />
die Anträge <strong>und</strong> alles für die Buchhaltung.<br />
Ich habe zwei Kinder, der eine Sohn geht<br />
schon in die Schule <strong>und</strong> der andere ist fünf<br />
<strong>und</strong> ist im Kinderhaus im Kindergarten.“<br />
Wie sieht bei Ihnen die Zusammenarbeit<br />
zwischen Träger <strong>und</strong> Personal aus?<br />
„Bei uns ist es so, dass das Personal über<br />
jede Vorstandssitzung informiert wird <strong>und</strong><br />
dort auch seine Anliegen schriftlich oder<br />
persönlich vorträgt. Wir haben vier Vorstandsmitglieder,<br />
die sich nur mit der Kin-<br />
32<br />
derkrippe beschäftigen. Das sind vier Eltern<br />
aus dem Krippenbereich, die sich für diese<br />
Aufgabe für zwei Jahre haben wählen lassen.<br />
Man darf allerdings nicht vergessen,<br />
dass die Krippeneltern berufstätig sind, ein<br />
paar St<strong>und</strong>en Arbeit pro Woche für die<br />
Vorstandstätigkeit sind auf jeden Fall erforderlich.<br />
Und die Vorstandsmitglieder bekommen<br />
keine Bezahlung, das ist ja alles<br />
freiwillig.“<br />
Hat Ihre Berechnungsgr<strong>und</strong>lage<br />
für die Finanzierung funktioniert?<br />
„Ja, aufgr<strong>und</strong> unserer Berechnungen mussten<br />
wir allerdings feststellen, dass die<br />
Personalkostendecke wahrscheinlich sehr<br />
dünn sein wird. Wir hatten am Anfang die<br />
Beiträge zu billig berechnet. Wir haben uns<br />
ganz streng an die Krippenrichtlinie gehalten<br />
<strong>und</strong> auch an die Vorgaben des Projekts<br />
mit möglichst flexiblen Öffnungszeiten, entsprechend<br />
den Wünschen der Eltern. Wir<br />
haben erst einmal mit einem Betreuungsvertrag<br />
über drei St<strong>und</strong>en angefangen,<br />
mussten jedoch feststellen, dass Eltern das<br />
Minimum wählen, die gewählte Zeit aber<br />
regelmäßig nicht einhalten. Das war eine<br />
neue Erfahrung für uns. Es ist einfach<br />
ungut, wenn ich die Eltern darauf ansprechen<br />
muss, dass die Betreuungszeit nicht<br />
mit der Buchungszeit übereinstimmt <strong>und</strong><br />
sie das bitte ändern sollen <strong>und</strong> die Eltern<br />
der Aufforderung nicht nachkommen.<br />
Wir haben ca. zwei Monate später den<br />
Beitrag erhöht, aber nicht für die bestehenden<br />
Eltern, sondern für alle neuen. Die<br />
Beiträge waren zu günstig, <strong>und</strong> man hat den<br />
Eltern zu viele Wahlmöglichkeiten gelassen.<br />
Wir hatten viele Kinder, die vier St<strong>und</strong>en die<br />
Krippe besuchten <strong>und</strong> mussten aber acht<br />
St<strong>und</strong>en geöffnet haben16 – das passte einfach<br />
nicht zusammen.“<br />
Durch die vielen Wahlmöglichkeiten<br />
der Eltern – war das nicht auch<br />
für die pädagogische Arbeit schwierig?<br />
„Es war schwierig. Jetzt bieten wir diese<br />
drei St<strong>und</strong>en gar nicht mehr an. Wir halten<br />
uns an die Mindestbuchung von vier St<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> haben den Satz um 30,00 Euro<br />
noch mal erhöht. Wir fangen mit 160,00<br />
Euro als Mindestsatz an.“<br />
16 Ursprünglich eine Projektvorgabe, die aber aufgr<strong>und</strong> der<br />
praktischen Erfahrungen modifiziert wurde<br />
Buchungszeiten
Personalplanung<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
Die finanzielle Situation ist aber<br />
nach wie vor angespannt?<br />
„Da wir als Trägerverein nichts zuschießen<br />
können, war uns klar, dass wir uns an den<br />
Mindest-Personalschlüssel halten müssen.<br />
Wir haben das am Anfang nicht so problematisch<br />
gesehen, weil wir ja aus dem<br />
Kindergartenbereich kommen <strong>und</strong> gesagt<br />
haben: 12 Kinder, zwei Kräfte, das müsste<br />
eigentlich gehen. Wir haben dann aber<br />
schon eingesehen, dass die Arbeit mit<br />
Kindern unter drei Jahren fachlich f<strong>und</strong>iert<br />
sein muss. Eine große Entlastung für uns ist<br />
die Berufspraktikantin17 . Ich muss sagen, ich<br />
habe mich ab <strong>und</strong> zu mal zum Frühstück<br />
dazu gesetzt, da bekommt man natürlich<br />
schon einen anderen Blick, wenn 12 Kinder<br />
beim Frühstück sitzen <strong>und</strong> vielleicht mehrere<br />
Kinder noch gefüttert <strong>werden</strong> müssen.<br />
Das ist ein großer Unterschied zwischen<br />
Kindergarten <strong>und</strong> Krippe. Ich bin davon<br />
überzeugt, dass wir auf jeden Fall eine dritte<br />
Kraft brauchen. Man muss sich nur mal<br />
vorstellen, was passieren würde, wenn bei<br />
zwei Vollzeitkräften eine erkrankt – eine<br />
alleine, das ginge überhaupt nicht.“<br />
„Für eine tragfähige Finanzierung sorgen!<br />
Neugründern würde ich mitgeben:<br />
Man braucht eine ganze Portion<br />
an Durchhaltevermögen, man muss<br />
standfest sein, <strong>und</strong> man sollte sich<br />
andere Kinderkrippen anschauen. Ich<br />
würde mir jetzt ganz viel anschauen <strong>und</strong><br />
würde mit ganz vielen Leuten sprechen.<br />
Und man braucht eine Portion Selbstvertrauen,<br />
man muss sich das einfach<br />
auch zutrauen, man muss anpacken können.“<br />
Tipp<br />
Renate Dietz-Brand berichtet<br />
von ihren Erfahrungen:<br />
„Mich faszinieren einfach diese kleinen<br />
Wesen, die Persönlichkeiten sind, die ohne<br />
Sprache so viel ausdrücken können, die<br />
Entwicklungsschritte innerhalb kürzester<br />
Zeit machen <strong>und</strong> so viel Nähe brauchen <strong>und</strong><br />
auch geben – das ist für mich das Reizvolle.<br />
Ich nehme mir zwar für jeden Tag etwas vor,<br />
aber ich merke, das ist in der Kinderkrippe<br />
nicht immer angesagt. Man muss immer<br />
schauen, was der Tag bringt <strong>und</strong> auf die<br />
Situationen eingehen. Es gibt einfach unterschiedliche<br />
Tagesformen der Kinder, man<br />
muss auf deren Bedürfnisse eingehen. Und<br />
17 Erzieherin in der Ausbildung<br />
was mich wirklich sehr erstaunte: Ich habe<br />
es mir schwierig vorgestellt, mit diesen kleinen<br />
Kindern viel Zeit draußen zu verbringen,<br />
auch deshalb, weil vier Kinder anfangs<br />
noch nicht laufen konnten <strong>und</strong> wir uns<br />
gefragt haben, wie das im Garten wohl wird.<br />
Aber gerade das ist wichtig: das Rausgehen,<br />
die Naturerfahrungen. Alle Kinder haben<br />
witterungsgerechte Kleidung bei uns deponiert,<br />
so dass das bei jedem Wetter möglich<br />
ist. Sobald wir draußen in der freien Natur<br />
sind <strong>und</strong> die Kinder Bewegungsfreiheit haben<br />
entspannt sich vieles.“<br />
Sprachförderung von Anfang an <strong>durch</strong><br />
sprachliche Begleitung <strong>und</strong> Dialog<br />
– Die Erzieherin stellt auch den kleinen<br />
Kindern Fragen, wenn diese Interesse an<br />
Dingen oder Beobachtungen zeigen.<br />
– Sie reagiert auf Signale des Kindes, wenn<br />
es eine Aktivität einleiten möchte (wie Reichen<br />
eines Gegenstandes oder Zeigen).<br />
– Sie benennt, was geschieht (z. B. der Ball<br />
rollt in die Ecke) <strong>und</strong> was andere Kinder<br />
tun.<br />
– Sie regt das Kind an, neue Spiele <strong>und</strong><br />
Materialien zu erproben. Dabei <strong>werden</strong><br />
die Handlungen sprachlich begleitet.<br />
– Im Betrachten, Erzählen <strong>und</strong> Vorlesen<br />
von Bildern <strong>und</strong> Geschichten finden die<br />
Kinder eigene Erfahrungen wieder (z. B.<br />
Ballspielen) <strong>und</strong> entdecken noch Unbekanntes<br />
(z. B. fremde Tiere).<br />
33
Tagesablauf<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
Die Entwicklung ist nie abgeschlossen<br />
„Wir sind in einem Entwicklungsprozess,<br />
z. B. bezüglich des Tagesablaufs. Wir haben<br />
inzwischen die Abholzeiten so gelegt, dass<br />
frühestens um 13.00 Uhr die Kinder abgeholt<br />
<strong>werden</strong> können. Das gemeinsame<br />
Essen mit den Kindern gibt es bei uns um<br />
12.00 Uhr, danach <strong>werden</strong> alle Kinder noch<br />
gewickelt, <strong>und</strong> wenn die Eltern teilweise<br />
schon um 12.30 Uhr da waren, war das zu<br />
unruhig. Das haben wir beim letzten Elternabend<br />
angesprochen, <strong>und</strong> es kam den<br />
Eltern entgegen, dass sie erst um 13.00 Uhr<br />
kommen müssen. Mittlerweile ist das gemeinsame<br />
Essen einfach ein wirklich schönes<br />
Ritual.“<br />
Kleinkinder in der Gruppe<br />
„Was ich mir ebenfalls nicht so gut vorstellen<br />
konnte, war die Arbeit mit den kleinen<br />
Kindern in einer relativ großen Gruppe. Das<br />
war für mich eine neue Erfahrung. In der<br />
Ausbildung lernt man, dass Kinder erst ab<br />
34<br />
drei Jahren überhaupt gruppenfähig sind.<br />
Das stimmt jedoch nicht. Die Kinder genießen<br />
das <strong>und</strong> fühlen sich wohl. Wir haben<br />
kein einziges Kind, das nicht gerne zu uns<br />
kommt.<br />
Oft <strong>werden</strong> bei uns ankommende Kinder<br />
von bereits anwesenden Kindern mit in<br />
Empfang genommen. Dies erleichtert die<br />
Trennung von den Eltern. Hat ein Kind trotzdem<br />
Schwierigkeiten, wird dies mit den<br />
Eltern besprochen <strong>und</strong> gemeinsam eine<br />
Lösung gesucht.<br />
Sehr häufig übernehmen andere Kinder das<br />
Trösten bei kleineren Verletzungen oder<br />
Kummer. Unsere Beobachtung ist, dass das<br />
oft besser hilft als Trost <strong>durch</strong> Erwachsene.“<br />
Natürlich gibt es auch manchmal Krisen<br />
<strong>und</strong> Konflikte<br />
„In Krisensituationen hat sich bei uns gemeinsames<br />
Singen oder Massieren mit<br />
Massagebällen bewährt. Besonders kribbelige<br />
Kinder finden dabei w<strong>und</strong>erbar Entspannung.<br />
Bei Konflikten nehmen wir eher<br />
eine abwartende Haltung ein, sehr oft lösen<br />
die Kinder sie selbst.<br />
Gerade hatten wir die folgende Situation:<br />
Lisa schnappt sich den Puppenbuggy von<br />
Mona. Mona schaut hilflos dem Buggy nach<br />
<strong>und</strong> fängt an zu weinen. Christoph sagt:<br />
‚Mona, hol ihn dir doch wieder!’. Zusammen<br />
holen sie den Buggy zurück, <strong>und</strong> Christoph<br />
erklärt Lisa, dass sie den Wagen nicht einfach<br />
wegnehmen darf. Lisa ist etwas überrascht<br />
<strong>und</strong> sucht sich ein anderes Spiel.“
Darauf achten Erzieherinnen<br />
in Konfliktsituationen<br />
– Auch Konflikte sind Lernsituationen.<br />
– Kinder bekommen Freiräume, ihre Konflikte<br />
selber zu lösen, aber die Erzieherin<br />
beobachtet, ob Kinder ihre Unterstützung<br />
brauchen.<br />
– Es gibt eindeutige Grenzen, unangemessenes<br />
Verhalten wird korrigiert.<br />
– Das Aushandeln von Konflikten der Kinder<br />
untereinander wird unterstützt.<br />
– Die Erzieherin unterstützt Kinder dabei,<br />
den Gefühlsausdruck anderer Kinder<br />
wahrzunehmen, z. B. Freude, Wut, Traurigkeit,<br />
Schmerz, indem sie diese benennt,<br />
begründet <strong>und</strong> darauf reagiert.<br />
– Ein Lernziel in der Gruppe ist die Berücksichtigung<br />
der Bedürfnisse anderer<br />
neben den eigenen.<br />
Krippenkinder <strong>und</strong> Kindergartenkinder als<br />
Spielpartner<br />
gen Abstriche machen – aber es lässt sich<br />
keine feste dritte Kraft finanzieren. Gerade<br />
auch die Arbeit mit den Montessorimaterialien,<br />
die den Kindern viel Spaß macht, da<br />
braucht man einfach eine zusätzliche Person.<br />
Wir schaffen es schon zwischen<strong>durch</strong>,<br />
aber es ist noch nicht völlig zufrieden stellend<br />
für uns.“<br />
Erweiterte „Auch das Zusammensein im Garten mit<br />
Alters- den Kindern aus dem Kindergarten ist wun- Montessoripädagogik in der Kinderkrippe<br />
mischungderschön. Es ist so faszinierend zu sehen.<br />
Wir führten am Anfang mit den Eltern intensive<br />
Diskussionen, ob wir eine Abtrennung<br />
per Zaun zum Kindergarten brauchen.<br />
„Der Umgang mit den Montessori-Materialien<br />
wird dem Entwicklungsalter der Krippenkinder<br />
angepasst: Die gesamten Schüttübungen,<br />
wie sie im Kindergartenbereich<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
Es gab Befürchtungen, dass die Kinder- vorgesehen sind, sind natürlich mit Kripgartenkinder,<br />
die natürlich mit Fahrrad oder penkindern so noch nicht zu machen.<br />
Bobbycar oder allem möglichen herumfahren,<br />
die Kleinen überfahren könnten. Ich<br />
war von Anfang an der Meinung, wir sollten<br />
es ausprobieren. Es ist bisher nie etwas passiert<br />
– ganz im Gegenteil, die <strong>Groß</strong>en nehmen<br />
Rücksicht auf die Kleinen <strong>und</strong> beschäftigen<br />
sich so toll mit ihnen, das ist<br />
wirklich faszinierend. Es gibt auch keine<br />
Größeren, die sich beschweren, dass die<br />
Kleinen irgendwas kaputt gemacht haben.<br />
Wir treffen uns auch häufig im Gruppenalltag.<br />
Nach Absprache dürfen Kinder vom<br />
Kindergarten zu uns kommen. Es gibt im<br />
Kindergarten mittlerweile eine Liste, in der<br />
tragen sich die Kinder ein, weil mehr Kinder<br />
kommen möchten, als wir täglich nehmen<br />
können <strong>und</strong> es ist umgekehrt so, dass von<br />
uns Kinder auf Anfrage runtergehen dürfen.“<br />
Aber es reicht wirklich, wenn man außen<br />
rum eine große Auffangwanne mit dazu<br />
installiert. Die Schüttkännchen, Zangen <strong>und</strong><br />
Löffel, die man dazu braucht, stehen bei uns<br />
in einer großen Wanne. So verteilt sich nicht<br />
alles überall <strong>und</strong> die Kinder machen auch<br />
noch andere Erfahrungen. Während im<br />
Kindergarten z. B. darauf geschaut wird, dass<br />
die Kinder nur in die Kännchen schütten, dürfen<br />
sie bei uns auch daneben in die Wanne<br />
schütten <strong>und</strong> mal rein greifen <strong>und</strong> fühlen. Es<br />
gibt eben nicht die ganz strengen Anweisungen,<br />
wie sie in späterem Alter gefordert sind.<br />
Und wir merken, das beruhigt <strong>und</strong> regt an,<br />
wenn die Kinder solche Sinneserfahrungen<br />
machen können, auch beim Bohnenschütten.<br />
Das lieben die Kinder, <strong>und</strong> es geschieht<br />
gar nicht selten, dass eine geradezu meditative<br />
Stimmung entsteht. Die Kinder stecken<br />
Eine dritte Fachkraft fehlt<br />
die Bohnen zudem nicht oft in den M<strong>und</strong>,<br />
<strong>und</strong> wenn man den Kindern sagt, dass diese<br />
„Wir sind personell unterbesetzt, das muss Bohnen nicht zum Essen da sind, dann reicht<br />
man ganz klar sagen. Zwangsläufig müssen das. Es fasziniert mich, dass das so gut funk-<br />
wir von unseren pädagogischen Vorstelluntioniert.“ 35
Die pädagogischen Leitlinien der<br />
Pädagogik nach Maria Montessori<br />
gelten auch in der Kinderkrippe:<br />
– Hilf mir, es selbst zu tun.<br />
– Die vorbereitete Umgebung <strong>und</strong> die Zusammenarbeit<br />
im Team sind sehr wichtig.<br />
– Veränderbares Raum- <strong>und</strong> Spiel- sowie das<br />
Bewegungsangebot stehen an vorderster Stelle.<br />
– Der eigene Wille (der aber auch die nötigen<br />
Grenzen kennen muss) <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>persönlichkeit<br />
des Kindes sollen geschützt <strong>und</strong><br />
gefördert <strong>werden</strong>.<br />
– Übungen des täglichen Lebens (zur Toilette<br />
gehen, Hände waschen, Wasser schöpfen<br />
usw.) sollen frei <strong>und</strong> ohne Zwang erfolgen.<br />
– Offenheit, Kritikfähigkeit, Reflexion der eigenen<br />
Arbeit <strong>und</strong> das Einfühlen in das Gegenüber<br />
sind Gr<strong>und</strong>voraussetzungen.<br />
36<br />
Das Schöne an der Arbeit mit den Jüngsten<br />
„Das besonders Schöne ist, wenn die Kinder in<br />
der Frühe strahlend reinkommen <strong>und</strong> die Eltern<br />
erzählen, dass die Kinder zu hause schon unbedingt<br />
in die Kinderkrippe wollten <strong>und</strong> sich schon<br />
richtig darauf gefreut haben. Ganz besonders<br />
schön ist es, wenn man die Entwicklungsschritte<br />
der Kinder wirklich live miterlebt. Und wenn wir<br />
dann die Freude bei den Kindern sehen, die so<br />
etwas auslöst! Ganz schöne Momente sind<br />
sicher auch, wenn die Eltern kommen <strong>und</strong> uns<br />
sagen, dass sie sich freuen, dass es uns gibt,<br />
<strong>und</strong> sie wissen, dass ihre Kinder gut bei uns aufgehoben<br />
sind.“
Qualitätsentwicklung als Leitprinzip – Konsequente Entscheidungen<br />
für Familienfre<strong>und</strong>lichkeit: Die Kinderkrippe „Krabbelstube“, Markt<br />
Lappersdorf<br />
Träger:<br />
Markt Lappersdorf<br />
Rudi Reichenberger<br />
Leiterin der Kinderkrippe:<br />
Mechthild Obam,<br />
Silke Lux (seit Juni 2005 in Elternzeit)<br />
Personal: 2 Erzieherinnen mit je 38,5 Std.;<br />
2 Kinderpflegerinnen mit je 38,5 Std.<br />
Eröffnung: Mai 2002<br />
Öffnungszeiten: 7.30 Uhr–16.00 Uhr<br />
Anzahl der Kinder: 24<br />
(18 Plätze in 1,5 Gruppen)<br />
Altersspanne: 8 Monate – 3 Jahre<br />
Auf der Warteliste: 10<br />
Überwiegender Bedarf:<br />
5,5 Std. (Mindestbuchungszeit)<br />
18 Vgl. „Wenn Kinder aus umliegenden Gemeinden eine Kinderkrippe<br />
besuchen“ S. 48<br />
Höhe der Elternbeiträge:<br />
Gemeindekinder Gastkinder18 238,00 € (5,5 Std.) 357,00 bis 525,00 €<br />
bis 350,00 € (8,5 Std.) (240,00 € für 3,5 Std.<br />
(160,00 € für 3,5 Std. nachmittags)<br />
am Nachmittag)<br />
Lappersdorf ist als Stadtrandgemeinde von<br />
Regensburg als Wohngebiet sehr begehrt. 2001<br />
gab es in der Gemeinde bereits drei große<br />
Kindergärten, eine Kinderkrippe aber fehlte, obwohl<br />
Krippenplätze immer wieder nachgefragt<br />
wurden. Als das Projekt „Initiative Kinderkrippen<br />
in Bayern“ vorgestellt wurde, hat sich<br />
die Gemeinde sehr schnell zur Bewerbung entschlossen,<br />
um von der Förderung profitieren zu<br />
können. „Wir wollen für Leute interessant sein,<br />
die sich hier Baugr<strong>und</strong> kaufen, sesshaft <strong>werden</strong><br />
<strong>und</strong> eine Familie gründen wollen.“ Nach dem<br />
positiven Bescheid auf die Bewerbung im Dezember<br />
2001 wurde ein Artikel im Mitteilungsblatt<br />
der Gemeinde veröffentlicht, <strong>und</strong> sofort<br />
bewarben sich zwanzig Familien um einen Platz.<br />
Am 13. Mai 2002 wurde die Krippe eröffnet. Vier<br />
Wochen zuvor war Silke Lux als Leiterin der<br />
zukünftigen Kinderkrippe eingestellt worden.<br />
Vorgef<strong>und</strong>en hatte sie zunächst die Räumlich-<br />
37
Vorbereitungsphase<br />
Anfangserfahrungen<br />
Personalplanung<br />
keiten (80 m2 ) in der ehemaligen Hausmeisterwohnung<br />
einer Gr<strong>und</strong>schule, allerdings<br />
mit Aussicht auf einen baldigen<br />
Umzug, denn mit der Entscheidung für die<br />
„Krabbelstube“ war gleichzeitig die Entscheidung<br />
für einen Neubau gefallen.<br />
Heute steht das neue Kinderhaus (180 m2 pro Etage mit Garten) am Rande eines Kinderzentrums<br />
<strong>und</strong> grenzt an den Garten des<br />
Kindergartens. Es ist geplant, dass die Mitarbeiter<br />
der „Krabbelstube“ <strong>und</strong> des Kindergartens<br />
(im 1. Stock des Kinderhauses)<br />
zusammenarbeiten <strong>und</strong> dass die Räumlichkeiten<br />
zum Teil gemeinsam genutzt <strong>werden</strong>.<br />
Durch einen Kooperationsvertrag <strong>werden</strong><br />
die inhaltlichen, personellen <strong>und</strong> finanziellen<br />
Aspekte geregelt.<br />
Rudi Reichenberger berichtet, wie sich die<br />
„Krabbelstube“ entwickelte. Er ist Sozialpädagoge<br />
<strong>und</strong> der Jugendpfleger des Marktes<br />
Lappersdorf.<br />
Information im Vorfeld<br />
„Wir haben uns im Vorfeld alle sehr gut<br />
informiert <strong>und</strong> zusammen mit dem Bürgermeister<br />
Kinderkrippen freier <strong>und</strong> städtischer<br />
Träger besucht, haben die Fachstellen im<br />
Landratsamt <strong>und</strong> bei der Regierung in<br />
Regensburg befragt <strong>und</strong> Preise von allen<br />
umliegenden Einrichtungen eingeholt.“<br />
Korrektur der Personalplanung<br />
„Im Anschluss haben wir Personal eingestellt<br />
– erst einmal von Mai bis Juli (2002)<br />
zwei Erzieherinnen. Geplant hatten wir, mit<br />
zwei Gruppen zu arbeiten, also eine Vormittags-<br />
<strong>und</strong> eine Nachmittagsgruppe. Das ließ<br />
sich aber nicht realisieren, weil der Bedarf<br />
am Nachmittag zu gering war. Wir haben<br />
zunächst mit fünf Kindern angefangen <strong>und</strong><br />
allmählich aufgebaut, <strong>und</strong> das war ideal.<br />
Ich habe natürlich geschaut, dass wir Erzieherinnen<br />
mit Krippenerfahrung finden.<br />
Die gibt es ja nicht so häufig. Wir hatten<br />
Glück, dass wir Frau Lux gef<strong>und</strong>en haben,<br />
die bereits in einem Kindergarten <strong>und</strong> in<br />
einer Krabbelstube in Regensburg tätig<br />
gewesen war.<br />
Weiterhin hatten wir noch einmal Glück,<br />
<strong>und</strong> konnten Frau Obam einstellen, eine<br />
Kollegin, die schon als Kindergartenleiterin<br />
<strong>und</strong> in einer Kinderkrippe in München<br />
gearbeitet hatte. Die Erfahrungen, die sie<br />
mitbrachte, waren von unschätzbarem<br />
Wert.<br />
38<br />
Ich habe die Arbeit der Erzieherinnen zunächst<br />
nicht richtig eingeschätzt. Die Intensität<br />
der Zuwendung in einer Krabbelstube<br />
ist mit der in anderen Einrichtungen nicht<br />
vergleichbar. Das heißt, die Mitarbeiterinnen<br />
sind jeden Augenblick, vom Bringen bis<br />
zum Abholen des Kindes, gefordert.<br />
Wir haben schnell festgestellt, dass ein<br />
Personal-Kind-Schlüssel19 von 1:6, wie ihn<br />
das Ministerium als Mindestvorgabe angab,<br />
unrealistisch ist. Die Konsequenz war, dass<br />
bei uns jetzt vier Vollzeitkräfte 1,5 Gruppen<br />
mit 18 Plätzen betreuen. Nun ist auch genügend<br />
Spielraum für die so genannte Verfügungszeit20<br />
, also z. B. für vorbereitende Arbeiten,<br />
für Teamgespräche <strong>und</strong> Elterngespräche.<br />
Unser Personalschlüssel hat sich<br />
sehr bewährt, da bei Krankheit, Urlaub etc.<br />
intern ausgeglichen <strong>werden</strong> kann. Man<br />
kann in der Betreuung der Jüngsten nicht<br />
einfach Aushilfen engagieren. Allein die<br />
Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme<br />
hatte einen Rattenschwanz von Überst<strong>und</strong>en<br />
zur Folge. Unser Amt rotierte <strong>und</strong><br />
die Mitarbeiterinnen waren überfordert.<br />
Jetzt ist das Klima unter den Mitarbeiterinnen<br />
hervorragend, die Kinder total fröhlich –<br />
jetzt lachen alle wieder.“<br />
19 Vgl. Vom „Personal-Kind-Schlüssel“ zum „Anstellungsschlüssel“,<br />
S. 40<br />
20 Vgl. Auch Verfügungszeiten bestimmen die Qualität, S. 26/27
Bau- <strong>und</strong><br />
Sachausstattung<br />
Trägerverantwortung<br />
Lohnende Investitionen in die Bau- <strong>und</strong><br />
Sachausstattung<br />
„Gleichzeitig mit der Eröffnung der Krabbelstube<br />
nahmen wir einen Neubau in Angriff,<br />
<strong>und</strong> da haben wir viel investiert, z. B. in<br />
Schallschutzdecken. Ich hatte ein Gespräch<br />
mit dem Architekten <strong>und</strong> dabei festgestellt,<br />
dass der Preis dieses Hauses – es kostete<br />
r<strong>und</strong> 1,5 Mio. Euro – ein Pappenstiel ist im<br />
Vergleich zum Unterhalt, also den Betriebs<strong>und</strong><br />
Personalkosten, auch wenn man bedenkt,<br />
wie lange so ein Gebäude hält. Aber<br />
es zahlt sich auf alle Fälle aus, auch um ein<br />
angenehmes Betriebsklima für die Mitarbeiter<br />
zu schaffen – am falschen Platz zu sparen<br />
wäre unwirtschaftlich.“<br />
Die Verantwortung des Trägers<br />
„Die Verantwortung spürt man jeden Tag,<br />
z. B. wenn es darum geht, dass wir Elternbeiträge<br />
anbieten müssen, die sich für uns<br />
rechnen <strong>und</strong> die die Eltern bezahlen können.<br />
Oder wenn es um die Öffnungszeiten<br />
geht, die für die Eltern ideal sind, aber die<br />
gleichfalls für uns finanzierbar sein müssen.<br />
Es ist nicht ganz einfach, allen gerecht zu<br />
<strong>werden</strong> <strong>und</strong> Eltern darüber hinaus in persönlichen<br />
Gesprächen unsere Sachzwänge<br />
zu erläutern <strong>und</strong> verständlich zu machen.<br />
Jedoch sehe ich die Zufriedenheit der Eltern<br />
z. B. daran, dass sie sich sehr lobend über<br />
die Qualität äußern, wie die Kinder bei uns<br />
betreut <strong>werden</strong>.<br />
Ein guter Träger zeichnet sich <strong>durch</strong> Fürsorge<br />
für sein Personal <strong>und</strong> die gute Kooperation<br />
mit den Eltern aus. Das heißt, ein<br />
guter Träger muss gut haushalten können<br />
mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen,<br />
gleichwohl immer daran denken, dass<br />
die Mitarbeiter der Kindertageseinrichtung<br />
mit jungen Menschen arbeiten, <strong>und</strong> wir leisten<br />
einen essenziellen Beitrag für die Entwicklung<br />
dieser Kinder.“<br />
„Wenn eine Gemeinde glaubt, den Bedarf<br />
an einer Krippe zu haben, sollte<br />
sie zusehen, ob sie die geeigneten<br />
Räumlichkeiten hat – diese sollten auf<br />
keinen Fall zu klein sein – <strong>und</strong> ob die Möglichkeit<br />
besteht, genügend Personal einzustellen<br />
<strong>und</strong> nicht daran zu sparen, denn<br />
das Personal ist das Wichtigste. Wenn man<br />
glaubt, eine Notlösung oder eine halbe<br />
Lösung mit irgendwelchen Hilfskräften zu<br />
wählen oder wählen zu müssen, so wird<br />
das nicht funktionieren, weil die Qualität<br />
des Personals einfach ausschlaggebend<br />
ist, in jedem Bereich, sei es Krabbelstube<br />
oder Kinderhort … Wichtig ist natürlich<br />
auch, wie die Verwaltung der Gemeinde<br />
dann mit diesem Personal umgeht, welche<br />
Wertschätzung sie erfahren. Werden sie<br />
als Mitarbeiter geschätzt, die einen hohen<br />
Beitrag für das Prädikat „Familienfre<strong>und</strong>lichkeit“<br />
leisten oder als lästiger Kostenaufwand<br />
behandelt? Das ist ganz wichtig.“<br />
Tipp<br />
39<br />
Trägerqualität
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage<br />
40<br />
Vom „Personal-Kind-Schlüssel“<br />
zum „Anstellungsschlüssel“<br />
Bis zur Einführung des Bayerischen<br />
Kinderbildungs- <strong>und</strong> -betreuungsgesetzes<br />
(BayKiBiG) war ein Mindest-<br />
Personal-Kind-Schlüssel von 1:6 festgelegt,<br />
d. h. je sechs anwesende Kinder<br />
wurden <strong>durch</strong> mindestens eine<br />
pädagogische Kraft betreut.<br />
Ab dem 01.08.2005 ist der Maßstab<br />
für die personelle Mindestausstattung<br />
der Einrichtungen der so genannte<br />
Anstellungsschlüssel. Der Anstellungsschlüssel<br />
beschreibt das Verhältnis<br />
der Arbeitszeitst<strong>und</strong>en des pädagogischen<br />
Personals (einschließlich Verfügungszeiten,<br />
S. 26/27) zu den Buchungszeitst<strong>und</strong>en<br />
der Kinder. Der Mindestanstellungsschlüssel<br />
ist auf 1:12,5<br />
festgelegt. Dieser Wert muss eingehalten<br />
<strong>werden</strong>, da sonst die staatliche Förderung<br />
entzogen wird. Der empfohlene Anstellungsschlüssel<br />
ist 1:10.<br />
Ein besonderer Förderbedarf der Kinder<br />
oder das Alter der Kinder wird <strong>durch</strong> Gewichtung<br />
der jeweiligen Buchungen berücksichtigt.<br />
Für Kinder, die eine erhöhte pädagogische<br />
Aufmerksamkeit erfordern, wird<br />
die Buchungszeit mit folgenden Gewichtungsfaktoren<br />
multipliziert: Für Kinder unter<br />
drei Jahren gilt der Gewichtungsfaktor 2,0;<br />
für Schulkinder 1,2; für Kinder, deren Eltern<br />
beide nicht deutschsprachiger Herkunft sind<br />
1,3 <strong>und</strong> für behinderte <strong>und</strong> von Behinderung<br />
bedrohte Kinder 4,5. Daneben ist der so<br />
genannte Qualifikationsschlüssel zu beachten:<br />
Mindestens die Hälfte der erforderlichen<br />
pädagogischen Arbeitszeit muss von<br />
pädagogischen Fachkräften geleistet <strong>werden</strong>.<br />
Sie <strong>werden</strong> von pädagogischen Ergänzungskräften<br />
unterstützt. Erzieherpraktikantinnen<br />
können bei dieser Fachkraftquote<br />
nicht berücksichtigt <strong>werden</strong>. Berufspraktikantinnen<br />
zählen als pädagogische Ergänzungskraft.<br />
Die Leiterin der „Krabbelstube Lappersdorf“<br />
Silke Lux im Gespräch:<br />
„Mein Ziel ist, dass sich die Kinder hier in<br />
der Krabbelstube wohl fühlen, es soll ihnen<br />
bei uns gut gehen, sie sollen mit anderen<br />
Kindern in Kontakt kommen, <strong>und</strong> ihre<br />
Neugier <strong>und</strong> Lernbereitschaft soll gefördert<br />
<strong>werden</strong>. Wir sind in erster Linie einmal sehr<br />
wichtige Bezugspersonen für die Kinder,<br />
auch auf emotionaler Ebene. Die Eltern sollen<br />
nicht das Gefühl haben, dass sie ihre<br />
Kinder irgendwo geparkt haben, sondern<br />
die Gewissheit, dass es ihren Kindern wirklich<br />
gut geht, so dass sich auch die Eltern<br />
wohl fühlen, während sie arbeiten.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass sich die<br />
Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern<br />
nicht negativ verändert, denn die Kinder<br />
wissen sehr wohl: Das ist daheim <strong>und</strong> da<br />
sind Mama <strong>und</strong> Papa, <strong>und</strong> das ist die<br />
Einrichtung, <strong>und</strong> da sind wir.“<br />
Was unterscheidet die Arbeit in<br />
einer Kinderkrippe von der Arbeit<br />
im Kindergarten?<br />
„Unsere Arbeit wird von Außenstehenden<br />
oft unterschätzt. Es heißt immer wieder:<br />
Krippe, ach wie schön! Die Kleinen schlafen<br />
doch eh die meiste Zeit <strong>und</strong> dann fütterst du<br />
sie noch ein bisschen <strong>und</strong> das war’s doch<br />
schon!<br />
Man muss eigentlich immer topfit, immer<br />
bei den Kindern sein <strong>und</strong> sich immer in die<br />
Kinder einfühlen können, also immer absolut<br />
bei der Sache sein. Auf Kleinstkinder einzugehen,<br />
sich auf die Entwicklungsstufe<br />
eines z. B. einjährigen Kindes einzustellen,<br />
auf die Bedürfnisse richtig einzugehen, das<br />
kann nicht jeder. Flexibilität <strong>und</strong> Einfühlungsvermögen<br />
braucht man im Krippenbereich<br />
mehr als im Kindergarten, weil das<br />
Emotionale noch stärker im Vordergr<strong>und</strong><br />
steht.<br />
Ich denke zudem, dass wir in erster Linie am<br />
Anfang sehr wichtig sind, je kleiner die<br />
Kinder sind, in der Zeit danach spielen die<br />
anderen Kinder eine sehr große Rolle <strong>und</strong><br />
nicht mehr so sehr wir. Die Kinder <strong>werden</strong><br />
ebenso <strong>durch</strong> die anderen Kinder geprägt<br />
<strong>und</strong> nicht nur <strong>durch</strong> uns. Wichtig ist ferner,<br />
dass die Kinder <strong>durch</strong> den Kontakt zu anderen<br />
Kindern lernen, sich in eine Gruppe ein-<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe
Leitungsaufgaben<br />
Qualitätssicherung<br />
Bau- <strong>und</strong><br />
Sachausstattung<br />
zuordnen, den Kontakt zu anderen erwachsenen<br />
Personen zu lernen <strong>und</strong> somit andere<br />
Erziehungsstile kennen zu lernen.“<br />
Sie sind auch Leiterin dieser Einrichtung –<br />
welche zusätzlichen Anforderungen sind<br />
damit verb<strong>und</strong>en?<br />
„Der Austausch mit dem Träger, mit den<br />
anderen Institutionen wie z. B. dem Kindergarten,<br />
in unserem speziellen Fall natürlich<br />
der Austausch mit den Firmen, Bauleuten<br />
<strong>und</strong> was damit alles zusammenhängt <strong>und</strong><br />
selbstverständlich die Öffentlichkeitsarbeit<br />
sowie die Kommunikation mit dem Rathaus.<br />
Das Auseinandersetzen mit den gesetzliche<br />
Gr<strong>und</strong>lagen im Bereich Kinderkrippe<br />
gehört zu meinen Aufgaben sowie die<br />
Konzepterarbeitung. Diese war aus Zeitmangel<br />
zunächst nur in ganz kurzer Form möglich,<br />
richtig ausführliche Konzeptarbeit wie<br />
Rahmenpläne <strong>und</strong> Beobachtungen kommt<br />
jetzt erst auf mich zu21 .<br />
Eine gute Kinderkrippe braucht in erster<br />
Linie qualifiziertes Personal <strong>und</strong> einen<br />
Träger, der weiß, worum es bei der Arbeit<br />
mit den Kleinsten geht.“<br />
Sie haben nun ganz konkrete Erfahrungen<br />
mit der Ausstattung eines neuen Hauses.<br />
Fangen wir mit den Bodenbelägen an …<br />
„Wir haben Linoleum mit Fußbodenheizung.<br />
Teppichböden würde ich sagen: auf<br />
keinen Fall, da von den kleinen Kindern<br />
öfter mal etwas verschüttet wird, das ist einfach<br />
auf Dauer zu unhygienisch. Wir haben<br />
leicht zu reinigende Teppiche zum Auslegen.“<br />
21 Inzwischen liegt die fertige Konzeption vor.<br />
Sie haben die Fußbodenheizung<br />
angesprochen. Welche Erfahrungen haben<br />
Sie damit gemacht?<br />
„Es ist natürlich angenehm, dass der Boden<br />
immer warm ist, trotzdem man muss bedenken,<br />
dass die Regulierung etwas schwieriger<br />
ist, weil die Heizung langsamer reagiert.“<br />
Können Kinder Raumelemente selbst<br />
bewegen <strong>und</strong> eigenständig umstellen?<br />
„Unser Regal z. B. hat bewegliche Rollen,<br />
das verschieben sie bzw. in der Puppenwohnung<br />
verschieben sie Stühle <strong>und</strong> Tische,<br />
das machen sie mit Vorliebe.“<br />
Wie steht es mit der Stabilität der Möbel,<br />
die nicht bewegt <strong>werden</strong> sollen?<br />
„Wir haben sehr schwere, handgeschreinerte<br />
Möbel. Das muss nicht unbedingt sein,<br />
aber sie haben sehr viel Gewicht, so dass<br />
die Kinder raufklettern oder drüberklettern<br />
können, ohne dass die Möbel umfallen.“<br />
„Bei der Einrichtung mitreden <strong>und</strong> auf<br />
jeden Fall die Anregungen von anderen<br />
Kinderkrippen nutzen. Ich habe<br />
mir am Anfang alle Kinderkrippen im<br />
Umkreis angeschaut, habe nachgefragt<br />
<strong>und</strong> habe mir einiges abgeschaut, wie z. B.<br />
die zweite Ebene im Raum oder den<br />
Bastelschrank, der unten Türchen hat, hinter<br />
denen sich die Kinder verstecken können.<br />
Das waren Sachen, die ich noch nie<br />
gesehen hatte oder gar nicht drauf gekommen<br />
wäre.“<br />
Tipp<br />
41
Bei der Anschaffung der neuen Materialien, auf<br />
was haben Sie hier besonders geachtet?<br />
„Fast alles ist aus Holz. Alles ist gewachst mit<br />
einem Naturwachs. Das ist natürlich empfindlicher,<br />
ganz klar. Wenn die Möbel unansehnlich<br />
<strong>werden</strong>, kann man sie abschleifen.“<br />
Und wie ist es mit den Spielzeugkisten?<br />
Müssen die immer heraus gehoben <strong>werden</strong>?<br />
„Nein, das steht alles so zur Verfügung, dass die<br />
Kinder es selbst holen können. Die meisten<br />
Kisten haben Rollen zum Verschieben.“<br />
Das Licht in einem Raum trägt viel zum Wohlgefühl<br />
bei. Haben Sie sich bei der Ausstattung<br />
darüber Gedanken gemacht?<br />
„Wir haben die Beleuchtung sehr sorgfältig ausgesucht.<br />
Wir müssen das Licht fast nicht einschalten,<br />
weil alle Räume sehr hell sind. Im<br />
Winter ist das sehr angenehm. Für den Sommer<br />
wurden Außenjalousien angebracht, <strong>und</strong> die<br />
müssen wir schon morgens schließen, denn<br />
<strong>durch</strong> die großen Fenster wird es sonst zu heiß.“<br />
Worauf muss Ihrer Erfahrung nach bezüglich<br />
der Sicherheit besonders geachtet <strong>werden</strong>?<br />
„Z. B. der Klemmschutz an den Türen, dass die<br />
Kinder sich die Finger nicht einzwicken können,<br />
das haben wir inzwischen an jeder Türe.<br />
Weiterhin viele Bullaugen oder Fenster von<br />
Raum zu Raum, so viele wie möglich, dass es<br />
einfach übersichtlich ist.“<br />
42<br />
Eine bedürfnisgerechte Ausstattung für<br />
unterschiedliche Entwicklungsabschnitte<br />
heißt auch: Die Räume sollen nicht nur<br />
kindgerecht, sondern auch erwachsenengerecht<br />
sein für die, die darin arbeiten<br />
– Es gibt ausreichend große Bereiche, in denen<br />
jüngere Kinder Gegenstände, Materialien<br />
<strong>und</strong> Räume erk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sich ungehindert<br />
bewegen können.<br />
– Kleinstkinder können sich ungestört mit einer<br />
Sache beschäftigen, darüber hinaus in der<br />
Nähe des Gruppengeschehens sein <strong>und</strong> andere<br />
Kinder beobachten.<br />
– Materialien <strong>werden</strong> so aufbewahrt, dass auch<br />
jüngere Kinder sie selbstständig erreichen<br />
können.<br />
– Es gibt weiche <strong>und</strong> feste Bodenbelege zum<br />
Liegen, Krabbeln oder Spielen.<br />
– Es gibt Ausstattungsgegenstände, die kleinen<br />
Kindern als „Beobachtungsposten“ dienen<br />
können, wie z. B. Hängekorb oder Wippe.<br />
– Es gibt Elemente im Raum, die Kinder im<br />
Liegen beobachten können, wie z. B. Mobiles<br />
oder Windspiele.<br />
– Kinder können Raumelemente selber bewegen<br />
<strong>und</strong> eigenständig umstellen, wie z. B.<br />
bewegliche Spielelemente, Rollkästen oder<br />
Polster.<br />
– Die Funktionsbereiche (wie Wickelplätze, Toiletten-/Waschraum)<br />
<strong>werden</strong> funktional <strong>und</strong><br />
ansprechend gestaltet, so dass Kinder <strong>und</strong><br />
Erwachsene sich gerne dort aufhalten.<br />
Auf Sicherheit wird geachtet.<br />
Einige Beispiele:<br />
– Die Materialien sind schadstofffrei.<br />
– Es gibt keine scharfen Ecken <strong>und</strong> Kanten.<br />
– Die Möbel sind stabil <strong>und</strong> standfest, so dass<br />
sich kleine Kinder gefahrlos daran festhalten<br />
<strong>und</strong> hochziehen können.<br />
– Es gibt Sicherheitsmaßnahmen, wenn Kinder<br />
ihren Aktionsradius erweitern <strong>und</strong> sich in Räumen<br />
frei bewegen können (Treppenschutzgitter,<br />
Türschutzpolster, Schubladenstopper<br />
etc.).
Leben in der Kinderkrippe<br />
Wir sitzen alle am Brotzeittisch. Ein 1 1/4-jähriges<br />
Mädchen versucht, selbst zu essen. Ein 2 1/4-jähriges<br />
Mädchen schaut zuerst zu, nimmt dann der<br />
Kleinen den Löffel aus der Hand <strong>und</strong> sagt:<br />
„Füttern, ja?“ Die Kleinere nickt zufrieden <strong>und</strong><br />
lässt sich bereitwillig von der Größeren füttern.<br />
Zu Recht ist das gegenseitige Helfen eines der<br />
zentralen pädagogischen Ziele in Kindertageseinrichtungen.<br />
Selbst in so einer kleinen Episode<br />
steckt ein sehr komplexes Geschehen.<br />
Sowohl die Erfahrung ‚ich kann helfen’ als auch<br />
die Erfahrung ‚mir wird geholfen’ ist für die see-<br />
lische Ges<strong>und</strong>heit von Kindern von großer<br />
Bedeutung. Das helfende Kind übt einfühlsames<br />
Wahrnehmen, trifft Entscheidungen <strong>und</strong> setzt<br />
Fertigkeiten zur Problemlösung ein. Das Kind,<br />
dem geholfen wird, muss sich seiner Gefühle<br />
<strong>und</strong> Bedürfnisse bewusst <strong>werden</strong> <strong>und</strong> sich entscheiden,<br />
die Hilfe anzunehmen. Es zeigt Vertrauen<br />
<strong>und</strong> akzeptiert die momentan angemessene<br />
Abhängigkeit. Verbale <strong>und</strong> nonverbale<br />
Kommunikation <strong>werden</strong> eingeübt. Die Selbstständigkeit<br />
wird gefördert, wenn das beobachtete<br />
Problemlösungsverhalten als Vorbild für die<br />
Selbsthilfe genutzt wird. Die Freude über die<br />
gelungene Lösung teilen beide.<br />
43
Liebe auf den zweiten Blick – Was zunächst wenig einladend erschien,<br />
wurde eine Umgebung, in der Kinder sich mit Freude bewegen: Die<br />
Kinderkrippe „Zwergenparadies“ in Hof<br />
Träger:<br />
Stiftung Marienberg<br />
Maria Mangei (bis 31.03.2005<br />
Familienzentrum Mütterclub Hof e. V., vertreten<br />
<strong>durch</strong> Ute Etschel <strong>und</strong> Herrn Hüttinger)<br />
Leiterin der Kinderkrippe:<br />
Silke Bauer<br />
Personal:<br />
1 Erzieherin <strong>und</strong> 2 Kinderpflegerinnen<br />
(je 40 Std.)<br />
Eröffnung der Kinderkrippe: 9. April 2002<br />
Öffnungszeiten: 7.00 Uhr–17.00 Uhr (Mo–Do),<br />
7.00 Uhr–14.30 Uhr (Fr)<br />
Anzahl der aufgenommenen Kinder: 15<br />
(Ganztagsplätze 10, Vormittagsplätze 2,<br />
Nachmittagsplätze 3)<br />
Kinder auf der Warteliste: 46<br />
Überwiegender Bedarf an Betreuungsst<strong>und</strong>en:<br />
6,5 St<strong>und</strong>en<br />
44<br />
Höhe der Elternbeiträge:<br />
125,00 € (4 Std.) bis 260,00 € (10 Std.)<br />
Im Oktober 2001 bot die Stadt Hof mehreren<br />
Trägern an, sich um die Trägerschaft einer Kinderkrippe<br />
im Rahmen des Projektes „Initiative<br />
Kinderkrippen in Bayern“ zu bewerben. Der<br />
Mütterclub hatte bereits fünf Jahre Erfahrung in<br />
der Betreuung von Kindern unter drei Jahren.<br />
Für Frau Etschel <strong>und</strong> Frau Bauer vom Familienzentrum<br />
Mütterclub Hof e. V. war das das<br />
Startsignal, in kürzester Zeit ihre Überlegungen<br />
für eine Pädagogik für Kinder unter drei Jahren,<br />
die erforderlichen Rahmenbedingungen <strong>und</strong> die<br />
finanzielle Kalkulation zu Papier zu bringen <strong>und</strong><br />
sich zu bewerben. Frau Bauer reizte der große<br />
Gestaltungsspielraum, den eine Neugründung<br />
mit sich bringt. Mit der Zusage war zunächst<br />
eine Enttäuschung verb<strong>und</strong>en …<br />
Die Leiterin des „Zwergenparadies“ Silke Bauer<br />
erinnert sich an die Anfänge:<br />
„... ich war etwas entsetzt <strong>und</strong> ziemlich frustriert,<br />
als ich die Wohnung gesehen habe, in<br />
die wir einziehen sollten – ein Altbau im 1. Stock<br />
mit einer ziemlich steilen Treppe. Ich bin dann
Raumgestaltung<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
lange immer wieder <strong>durch</strong> die Räume gegangen.<br />
So zwei bis drei Tage hintereinander<br />
habe ich mir die Wohnung angeschaut,<br />
bis ich genau gewusst habe: So gehört’s!<br />
Nichtsdestotrotz war noch sehr viel Eigeninitiative<br />
vom Verein nötig! Jetzt haben wir<br />
auf 120 m2 2 Spielzimmer, 1 Turnzimmer, 1<br />
Schlafzimmer, Küche, Flur, Bad, dazu<br />
kommt noch ein kleiner Garten (8 x 8 m), ein<br />
Abstellraum (ca. 30 m2 ) für Kinderwägen,<br />
Rollerwagen <strong>und</strong> Sandsachen. Büro- <strong>und</strong><br />
Besprechungsraum befinden sich im Nebengebäude.<br />
Für die Kinder haben wir wegen<br />
der Treppe extra einen Handlauf machen lassen.<br />
Im Nachhinein hat sich herausgestellt,<br />
die Kinder benutzen ihn kaum, denn alle<br />
unsere Kinder waren nach kürzester Zeit<br />
perfekt im Treppensteigen!<br />
Das Schöne an unseren Räumen ist, dass wir<br />
vier Räume haben, die wir separat nutzen<br />
können. Wir haben zwei kleine Gruppenräume,<br />
die nur <strong>durch</strong> einen Türrahmen getrennt<br />
sind, aber wir haben die Möglichkeit,<br />
dass wir sagen können, die Kleinen sind jetzt<br />
in diesem Raum <strong>und</strong> wenn die <strong>Groß</strong>en experimentieren<br />
wollen, können sie auf unsere<br />
zweite Ebene gehen. Wir haben zusätzlich<br />
noch die Möglichkeit, in unseren „Dschungel“<br />
zu gehen, d. h. in unseren Bewegungsraum,<br />
wo man hinter sich die Türen schließen kann,<br />
<strong>und</strong> wirklich intensiv mit einem Teil der<br />
Kinder arbeiten kann.“<br />
„Es ist sinnvoll, dass die Räume pünktlich<br />
eingerichtet sind, dass die Fachkräfte<br />
genügend Zeit für sich haben,<br />
um zu schauen, wo was ist, die ersten<br />
Pläne zu entwickeln, sich zu beschnuppern,<br />
dass alle Verträge im Computer schon fertig<br />
sind <strong>und</strong> so weiter. Der Verein hatte<br />
zwar einige Erfahrung in der Betreuung<br />
von Kindern unter drei Jahren aber was es<br />
heißt, als Träger eine Kinderkrippe zu leiten<br />
<strong>und</strong> zu führen, das ist doch noch mal etwas<br />
anderes. Am Anfang war es, ehrlich gesagt,<br />
etwas chaotisch, dessen ungeachtet haben<br />
wir – nicht zuletzt wegen der hervorragenden<br />
Qualifizierungsmaßnahme – schnell<br />
gelernt. Was mir sehr viel gebracht hätte,<br />
wenn es die Möglichkeit gegeben hätte,<br />
vorher wenigstens für ca. zwei Monate in<br />
einer Kinderkrippe zu hospitieren.“<br />
Tipp<br />
Unsere pädagogische Gr<strong>und</strong>haltung …<br />
„Wir wollen jedes einzelne Kind in seiner<br />
persönlichen Entwicklung unterstützen <strong>und</strong><br />
leiten. Unser Hauptziel ist, dass die Kinder<br />
sich in ihrer Gesamtheit entfalten können.<br />
Die Kinder sollen sich bei uns wohl fühlen.<br />
Wir wollen jedem einzelnen Kind Zeit geben,<br />
seine Bedürfnisse zu äußern, sich<br />
selbstständig zu bewegen <strong>und</strong> Kontakt zu<br />
anderen Kindern <strong>und</strong> Erwachsenen aufzunehmen.<br />
Und wir wollen uns Zeit nehmen,<br />
die Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen,<br />
das ist uns ein ganz, ganz wichtiger Punkt.<br />
Dafür ist eine größere Zeitspanne der<br />
Eingewöhnung bei uns vorgesehen.<br />
Wir bauen unterschiedliche Sinnesanregungen<br />
in den Tagesablauf ein. Die Kinder können<br />
ausprobieren <strong>und</strong> <strong>durch</strong> die Wiederholung<br />
neuer Lernerfahrungen Sicherheit<br />
gewinnen. Die Bezugsperson sollte für das<br />
Kind so etwas wie ein sicherer Hafen sein.<br />
Und da<strong>durch</strong>, dass wir zu Dritt sind, haben<br />
die Kinder die Möglichkeiten, sich diese Person,<br />
also diesen Hafen, selber auszusuchen.<br />
Uns ist es wichtig, dass der Rahmen des<br />
Tagesablaufs immer der gleiche ist. Die<br />
45
Sachausstattung<br />
Kinder können sich orientieren, sie wissen<br />
ganz genau, wann, wie <strong>und</strong> was läuft. Das<br />
gibt ihnen ein Sicherheitsgefühl. Wir können<br />
individuell auf die Kinder eingehen,<br />
d. h. mit dem Entwicklungsstand jedes Kindes<br />
wächst auch seine Selbstständigkeit in<br />
den Alltagshandlungen, z. B. beim Händewaschen,<br />
Anziehen, den Gang zur Toilette…“<br />
Welche Materialien setzen Sie denn<br />
bevorzugt ein?<br />
„Eigentlich wird alles eingesetzt. Wir möchten<br />
den Kindern im Alltagsgeschehen viele<br />
Variationen <strong>und</strong> verschiedenste Materialien<br />
bieten. Das reicht von Alltagsgegenständen,<br />
wie Besen, Eimer oder Töpfen, mit denen<br />
die größeren Kinder schon kleine Aufgaben,<br />
wie Hilfe beim Tischdecken oder Abräumen<br />
leisten können, bis zu besonderen Angeboten.<br />
Was uns sehr wichtig ist, ist das Erleben<br />
mit allen Sinnesorganen.<br />
Wir haben z. B. Fühldominos. Das sind Holzscheiben,<br />
die haben wir in einer Schreinerei<br />
machen lassen <strong>und</strong> mit unterschiedlichen<br />
Materialien bezogen. Die Kinder können<br />
barfuss darüber laufen oder mit den Händen<br />
fühlen.<br />
Wir haben außerdem unterschiedliche Rampen<br />
oder Plateaus mit unterschiedlichen<br />
Oberflächen, die man immer neu kombinieren<br />
kann, z. B. mit einem Spiegel darunter.<br />
Wir haben beobachtet, dass Kinder, wenn sie<br />
krabbeln, nach unten gucken <strong>und</strong> sie sich<br />
eigentlich ja nie in dieser Position betrachten<br />
können. Mit dieser kleinen Rampe erkennen<br />
sie sich ganz anders, sehen daneben mal<br />
andere Sachen, die oben an der Decke sind,<br />
die sie sonst gar nicht wahrnehmen können.“<br />
46<br />
Von Anfang an in Bewegung<br />
– Für die Kleinsten gibt es Materialien, die zum<br />
Greifen, Schaukeln, Drehen, Nachkrabbeln anregen.<br />
– Es gibt niedrige Podeste, schiefe Ebenen, Klettermöglichkeiten,<br />
Tunnel zum Durchkriechen,<br />
Hängematten, Schaukeln, Wippen etc.<br />
– Der Außenbereich ist so gestaltet, dass grobmotorische<br />
Aktivitäten (Springen, Balancieren,<br />
Dreiradfahren) möglich sind <strong>und</strong> kleine „Hindernisse“<br />
(Stufen, Mauern, Hügel, Baumstämme)<br />
die Geschicklichkeit herausfordern.<br />
– Die Sicherheit wird immer mitbedacht.<br />
So wird die Bewegungsentwicklung<br />
unterstützt<br />
– Es <strong>werden</strong> täglich gezielte Angebote zur motorischen<br />
Entwicklung gemacht.<br />
– Die Erzieherinnen unterstützen individuell die<br />
sich entwickelnden Fertigkeiten.<br />
– Kinder <strong>werden</strong> ermutigt, ungewohnte Bewegungsabläufe<br />
zu erproben.<br />
– Bei Unsicherheiten bieten die Erzieherinnen<br />
Hilfe <strong>und</strong> wiederholtes Einüben an.<br />
– Entwicklungsverläufe <strong>werden</strong> dokumentiert.<br />
Verzögerungen oder Auffälligkeiten <strong>werden</strong><br />
mit den Eltern besprochen. Beratungsmöglichkeiten<br />
<strong>werden</strong> vorgeschlagen.
Körperpflege<br />
Pflegehandlungen nehmen in der Kinderkrippe<br />
relativ viel Zeit ein …<br />
„Zunächst haben wir die Kinder zum Wickeln<br />
immer ins Bad geführt, indessen haben wir<br />
beobachtet, dass sich die <strong>Groß</strong>en sehr für<br />
das Wickeln interessieren. Inzwischen wickeln<br />
wir die Kinder auf einer Matte im Gruppenraum,<br />
wo die anderen Kinder zuschauen<br />
können. Sie können beobachten, z. B. was ist<br />
bei den anderen anders als bei mir? Sie können<br />
mithelfen <strong>und</strong> uns dabei beobachten,<br />
wie wir mit dem Kind umgehen.<br />
Wir achten jedoch genau darauf, dass die<br />
Situation immer so gestaltet wird, dass das<br />
„Wickelkind“ sich wohl fühlt. Die ganz<br />
Kleinen genießen es zudem, eine zeitlang<br />
ohne Windeln zu sein. Wir gestalten die<br />
Pflegesituationen sehr bewusst, denn sie<br />
gehören zu den Zeiten, in denen einem Kind<br />
die ganze Aufmerksamkeit gehört <strong>und</strong> die<br />
immer sprachlich begleitet wird.<br />
Wie überhaupt die sprachliche Begleitung<br />
des täglichen Tuns von Kindern, die ja ganz<br />
intensiv in der Sprachentwicklung sind, bei<br />
uns sehr sorgfältig beachtet wird.“<br />
Körperpflege ist mehr als Alltagsroutine<br />
– Die Entdeckung des eigenen Körpers <strong>und</strong><br />
die zunehmende Eigenständigkeit in der<br />
Körperkontrolle <strong>und</strong> Körperpflege tragen<br />
zur Entwicklung eines positiven Selbstbildes<br />
bei.<br />
– Während der Pflegehandlungen wird eine<br />
möglichst angenehme Atmosphäre geschaffen.<br />
– Die Aufmerksamkeit der Erzieherin ist<br />
ganz dem Kind zugewandt.<br />
– Sie erklärt dem Kind nicht nur die einzelnen<br />
Schritte ihres Tuns, sondern zeigt<br />
auch ihre Zuneigung in Mimik, Sprache<br />
<strong>und</strong> Körperkontakt.<br />
– Das Wickeln ist die Zeit zum Erzählen<br />
kleiner Geschichten, zum Singen oder für<br />
Sprachspiele mit Abzählreimen etc.<br />
– Zunehmend wird dem Kind mehr Selbstständigkeit<br />
bei An- <strong>und</strong> Ausziehen, Öffnen<br />
<strong>und</strong> Schließen der Wasserhähne, Händewaschen,<br />
Zähneputzen usw. eingeräumt.<br />
Frau Etschel, Vertreterin des Trägers<br />
„Mütterclub Hof e. V.“:<br />
„Der Mütterclub ist Träger der Kinderkrippe<br />
‚Zwergenparadies’, ein anerkannter Träger<br />
der freien Jugendhilfe. Ich habe Politik <strong>und</strong><br />
Volkswirtschaft studiert, habe dann im<br />
öffentlichen Dienst gearbeitet im Bereich<br />
Finanzen, was mir jetzt eben auch zu Gute<br />
kommt im Hinblick auf die Verhandlungen<br />
mit kommunalen <strong>und</strong> auch mit den staatlichen<br />
Stellen. Ich war zwei Jahre 1. Vorsitzende<br />
des Trägervereins Familienzentrum<br />
Mütterclub <strong>und</strong> insgesamt sechs Jahre im<br />
Vorstand.<br />
Wir haben im letzten Jahr die Kinderkrippe<br />
aufgebaut. Ich möchte das weiter begleiten,<br />
um die Sache richtig auf feste Füße zu stellen.<br />
Wir arbeiten alle ehrenamtlich, wir sind<br />
nicht angestellt <strong>und</strong> einige von uns arbeiten<br />
noch, <strong>und</strong> da musste man schon sehen,<br />
dass man alles schafft.“<br />
Neue Entwicklungen<br />
Der Mütterclub entschied sich zur Übergabe<br />
der Kinderkrippe an einen größeren<br />
Träger, die Stiftung Marienberg. Die Krippe<br />
wird 2006 in eine größere Einrichtung<br />
umziehen, in der dann die Kinderkrippe<br />
zusammen mit einem Kindergarten, einem<br />
Hort <strong>und</strong> Beratungsstellen r<strong>und</strong> um die<br />
47<br />
Trägerstruktur<br />
ehrenamtliche<br />
Arbeit
Bedarf an<br />
Krippenplätzen<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Familie untergebracht sein wird. Der neue<br />
Träger räumt der Leiterin der Kinderkrippe<br />
bei den aktuellen Umbauten großes Mitspracherecht<br />
ein.<br />
Sie waren sicher, dass der Bedarf für eine<br />
Kinderkrippe da war?<br />
„Wir hatten eigentlich immer lange Wartelisten<br />
<strong>und</strong> konnten uns auch nicht vorstellen,<br />
dass es in einer Stadt mit doch immerhin<br />
über 50.000 Einwohnern nicht eine Kinderkrippe<br />
geben sollte. Ich denke, wenn das<br />
Modellprojekt nicht gekommen wäre, dann<br />
wäre das wahrscheinlich in der Schwebe<br />
geblieben. So ging es wirklich in die konkrete<br />
Phase.“<br />
Und wie wurde das Projekt in die<br />
Gemeinde eingeführt?<br />
„Wir haben eine sehr große Pressekonferenz<br />
gemacht, die die Stadt einberufen hat.<br />
Im Rathausfestsaal hatten wir jede Menge<br />
Medienvertreter, verschiedene Radiosender,<br />
verschiedene Fernsehsender <strong>und</strong> alle<br />
möglichen Zeitungen waren da. Das hat<br />
einen sehr großen Wirbel verursacht <strong>und</strong><br />
anschließend ging es eigentlich erst so richtig<br />
los, die Telefone sind heiß gelaufen.“<br />
Neue Entwicklungen<br />
Die Stadt Hof hat sich entschieden, auf<br />
Gr<strong>und</strong> der guten Erfahrungen mit dem<br />
„Zwergenparadies“ im Rahmen der „Initiative<br />
Kinderkrippen in Bayern“ ihre Krippenplätze<br />
auf 38 zu erhöhen.<br />
48<br />
Wie wurde denn das Kinderkrippenangebot<br />
von den Eltern angenommen?<br />
„Sehr gut. Das einzige Problem, das wir<br />
immer noch haben, ist, dass einfach viele<br />
junge Familien nach außerhalb in den<br />
Landkreis ziehen. Hof ist kreisfrei, <strong>und</strong> wir<br />
dürfen keine Kinder aus dem Umland mehr<br />
nehmen, weil wir für diese Kinder keinen<br />
Kommunalzuschuss bekommen <strong>und</strong> die<br />
Gemeinden, aus denen die Kinder kommen,<br />
nicht mitfinanzieren.“<br />
Gesetzliche Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Wenn Kinder aus umliegenden<br />
Gemeinden eine Kinderkrippe<br />
besuchen …<br />
… spricht man von „Gastkindern“. Die<br />
Gewährung einer staatlichen Förderung<br />
setzt stets die Zahlung eines kommunalen<br />
Anteils voraus. Kommen Kinder<br />
aus unterschiedlichen Gemeinden<br />
im Einzugsbereich, ist jede Kommune<br />
aufgefordert, ihren „Gastkindbeitrag“<br />
an die Kinderkrippe zu entrichten. Aufgr<strong>und</strong><br />
der im Projektzeitraum bestehenden<br />
Empfehlungen sahen sich einige<br />
Gemeinden hierzu nicht in der Verantwortung.<br />
Zwischenzeitlich wurde eine<br />
gesetzliche Regelung getroffen. Nach<br />
§ 23 BayKiBiG ist die Gemeinde dann<br />
zur Zahlung eines „Gastkindbeitrages“<br />
verpflichtet, wenn sie bei festgestelltem<br />
Bedarf keinen vergleichbaren freien<br />
Platz anbieten kann. Vergleichbar ist jedoch<br />
hierbei nicht nur ein Platz in einer Kinderkrippe,<br />
sondern unter Umständen auch<br />
in einer altersgemischten Einrichtung <strong>und</strong> in<br />
Tagespflege.<br />
Nach dem BayKiBiG wurden für alle Tageseinrichtungen<br />
für Kinder ein einheitlicher<br />
rechtlicher Rahmen sowie die kindbezogene<br />
Förderung eingeführt. Die Art der Einrichtung<br />
ist für die Förderung nicht länger entscheidend.<br />
Ausschlaggebend für die Höhe der Förderung<br />
ist der individuelle Förderbedarf der<br />
Kinder, der rechnerisch aufgr<strong>und</strong> eines Gewichtungs-<br />
<strong>und</strong> eines Buchungsfaktors in<br />
die Berechnung einfließt. Die Aufnahme von<br />
Kindern unterschiedlicher Altersgruppen ist<br />
somit problemlos möglich, d. h. es ist bei<br />
entsprechenden Rahmenbedingungen, wie<br />
Konzeption, Gruppenstärke, Raum- <strong>und</strong> Personalausstattung,<br />
denkbar, den Kindergarten<br />
auch für Kinder unter drei Jahren zu öffnen.<br />
Gastkinderregelung
Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren – ein Plus<br />
für die Gemeinde als Wirtschaftsstandort: Die Kinderkrippe<br />
„St. Vinzenz von Paul“ in Kleinostheim<br />
Träger:<br />
Haus St. Vinzenz von Paul GmbH<br />
Soziale Dienste Kleinostheim, Klaus Jakob<br />
Leiterin der Kinderkrippe:<br />
Andrea Aulbach (seit März 2005 im Mutterschutz<br />
bzw. in Elternzeit)<br />
Nadja Trapp (seit März 2005)<br />
Personal:<br />
Erzieherin (25 Std.); Erzieherin (19,25 Std.);<br />
Kinderpflegerin (25 Std.) Kinderpflegerin (19,25)<br />
Std.), Springkraft bei Bedarf<br />
Eröffnung der Kinderkrippe: 19. August 2002<br />
Öffnungszeiten: 7.15 Uhr–17.00 Uhr<br />
Anzahl Kinder: 28<br />
Kinder auf der Warteliste: 52<br />
Überwiegende Betreuungsst<strong>und</strong>en:<br />
7.00 Uhr bis 16.30 Uhr<br />
Höhe der Elternbeiträge: 45,00–75,00 € (ab 5,5 Std.)<br />
Initiatorin der Neugründung dieser Kinderkrippe<br />
war die Gemeinde Kleinostheim, nicht zuletzt<br />
wegen der Nachfrage von örtlichen Firmen nach<br />
Kinderbetreuungsmöglichkeiten für ihre Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter. Die Argumentation<br />
der Firmen lautete, dass sie qualifizierte junge<br />
Mütter möglichst schnell wieder an ihre Arbeitsplätze<br />
zurückholen möchten.<br />
Als das Modellprojekt bekannt wurde <strong>und</strong> die<br />
Unternehmen weiterhin Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen<br />
meldeten, setzte die Gemeinde<br />
sehr schnell den politischen Prozess in Gang.<br />
Die Kommune wollte zunächst die Trägerschaft<br />
der Krippe selbst übernehmen.<br />
Doch nach guten Erfahrungen bei der Altenhilfe<br />
wurde die Verantwortung der GmbH „Seniorenzentrum<br />
Kleinostheim“ übertragen, die daraufhin<br />
ihren GmbH-Vertrag in „Soziale Dienste<br />
Kleinostheim“ änderte. Kinderkrippe, Schülerbetreuung<br />
<strong>und</strong> Altenhilfe sind nun in einer<br />
Organisationsstruktur vereint. Die Kinderkrippe<br />
arbeitet als eigenständige Einrichtung, nutzt<br />
aber den Verwaltungsbereich des Trägers – eine<br />
erhebliche Entlastung für die pädagogischen<br />
Fachkräfte.<br />
49
Trägerstruktur<br />
Vorbereitende<br />
Arbeiten<br />
Finanzierung<br />
Klaus Jakob ist Geschäftsführer der Sankt<br />
Vinzenz von Paul GmbH, Soziale Dienste<br />
Kleinostheim. Es handelt sich um eine örtliche<br />
GmbH mit drei Gesellschaftern, bestehend<br />
aus der Gemeinde Kleinostheim, dem<br />
Johanneszweigverein für die katholische<br />
Kirche <strong>und</strong> dem Diakonieverein für die<br />
evangelische Kirche. Die Kinderkrippe ist im<br />
Rahmen der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe neben<br />
der Ganztagsbetreuung für die Hauptschüler<br />
in die Trägerkonstruktion, die von der<br />
Altenhilfe herrührt, eingeb<strong>und</strong>en.<br />
Herr Jakob berichtet:<br />
Die vorhandene Organisationsstruktur war<br />
ein großer Vorteil<br />
„Räumlichkeiten – eine ehemalige Wohnung<br />
mit 120 m2 – waren vorhanden, allerdings<br />
nur in unrenoviertem Zustand. Wir<br />
haben unsere Mitarbeiter eingestellt, das<br />
ging relativ rasch, bedingt <strong>durch</strong> unsere<br />
GmbH-Struktur, <strong>und</strong> dann haben wir zusammen<br />
angefangen – buchstäblich bei Null.<br />
Die Einrichtung der Kinderkrippe hat die<br />
Leiterin sehr engagiert <strong>und</strong> weitestgehend<br />
in Eigenregie gemacht, oder wir waren<br />
zusammen beim Einkaufen. Die Gemeinde<br />
als Vermieter hat parallel dazu die Räumlichkeiten<br />
instand gesetzt <strong>und</strong> bezugsfertig<br />
gemacht. Wir haben alle zusammen angepackt.<br />
Die vorhandene Organisationsstruktur<br />
der GmbH konnten wir für die Kinderkrippe<br />
nutzen. Das war ein großer Vorteil“<br />
Die Finanzierung – zukünftig auch <strong>durch</strong><br />
Spenden <strong>und</strong> Sponsoring?<br />
„Nach dem jetzigen Wirtschaftsplan tragen<br />
wir uns selbst, zumindest bzw. ganz sicher für<br />
die Zeit der Modellphase <strong>durch</strong> die Sachkostenförderung<br />
<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der Elternbeiträge<br />
<strong>und</strong> des kommunalen Zuschusses. Wir<br />
sind als gemeinnützige Einrichtung auch im<br />
Bereich der Altenhilfe auf zusätzliche Mittel in<br />
Form von Sponsoring oder Spendenaktionen<br />
angewiesen. Das <strong>werden</strong> wir im Bereich der<br />
Kinderkrippe genauso nutzen wollen <strong>und</strong> hoffen<br />
dabei auf die ortsansässigen Firmen.<br />
Nach Rücksprache mit unserer Wirtschaftsprüferin<br />
gibt es da verschiedene Vorgehensweisen.<br />
Wir haben festgestellt, dass jeder Einzelfall<br />
genau geprüft <strong>werden</strong> muss.“<br />
Wirtschaftlichkeit ist nicht das oberste<br />
Gebot<br />
„Es war uns von Anfang an klar, dass die<br />
Kinderkrippe nicht nur unter wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten funktionieren muss. Wir<br />
50<br />
haben Qualitätsvorstellungen <strong>und</strong> Qualitätsansprüche.<br />
Bereits bei den ersten Gesprächen<br />
haben wir den Eltern klar gemacht, dass<br />
wir bei der Personalbestellung bewusst von<br />
den Krippenrichtlinien abweichen. Wenn wir<br />
dem Bedarf der Eltern, der sich sehr schnell<br />
bei uns als Öffnungszeiten von 10 St<strong>und</strong>en<br />
täglich herausstellte, gerecht <strong>werden</strong> wollen,<br />
können wir mit dem Personal-Kind-Schlüssel<br />
22 1:6 nicht arbeiten. Um den Eltern ein<br />
wirklich seriöses Angebot machen zu können,<br />
sind die Krippengebühren höher als Kindergartengebühren.<br />
Ich habe großen Wert<br />
darauf gelegt, den Eltern zu begründen,<br />
warum das so ist. Die Eltern sind für diese<br />
Überlegung sehr aufgeschlossen, denn jeder<br />
will, dass sein Kind bestmöglich betreut<br />
wird.“<br />
Die Arbeit des Fachpersonals<br />
wertschätzen<br />
„Ich muss zugeben, dass ich die Anforderungen<br />
an das Personal in der Anfangsphase<br />
manchmal unterschätzt habe. Die<br />
Anforderungen sind hoch, <strong>und</strong> sicherlich<br />
haben wir zu Beginn unseren hohen Anspruch<br />
nicht zu jeder Zeit erfüllen können.<br />
Man muss sich am Anfang immer erst finden.<br />
Eltern, Kinder, Personal – alle brauchen<br />
eine gewisse Eingewöhnungszeit. Durch<br />
hohes Engagement konnten wir doch ganz<br />
viele Defizite ausgleichen, <strong>und</strong> wir <strong>werden</strong><br />
ein optimales Niveau erreichen, die Konzeption<br />
anzupassen <strong>und</strong> die Qualitätssicherung<br />
weiterzuentwickeln. Die Zusammenarbeit<br />
mit dem Personal ist vollkommen unproblematisch.<br />
Die Leiterin, Frau Aulbach <strong>und</strong> ich<br />
haben regelmäßigen Kontakt, <strong>und</strong> ich versuche<br />
immer wieder, an den Dienstgesprächen<br />
des Personals, die jeden Montag stattfinden,<br />
teilzunehmen.“<br />
22 Vgl.: Vom „Personal-Kind-Schlüssel“ zum „Anstellungsschlüssel“,<br />
S. 40<br />
Personalplanung<br />
Qualitätssicherung
Trägerverantwortung<br />
Als Ansprechpartner zur Verfügung stehen<br />
„Ich habe nicht nur den Kindern <strong>und</strong> Eltern<br />
gegenüber eine hohe Verantwortung sondern<br />
auch meinen Gesellschaftern gegenüber,<br />
die ja erwarten, dass wir ihre Zielsetzungen<br />
angemessen umsetzen. Wir haben<br />
sehr hohe Qualitätsvorstellungen, die weit<br />
über das übliche Maß hinausgehen.<br />
Ferner sind die Mitarbeiter im GmbH-Vertrag<br />
verankert <strong>und</strong> haben einen sehr hohen<br />
Stellenwert, d. h. da kümmere ich mich ebenfalls<br />
um alles. Ich bin da, <strong>und</strong> es kann jeder zu<br />
mir kommen <strong>und</strong> mit mir sprechen <strong>und</strong> die<br />
Eltern kennen mich ebenso. Die Zufriedenheit<br />
der Eltern schätze ich relativ hoch ein <strong>und</strong><br />
zwar vom ersten Tage an. Bisher habe ich<br />
noch keinerlei negative Rückmeldungen von<br />
Eltern <strong>und</strong> nach allem was ich von den Mitarbeiterinnen<br />
höre, gehe ich von einer relativ<br />
hohen Zufriedenheit der Eltern aus.“<br />
„Kolleginnen, die in einer neu gegründeten<br />
Kinderkrippe arbeiten, sollen sich<br />
Zeit lassen mit der ganzen Entwicklung<br />
<strong>und</strong> nicht glauben, dass sie innerhalb<br />
von zwei Wochen mit allem fertig sein<br />
sollen oder müssen, mit der Konzeption, mit<br />
allen Vorstellungen, mit dem festen Tagesablauf,<br />
mit einer perfekten Einrichtung – das<br />
geht einfach nicht. Außerdem sollten sie für<br />
Weiterentwicklung offen sein <strong>und</strong> Neues<br />
ausprobieren – am Anfang hat man die besten<br />
Möglichkeiten.<br />
Nicht zu viel am Anfang gilt ebenfalls für die<br />
Einrichtung. Wir hatten viele Möbel, die uns<br />
der Kindergarten zur Verfügung gestellt<br />
hatte. Aber dann haben wir gemerkt, dass<br />
wir viel zu viele Möbel hatten, unsere Kinder<br />
brauchen Freiraum. Wir hatten uns zunächst<br />
an den Kindergarten angelehnt mit Malecke,<br />
Kuschelecke, Leseecke usw. Das haben wir<br />
nach <strong>und</strong> nach verändert <strong>und</strong> rausgeschmissen,<br />
was wir nicht brauchen – die<br />
Qualifizierungen führen natürlich auch zu<br />
solchen Veränderungen.“<br />
Tipp<br />
Die Leitung der Kinderkrippe in Kleinostheim<br />
hat Frau Andrea Aulbach übernommen.<br />
Berufliche Erfahrungen mit Kindern unter<br />
drei Jahren brachte sie <strong>durch</strong> ihre Arbeit in<br />
einer altersgemischten Gruppe, in der Kinder<br />
von 8 Wochen bis sechs Jahren betreut wurden,<br />
mit. Sie reizte die Aufgabe mit Kleinstkindern<br />
zu arbeiten, etwas Neues aufzubauen,<br />
„die eigene Handschrift zu hinterlassen“,<br />
wie sie sagt.<br />
Die wichtigste Erkenntnis aus der<br />
Anfangszeit: Eine Mindestbuchungszeit<br />
von 20 St<strong>und</strong>en ist sinnvoll<br />
„Wir hatten die Krippe ruck zuck voll, aber<br />
nicht nur mit Ganztageskindern, sondern<br />
mit zu vielen St<strong>und</strong>enbelegungen am Vormittag<br />
<strong>und</strong> am Nachmittag. Den Vorgaben<br />
des Projektes entsprechend, wollten wir den<br />
Eltern größtmögliche Flexibilität ermöglichen.<br />
Wir haben jedoch gemerkt, dass diese kurzen<br />
Betreuungszeiten aus pädagogischer<br />
Sicht nicht sinnvoll sind. Deshalb haben wir<br />
auf 20 St<strong>und</strong>en Mindestbuchungszeit gesteigert,<br />
d. h. für jedes Kind müssen mindestens<br />
20 St<strong>und</strong>en in der Woche gebucht<br />
<strong>werden</strong>. Diese Lösung ist für die Kinder <strong>und</strong><br />
für uns viel besser; das Kind gewöhnt sich<br />
besser ein, <strong>und</strong> wir lernen jedes Kind gut<br />
kennen <strong>und</strong> können so besser auf seine<br />
Bedürfnisse eingehen. Außerdem passt die<br />
51<br />
Buchungszeiten <br />
Pädagogische<br />
Qualität
Einbindung<br />
der Eltern<br />
Qualitätssicherung<br />
kurze Anwesenheit von vielen Kindern nicht<br />
mit den Zielen des <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplans<br />
zusammen.<br />
Was mir am Anfang ebenfalls nicht so bewusst<br />
war, war, dass je mehr Kinder da sind,<br />
desto mehr Elternarbeit mit allem Drum <strong>und</strong><br />
Dran ist zu leisten. Wobei die Eltern wirklich<br />
super sind, besser hätten wir es nicht treffen<br />
können. Die sind voll dabei, haben ein<br />
offenes Ohr <strong>und</strong> engagieren sich, wo es nur<br />
geht.“<br />
Den Kindern geht es dann gut, wenn wir<br />
mit den Eltern zusammenarbeiten<br />
„Das Thema Elternarbeit war schon früher<br />
ein Schwerpunkt für mich. Allerdings finde<br />
ich, dass das passendere Wort ‚Familienarbeit’<br />
wäre. Bei der Eingewöhnung achten<br />
wir darauf, dass auch die Eltern richtig in<br />
der Kinderkrippe „ankommen“, <strong>und</strong> die<br />
Eltern sollen merken, dass wir sie schätzen.<br />
Wir wollten eigentlich für Mutter- <strong>und</strong> Vatertag<br />
einen Nachmittagskaffee für die Eltern<br />
machen, hatten das allerdings schon an Ostern,<br />
<strong>und</strong> so haben wir uns gedacht, wir<br />
schenken den Eltern einen kinderfreien Vormittag,<br />
d. h. an einem bestimmten Samstag<br />
dürfen die Eltern ihre Kinder von 9 bis 12.00<br />
Uhr mit den Geschwisterkindern bis 10 Jahre<br />
zu uns bringen. Wir gehen mit den Kindern in<br />
die Turnhalle <strong>und</strong> spielen mit ihnen, <strong>und</strong> die<br />
Eltern haben diese drei St<strong>und</strong>en zur freien<br />
Verfügung, sozusagen zur Beziehungspflege.“<br />
Das zeichnet eine gute Kinderkrippe aus<br />
„Eine Krippe, die sich nach außen hin öffnet,<br />
für jedermann zugänglich ist, ihre Arbeit darstellt,<br />
gutes, für die Krippe geeignetes, engagiertes,<br />
offenes Personal hat. Ich denke, Offenheit<br />
<strong>und</strong> Ehrlichkeit sind das Wichtigste.“<br />
52<br />
Ruhen <strong>und</strong> Schlafen in der Kinderkrippe;<br />
Erfahrungen aus der Kinderkrippe<br />
St. Vinzenz von Paul in Kleinostheim<br />
In den ersten drei Lebensjahren sind die<br />
Schlafbedürfnisse der Kinder sehr unterschiedlich.<br />
Wie stellen Sie sicher, dass Kinder<br />
nicht nur Mittagsschlaf halten können,<br />
sondern sich auch im Tagesverlauf entspannen<br />
<strong>und</strong> ruhen können?<br />
„Wir haben einen zweiten Aktivitätenraum,<br />
den wir immer wieder umgestalten. Darin<br />
liegen auch Matten <strong>und</strong> Kissen, die als<br />
Kuschelecke genutzt <strong>werden</strong>, <strong>und</strong> es stehen<br />
auch zwei Betten darin.<br />
Manche Kinder schlafen ja doch noch vormittags,<br />
die müssen nicht allein in den großen<br />
Schlafraum, sondern dürfen sich auch<br />
da ausruhen, weil sie näher am Geschehen<br />
sein möchten. Der Schlafraum ist immer<br />
offen für die, die sich ausruhen oder etwas<br />
Stilleres spielen wollen, z. B. in einer Höhle,<br />
die sie sich aus Matratzen bauen.“<br />
Wie haben Sie den Schlafraum<br />
gestaltet?<br />
„Hellblau mit einer Leuchtsternenborte <strong>und</strong><br />
mit zwei Hochbetten, in denen unsere<br />
„<strong>Groß</strong>en“ gerne schlafen, mit flachen Bettgestellen,<br />
die nur 20 cm über dem Boden<br />
sind <strong>und</strong> mit drei Reisebetten. Ein reines<br />
Matratzenlager wollten wir nicht.“<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
Raumgestaltung<br />
Sachausstattung
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
Weiterhin gibt es die Reisebetten, wozu<br />
<strong>werden</strong> die gebraucht?<br />
„Die können wir aufstellen, wo wir sie brauchen.<br />
Wenn wir viele <strong>Groß</strong>e haben, brauchen<br />
wir sie gar nicht <strong>und</strong> können sie wegstellen.“<br />
Wie ist das Ritual nach dem Mittagessen?<br />
„Die Kinder waschen sich mit dem Waschlappen,<br />
<strong>und</strong> bei Bedarf waschen wir noch<br />
einmal nach. Die Kinder, die halbtags da<br />
sind, die schlafen ja nicht, die gehen in den<br />
Gruppenraum <strong>und</strong> die, die schlafen, gehen<br />
in den Schlafraum. Wir achten darauf, dass<br />
alle ihre Schnuffeltücher, Schnuller <strong>und</strong><br />
Kuscheltiere mitnehmen. Bei uns ist das ein<br />
Ritual, dass wir zu jedem Kind hingehen, es<br />
schön zudecken, noch mal streicheln <strong>und</strong><br />
„Gute Nacht“ sagen, <strong>und</strong> da warten auch<br />
alle drauf.“<br />
Haben die Kinder nicht ganz unterschiedliche<br />
Schlafrituale?<br />
„Ja, manche Kinder brauchen es, dass man<br />
bei ihnen stehen bleibt <strong>und</strong> andere möchten<br />
ihre Ruhe haben, manche haben ein Stillkissen23<br />
, auf das sie ihr Köpfchen betten, andere<br />
haben ihren eigenen Schlafsack, grad so,<br />
wie sie es von daheim gewohnt sind, das<br />
wird bei uns beibehalten.“<br />
Machen Sie die Vorhänge zu?<br />
„Ja, aber wir lassen ein paar Rillen im Rollo<br />
auf, es ist nicht ganz dunkel.<br />
Manche Kinder schlafen nur, wenn es ganz<br />
hell ist, <strong>und</strong> die dürfen deshalb im anderen<br />
Raum schlafen, da ist natürlich auch jemand<br />
dabei. Wir bleiben eine viertel bis halbe<br />
23 Stillkissen sind lange, schlauchförmige Kissen, die sich sehr<br />
variabel formen lassen.<br />
St<strong>und</strong>e auf jeden Fall mit im Schlafraum.<br />
Wir lassen die Tür einen Spalt offen. Wenn<br />
die Kinder gegen 12.30 Uhr ins Bett gehen,<br />
schlafen sie bis ca. 14.30 Uhr. Aber da gibt<br />
es natürlich auch Unterschiede. Wir benutzen<br />
ein Babyphon.“<br />
Und wie ist das Aufwachen?<br />
„Die meisten brabbeln vor sich hin oder<br />
fangen an, aktiv zu <strong>werden</strong>, <strong>und</strong> dann<br />
schauen wir nach.“<br />
Gibt es auch die Möglichkeit, dass Kinder<br />
selbstständig aufstehen?<br />
„Ja, das ist ganz unterschiedlich. Viele<br />
schlafen ohne Windel <strong>und</strong> gehen auf die<br />
Toilette. Es gibt natürlich auch Kinder, die<br />
weinen im Aufwachen. Da muss man<br />
schnell im Schlafraum sein, damit die anderen<br />
nicht aufwachen. Wobei ich sagen<br />
muss, unsere Kinder haben echt einen<br />
guten Schlaf, die wachen nicht gleich mit<br />
dem ersten Laut auf.“<br />
53
54<br />
Leben in der Kinderkrippe<br />
Eine Mutter befürchtete, dass es mit dem Schlafen<br />
bei uns sehr schwierig <strong>werden</strong> würde.<br />
Daheim, erzählte sie, lege sie sich neben das Kind<br />
<strong>und</strong> tue so, als ob sie schlafe, nur dann könne ihr<br />
Kind einschlafen. Tatsächlich konnte das Kind in<br />
dem stillen, abgedunkelten Schlafraum nicht zur<br />
Ruhe kommen <strong>und</strong> hat heftig geweint. Wir haben<br />
es deshalb in der ersten Zeit im Gruppenraum in<br />
den Buggy gelegt. Obwohl es dort hell <strong>und</strong> laut<br />
ist, ist es sofort eingeschlafen. Nach ungefähr<br />
zwei Wochen ist das Kind mit in den Schlafraum<br />
gegangen <strong>und</strong> hat zugesehen, wie die anderen<br />
Kinder ins Bett gehen. „Möchtest du da auch<br />
schlafen?“ haben wir nach ein paar Tagen gefragt.<br />
„Ja, ja“, war die Antwort. Wir haben dem Kind ein<br />
Stillkissen gegeben <strong>und</strong> eine Art Nest daraus<br />
geformt, in das es sich hineinkuscheln kann.<br />
Seitdem schläft es in einem Raum zusammen mit<br />
einem anderen Kind, das auch immer im Hellen<br />
schläft. Und das klappt inzwischen total gut.
Familienfre<strong>und</strong>lichkeit als Element unternehmerischer Tradition <strong>und</strong><br />
Zukunftsplanung: Die Kindertagesstätten „Grete Schickedanz e. V.“<br />
in Fürth<br />
Träger:<br />
Kindertagesstätten „Grete Schickedanz e. V.“<br />
Gerhard Koslowski<br />
Leiterin der Kinderkrippe:<br />
Petra Memmert<br />
Personal:<br />
2 Erzieherinnen (37,5 Std.),<br />
Springerin zu Kernzeiten (ca. 20 St<strong>und</strong>en)<br />
Eröffnung der Kinderkrippe: 11. Juni 2002<br />
Öffnungszeiten: 7.30 Uhr–16.00 Uhr (Mo <strong>und</strong> Fr)<br />
7.30 Uhr–16.30 Uhr (Die/Mi/Do)<br />
Anzahl der aufgenommenen Kinder: 12<br />
Kinder auf der Warteliste: 25<br />
Überwiegender Bedarf an Betreuungsst<strong>und</strong>en:<br />
7-8 Std.<br />
Altersspanne: 6 Monate bis 3 Jahre<br />
Höhe der Elternbeiträge: 155,00 € (ab 4 Std.) bis<br />
230,00 € (mehr als 7 Std.)<br />
Die im Rahmen des Projektes „Initiative Kinderkrippen<br />
in Bayern“ neu gegründete Kinderkrippe<br />
gehört zu den Kindertagesstätten „Grete<br />
Schickedanz e. V.“. Sie arbeitet jedoch weitgehend<br />
selbstständig. Die finanzielle Unterstützung<br />
der Kindergärten <strong>und</strong> Horte hat in der<br />
Firmengeschichte eine lange Tradition.<br />
Herr Koslowski ist als Trägervertreter auch für die<br />
Kinderkrippe zuständig. Im Versandbereich ist er<br />
für Personalthemen <strong>und</strong> Systemfragen verantwortlich.<br />
Was war Ihr Anliegen, als Sie begannen,<br />
sich für die „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
zu engagieren?<br />
„Die Kindertagesstätten sind sozusagen mein<br />
Hobby. Unsere Kindertagesstätten sind als<br />
Verein organisiert. Vor ein paar Jahren habe ich<br />
mich entschieden, mitzuarbeiten. Ich finde es<br />
wichtig, dass ein Personalfachmann dabei ist,<br />
der auch von Kosten etwas versteht, ebenso wie<br />
ein Betriebsrat, damit zudem die Mitbestimmungsseite<br />
abgedeckt ist. Als das Modellprojekt<br />
kam, passte das sehr gut zu unserem Konzept.<br />
55
Firmenphilosophie<br />
Vorbereitende<br />
Arbeiten<br />
Personalplanung<br />
Es gehörte zur Philosophie unserer Gründerin<br />
– Frau Grete Schickedanz – Familien,<br />
Mütter <strong>und</strong> Kinder zu unterstützen.<br />
Wir haben in der Vergangenheit u. a. versucht,<br />
den Müttern, wenn es möglich war,<br />
einen Teleheimarbeitsplatz anzubieten, so<br />
dass sie wenigstens noch Teilzeit weiter<br />
arbeiten konnten <strong>und</strong> den Kontakt zum<br />
Unternehmen nicht verloren haben. Denn,<br />
wenn eine Mutter drei Jahre aus dem Job<br />
ist, da müssen wir uns nichts vormachen,<br />
hat sie den Kontakt verloren <strong>und</strong> fängt mit<br />
ihrer Karriere von vorne an.<br />
Wir denken weiterhin an allein erziehende<br />
Mütter, die vom Sozialamt abhängig <strong>werden</strong>,<br />
wenn sie den Kontakt zum Arbeitsmarkt<br />
verlieren. Hinzu kommt, dass wir spätestens<br />
ab 2010 versuchen müssen, Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter im Job zu halten.<br />
Also muss es ein Angebot geben für<br />
Krippenplätze, Kindergartenplätze <strong>und</strong> für<br />
Hortplätze. Wir haben ja auch Mitarbeiter<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiterinnen, die eben gerade so<br />
viel verdienen, dass sie über die R<strong>und</strong>en<br />
kommen. Wir brauchen Lösungen für Menschen,<br />
die nicht so betucht sind.“<br />
Wie sind Sie in das Projekt<br />
eingestiegen?<br />
„Da hatten wir eine sehr gute Unterstützung<br />
vom Jugendamt <strong>und</strong> von der Regierung<br />
Mittelfranken. Wir wurden sehr gut beraten,<br />
d. h. wir haben eigentlich gemeinsam gelernt,<br />
wie die Einrichtung gestaltet <strong>werden</strong><br />
muss, welche Spielgegenstände sinnvoll<br />
sind <strong>und</strong> welche pädagogische Richtung<br />
zielführend ist. Und wir haben eine Menge<br />
gelernt, obendrein hatten wir eine Menge<br />
Spaß.<br />
Hinsichtlich unseres pädagogischen Konzepts<br />
versuchen wir die pädagogischen Gr<strong>und</strong>sätze<br />
von Maria Montessori umzusetzen, weil ich<br />
diesbezüglich schon einiges gesehen <strong>und</strong> miterlebt<br />
habe.“<br />
Was waren Ihre Visionen für die Betreuung<br />
der Jüngsten?<br />
„Ich hatte von Anfang an das Ziel, dass die<br />
Kinder nicht „aufbewahrt“, sondern gefördert<br />
<strong>werden</strong> sollen. Das hat uns dazu genötigt,<br />
eine dritte Kraft sofort mit dazu zu nehmen.<br />
Ich glaube nicht, dass wir gut beraten<br />
sind, wenn wir mit einem Mindest-Personalschlüssel<br />
arbeiten.“<br />
56<br />
Da sind wir gleich beim Finanzierungskonzept<br />
…<br />
„Die Förderrichtlinien sind eigentlich in<br />
Ordnung, trotzdem reichen die Gelder bei<br />
Weitem nicht aus, wenn es um die Neugründung<br />
geht. Allein was an Investitionen<br />
in das Gebäude, in die Außenanlagen notwendig<br />
war <strong>und</strong> weiter ist, ebenso fällt bei<br />
den Investitionen in Sachmittel einiges an.<br />
Kindergärten, Horte <strong>und</strong> Kinderkrippen <strong>werden</strong><br />
dabei immer ein Zuschussgeschäft bleiben.<br />
Wir wirtschaften deshalb vernünftig,<br />
<strong>und</strong> halten die Kosten in den Grenzen, die<br />
uns gesetzt sind, gleichwohl bekommen wir<br />
bei Bedarf auch eine ordentliche finanzielle<br />
Unterstützung.“<br />
„Allen, die sich in diesem Bereich<br />
engagieren wollen, würde ich sagen:<br />
Rechnet erst mal ordentlich, schaut<br />
nach Geldquellen, nach Sponsoren,<br />
sorgt dafür, dass der Mix an<br />
Mitarbeitern stimmt. Und natürlich ist da<br />
zusätzlich der soziale Aspekt, dass man<br />
eben auch diejenigen unterstützt, die sich<br />
nicht so teure Plätze leisten können. Und<br />
jeder, der sich auf Investitionen für die<br />
Zukunft einlässt, muss wissen, dass man<br />
erst investieren muss, bevor man zum<br />
Schluss etwas bekommt.“<br />
Tipp<br />
Sie haben die Montessori-Pädagogik angesprochen,<br />
die ja eigentlich nicht für den<br />
Kleinstkindbereich entwickelt wurde. Wir<br />
haben in dieser Initiative eine Krippe in<br />
Passau, die speziell nach Montessori<br />
arbeitet …<br />
„Es ist schon vereinbart, dass unsere Fachkräfte<br />
da hinfahren. Wir <strong>werden</strong> uns weiterhin<br />
um Supervision bemühen, weil man ja<br />
erst einmal die Philosophie eines solchen<br />
Konzepts erarbeiten muss, denn die Bedürfnisse<br />
der Kinder unter drei Jahren sind<br />
andere als die der Drei- bis Sechsjährigen.<br />
Wenn wir investieren, dann sollte zum<br />
Schluss auch was Gutes rauskommen.“<br />
Wie wurde denn die Sachausstattung<br />
festgelegt?<br />
„Da mussten wir Lehrgeld bezahlen. Ich<br />
denke z. B. an die Spielgeräte, die wir gekauft<br />
haben. Da sind manche dabei, die sind<br />
gar nicht so kleinkindgerecht.<br />
Und <strong>durch</strong> die vielen Gitterbetten, die wir<br />
mit besten Absichten gekauft haben, war<br />
ein schöner Raum verloren gegangen. Das<br />
haben wir schon geändert. Wir haben<br />
Finanzierungskonzept<br />
Qualitätssicherung<br />
Raumgestaltung
Trägerqualität<br />
Pädagogik<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
‚Schlafinseln’, d. h. die Kinder schlafen auf<br />
kleinen Matratzen, die wir in Schränken verstauen,<br />
wenn die Kinder wach sind, <strong>und</strong><br />
schon ist ein schöner Raum entstanden.“<br />
Wären nicht auch für Träger Fortbildungen<br />
<strong>und</strong> Austausch nötig?<br />
„Ich würde sehr gerne auch mit anderen<br />
Trägern den Austausch pflegen <strong>und</strong> über<br />
Neues diskutieren. Das würde mich alleine<br />
schon deswegen interessieren, weil zukünftig<br />
in den Kindergärten ein ganz anderes<br />
Konzept kommen wird. Was wir bei den<br />
Kinderkrippen machen, muss im Rahmen<br />
eines Gesamtkonzeptes im Kindergarten<br />
fortgesetzt <strong>werden</strong>. Und die Träger müssen<br />
wissen, was wird zukünftig eigentlich gefordert?“<br />
24<br />
Gespräch 25 mit Petra Memmert. Sie hat die<br />
Leitung der Kinderkrippe übernommen, nachdem<br />
sie bereits seit fünf Jahren in den<br />
Kindertagesstätten „Grete Schickedanz“ gearbeitet<br />
hatte:<br />
Frau Memmert, für Sie ist mit der Leitung<br />
der Kinderkrippe ein Wunsch in Erfüllung<br />
gegangen?<br />
„Ja, für mich war es ein lang gehegter<br />
Traum. Die ersten drei Jahre im Leben eines<br />
Menschen <strong>werden</strong> ja oft als ‚die magischen<br />
Jahre’ bezeichnet. In den ersten drei<br />
Lebensjahren lernen Kinder so schnell, so<br />
intensiv <strong>und</strong> so umfassend, wie sonst nie<br />
wieder in ihrem Leben. Das Lernen an sich<br />
verläuft dabei meist spielerisch <strong>und</strong> oft eher<br />
beiläufig, Spielen <strong>und</strong> Lernen sind noch eng<br />
verzahnt. Und wir Erzieherinnen übernehmen<br />
dabei eine wichtige Aufgabe, indem<br />
wir die Umgebung altersgerecht vorbereiten<br />
<strong>und</strong> gestalten. Durch die Auswahl <strong>und</strong><br />
das Angebot geeigneter Materialien <strong>und</strong><br />
eine optimale Raumgestaltung ermöglichen<br />
wir unseren Kindern Erfahrungs- <strong>und</strong> Lernformen,<br />
die ihre Eigenaktivität, ihre Kreativität,<br />
ihre Phantasie <strong>und</strong> ihr Selbstvertrauen<br />
entwickeln <strong>und</strong> stärken – so steht es auch in<br />
unserer Konzeption.“<br />
Verschiedentlich hört man die Meinung,<br />
dass Kinder unter drei noch nicht „gruppenfähig“<br />
seien, also auch nicht miteinander<br />
spielen können …<br />
„Dem würde ich ganz entschieden widersprechen,<br />
das ist eine völlig überholte Auffassung.<br />
Wer so denkt, der sollte mal einen<br />
Tag bei uns hospitieren. Natürlich möchten<br />
Kinder, egal wie alt sie sind, auch mal alleine<br />
spielen. Jedes Kind kann sich zurückziehen,<br />
wenn es das möchte, <strong>und</strong> wir achten<br />
auch sehr darauf, dass es ungestört bleibt,<br />
so lange es in eine Aktivität vertieft ist, aber<br />
24 Am Staatsinstitut für Frühpädagogik in München wurde das<br />
Projekt „Trägerqualität“ im Rahmen der „Nationalen<br />
Qualitätsinititative im System der Tageseinrichtungen für<br />
Kinder“ konzipiert <strong>und</strong> <strong>durch</strong>geführt. Vgl. dazu auch<br />
Schreyer et al., 2003<br />
25 Dieses Interview konnte erst im Jahre 2005 geführt <strong>werden</strong>.<br />
57
Gruppenerfahrung<br />
Kreativität<br />
<strong>und</strong><br />
Ausdruck<br />
für die verschiedenen Spielbedürfnisse brauchen<br />
Kinder auch Spielpartner. Bei uns finden<br />
sich Partner unterschiedlichen Alters<br />
<strong>und</strong> Geschlechts, mit verschiedenen Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> Nationalitäten. Die Kinder entscheiden<br />
selbst, ob <strong>und</strong> an welchen Aktivitäten<br />
sie teilnehmen möchten.“<br />
Das Spielen zu zweit oder in der Gruppe<br />
hat ja noch eine andere Dimension…<br />
„Kinder üben sich natürlich <strong>durch</strong> das Spiel<br />
mit anderen im Sozialverhalten. Ich denke,<br />
dass das zu den Stärken der Kinder gehört,<br />
die neben dem Leben in der Familie auch das<br />
Leben in der Kinderkrippe kennen lernen: Sie<br />
lernen eigene <strong>und</strong> fremde Grenzen kennen.<br />
Natürlich kommt es dabei hin <strong>und</strong> wieder zu<br />
Konflikten, <strong>und</strong> manchmal fließen auch Tränen.<br />
Für mich ist es faszinierend zu erleben,<br />
wie die Kinder aus diesen Situationen lernen<br />
<strong>und</strong> sehr schnell zeigen, dass sie die<br />
Interessen anderer berücksichtigen <strong>und</strong><br />
trotzdem ihr Ziel verfolgen, um ihr Ding<br />
machen zu können.“<br />
Sie haben die pädagogische Aufgabe der<br />
Erzieherinnen im Zusammenhang von<br />
Spielen <strong>und</strong> Lernen schon kurz angesprochen.<br />
Könnten Sie ein Beispiel geben?<br />
„Wie schon gesagt, wir bereiten die Umgebung<br />
vor <strong>und</strong> geben Anregungen. Das<br />
großflächige Malen z. B. lieben die Kinder<br />
ganz besonders, <strong>und</strong> ich finde, dass das für<br />
die jungen Kinder eine der besten Möglichkeiten<br />
ist, Kreativität zu fördern. Der ganze<br />
Körper ist im Einsatz, alle Sinne <strong>werden</strong><br />
58<br />
angesprochen, denn die Kinder malen ja<br />
nicht nur mit Pinseln, sondern mit Bürsten,<br />
mit den Fingern, <strong>und</strong> machen Farbspuren<br />
mit den Reifen von Spielzeugautos usw. Es<br />
ist eindruckvoll zu beobachten, wie Kinder<br />
erst vorsichtig die Materialien testen <strong>und</strong><br />
dann immer experimentierfreudiger <strong>werden</strong>.<br />
Wir setzen überhaupt ganz gerne einfache<br />
Gebrauchsmaterialien in ungewohnten<br />
Zusammenhängen ein. Das ist oft preiswert<br />
<strong>und</strong> bestätigt die alte Erfahrung ‚weniger<br />
ist oft mehr’.<br />
Außerdem finde ich das Wichtigste, dass<br />
wir sorgsam beobachten. Wir sollten erst<br />
Hilfestellung geben, wenn das Kind diese<br />
Hilfe wirklich braucht. Der eigenständige<br />
Anteil des Kindes soll immer im Vordergr<strong>und</strong><br />
stehen, denn das Spielen oder das<br />
Lernen im Spiel ist ja für die seelische<br />
Entwicklung mindestens genau so wichtig.<br />
Diese Erfahrung ‚ich kann’ oder ‚ich mache’,<br />
‚ich schaffe’, da<strong>durch</strong> entwickelt sich ein<br />
positives Selbstbewusstsein.“<br />
Sie meinen also, Kinder lernen immer <strong>und</strong><br />
auf unterschiedlichsten Ebenen?<br />
„Das stimmt schon. Aber man muss sich<br />
wirklich nicht vorstellen, dass die Kinder von<br />
einer Lernaktivität zur anderen gescheucht<br />
<strong>werden</strong>. Neben dem Spiel genießen es<br />
Kinder, einfach nur zusammen zu sein <strong>und</strong><br />
dabei Geselligkeit zu erleben. Ebenfalls sehnen<br />
sich Kinder in dieser Altersgruppe häufig<br />
nach körperlicher Nähe. Beim Wickeln, beim<br />
Anschauen eines Bilderbuchs, beim Kuscheln<br />
Spielen<br />
<strong>und</strong> Lernen<br />
seelische<br />
Ges<strong>und</strong>heit<br />
Recht auf<br />
Alltag
<strong>und</strong> Streicheln. An vielen Punkten des Tages<br />
erhalten Kinder die Möglichkeit, ihr Bedürfnis<br />
nach Wärme, Geborgenheit <strong>und</strong> Körperkontakt<br />
zu stillen. Ganz wichtig finde ich auch,<br />
dass Kinder ein Recht auf ganz normalen<br />
Alltag haben. Dieses Recht wird den Kindern<br />
in unserer Kinderkrippe gewährt.“<br />
Was verstehen Sie unter dem Recht auf<br />
normalen Alltag?<br />
„Eigentlich bedeutet das, dass Kinder beginnen,<br />
den Lebensalltag der Erwachsenen<br />
<strong>und</strong> damit auch ihren eigenen zu <strong>durch</strong>schauen,<br />
indem sie eigene Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
entdecken, also ‚Arbeitsprozesse’<br />
nachvollziehen lernen (z. B. Einkaufen, Tischdecken,<br />
Handwerker beobachten, Backen,<br />
Kochen usw.). Dazu gehört insbesondere,<br />
Autonomie <strong>und</strong> Selbstständigkeit bei der<br />
Befriedigung der eigenen Bedürfnisse erreichen<br />
(z. B. sich einander oder alleine die<br />
Hände zu waschen, selbstständig Essen nehmen,<br />
Zähne putzen, Schuhe an- <strong>und</strong> ausziehen,<br />
auf die Toilette gehen <strong>und</strong> vieles mehr.)“<br />
Und der Spaß kommt nicht zu kurz?<br />
„Lernen <strong>und</strong> Alltag schließen ja Spaß nicht<br />
aus, dafür sorgen die Kinder schon selber<br />
<strong>und</strong> wir ebenso. Und wir lassen auch keine<br />
Gelegenheit aus, wenn es was zu feiern<br />
gibt. Die Geburtstage sind wirkliche Festtage<br />
für alle Kinder, <strong>und</strong> natürlich feiern wir<br />
alle Feste im Jahreslauf. Das geht schon los<br />
mit Einkaufen <strong>und</strong> Vorbereiten, wie z. B.<br />
Ostereier anmalen, das sind große Ereignisse<br />
für die Kinder.“<br />
59
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Konzeptionserarbeitung<br />
Frau Memmert, Sie arbeiten zurzeit intensiv an<br />
der Konzeption Ihrer Einrichtung. Warum ist<br />
diese Arbeit so wichtig?<br />
„Es ist uns sehr wichtig, unsere Arbeit in der<br />
Kinderkrippe für die Öffentlichkeit transparent<br />
zu machen. Die Konzeption ist dabei ein wichtiges<br />
Instrument, unsere Leistungsfähigkeit darzustellen.<br />
Wir wollen zum positiven Image der<br />
Kinderkrippen beitragen <strong>und</strong> natürlich etwas<br />
wirklich F<strong>und</strong>iertes an der Hand haben, um<br />
Eltern zu informieren.<br />
Die Konzeptionsentwicklung ist ein ganz intensiver<br />
Prozess im Team <strong>und</strong> mit dem Träger, auch<br />
über das, was in der Qualifizierungsmaßnahme<br />
Thema war. Wenn man genau formulieren<br />
muss, merkt man, wo noch Unklarheiten sind.<br />
Uns hat dabei die Begleitung <strong>durch</strong> eine<br />
Supervisorin sehr geholfen.<br />
Wir arbeiten jetzt intensiv daran, unsere<br />
Arbeitsqualität kontinuierlich immer weiter zu<br />
verbessern. Wir haben gelernt, zwischen<br />
Struktur-, Prozess- <strong>und</strong> Ergebnisqualität zu<br />
unterscheiden. Um das zu sichern, haben wir<br />
jetzt begonnen, in so genannten Lerngeschichten<br />
systematische Beobachtungen zur Entwicklung<br />
jedes Kindes aufzuschreiben. Diese Dokumentationen<br />
<strong>werden</strong> natürlich den jeweiligen Eltern in<br />
einem Gespräch zur Verfügung gestellt. Außerdem<br />
führen wir in unregelmäßigen Abständen<br />
mündliche oder schriftliche Befragungen der<br />
Eltern <strong>durch</strong>, um zu erkennen, wie unsere Arbeit<br />
von den Eltern wahrgenommen wird <strong>und</strong> welche<br />
Veränderungen erforderlich sind.“<br />
60<br />
Wichtiges zur Entwicklung der geistigen<br />
Fähigkeiten <strong>und</strong> des Denkens kurz<br />
zusammengefasst:<br />
– Kinder sind aktive Gestalter ihres Lernens.<br />
Von Geburt an sind sie neugierig <strong>und</strong> lernbereit.<br />
– Sie erk<strong>und</strong>en mit allen Sinnen <strong>und</strong> gelangen<br />
so zu Erkenntnissen über ihre Umgebung.<br />
– Jüngere Kinder brauchen Möglichkeiten,<br />
<strong>durch</strong> Anfassen, Riechen, Schmecken <strong>und</strong><br />
Bewegen Können <strong>und</strong> Wissen zu erlangen.<br />
– Das Spiel ist die zentrale <strong>und</strong> wichtigste Tätigkeit<br />
des Kindes, um zu lernen, Fähigkeiten<br />
<strong>und</strong> Fertigkeiten zu üben <strong>und</strong> zu vertiefen.<br />
– Kinder sollen Freude am Ausprobieren, Denken<br />
<strong>und</strong> Problemlösen haben, Vertrauen in die<br />
eigenen Fähigkeiten entwickeln <strong>und</strong> sich<br />
selbst als erfolgreiche <strong>und</strong> kompetente Lerner<br />
erleben.<br />
– Die Erzieherin beteiligt auch die jüngeren<br />
Kinder bei der Gestaltung alltäglicher Abläufe<br />
<strong>und</strong> Aktivitäten entsprechend ihrer Fähigkeiten.<br />
– Für jüngere Kinder sind die Aktivitäten, die<br />
sie bei älteren Kindern beobachten, wichtige<br />
Lernimpulse. Von den älteren <strong>werden</strong> die jüngeren<br />
Kinder als liebenswürdige Spielpartner<br />
<strong>und</strong> originelle Ideengeber geschätzt. Durch<br />
gemeinsame Aktivitäten üben <strong>und</strong> vertiefen<br />
die Kinder ihr Können.<br />
– Die Erzieherin unterstützt Kinder darin, die<br />
Lernwege <strong>und</strong> Fähigkeiten anderer wahrzunehmen<br />
<strong>und</strong> zu respektieren, so dass alle ihre<br />
Fähigkeiten in gemeinsame Vorhaben einzubringen.<br />
Kinder erfahren so, dass das Zusammenspiel<br />
unterschiedlicher Kompetenzen für<br />
die Erlangung eines Ziels wichtig ist.
Der Tagesablauf in der Kinderkrippe „Grete<br />
Schickedanz e. V.“ Fürth<br />
Der Tagesablauf ist strukturiert, um Kindern<br />
<strong>durch</strong> sich wiederholende Beschäftigungen <strong>und</strong><br />
Abläufe Sicherheit <strong>und</strong> Orientierung zu geben.<br />
7.30–9.00 Uhr Empfang <strong>und</strong> Begrüßen der Kinder<br />
Innerhalb des Tagesablaufs gibt es mehrere<br />
Zeiten, in denen die Kinder die gesamte Gruppe<br />
wahrnehmen können (z. B. Mahlzeiten, Aktivitäten,<br />
Freispiel, usw.). Ein besonderes Anliegen<br />
ist es, den Bewegungsdrang der Kinder jeden<br />
Tag <strong>durch</strong> Aktivitäten im Freien zu fördern.<br />
7.30–10.45 Uhr Freispiel, Kuscheln, Wahrnehmen von verschiedenen Angeboten<br />
gleitende Frühstückszeit<br />
Zähne putzen nach dem Frühstück<br />
Während des gesamten Tages können die Kinder selbstständig an ihre<br />
Tassen oder Trinkflaschen heran kommen <strong>und</strong> stellen sie auch wieder<br />
selbstständig an ihren Platz zurück.<br />
9.45–10.15 Uhr Morgenkreis: Alle Kinder treffen sich auf einer großen Decke, um gemeinsam<br />
einen Überblick innerhalb der Gruppe zu bekommen.<br />
Begrüßungslied, Fingerspiele <strong>und</strong> Lieder zum laufenden Rahmenplan,<br />
Tänze, Turnen, Bilderbuchbetrachtungen, Kassetten anhören, Backen<br />
usw., spezielle altersgerechte Angebote in Kleingruppen<br />
10.15–12.00 Uhr Bewegungszeit im Garten bzw. Spaziergänge mit Naturbetrachtungen<br />
(Bei schlechtem Wetter wird der Bewegungsdrang im Turnraum des<br />
Hauses gestillt.)<br />
Rückkehr in die Krippe, hygienische Maßnahmen wie Toilette gehen,<br />
Hände waschen etc., kleinere Kinder <strong>werden</strong> gewickelt.<br />
Die Kinder holen ihre Lätzchen <strong>und</strong> Tassen <strong>und</strong> setzen sich an den<br />
Mittagstisch. Täglich teilt ein anderes Kind Teller <strong>und</strong> Besteck aus.<br />
Selbstständiges Essen <strong>und</strong> selbstständiges Wegräumen der schmutzigen<br />
Teller<br />
Hände <strong>und</strong> Gesicht waschen <strong>und</strong> Zähne putzen<br />
Hausschuhe ausziehen <strong>und</strong> gemeinsam in den Schlafraum gehen<br />
Kinder holen ihre Matratzen, Zudecken <strong>und</strong> Kopfkissen<br />
<strong>und</strong> legen sich hin zum Mittagsschlaf.<br />
12.00–13.30 Uhr Mittagsruhe<br />
13.30–14.00 Uhr Die bereits wachen Kinder stehen selbstständig auf, gehen zur Toilette.<br />
Kleinere Kinder <strong>werden</strong> gewickelt <strong>und</strong> angezogen, ältere Kinder ziehen<br />
sich möglichst alleine an.<br />
14.00–16.30 Uhr Brotzeit, Freispiel, Kleingruppenangebote z. B. Malen, Kneten, Kleben,<br />
(montags <strong>und</strong> Experimentieren mit verschiedenen Materialien, Tanzen<br />
freitags 16.00 Uhr)<br />
Freie Bewegungszeit im Garten<br />
16.30 Uhr Abholzeit für alle Kinder<br />
(montags <strong>und</strong><br />
freitags 16.00 Uhr)<br />
61
Fazit: Erfahrungen aus der Anfangszeit kurz zusammengefasst<br />
Aus den Interviews wird deutlich, dass für die<br />
meisten Erzieherinnen <strong>und</strong> Träger der Eintritt in<br />
das Projekt „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
so etwas wie der berühmte Sprung ins kalte<br />
Wasser war. Zwar war an allen Standorten die<br />
Notwendigkeit einer Kinderkrippe bereits erkannt<br />
<strong>und</strong> verschiedentlich war auch schon mit dem<br />
Gedanken an eine neue Einrichtung gespielt worden<br />
– die konkrete Umsetzung war aber Neuland<br />
<strong>und</strong> erforderte echte Pionierleistungen.<br />
Für alle Beteiligten hat das bedeutet, mit Entschlussfreudigkeit<br />
<strong>und</strong> Mut neue Wege zu gehen,<br />
um ein Ziel zu erreichen, von dessen Bedeutung<br />
für das Allgemeinwohl <strong>und</strong> das Wohlergehen<br />
von Familien <strong>und</strong> Kindern sie von Anfang an<br />
überzeugt waren.<br />
Es gab auch Stolpersteine <strong>und</strong> Hindernisse, wie<br />
z. B. nicht immer ganz eindeutige Rahmenvorgaben,<br />
verspätete Auszahlungen von Fördermitteln<br />
Aus der Sicht der Träger: Erfahrungen aus<br />
dem Modellprojekt auf den Punkt gebracht<br />
– Träger wären gut beraten, wenn sie Kontakte zu<br />
bereits bestehenden Einrichtungen aufnehmen<br />
<strong>und</strong> vielleicht eine Kooperation herstellen, so<br />
dass für eine gewisse Zeit eine fachliche Begleitung<br />
besteht.<br />
– Auch wenn bereits Erfahrungen im Kindergartenbereich<br />
bestehen <strong>und</strong> vieles aus der Organisationsstruktur<br />
übernommen <strong>werden</strong> kann<br />
(Kommunikationsstruktur, Dienstbesprechungen,<br />
Planungsgespräche, Fallgespräche usw.), so ist<br />
das für die Pädagogik nicht übertragbar. Spezielles<br />
Fachwissen ist auf alle Fälle erforderlich.<br />
– Supervision ist ein ganz wesentlicher Teil des<br />
Erfolges <strong>und</strong> schlägt sich in jedem Fall auf die<br />
Betreuungsqualität der Kinder nieder.<br />
62<br />
<strong>und</strong> fehlende Organisationshilfen. Das große finanzielle<br />
<strong>und</strong> zeitliche Engagement der Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter der Träger <strong>und</strong> die hohe<br />
Einsatzbereitschaft der Fachkräfte aber haben<br />
auch schwierige Phasen überbrückt. Auch <strong>durch</strong><br />
die Unterstützung der Prozessbegleiterinnen <strong>und</strong><br />
die zunehmende Vernetzung innerhalb des<br />
Projektes konnte vieles aufgefangen <strong>werden</strong>.<br />
Festzuhalten bleibt: Es sind Einrichtungen entstanden,<br />
die es ohne dieses Projekt nicht gegeben<br />
hätte, Lernprozesse wurden angestoßen,<br />
Fortbildungsbedarf wurde erkannt <strong>und</strong> die fachliche<br />
Kompetenz ein gutes Stück weiter entwickelt.<br />
In den sieben Porträts sind die Erfahrungen der<br />
Modelleinrichtungen gebündelt <strong>und</strong> mit entsprechenden<br />
Schlagwörtern am Rand ausgewiesen.<br />
Ergänzt <strong>werden</strong> sie hier <strong>durch</strong> einige<br />
zusammenfassende Empfehlungen aus Trägersicht:<br />
– Eine ordentliche Bedarfsanalyse ist hilfreich,<br />
damit man Gelder in großer Höhe nicht „in den<br />
Sand setzt“.<br />
– Sorgsamer Umgang mit dem Team ist wichtig.<br />
Mit dieser Sorgfalt steht <strong>und</strong> fällt alles, sowohl in<br />
der Auswahl als auch später. Man kann als<br />
Träger nicht ein Team einsetzen <strong>und</strong> sich dann<br />
zurückziehen.<br />
– Man braucht einen Ansprechpartner, der wirklich<br />
mit allen finanziellen Aspekten vertraut ist, der<br />
Hilfestellung geben kann, der sich die Zahlen<br />
anschaut <strong>und</strong> sagt: Hier <strong>und</strong> hier besteht noch<br />
ein Spielraum.<br />
– Trotz aller Anforderungen, die mit dem Aufbau<br />
einer Kinderkrippe verb<strong>und</strong>en sind: Auf jeden<br />
Fall dran bleiben! Sich vorher aber so sachk<strong>und</strong>ig<br />
wie möglich machen.
Nicht hoch genug eingeschätzt <strong>werden</strong> können<br />
auch die viele Arbeit <strong>und</strong> das Engagement der<br />
Fachkräfte, besonders in der Anfangsphase. Sie<br />
hatten den Mut, sich auf einen Arbeitsplatz einzulassen,<br />
dessen Arbeitsbedingungen sich erst<br />
allmählich stabilisierten. Vom ersten Tag an<br />
gaben sie für Kinder <strong>und</strong> Eltern das Bestmögli-<br />
Aus der Sicht der Leiterinnen: Erfahrungen<br />
aus dem Modellprojekt auf den Punkt<br />
gebracht<br />
– Vor dem Einstieg in die Arbeit mit Kindern<br />
unter drei Jahren unbedingt in verschiedenen<br />
„erfahrenen“ Kinderkrippen hospitieren, so<br />
dass man unterschiedliche Ansätze kennen<br />
lernt. Das erfährt man nicht <strong>durch</strong> Gespräche,<br />
sondern das muss man beobachten.<br />
– Wichtig sind die Rahmenbedingungen. Ihre<br />
Klarheit sollte im Vorfeld hergestellt <strong>werden</strong>,<br />
damit im laufenden Betrieb nicht zu viele<br />
Reibungsverluste entstehen.<br />
– Auch im Verhältnis zum Träger sind klare<br />
Verhältnisse zu schaffen: Wer verantwortet<br />
was? Wer entscheidet was? An wen kann ich<br />
mich auf welche Weise wenden? Man braucht<br />
ganz klare Absprachen, klare Kompetenzbereiche<br />
– das ist ganz wichtig, um sich später<br />
zusätzliche zeitraubende <strong>und</strong> nervenaufreibende<br />
Arbeiten <strong>und</strong> Gespräche zu ersparen.<br />
– Man muss sich bewusst machen, dass man<br />
in der Altersstufe von 0–3 Jahren arbeitet,<br />
<strong>und</strong> man muss sich ganz auf diese Altersstufe<br />
einstellen: Eine Kinderkrippe ist kein<br />
Kindergarten mit jüngeren Kindern.<br />
– Es sollte bereits am Anfang gut <strong>durch</strong>dacht<br />
<strong>werden</strong>, welche Buchungszeiten angeboten<br />
che, während sie noch in Wochenendfortbildungen<br />
lernten, pädagogische Standards umzusetzen<br />
<strong>und</strong> von Tag zu Tag besser zu <strong>werden</strong>.<br />
Diese Erfahrungen können die Leiterinnen der<br />
Modelleinrichtungen weitergeben:<br />
<strong>werden</strong>. Was lässt sich finanzieren? Was ist<br />
pädagogisch sinnvoll?<br />
– Auch wenn man gut vorbereitet ist, man<br />
braucht Zeit für die Entwicklung einer guten<br />
Kinderkrippe. Die Vorstellung, innerhalb von<br />
zwei Wochen mit allem fertig sein zu wollen,<br />
mit der Konzeption, mit einem festen Tagesablauf,<br />
mit einer perfekten Einrichtung – das<br />
geht einfach nicht.<br />
– Am Anfang sollte nicht zu viel eingekauft <strong>werden</strong>,<br />
sonst ist keine Entwicklung mehr möglich.<br />
Manches, was aus der Sicht der Kindergartenpädagogik<br />
als wichtig erscheint, erweist<br />
sich nach einiger Zeit als nicht sinnvoll.<br />
– Auch Spielmaterial sollte gut <strong>durch</strong>dacht ausgesucht<br />
<strong>werden</strong> – weniger ist oft mehr <strong>und</strong><br />
kann bei Bedarf ergänzt <strong>werden</strong>.<br />
– Erzieherinnen müssen für Weiterentwicklungen<br />
offen sein <strong>und</strong> auch Neues probieren,<br />
da sich vieles im Tun entwickelt. In der ersten<br />
Zeit ist das manchmal sehr anstrengend.<br />
– Man muss wirklich mit den Kleinen arbeiten<br />
wollen. Es muss Liebe dabei sein, <strong>und</strong> man<br />
muss eine Fachfrau für Kinder in den ersten<br />
Lebensjahren <strong>werden</strong>!<br />
63
Elternfragen <strong>und</strong> Elternerfahrungen<br />
Im Rahmen des Projektes „Initiative Kinderkrippen<br />
in Bayern“ wurden 21 Eltern aus allen Projektkrippen<br />
zu ihren Erfahrungen befragt. In neunzehn<br />
Interviews ging es um allgemeine Fragen<br />
Diese Eltern wurden befragt …<br />
r<strong>und</strong> um Kind, Krippe <strong>und</strong> Familie, die anderen<br />
Gespräche konzentrierten sich auf Fragen im<br />
Zusammenhang mit der Eingewöhnung von Kind<br />
<strong>und</strong> Eltern.<br />
Familien- Beruf Arbeits- Buchung Bring- Eintrittsalter Geschwister Beruf Arbeitszeit<br />
stand <strong>und</strong> zeit zeit des Kindes des Partners/ des Partners/<br />
Geschlecht der Partnerin der Partnerin<br />
Verheiratet Lehrerin Vollzeit 4–6 Std. 7.30 6 Mon. Bald Dipl. Ingenieur 42 St<strong>und</strong>en<br />
F täglich<br />
Verheiratet Logopädin Teilzeit 5–6 Std. 8.30 12 Mon. Nein Chemiker Vollzeit,<br />
F 3 Tage täglich z. Zt. Elternzeit<br />
Verheiratet Fernmelde- Vollzeit 9 Std. 7.30 10 Mon. Nein Radiologie- 30 St<strong>und</strong>en<br />
M monteur täglich assistentin<br />
Getrennt Sozialpäd. Vollzeit 5 Std. 7.45 24 Mon. Ja Psychologin 26 1 /2 St<strong>und</strong>en<br />
lebend Familien- täglich (9 Jahre)<br />
M therapeut<br />
Verheiratet Kauffrau 20 Std. 7 1 /2 Std. 8.00 10 Mon. Nein o. A. Vollzeit<br />
F Einzelhandel täglich<br />
Verheiratet Büro Notar 20 Std. 5 Std. 8.00 18 Mon. Ja Notar Vollzeit<br />
F Ehemann täglich (11 Jahre)<br />
Verheiratet EDV z. Zt. Eltern- 5 1 /2 Std. 8.30 9 Mon. Ja Einzelhandel Vollzeit<br />
F Kauffrau zeit täglich (5 Jahre) selbstständig<br />
Eheähnl. F Studentin 3–4 Std. 13 Mon. Nein Industrie<br />
Lebensgem. Lehramt täglich Kaufmann<br />
Verheiratet Uni- 4 Std. 8.30 7 Mon. Ja Uni Professor Vollzeit<br />
F Referentin täglich (4 Mon.)<br />
Verheiratet Lehrerin 25 Std. 3–5 St. 8.00 11 Mon. Ja Geigenbauer Vollzeit<br />
F 4 Tage (16 J.; 11 J.) selbstständig<br />
Verheiratet Buchhal- 25 Std. 4–5 Std. 7.30 16 Mon. Ja Chemiker Vollzeit<br />
F terin täglich (16 Jahre)<br />
Eheähnl. F Lehrerin 1 3<br />
/2 – /4 Stelle 9 Std. 7.00 20 Mon. Nein EDV Vollzeit<br />
Lebensgem. 3 Tage Außendienst<br />
Verheiratet Sozial- 10 Std. 8 Std. 8.30 12 Mon. Nein Chemiker Vollzeit<br />
F Pädagogin 3 Tage<br />
Verheiratet Lehrerin 3<br />
/4 Stelle 1 4 /2 Std. 7.45 8 Mon. Nein Physiker Vollzeit<br />
F täglich<br />
Verheiratet Dipl. Wirt- 24 1 /2 Std. 4 Std. 8.15 4 Mon. Ja Elternzeit, Selbst. Vollzeit<br />
F schafts-Ing. täglich (6 Jahre) Fahr-Training<br />
Verheiratet Qualitäts- 20 Std. 6 Std. 7.30 8 Mon. Nein Verkaufsleiter Vollzeit<br />
F managem.<br />
Angestellte<br />
täglich Innendienst<br />
Verheiratet Leiterin Vollzeit 8-9 Std. 8.00 14 Mon. Nein Software Vollzeit<br />
F Stadtbücher. täglich Ingenieur<br />
Verheiratet Köchin 20 Std. 7 Std. 9.00 16 Mon. Nein Polizist i. d. Vollzeit<br />
F täglich Ausbildung<br />
Allein- Industrie 25 Std. 8 Std. 8.00 14 Mon. Nein<br />
erziehend F Kauffrau täglich<br />
Erläuterungen: F= weiblich; M= männlich<br />
65
… <strong>und</strong> das waren ihre Antworten:<br />
Warum ein Platz in der Kinderkrippe<br />
wichtig ist<br />
Als wichtigster Gr<strong>und</strong> für die Suche nach einem<br />
Kinderkrippenplatz wurde der Wunsch nach<br />
Fortsetzung der Berufstätigkeit der Mütter genannt.<br />
An zweiter Stelle stand das Anliegen,<br />
dass das eigene Kind Kontakt zu anderen Kindern<br />
bekommen, gut betreut <strong>und</strong> in seiner Entwicklung<br />
gefördert <strong>werden</strong> soll.<br />
Eltern betonten: Ein Platz in der Kinderkrippe<br />
ermöglicht Berufstätigkeit.<br />
„Die Kinderkrippe ist für uns sehr, sehr wichtig.<br />
Ich wusste nicht, dass ich mal zwei Kinder haben<br />
werde, <strong>und</strong> ich werde nur Teilzeit arbeiten, aber<br />
ich möchte auf jeden Fall weiter arbeiten. Ich bin<br />
sehr, sehr froh, dass es die Krippe gibt.“<br />
„Die Kinderkrippe macht es mir möglich. Ich<br />
hätte sicher nicht die Stelle, die ich jetzt habe.“<br />
„Dank der Kinderkrippe kann ich meinen Beruf<br />
überhaupt ausüben. Wenn ich jetzt noch drei<br />
Jahre warten müsste, dann wird es noch schwieriger,<br />
wieder einen Beruf zu finden. Es ist sehr,<br />
sehr gut, dass wir den Platz bekommen haben.<br />
Auf die Krippe ist immer Verlass.“<br />
„Wenn ich den Krippenplatz nicht hätte, könnte<br />
ich ja den Job nicht machen. Für mich war der<br />
Platz wie ein 6er im Lotto.“<br />
66<br />
„Die Berufstätigkeit wäre nicht möglich, wenn es<br />
diese Kinderkrippe nicht gäbe. Warum? Ganz einfach:<br />
Wenn ich nicht so ein gutes Gefühl hätte,<br />
dann würde ich mit einem schlechten Gefühl in<br />
die Arbeit gehen. Damit kann man seinen Job<br />
nicht so gut erledigen <strong>und</strong> das würde in letzter<br />
Instanz dazu führen, dass ich ihn gar nicht machen<br />
könnte.“<br />
„Ohne die Kinderkrippe könnte ich nicht weiter<br />
studieren.“<br />
„Wir können uns natürlich jetzt <strong>durch</strong> die Kinderkrippe<br />
wieder unabhängiger entwickeln, z. B.<br />
in Sachen Zukunftsplanung in unserem Beruf, wo<br />
wir uns einfach gerne weiterbilden wollen. Mein<br />
Kind ist den ganzen Tag über gut untergebracht.“<br />
„Arbeit bedeutet für mich finanzielle Unabhängigkeit.<br />
Das ist mir ganz wichtig, <strong>und</strong> die konnte<br />
ich mir aufgr<strong>und</strong> des Krippenplatzes erhalten.“<br />
Bei vielen Menschen haben Kinderkrippen heute<br />
noch ein negatives Image. Die Eltern selber<br />
waren von Beginn an überwiegend positiv bis<br />
neutral eingestellt, nur wenige äußerten Skepsis<br />
bzw. eine „leicht negative“ bzw. „nicht positive“<br />
Einstellung. Die Reaktionen des Umfeldes (Fre<strong>und</strong>e,<br />
Nachbarn etc.) waren allerdings häufig negativ,<br />
überwiegend wurde Unverständnis geäußert,<br />
nicht selten mehr oder weniger unverhüllt<br />
das Etikett „Rabenmutter“ ausgesprochen.<br />
Eltern machen sich viele Gedanken, wenn der<br />
Eintritt in die Kinderkrippe bevorsteht. Durch die<br />
ersten Gespräche mit den Erzieherinnen <strong>und</strong><br />
dem Kennen lernen der Umgebung war bei den<br />
meisten Eltern so viel Vertrauen entstanden,<br />
dass die Freude über den Platz überwog. Dennoch,<br />
gemischte Gefühle <strong>und</strong> viele Fragen<br />
waren am Anfang vorhanden: „Wird mein Kind<br />
sich dort wohl fühlen?“ „Ist es vielleicht noch zu<br />
klein?“ „Bin ich egoistisch?“
Wie Eltern die Eingewöhnung erlebten<br />
Eltern berichteten erwartungsgemäß von <strong>stark</strong>en<br />
Gefühlen in den ersten Tagen nach der Eingewöhnung,<br />
als das Kind ohne Eltern in der<br />
Kinderkrippe blieb. Die Konzentration auf die<br />
Arbeit fiel schwer, das Handy wurde nicht aus<br />
den Augen gelassen <strong>und</strong> die emotionale Anspannung<br />
(„Geht es meinem Kind auch gut?“)<br />
drückte sich darin aus, dass die St<strong>und</strong>en ohne<br />
Kind nur sehr langsam zu vergehen schienen.<br />
Mit jedem Tag nahm die Sicherheit zu („Das<br />
Kind hat nicht geweint <strong>und</strong> war in guter Stimmung,<br />
wenn es abgeholt wird.“), das Vertrauen<br />
in das pädagogische Personal wuchs („Ich bin<br />
ganz sicher, dass sie anrufen würden …“), <strong>und</strong><br />
nach wenigen Tagen überwogen Erleichterung<br />
<strong>und</strong> Freude.<br />
Alle Eltern sprachen von einer sehr guten Beziehung<br />
ihres Kindes zur Erzieherin. Sie betonten,<br />
dass es eine Lieblingserzieherin gäbe (die<br />
Eingewöhnungs- oder Bezugserzieherin). Alle<br />
Eltern waren sich sicher, dass sich das Kind von<br />
der Erzieherin trösten lässt, wenn es einmal<br />
Kummer hat.<br />
„Der erste Tag fing um 9.30 Uhr an, ich war die<br />
ganze Zeit dabei. Es war ca. eine 3/4 Std. <strong>und</strong><br />
mein Sohn hat sich gleich frei bewegt. Er ist ein<br />
sehr kontaktfreudiges Kind <strong>und</strong> ist zum damaligen<br />
Zeitpunkt schon gerobbt. Er konnte überall<br />
hin, wo er wollte. Die Erzieherinnen hatten ihn<br />
sehr behutsam eingeführt <strong>und</strong> die anderen Kinder<br />
immer wieder darauf hingewiesen, dass er<br />
noch sehr klein ist. Von daher hatte ich ein beruhigendes<br />
Gefühl, dass sie so auf ihn eingegangen<br />
sind.“<br />
„Weil ich noch nicht das Gefühl hatte, dass da<br />
schon eine Bezugsperson ist, haben wir noch<br />
zwei Tage mit der ersten Trennung gewartet. Wir<br />
vereinbarten, dass ich für 10 Minuten nach<br />
nebenan in ein Cafe gehe, ein Handy hatte ich<br />
dabei. Ich habe mich von meinem Sohn verabschiedet.<br />
Die Erzieherin, die für ihn zuständig ist,<br />
die hat ihn auf dem Arm gehabt. Er war sofort<br />
interessiert an dem, was andere Kinder machen.<br />
Er hat selbst gemerkt, dass ich gehe, aber es hat<br />
ihm nichts ausgemacht. Ich bin gegangen <strong>und</strong><br />
nach 10 Minuten wieder gekommen <strong>und</strong> er saß<br />
da <strong>und</strong> spielte, <strong>und</strong> es war, als ob nichts gewesen<br />
wäre. Er hat überhaupt nicht geweint, gar nicht.<br />
… Ja, <strong>und</strong> am zweiten Tag waren es bereits 20<br />
Minuten <strong>und</strong> anschließend direkt 1,5 St<strong>und</strong>en.<br />
Ich hatte das Gefühl, die Erzieherinnen müssen<br />
das beurteilen. Ich sehe ja nicht, wie er in der<br />
Krippe ist, auch wenn er einen guten Eindruck<br />
macht, wenn ich ihn abhole. So war das in<br />
Ordnung für mich. Am Ende der Woche waren es<br />
bereits 2 St<strong>und</strong>en.“<br />
„… ich habe das gemerkt, meine Tochter hätte<br />
sich von einer anderen Person gar nicht füttern<br />
lassen. Das wäre ein weiterer Schritt. Sie hat sich<br />
auf den Arm nehmen lassen <strong>und</strong> spielte hin <strong>und</strong><br />
wieder mit einem anderen Kind. Wickeln <strong>und</strong> füttern<br />
darf am Anfang erst mal nur die Mama <strong>und</strong><br />
ganz allmählich geht das dann über. “<br />
67
Eine besonders wichtige Phase für Kinder,<br />
Eltern <strong>und</strong> die Erzieherinnen:<br />
Die Eingewöhnung 26<br />
1. Vorbereitung der Eingewöhnung<br />
Direkt nach der Zusage für einen Platz <strong>werden</strong><br />
die Eltern über die Bedeutung der Eingewöhnungsgestaltung<br />
informiert. Die Erzieherin, die<br />
während der Eingewöhnung die wichtigste<br />
Bezugsperson für Kind <strong>und</strong> Eltern sein wird,<br />
lädt zu ersten Gesprächen ein, in denen die<br />
Eltern über Vorlieben <strong>und</strong> Stärken des Kindes<br />
sowie über eigene pädagogische Vorstellungen<br />
berichten, die gewünschten Informationen<br />
einholen, aber auch ihre Sorgen <strong>und</strong> Ängste<br />
äußern können. Für die Eingewöhnungszeit<br />
<strong>werden</strong> klare Absprachen getroffen.<br />
2. Mutter oder Vater begleiten das Kind in die<br />
Kinderkrippe<br />
Für die erste Zeit in der Gruppe wird ein relativ<br />
ruhiger Zeitraum ausgesucht. Den Erwachsenen<br />
<strong>werden</strong> Empfehlungen ausgesprochen, wie sie<br />
dem Kind die Eingewöhnung erleichtern können.<br />
Das Kind kann sich nach eigenem Wunsch<br />
im Raum bewegen <strong>und</strong> jederzeit zur Mutter<br />
zurückkehren, diese kann jederzeit Blickkontakt<br />
mit dem Kind aufnehmen. Wickeln <strong>und</strong> Füttern<br />
übernimmt die Mutter. Auf diese Weise kann die<br />
Erzieherin die Gewohnheiten <strong>und</strong> Vorlieben des<br />
Kindes kennen lernen. Die Erzieherin bietet dem<br />
Kind Kontakte an, wobei das Kind entscheidet,<br />
wie viel Nähe bzw. Distanz es möchte. Für den<br />
Zeitraum der Anwesenheit der Mutter in der<br />
Gruppe gibt es keine feste Regel, fünf Tage sollten<br />
aber nicht unterschritten <strong>werden</strong>.<br />
3. Die erste Trennung<br />
Die erste Trennung von Mutter oder Vater wird<br />
nicht länger als 10 bis 30 Minuten dauern <strong>und</strong><br />
Erfahrungen mit der Kinderkrippe<br />
im Familienalltag<br />
Alle Eltern äußerten größten Respekt, Achtung<br />
<strong>und</strong> Anerkennung für die Arbeit der Erzieherinnen.<br />
Gelobt wurde die fachliche Kompetenz, das<br />
liebevolle Umgehen mit den Kindern, die Gelassenheit<br />
<strong>und</strong> Ruhe. Die meisten Eltern bezeichneten<br />
ihre Beziehung zur Erzieherin „sehr gut“,<br />
einige „ganz gut“ oder „fre<strong>und</strong>lich“, niemand<br />
äußerte sich negativ.<br />
26 In Anlehnung an die pädagogische Rahmenkonzeption für<br />
Kinderkrippen der Landeshauptstadt München, 2002, S. 23<br />
68<br />
erst dann erfolgen, wenn es dem Kind gut<br />
geht, es Kontakt zu anderen Kindern aufgenommen<br />
hat <strong>und</strong> sich von der Erzieherin trösten<br />
lässt. Auch die Eltern müssen dafür bereit<br />
sein. Mutter oder Vater verabschieden sich<br />
bewusst <strong>und</strong> deutlich. Sie halten sich in der<br />
Nähe auf, so dass sie jederzeit zurückkehren<br />
können, wenn das Kind weint <strong>und</strong> sich noch<br />
nicht trösten lässt. Die Eltern erhalten<br />
Gelegenheit darüber zu sprechen, wie sie den<br />
Tag erlebt haben.<br />
4. Hineinwachsen in den Alltag der Kinderkrippe<br />
Das Kind hat inzwischen erfahren, dass es in<br />
der Kinderkrippe willkommen ist, dass es<br />
Spielgefährten hat, <strong>und</strong> es hat zu mindestens<br />
einer erwachsenen Person eine Beziehung aufgebaut.<br />
Die Zeiten, die das Kind ohne Eltern in<br />
der Kinderkrippe verbringt, <strong>werden</strong> allmählich<br />
ausgedehnt.<br />
Genau vereinbarte Bring- <strong>und</strong> Abholzeiten,<br />
kleine Rituale im Alltag <strong>und</strong> evtl. ein Übergangsobjekt<br />
wie ein Kuscheltier oder ein Tuch<br />
helfen dabei. Wichtig ist, dass das Kind beim<br />
Bringen <strong>und</strong> Abholen erlebt, dass sich auch<br />
zwischen seinen Eltern <strong>und</strong> „seiner“ Erzieherin<br />
eine vertrauensvolle Beziehung entwickelt hat.<br />
In der folgenden Zeit <strong>werden</strong> sich Eltern <strong>und</strong><br />
Erzieherin immer wieder darüber austauschen,<br />
wie es dem Kind in der Einrichtung <strong>und</strong> zu<br />
Hause geht.<br />
Die Kinder erleben nun ihren Krippenalltag. Sie<br />
<strong>werden</strong> nicht immer <strong>und</strong> ununterbrochen fröhlich<br />
sein, sie <strong>werden</strong> manchmal auch missmutig<br />
sein. Es wird Tage geben, an denen sie sehr<br />
freudig <strong>und</strong> andere Tage, an denen sie nur<br />
ungern in die Kinderkrippe gehen. Auch Erwachsene<br />
sind nicht jeden Tag gleich. Stimmungsschwankungen<br />
sollten wir auch unseren<br />
Kindern zugestehen.<br />
Von den befragten Eltern (insgesamt 21) berichteten<br />
lediglich zwei Mütter, dass sie Gefühle der<br />
Eifersucht erlebt haben. In der Regel empfanden<br />
es Eltern als positiv, dass da eine andere Person<br />
ist, zu der ihr Kind eine gute Beziehung hat. Sie<br />
sahen es als wichtigste Voraussetzung dafür an,<br />
dass sich ihr Kind in der Kinderkrippe gut entwickeln<br />
kann.
Auf die Frage „Was mussten Sie als Eltern lernen?<br />
Was war schwierig?“ gab es sehr individuelle<br />
Antworten:<br />
– „Gar nichts.“<br />
– „Das Teilen der Erziehungsverantwortung,<br />
allerdings war das bei den älteren Kindern, als<br />
die in den Kindergarten kamen, genau so.“<br />
– „Sie gehen lassen.“<br />
– „Als einziger Mann hatte ich einen exotischen<br />
Status <strong>und</strong> ich habe mich nicht besonders<br />
wohl gefühlt.“<br />
Als wichtig stellte sich eine gute Zeitplanung<br />
heraus, um die Anforderungen von Beruf, Familie<br />
<strong>und</strong> die Bedürfnisse des Kindes gut in den<br />
Tagesablauf integrieren zu können:<br />
„…das Ganze muss friedlich <strong>und</strong> zuverlässig<br />
klappen, d. h. wir mussten uns zu Hause morgens<br />
organisieren, was vorher natürlich nicht<br />
notwendig war. Für uns ist auch neu gewesen,<br />
dass mein Nachmittag in der Arbeit fest terminiert<br />
ist, <strong>und</strong> dass ich dann gehen muss, ganz<br />
gleich, was in der Arbeit passiert. Das mussten<br />
auch meine Mitarbeiter lernen – <strong>und</strong> sie haben<br />
es gelernt. Um den Sprung zwischen Arbeit <strong>und</strong><br />
Privat zu schaffen, fahre ich mit dem Fahrrad in<br />
Ruhe zu meinem Sohn <strong>und</strong> hole ihn ab. Ich bin<br />
dann entspannt genug, um auf dem Weg nach<br />
Hause Fangen zu spielen oder Steine zu sammeln<br />
oder sonst irgendwas.“<br />
„… dass man pünktlich <strong>und</strong> zeitig genug morgens<br />
in der Kinderkrippe ist. Man sollte sich die<br />
Zeit nehmen, das Kind in aller Ruhe an die<br />
Erzieherin zu übergeben. Das Gleiche ist natürlich<br />
nachmittags, wenn man hören möchte, wie<br />
es am Tag so gelaufen ist. Das war auf jeden Fall<br />
neu für uns, dass man den Tagesrhythmus wieder<br />
ganz anders gestalten musste.“<br />
Alle Mütter berichteten, dass ihr Kind „zu Ende<br />
spielen“ muss, bevor der Heimweg angetreten<br />
<strong>werden</strong> kann. Oder die Kinder zeigen voller Stolz,<br />
was sie im Laufe des Tages gelernt oder geschafft<br />
haben.<br />
„Inzwischen muss ich ihn eher vom Spielen<br />
weglocken. Wenn ich komme, registriert er mich<br />
zwar <strong>und</strong> ruft auch Mama, aber er nimmt sich<br />
seine Zeit <strong>und</strong> beendet sein Spiel entweder<br />
nicht oder ganz langsam oder zeigt mir noch<br />
etwas. Das Abholen geht jetzt insgesamt langsamer.“<br />
69
„Manchmal will er gar nicht gehen. Wenn er mich<br />
sieht, hebt er die Arme hoch <strong>und</strong> lächelt. Vom<br />
Traktor geht er trotzdem nicht runter. Manchmal<br />
demonstriert er mir auch, dass er jetzt schon die<br />
Treppe zur Rutsche hochklettern kann. Er will<br />
stolz zeigen, was er schon kann.“<br />
Weitere Fragen bezogen sich auf den täglichen<br />
Wechsel zwischen der Kinderkrippe nach zu<br />
Hause. Die Kinder sind zwar müde, aber sie sind<br />
zufrieden, lautete die einhellige Erfahrung der<br />
Mütter. Die Kinder, die mittags abgeholt <strong>werden</strong>,<br />
brauchten dann ihren Mittagsschlaf zu Hause.<br />
Der Wechsel verlief für die befragten Familien<br />
problemlos, manchmal unterstützt von einem<br />
kleinen Ritual.<br />
„Er nimmt aus der Krippe ein Spielzeug mit nach<br />
Hause. Zu Hause schaut er das Spielzeug aus der<br />
Krippe nie an. Hauptsache, er hat es dabei.“<br />
Alle Mütter beschäftigen sich in der Zeit des Tages,<br />
die sie mit ihren Kindern verbringen, sehr<br />
bewusst <strong>und</strong> intensiv mit ihnen – möglichst keine<br />
anderen Termine.<br />
„Ich versuche nichts ohne meinen Sohn zu machen<br />
<strong>und</strong> wenn ich z. B. Einkaufen gehen muss,<br />
gestalte ich das so, dass er auch etwas davon<br />
hat. Wir schauen evtl. an einem Spielplatz vor-<br />
70<br />
bei, auch wenn er nicht direkt auf dem Weg<br />
liegt. Die Zeit zwischen Abholen <strong>und</strong> abends, die<br />
ist kurz <strong>und</strong> deshalb versuche ich, diese Zeit<br />
intensiv zu nutzen.“<br />
Alle Eltern sagten, dass sie <strong>durch</strong> die Kinderkrippe<br />
bzw. die Erzieherinnen Anregungen für Spiele,<br />
Bücher <strong>und</strong> Beschäftigungen für zu Hause<br />
bekommen. Erzieherinnen wurden darüber hinaus<br />
in Erziehungsfragen oder bei Erziehungsproblemen<br />
um Rat gefragt. Zudem schien die<br />
Wahrnehmung des eigenen Kindes beeinflusst<br />
zu <strong>werden</strong>.<br />
„… entweder bekomme ich Anregungen, wenn<br />
ich nachfrage, was Max im Moment interessiert<br />
oder manchmal frage ich nach, wenn ich ein<br />
neues Spielzeug kaufen möchte. ‚Ist das jetzt gut<br />
für seine Entwicklung oder nicht?’. Außerdem<br />
kann ich sie immer um Rat fragen – pädagogisch<br />
wie psychologisch. Ich habe beim Beobachten<br />
in der Krippe dazugelernt; z. B. hatte ich<br />
die Tendenz, mein Kind mit Spielsachen zu<br />
überhäufen, was ich inzwischen einfach nicht<br />
mehr mache. Heute denke ich, weniger ist mehr<br />
<strong>und</strong> das habe ich von der Krippe gelernt.“<br />
„Es ist eine große Bereicherung – faszinierend<br />
wie die Erzieherin das Kind sieht – manchmal<br />
eine ganz andere Perspektive.“
Alle Elternpaare waren sich in der Entscheidung<br />
einig, einen Platz in einer Kinderkrippe für das<br />
Kind zu suchen. Auffallend ist, dass der Einfluss<br />
auf die Partnerschaft insgesamt sehr günstig<br />
eingeschätzt wurde.<br />
„Ich würde sagen, das ist für uns fast lebensnotwendig,<br />
damit wir nach der Geburt des 2. Kindes<br />
einfach ein bisschen mehr Zeit für uns haben.“<br />
„Ich bin ausgeglichener, weil ich arbeiten gehen<br />
darf. Es kann jeder bei uns gut das machen, was<br />
für ihn wichtig ist <strong>und</strong> unsere Tochter hat da<strong>durch</strong><br />
noch etwas Positives in ihrem Leben.“<br />
„Ich glaube, dass eine Kinderkrippe eine sehr<br />
entlastende Funktion hat, um den Freiraum zu<br />
haben, einer Arbeit nachzugehen. Das Arbeiten<br />
hat ja auch Nebeneffekte, die sich <strong>stark</strong> positiv<br />
auf eine Partnerschaft auswirken.“<br />
„Wir sind beide unabhängig <strong>und</strong> wir sind Eltern,<br />
wir sind aber auch Partner <strong>und</strong> <strong>durch</strong> diesen<br />
Krippenplatz kann ich Partner sein.“<br />
Auf die Frage, ob sie Entwicklungsrisiken für ihr<br />
Kind befürchteten, antworteten Eltern, nachdem<br />
sie Erfahrungen mit der Kinderkrippe gesammelt<br />
hatten, überwiegend <strong>und</strong> eindeutig<br />
„Nein!“. Alle Eltern sagten: „Ja, mein Kind geht<br />
gerne in die Kinderkrippe“, viele sagten: „sehr<br />
gerne“. Bezüglich der Entwicklung des Kindes<br />
standen die sozialen Kontakte, das Aufwachsen<br />
mit anderen Kindern für alle Eltern im Mittelpunkt,<br />
ebenso wie die Lernerfahrungen, die<br />
die Krippe bietet. Keiner der Eltern hatte<br />
Entwicklungsverzögerungen beobachtet, eher<br />
wurde der positive Einfluss betont. Wenn überhaupt<br />
Nachteile genannt wurden, dann nur ganz<br />
vereinzelt, wie z. B. nicht genügend Unterstützung<br />
bei der Sauberkeitserziehung.<br />
Die Ernährung in der Kinderkrippe wurde überwiegend<br />
positiv beurteilt. Vereinzelte Kritik gab es<br />
u. a. an der Höhe des Essensgeldes, <strong>und</strong> eine<br />
Familie zog es vor, dem Kind Essen von zu Hause<br />
mitzugeben. Die Eltern, deren Kinder über Mittag<br />
in der Krippe sind, dort also schlafen, berichteten<br />
von problemlosem, gutem Mittagschlaf. Eine Frage,<br />
die viele Eltern beschäftigt, ist‚ sind Krippenkinder<br />
häufiger krank?. Die Auffassung der befragten<br />
Eltern war geteilt: Die Hälfte meinte „ja<br />
(insbesondere am Anfang)“, die anderen antworteten<br />
mit „Nein“.<br />
Was Eltern sonst noch sagten:<br />
„Ich finde es so schade, dass dieses Krippenangebot<br />
nicht für alle Mütter, die sich das wünschen,<br />
da ist. Ich möchte einfach betonen, wie toll<br />
es ist, einen Krippenplatz in Anspruch nehmen zu<br />
können … Ich werde von so vielen Frauen, die ich<br />
treffe, um diesen Krippenplatz beneidet. Wir sind<br />
einfach sehr glücklich mit unserer Krippe, mein<br />
Mann, ich <strong>und</strong> mein Sohn sowieso.“<br />
„Vielleicht sollten wir das noch mal zum Ausdruck<br />
bringen, dass es für uns r<strong>und</strong>um eine sehr<br />
positive Geschichte ist <strong>und</strong> dass, wie in unserer<br />
Familie, sowohl die Eltern wie auch die Kinder<br />
sehr davon profitieren, weil man sich bzgl. der<br />
Entwicklung <strong>und</strong> bzgl. der Erziehung viel mehr<br />
Gedanken macht.“<br />
„Ich bin sehr, sehr zufrieden mit der Krippe. Vor<br />
allem, dass sie in meiner Nähe ist <strong>und</strong> ich nicht<br />
noch kilometerweit fahren muss. Mein Kind<br />
fühlt sich wohl, sie lernt sehr viel. Das macht<br />
mich stolz.“<br />
„Ich denke mir, dass ich mich als Mutter wohl<br />
fühle <strong>und</strong> ein gutes Gewissen hab’, weil ich weiß,<br />
da ist mein Kind gut aufgehoben. Das ist, je kleiner<br />
sie sind, umso wichtiger. Es ist leichter, ein<br />
Kind in fremde Hände zu geben, wenn ich weiß,<br />
die Hände halten das Kind …“<br />
Zwei Familien, die ein weiteres Kind bekommen<br />
haben bzw. erwarten, haben dieses bereits wieder<br />
in der Kinderkrippe angemeldet. Eine Familie<br />
macht die weitere Familienplanung davon<br />
abhängig, dass ihnen ein Platz in der Kinderkrippe<br />
zugesichert wird.<br />
71
Ohne Fachkompetenz geht es nicht: Die Professionalisierung der<br />
Fachkräfte als Gr<strong>und</strong>lage einer Kleinkindpädagogik auf hohem Niveau<br />
Es tut sich was: Fachkräfte qualifizieren<br />
sich für die Arbeit mit den Jüngsten<br />
Der Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder<br />
unter drei Jahren wird in Zukunft noch deutlich<br />
steigen <strong>und</strong> damit auch der Bedarf an pädagogischen<br />
Fachkräften für diese Altersgruppe. Wie<br />
sieht es mit der Qualifizierung aus?<br />
Die b<strong>und</strong>esdeutsche Landschaft der Kindertagesbetreuung<br />
ist vom klassischen Kindergarten<br />
geprägt. In den Fachakademien (Ausbildungsstätten<br />
für Erzieherinnen <strong>und</strong> Erzieher)<br />
liegt der Schwerpunkt traditionsgemäß auf der<br />
Ausbildung für die Arbeit mit Kindern im Alter<br />
von drei bis sechs Jahren. Zwar können die<br />
angehenden Fachkräfte das Sozialpädagogische<br />
Seminar oder das Berufspraktikum in einer Kinderkrippe<br />
absolvieren, in der Regel sind die<br />
Fachkräfte jedoch für die Arbeit mit Kindern<br />
unter drei Jahren nicht ausreichend qualifiziert.<br />
Die traditionellen Schwerpunkte der Kindergartenpädagogik<br />
spiegeln sich auch in den Fortbildungsangeboten<br />
für die Fachkräfte wider.<br />
Während das Sozialreferat der Stadt München<br />
aufgr<strong>und</strong> der langjährigen Angebotstradition für<br />
Kinder unter drei Jahren ein umfangreiches Fortbildungsprogramm<br />
anbietet, gab es in den Programmen<br />
der Spitzenverbände der freien <strong>und</strong><br />
öffentlichen Wohlfahrtspflege bis zum Jahre 2004<br />
nur ein minimales Angebot. Doch die Zeichen<br />
stehen auf Veränderung. So wurde z. B. eine trägerübergreifende<br />
Fortbildungsinitiative für Kinder<br />
unter drei Jahren in Tageseinrichtungen in Zusammenarbeit<br />
mit dem Staatsinstitut für Frühpädagogik<br />
gestartet27 .<br />
Die „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
setzt Maßstäbe<br />
Als die „Initiative Kinderkrippe in Bayern“ ins<br />
Leben gerufen wurde, geschah das aus vielfältigen<br />
Gründen (Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Beruf,<br />
Bindung qualifizierter Arbeitskräfte, etc.). Von<br />
Anfang an galt jedoch die größte Aufmerksamkeit<br />
der pädagogischen Qualität in den neu gegründeten<br />
Kinderkrippen. Die Entwicklung eines praxisbegleitenden<br />
Fortbildungsprogramms für alle Erzieherinnen<br />
wurde fest eingeplant <strong>und</strong> startete<br />
bereits im Oktober 2002. Vorausgegangen war<br />
die Erarbeitung eines Qualifizierungskonzeptes<br />
<strong>durch</strong> Elfriede Maria Daschner (Diplom-Sozialpädagogin)<br />
<strong>und</strong> Gerda Wimmer-Schmidt (Diplom-<br />
27 Oberhuemer, 2005<br />
72<br />
Psychologin), die die Qualifizierungsmaßnahme<br />
als Prozessbegleiterinnen leiteten. Die Einbindung<br />
der beiden Expertinnen wurde möglich<br />
<strong>durch</strong> die großzügige fachliche Unterstützung der<br />
Abteilung Kindertagesbetreuung des Stadtjugendamtes<br />
der Landeshauptstadt München unter<br />
Leitung von Frau Angelika Simeth <strong>und</strong> des<br />
Fachbereichs Kinderkrippen unter Leitung von<br />
Frau Angelika Berchtold.
Zunächst war der Abschluss der Qualifizierung<br />
für Juli 2003 geplant. Wegen der positiven<br />
Rückmeldungen, die die Erzieherinnen <strong>und</strong> die<br />
Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertreter der Träger über die<br />
Umsetzung des Gelernten in die tägliche praktische<br />
Arbeit gaben <strong>und</strong> wegen des unverminderten<br />
Engagements der Fachkräfte <strong>und</strong> der Prozessbegleitung,<br />
wurde die Qualifizierungsmaßnahme<br />
von der vbw – Vereinigung der Bayerischen<br />
Wirtschaft e. V., unterstützt von seinen<br />
Mitgliedsverbänden BayME – Bayerischer Unternehmensverband<br />
Metall <strong>und</strong> Elektro e. V. <strong>und</strong><br />
VBM – Verband der Bayerischen Metall- <strong>und</strong><br />
Elektro-Industrie e. V., bis zum Jahr 2005 verlängert<br />
<strong>und</strong> finanziert.<br />
Ab August 2002 erarbeiteten die Prozessbegleiterinnen<br />
ein vorläufiges Qualifizierungskonzept.<br />
Dieses wurde nach dem ersten Fortbildungsmodul<br />
im Oktober 2002 unter Berücksichtigung<br />
der aktuellen Situation in den Modelleinrichtungen<br />
sowie der Anregungen aus dem Fachbeirat<br />
noch einmal präzisiert. Als freiberufliche Fortbildnerin<br />
mit dem Spezialgebiet „Kleinstkindpädagogik“<br />
konnte Elisabeth Erndt-Doll gewonnen<br />
<strong>werden</strong>. Sie leitete <strong>und</strong> gestaltete die krippenpädagogischen<br />
Themen von neun Modulen.<br />
Durch die Zusammenarbeit dieses Teams während<br />
der 10 Fortbildungsmodule wurde ein kontinuierlicher<br />
Planungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprozess<br />
möglich, in dem auf die jeweils vorhergehenden<br />
Module aufgebaut <strong>werden</strong> konnte. So<br />
wurden Zusammenhänge aufgezeigt <strong>und</strong> Inhalte<br />
zusammengeführt.<br />
Die Qualifizierung des pädagogischen Personals<br />
fand auf vier Ebenen statt:<br />
1. Ebene:<br />
– Themenbezogene Fortbildungsmodule an sechs<br />
Wochenenden, die um weitere vier Module<br />
erweitert wurden.<br />
2. Ebene:<br />
– Kontinuierliche Prozessbegleitung der Leiterinnen<br />
<strong>und</strong> der Teams über einen Zeitraum von<br />
einem Jahr, die in reduzierter Form um zwei<br />
weitere Jahre verlängert wurde;<br />
– sieben regionale Arbeitstreffen mit je zwei<br />
pädagogischen Fachkräften pro Standort in jeweils<br />
einer Projektkrippe, die um vier Arbeitstreffen<br />
verlängert wurden;<br />
– mindestens vier Besuche der Prozessbegleiterinnen<br />
vor Ort unter Einbeziehung der Teams<br />
<strong>und</strong> der Trägervertreter;<br />
– informelle Kontakte der Teilnehmerinnen<br />
untereinander.<br />
3. Ebene:<br />
– Vorbereitete <strong>und</strong> begleitende Hospitationen in<br />
Münchner Kinderkrippen; zwei Besuche waren<br />
konzeptionell vorgesehen, weitere waren nach<br />
individueller Absprache möglich.<br />
4. Ebene:<br />
– Begleitung der Träger,<br />
– Öffentlichkeitsarbeit.<br />
73
Die Reihe der ersten sechs Fortbildungsmodule …<br />
zu neuen<br />
1.„Auf<br />
Ufern“<br />
74<br />
Kind als Akteur<br />
seiner eige-<br />
2.Das<br />
nen Entwicklung<br />
strukturierteBeobach-<br />
3.Aktive,<br />
tung von Kindern<br />
<strong>und</strong><br />
Lernprozesse in<br />
4.<strong>Bildung</strong>sder<br />
Kinderkrippe<br />
Ziel:<br />
Ziel:<br />
Ziel:<br />
Ziel:<br />
• Bestandsaufnah- • Pädagogische • Stellenwert, • Entwicklungsme,<br />
Vorstellen der Gr<strong>und</strong>haltungen Bedeutung <strong>und</strong> psychologische<br />
einzelnen Einrich- für die <strong>Bildung</strong>s- Chancen von Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong><br />
tungen<strong>und</strong>Erziehungs-<br />
Beobachtung Lebenskompe-<br />
• Standortbestimmung<br />
/ Bedarfserprozesse<br />
in der<br />
Kinderkrippe<br />
• Die Phase der<br />
gezielten Beobachtenzen<br />
• Instrumentarium<br />
hebung,<br />
• Die Rolle der tung (Anleitung) für die strukturierte<br />
Entwickeln einer<br />
Prioritätenliste<br />
• Vorstellen der<br />
Qualifizierungskonzeption<br />
<strong>und</strong><br />
Abgleich dieser mit<br />
dem aktuellen<br />
Bedarf aus der<br />
Praxis<br />
• Lernen <strong>durch</strong><br />
„best practice“<br />
(1. Hospitation in<br />
Münchner Kinderkrippen)<br />
Erzieherin/-<br />
Kinderpflegerin;<br />
Einstellungen,<br />
Kompetenzen <strong>und</strong><br />
Handlungsweisen -<br />
reflektiert am<br />
eigenen Lebens<strong>und</strong><br />
<strong>Bildung</strong>sweg<br />
<strong>und</strong> dem jetzigen<br />
Arbeitsplatz<br />
• Die Menschenbilder<br />
des Kindes, Gr<strong>und</strong>haltungen<br />
<strong>und</strong><br />
damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Implikationen,<br />
Auswirkungen <strong>und</strong><br />
Handlungsimpulse<br />
• Verschiedene<br />
Gr<strong>und</strong>haltungen<br />
des Kindes als<br />
Akteur seiner<br />
Entwicklung –<br />
Interaktionsmuster<br />
• Instrumentarium<br />
für die Beobachtung<br />
von Kindern<br />
– Einführung <strong>und</strong><br />
Handhabung der<br />
Entwicklungstabelle<br />
von Prof.<br />
Dr. E. K. Beller<br />
• Aufzeigen unterschiedlicherEinsatzmöglichkeiten<br />
• Pädagogische<br />
Konzepte mit dem<br />
Ziel der Selbständigkeit<br />
<strong>und</strong><br />
Selbsttätigkeit von<br />
Kleinstkindern<br />
Beobachtung von<br />
Kindern – Ausarbeitung<br />
von individuellen<br />
Angeboten<br />
auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Entwicklungstabelle<br />
von Prof.<br />
Dr. E. K. Beller<br />
• Sprachentwicklung<br />
(kognitive <strong>Bildung</strong>)<br />
• Kleinstkinder unter<br />
sich – Kompetenzentwicklung<br />
<strong>und</strong><br />
Anregungen <strong>durch</strong><br />
das Miteinander<br />
Erlernen von<br />
Konfliktfähigkeit<br />
• Entwicklungsspielraum<br />
Kinderkrippe<br />
– Zeiträume,<br />
Freiräume,<br />
Materialien<br />
für Erziehungs-<br />
• Innen- <strong>und</strong> Außenpartner<br />
• Tagesablauf <strong>und</strong><br />
Krippenstruktur –<br />
pädagogische<br />
Konzepte, Leitideen<br />
<strong>und</strong> Arbeitsweisenräume<br />
der Krippe<br />
5.⁄Erziehungspartnerschaft<br />
I<br />
Ziel:<br />
• Die verschiedenen<br />
Rollen <strong>und</strong> Sichtweisen<br />
von Eltern<br />
<strong>und</strong> Erzieherinnen/Kinderpflegerinnen<br />
• Die Entwicklung<br />
des Kindes als<br />
gemeinsames Ziel<br />
aller Beteiligten<br />
• Die veränderte Haltung<br />
gegenüber<br />
Eltern – Beziehungsaufbau,<br />
Wertschätzung <strong>und</strong><br />
gegenseitige<br />
Ergänzung als<br />
Voraussetzung für<br />
einen guten<br />
Anfang<br />
• Inhalte <strong>und</strong><br />
Methoden der<br />
Zusammenarbeit<br />
• Lernen <strong>durch</strong> „best<br />
practice“<br />
(2. Hospitation in<br />
Münchner<br />
Kinderkrippen)
… wurde nach der Verlängerung <strong>durch</strong> vier weitere Module ergänzt<br />
6.„Das Ende<br />
vom Anfang“<br />
Ziel:<br />
• Beginn der<br />
Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Kooperation<br />
mit Müttern <strong>und</strong><br />
Vätern<br />
• Kennen lernen<br />
<strong>und</strong> Auseinandersetzen<br />
mit<br />
verschiedenen<br />
Eingewöhnungsmodellen<br />
• Kompetenter<br />
Umgang mit<br />
Abschied <strong>und</strong><br />
Trennungsschmerz<br />
• Pädagogische<br />
<strong>und</strong> organisatorische<br />
Schritte<br />
zur Planung der<br />
Eingewöhnungsphase<br />
• Resümee <strong>und</strong><br />
Ausblick<br />
• Reflexion der<br />
Qualifizierungsmaßnahme<br />
• Folgeprozesse,<br />
die sich aus der<br />
Qualifizierungsphase<br />
ergeben<br />
• Bedarfsplanung<br />
für die Zukunft<br />
Krippe<br />
als <strong>Bildung</strong>s-<br />
7.Die<br />
einrichtung<br />
Ziel:<br />
• Theoretischer Input<br />
zur „<strong>Bildung</strong>“<br />
• Begriffsklärung<br />
<strong>und</strong> lernmethodische<br />
Kompetenzen<br />
• Merkmale des<br />
kindlichen<br />
Lernverhaltens<br />
• „Lernen in<br />
Räumen <strong>und</strong> mit<br />
praktischen<br />
Angeboten“<br />
ermöglichen<br />
– der Wert<br />
8.Lernen<br />
von Beobachtung<br />
<strong>und</strong> Dokumentation<br />
Ziel:<br />
• Wert von Beobachtung<br />
<strong>und</strong><br />
Dokumentation<br />
• Theoretischer<br />
Input zu Lerngeschichten,<br />
M.<br />
Carr, Neuseeland<br />
• Auswertung nach<br />
Lerndispositionen<br />
an Video-<br />
Beispielen<br />
• Zusammenhang<br />
BEP <strong>und</strong><br />
Lerngeschichte<br />
9.Erziehungspartnerschaft<br />
II<br />
Ziel:<br />
• Haltung <strong>und</strong> Rolle<br />
der pädagogischen<br />
Fachkraft<br />
im Lernprozess<br />
„Open Space“<br />
• Auswerten mitgebrachterLerngeschichten<br />
<strong>und</strong><br />
deren Einbeziehung<br />
in Elterngespräche<br />
• Elterngespräche<br />
Vorbereitung <strong>und</strong><br />
Durchführung<br />
• Konfliktmanagement<br />
Alltag<br />
unter die<br />
10.Den<br />
Lupe genommen<br />
Ziel:<br />
• <strong>Bildung</strong>sprozesse<br />
ermöglichen –<br />
Reflexionen der<br />
eigenen Arbeit<br />
• Reflexion von<br />
Schlüsselsituationen<br />
(z. B. Bringen<br />
<strong>und</strong> Abholen,<br />
Essen, Schlafen<br />
…)<br />
• Reflexion der<br />
Qualifizierungsmaßnahme<br />
der<br />
letzten drei Jahre<br />
• Zukunftsperspektiven<br />
75
Die Sicht der Prozessbegleiterinnen 28<br />
■ Die Qualifizierung auf den unterschiedlichen<br />
Ebenen trug entscheidend zum Gelingen der<br />
Gesamtmaßnahme bei.<br />
■ Das Ziel, die Steigerung der Professionalität der<br />
pädagogischen Fachkräfte, kann als erreicht gesehen<br />
<strong>werden</strong>. Dies bezieht sich auf die berufliche<br />
Identität <strong>und</strong> Reflexionsfähigkeit der Fachkräfte,<br />
die pädagogischen Standards in den<br />
Einrichtungen <strong>und</strong> den geschärften Blick für pädagogisch<br />
notwendige Rahmenbedingungen.<br />
■ Im ersten Qualifizierungsjahr war zunächst<br />
eine Beratung der Träger nur am Rande vorgesehen.<br />
Diese wurde in den weiteren Jahren<br />
intensiviert <strong>und</strong> hat sich als sehr fruchtbar<br />
erwiesen.<br />
■ Ein wesentliches Ziel der Qualifizierungsmaßnahme<br />
war, eine Plattform zu schaffen, auf<br />
der alle Fragen ausgesprochen, angenommen,<br />
verhandelt, geklärt, vorangebracht oder<br />
weitergegeben <strong>werden</strong> konnten. Gleichzeitig<br />
wurden Sach- <strong>und</strong> Beziehungsebenen bedient.<br />
Neben dem Austausch <strong>und</strong> der thematischen<br />
Arbeit wuchsen die Teilnehmerinnen<br />
zu einer vertrauten <strong>und</strong> sehr effektiv agierenden<br />
Arbeitsgemeinschaft zusammen, die sich<br />
gegenseitig jedwede Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung<br />
zukommen ließ. Gerade für Krippen, die an<br />
kleine Träger angeb<strong>und</strong>en sind, scheint uns<br />
diese Form von Austausch, Klärung <strong>und</strong><br />
Unterstützung unabdingbar.<br />
■ Die thematischen Module bildeten die Gr<strong>und</strong>lage<br />
zur Qualifizierung pädagogischen Handelns,<br />
nahmen den Bedarf der Teilnehmerinnen<br />
auf <strong>und</strong> waren maßgeblich beteiligt, die pädagogische<br />
Kompetenz der Teilnehmerinnen zu<br />
erweitern. Daneben brauchen pädagogische<br />
Fachkräfte, die in der Anfangs- <strong>und</strong> Aufbauphase<br />
stehen, eine qualifizierte Begleitung, mit<br />
Hilfe derer sie auch verwaltungstechnische Fragen<br />
angehen können.<br />
■ Das enorme Engagement der pädagogischen<br />
Fachkräfte in der Aufbauphase kam in Äußerungen<br />
zum Ausdruck wie ,,ich benötigte<br />
Rückhalt <strong>und</strong> fachliche Nahrung“. Durch die<br />
engagierte Arbeit der Prozessbegleiterinnen<br />
konnte dies gewährleistet <strong>werden</strong>.<br />
■ Die Qualifizierungsmaßnahme lässt sich entsprechend<br />
unseres Konzeptes – der Arbeit auf<br />
vier Lern- <strong>und</strong> Erfahrungsebenen – gut einset-<br />
28 Auszug aus: Wimmer-Schmidt, G. & Daschner, E. M.:<br />
Dokumentation der Qualifizierungsmaßnahme der Initiative<br />
Kinderkrippen in Bayern, Sept. 2003<br />
76<br />
zen. Wie <strong>und</strong> wann die einzelnen Bausteine<br />
eingesetzt <strong>werden</strong>, muss aber immer die individuelle<br />
Situation <strong>und</strong> die Rahmenbedingungen<br />
der Projektkrippe am jeweiligen Standort<br />
berücksichtigen.<br />
Weit effektiver als die Teilnahme an einzelnen<br />
Fortbildungsangeboten war eine kontinuierliche<br />
Teilnahme der pädagogischen Fachkräfte der<br />
Projektkrippen. Insbesondere, wenn zwei Vertreterinnen<br />
pro Modelleinrichtung anwesend sein<br />
konnten, war die Umsetzung der Inhalte in den<br />
Modellkrippen gewährleistet.<br />
Einige Stimmen von Teilnehmerinnen:<br />
„… gerade den Austausch mit den anderen Krippen<br />
fand ich sehr, sehr wichtig. Die fachlichen<br />
Inhalte passten sehr gut, weil sie eben kinderkrippenorientiert<br />
sind. Bei vielen Erzieherinnen<br />
sind da doch eher Lücken, weil es in der Ausbildung<br />
zu wenig gelehrt wird.“<br />
„Die Fortbildungen in München waren super –<br />
die tun einem gut <strong>und</strong> es hilft einem weiter. Ich<br />
konnte vieles für meine Arbeit mitnehmen … Ich<br />
würde in der Richtung gerne weiter betreut <strong>werden</strong><br />
<strong>und</strong> Fortbildungen machen können.“<br />
„… die Hospitationen in den Münchner Krippen<br />
haben mir sehr viel gebracht. Alleine von der<br />
Struktur, wie der Tagesablauf gestaltet wird, wie<br />
sie mit den Kindern arbeiten, in welchen Projekten<br />
sie arbeiten … wieso bin ich eigentlich hier in<br />
der Einrichtung, arbeite hier, diese Gr<strong>und</strong>gedanken<br />
erst mal aufzufassen, das hat mir unwahrscheinlich<br />
geholfen.“
Die Sicht der Trägervertreter <strong>und</strong><br />
Trägervertreterinnen<br />
Die Fachkräfte für dieses Projekt wurden entweder<br />
aus dem Personalpool von Einrichtungen,<br />
die zum Träger gehören oder <strong>durch</strong> öffentliche<br />
Ausschreibungen der Stellen gewonnen. In<br />
jedem Fall bestanden ähnliche Probleme, nämlich<br />
die mangelnde Ausbildung <strong>und</strong> fehlende<br />
Erfahrung der Fachkräfte im Hinblick auf die<br />
Arbeit mit Kindern im Alter unter drei Jahren.<br />
Die Projektkonzeption hatte diese Situation vorausschauend<br />
berücksichtigt <strong>und</strong> die Qualifizierungsmaßnahme<br />
zum verpflichtenden Bestandteil<br />
der Förderung gemacht. Die Qualifizierungsmaßnahme<br />
der Fachkräfte als Teil des<br />
Projektes „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
wurde von allen Trägern nicht nur als positiv,<br />
sondern geradezu als notwendig erkannt. Offensichtlich<br />
sind die Sichtweisen der Vertreterinnen<br />
<strong>und</strong> Vertreter der Träger bezüglich der Qualität<br />
der Arbeit in Kinderkrippen <strong>durch</strong> die Rückmeldungen<br />
der Teilnehmerinnen, <strong>durch</strong> die fachlichen<br />
Anstöße auf den Trägertreffen <strong>und</strong> nicht<br />
zuletzt <strong>durch</strong> die ausführlichen Gespräche mit<br />
den Prozessbegleiterinnen erweitert, zumindest<br />
aber gefestigt worden. Entscheidend waren für<br />
die Träger, die bis dahin ausschließlich Erfahrungen<br />
im Kindergartenbereich gesammelt hatten,<br />
die Unterschiede in den pädagogischen Ansätzen<br />
sowie die verstärkten Anforderungen an<br />
das Personal. Die Qualität der Maßnahme wur-<br />
29 Bayerisches Staatsministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordung,<br />
Familie <strong>und</strong> Frauen & Staatsinstitut für Frühpädagogik (2003, 2.<br />
überarbeitete Neuauflage 2005)<br />
de erkannt <strong>und</strong> entsprechend gewürdigt. Verschiedentlich<br />
wurde geäußert, dass die Träger<br />
selbst solche Fortbildungsmodule bräuchten:<br />
„… weil ich festgestellt habe, dass es gravierende<br />
Unterschiede zwischen Kindergartenbetrieb<br />
<strong>und</strong> Kinderkrippenbetrieb gibt <strong>und</strong> die Maßnahmen<br />
<strong>und</strong> Ansprechpartner im Bereich Kinderkrippe<br />
wesentlich schwerer zu finden sind.“<br />
„Die Fortbildungen, die unsere Mitarbeiterinnen<br />
bekommen, die halte ich für ausgezeichnet.<br />
Außerdem ist der Austausch mit anderen Krippen<br />
auch ganz wichtig.“<br />
„Ich habe das Gefühl, dass die Erzieherinnen<br />
immer sehr hoch motiviert zurückkommen. Diese<br />
Module tun ihnen menschlich <strong>und</strong> persönlich<br />
sehr gut <strong>und</strong> sind für die berufliche Weiterbildung<br />
sehr, sehr wichtig.“<br />
Schwierigkeiten bzw. Bedenken wurden von<br />
zwei Seiten, insbesondere <strong>durch</strong> die enge<br />
Terminierung des ersten Jahres, geäußert: Zum<br />
einen wurde eine Überforderung des Personals<br />
befürchtet, zum anderen kam es (nicht in jeder<br />
Einrichtung) zu personellen Engpässen. Auch<br />
bei der Teilnahme des Fachpersonals an den<br />
Fortbildungsmodulen zeigte sich, dass die Kinderkrippen,<br />
die an größere Einrichtungen angegliedert<br />
sind oder eng kooperieren, leichter personelle<br />
Vertretungsmöglichkeiten finden.<br />
Mit dem Bayerischen <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplan<br />
29 steht der Praxis inzwischen ein wichtiges<br />
Instrument zur Qualitätsentwicklung <strong>und</strong> -sicherung<br />
zur Verfügung.<br />
77
Der Bayerische <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Erziehungsplan gilt auch für Kinderkrippen<br />
Im Jahre 2003 wurde der Bayerische <strong>Bildung</strong>s<strong>und</strong><br />
Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen<br />
bis zur Einschulung veröffentlicht <strong>und</strong><br />
zwar zunächst als „Entwurf für die Erprobung“.<br />
Erstellt wurde er im Auftrag des Sozialministeriums<br />
vom Staatsinstitut für Frühpädagogik<br />
unter Beteiligung externer Experten, der Spitzenverbände<br />
der freien Wohlfahrtspflege, der<br />
kommunalen Spitzenverbände, von Fach- bzw.<br />
Lehrkräften aus Kindertageseinrichtungen <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>schulen, von Vertreterinnen der Ausbildungsstätten<br />
für Erzieherinnen (Fachakademien<br />
für Sozialpädagogik) <strong>und</strong> von Eltern. In 104<br />
Tageseinrichtungen (darunter 30 Kinderkrippen<br />
bzw. Einrichtungen mit erweiteter Altersmischung)<br />
wurde der Bayerische <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Erziehungsplan erprobt. Die Erfahrungen <strong>und</strong><br />
Rückmel-dungen aus der Praxis wurden systematisch<br />
ausgewertet <strong>und</strong> jedes einzelne Kapitel<br />
daraufhin überarbeitet. Im Herbst 2005<br />
erscheint die erste überarbeitete Fassung. Die<br />
Ziele des Bayerischen <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplans<br />
<strong>werden</strong> in der Verordnung zur<br />
30 Weitere Informationen zum Gesamtkonzept des <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Erziehungsplans sowie zu den einzelnen Förderaspekten unter<br />
www.ifp-bayern.de <strong>und</strong> www. stmas.bayern.de<br />
78<br />
Ausführung des Bayerischen Kinderbildungs<strong>und</strong><br />
-betreuungsgesetzes (BayKiBiGV) verbindlich<br />
festgeschrieben.<br />
Der Bayerische <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplan<br />
bietet für alle Kindertageseinrichtungen in Bayern<br />
einen fachlichen Orientierungsrahmen für<br />
die Förderung frühkindlicher Lern- <strong>und</strong> Entwicklungsprozesse<br />
von Geburt an. Er stellt ein wegweisendes<br />
Instrument zur Qualitätsentwicklung<br />
<strong>und</strong> Qualitätssicherung für alle bayerischen<br />
Kindertageseinrichtungen – <strong>und</strong> somit auch für<br />
die Kinderkrippen – dar. Auf der Gr<strong>und</strong>lage dieses<br />
Orientierungsrahmens entwickeln die einzelnen<br />
Einrichtungen in Zusammenarbeit mit<br />
ihrem Träger <strong>und</strong> in der Erziehungspartnerschaft<br />
mit den Eltern ein eigenes <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Erziehungskonzept. Dieses wird veröffentlicht<br />
<strong>und</strong> ist somit allen Interessierten zugänglich. Als<br />
Gr<strong>und</strong>prinzipien des Bayerischen <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Erziehungsplans lassen sich zusammenfassen:<br />
– Frühes Lernen bildet den Gr<strong>und</strong>stein für lebenslanges<br />
Lernen.<br />
– Der Entwicklungsstand eines Kindes ist maßgebend<br />
für <strong>Bildung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Betreuung.<br />
– Spielen <strong>und</strong> Lernen gehören zusammen.<br />
– Erzieherinnen sind zuverlässige Bezugspersonen<br />
der Kinder. Sie beobachten sorgfältig <strong>und</strong><br />
unterstützen das Gelingen der Lernprozesse.<br />
So <strong>werden</strong> von Geburt an so genannte Basiskompetenzen<br />
gefördert, wie z. B. ein positives<br />
Selbstkonzept, Kompetenzerleben, Neugier <strong>und</strong><br />
Kreativität eines Kindes, die unterschiedlichen<br />
Aspekte der geistigen, sprachlichen <strong>und</strong> körperlichen<br />
Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten sowie die<br />
Entwicklung von Kompetenzen zum Handeln im<br />
sozialen Kontext. 30
Träger tragen Verantwortung 31<br />
Die Vielfalt der Träger, der Einrichtungen <strong>und</strong><br />
der Konzeptionen ist für das Jugendhilfesystem<br />
in Deutschland charakteristisch. Das Modell der<br />
staatlichen Förderung von freiwilligen (gemeinnützigen)<br />
Anbietern, verb<strong>und</strong>en mit dem Subsidiaritätsprinzip,<br />
ist eine deutsche Besonderheit<br />
(§ 4 SGB VIII, Art. 4 BayKiBiG). Das Prinzip der<br />
Subsidiarität bezieht sich auf die Verpflichtung<br />
der Träger der öffentlichen Jugendhilfe (kreisfreie<br />
Städte, Landkreise bzw. im Bereich der<br />
Kinderbetreuung in erster Linie die Verpflichtung<br />
der Gemeinden), von eigenen Maßnahmen<br />
abzusehen, wenn der Bedarf in gleichermaßen<br />
geeigneter Weise <strong>durch</strong> freigemeinnützige<br />
Träger gedeckt <strong>werden</strong> kann. Freigemeinnützige<br />
Träger sind:<br />
– Kirchengemeinden sowie kirchliche <strong>und</strong> nichtkirchliche<br />
Wohlfahrtsverbände (Arbeiterwohlfahrt,<br />
Caritas-Verband, Deutscher Paritätischer<br />
Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz,<br />
Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland)<br />
mit ihren Unterorganisationen;<br />
– Gemeinnützige Vereine.<br />
Daneben gibt es sonstige Träger, die nicht gemeinnützig<br />
arbeiten (z. B. Privatpersonen oder<br />
Betriebe), aber bei Bedarfsnotwendigkeit gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
auch förderfähig sind.<br />
Das Selbstverständnis <strong>und</strong> damit auch die pädagogische<br />
Arbeit in den Einrichtungen sind <strong>durch</strong><br />
unterschiedliche Wertorientierungen <strong>und</strong> Traditionen<br />
geprägt. Die internen Organisationsstruk-<br />
31 Die Ausführungen dieses Kapitels orientieren sich an: Fthenakis,<br />
W.E., Hansen, K. Oberhuemer, P. & Schreyer, I.: Träger zeigen<br />
Profil. Qualitätshandbuch für Träger von Kindertageseinrichtungen.<br />
Beltz Verlag 2003. Das Werk entstand im Rahmen des<br />
turen weisen große Unterschiede aus, z. B. agieren<br />
Elterninitiativen auf lokaler Ebene <strong>und</strong> sind<br />
meist nur Träger einer Einrichtung, während die<br />
großen Verbände b<strong>und</strong>esweit organisiert sind<br />
<strong>und</strong> Einfluss auf eine große Anzahl von Einrichtungen<br />
haben.<br />
Während in großen Trägerorganisationen die<br />
Verantwortungsbereiche auf verschiedene Abteilungen<br />
verteilt <strong>werden</strong>, liegen diese bei Trägern<br />
mit wenigen Einrichtungen in einer Hand. Die<br />
Verantwortung <strong>und</strong> die Funktionen der Trägerorganisation<br />
<strong>werden</strong> <strong>durch</strong> die jeweiligen Mitarbeiter<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiterinnen vertreten, die so genannten<br />
Trägervertreter <strong>und</strong> -vertreterinnen. Bei<br />
den öffentlichen Trägern können z. B. der Bürgermeister<br />
oder ein Fachbereichsleiter die verantwortlichen<br />
Trägervertreter sein. Auch bei den<br />
freien Trägern gibt es eine Bandbreite von Funktionen:<br />
Der Kirchenvorstand, der Vorstandsvorsitzende<br />
einer Elterninitiative, der Geschäftsführer<br />
eines Vereins oder bestellte Trägervertreter wie<br />
z. B. ein Pfarrer.<br />
In den letzten Jahren wurde die wichtige Funktion<br />
eines Trägers bei der Steuerung von Einrichtungsqualität<br />
zunehmend thematisiert, nicht<br />
zuletzt weil an die Stelle des traditionellen Verständnisses<br />
von Fürsorge schon seit den 90er<br />
Jahren Konzepte der K<strong>und</strong>enorientierung <strong>und</strong><br />
damit der fachpädagogische Diskurs um betriebswirtschaftliche<br />
Begriffe wie Effektivität, Effizienz,<br />
neue Steuerung, Qualitätsmanagement oder Controlling<br />
getreten ist.<br />
Projektes „Nationale Qualitätsinitiative im System der Tageseinrichtungen<br />
für Kinder“ (NQI), gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend (BMFSFJ).<br />
79
Die Träger der Kinderkrippen im Projekt „Initiative Kinderkrippen in Bayern“<br />
In den sieben Einrichtungen des Projektes „Initiative Kinderkrippen in Bayern“ spiegelt sich die<br />
Pluralität der Trägerlandschaft wider.<br />
Krippe<br />
Träger<br />
80<br />
Kinderkrippe<br />
„St. Vinzenz<br />
von Paul“,<br />
Kleinostheim<br />
Haus St.<br />
Vinzenz von<br />
Paul GmbH,<br />
Soziale<br />
Dienste<br />
Kleinostheim<br />
Kinderkrippe<br />
„Krabbelstube“<br />
Markt<br />
Lappersdorf<br />
Markt<br />
Lappersdorf<br />
Kinderkrippe<br />
„Zachäus-<br />
Nest“ in<br />
Neu-Ulm<br />
Ev. Luth.<br />
Petrusgemeinde,<br />
Neu-Ulm<br />
Montessori-<br />
Kinderkrippe<br />
Passau<br />
Förderverein<br />
Montessori<br />
Kinderhaus<br />
Passau <strong>und</strong><br />
Umgebung<br />
e. V. (Elterninitiative)<br />
Kindertages<br />
stätte<br />
„Grete-<br />
Schickedanz<br />
e. V.“ Fürth<br />
Quelle AG<br />
Kindertagesstätten<br />
Schickedanz<br />
e. V.<br />
Kinderkrippe<br />
„Zwergenparadies“,<br />
Hof<br />
Familienzentrum<br />
Mütterclub<br />
Hof e.V.<br />
Ab 2006<br />
Stiftung<br />
Marienberg<br />
kinderVilla<br />
der bürgerhilfeingolstadt<br />
e. V.<br />
bürgerhilfe<br />
ingolstadt<br />
e. V.
Gr<strong>und</strong>lagen der Trägerqualität<br />
Verantwortungs- Qualitätsziele Trägeraufgaben<br />
bereiche<br />
1. Organisations- ■ Positionierung im System ■ Organisationsentwicklung: Leitbild,<br />
<strong>und</strong> Dienst- der Kindertageseinrichtungen Managementkonzept, Kommunileistungs-<br />
■ Effektivität <strong>und</strong> Effizienz kationsstrategien, Qualitätspolitik,<br />
entwicklung der Trägerarbeit optimieren Evaluationsstrategien<br />
■ Anpassung an regionale ■ Dienstleistungsentwicklung:<br />
Gegebenheiten, gesellschaftliche System-Umweltanalyse,<br />
Rahmenbedingungen <strong>und</strong><br />
Adressatenwünsche<br />
Zielperspektiven entwickeln<br />
2. Konzeption <strong>und</strong> ■ Einrichtungsinterne Klärung ■ Rechtliche Vorgaben, Vorgaben<br />
Konzeptions- pädagogischer Leitprinzipien der Trägerorganisation, etc. kennen<br />
entwicklung <strong>und</strong> deren Umsetzung <strong>und</strong> vermitteln<br />
■ Umsetzung der Zielvorgaben ■ Weitergabe von Infos aus<br />
des KJHG <strong>und</strong> BayKiBiG innovativen Praxisprojekten<br />
■ Herstellung von Transparenz ■ Entwicklung der Konzeption fördern<br />
bezüglich des Profils <strong>und</strong> des <strong>durch</strong> Sicherung der zeitlichen,<br />
Leistungsangebots nach außen personellen <strong>und</strong> materiellen<br />
■ Kontinuierliche Fortschreibung Ressourcen; Sicherung der Teilnahme<br />
des Teams an Fortbildungen;<br />
Sicherung der Beteiligung von Eltern<br />
■ Prüfung der Konzeption vor<br />
Veröffentlichung, Information der<br />
Eltern, Aufbereitung für die<br />
Veröffentlichung<br />
3. Qualitäts- ■ Optimierung der Trägerleistung ■ Qualitätslenkung <strong>und</strong> -sicherung<br />
management ■ Transparenz der Arbeitsprozesse <strong>durch</strong> Entwicklung von Qualitäts-<br />
■ Effektivitätskontrolle zielen <strong>und</strong> Kriterien (Standards);<br />
Beschreibung in Leitfäden,<br />
Handbüchern etc.,<br />
■ Überprüfung u. Aktualisierung der<br />
Standards<br />
4. Personal- ■ Fachkräfte, die vielseitige ■ Personalplanung <strong>und</strong> Personalmanagement<br />
Aufgaben qualifiziert bewältigen gewinnung nach Analyse der<br />
■ Kompetente, initiative benötigten Personalstruktur<br />
Leitungskräfte ■ Personalführung <strong>und</strong> –aufsicht<br />
■ Gut funktionierendes Team ■ Personalentwicklung<br />
■ Wertschätzung der Fachkräfte ■ Personalcontrolling<br />
<strong>durch</strong> die Eltern<br />
■ Arbeitszufriedenheit <strong>und</strong><br />
Motivation der Fachkräfte<br />
■ Personalverwaltung<br />
5. Finanz- ■ Bedarfsgerechtes, möglichst ■ Finanzierungskonzept erstellen:<br />
management kostendeckendes Betreiben Berücksichtigung der rechtlichen<br />
der Kindertageseinrichtung Vorgaben des Landes, des B<strong>und</strong>es,<br />
■ Effizientes Verwenden der Mittel des Trägerverbandes,<br />
■ Beschaffung von Mitteln Kosten-Nutzen-Analyse, Haushaltsplan,<br />
Finanz-Controlling<br />
■ Verwaltung der Finanzen<br />
■ Erschließung zusätzlicher Finanzquellen<br />
81
Verantwortungs- Qualitätsziele Trägeraufgaben<br />
bereiche<br />
6. Familien- ■ Gelingende Zusammenarbeit ■ Ein Leistungsangebot, das die<br />
orientierung <strong>und</strong> zwischen Träger, Eltern <strong>und</strong> Belange der Familien angemessen<br />
Elternbeteiligung pädagogischen Fachkräften berücksichtigt<br />
■ Vertrauen der Eltern in die ■ Unterstützung einer partnerschaft-<br />
Fachkompetenz lichen Zusammenarbeit von<br />
■ Zufriedenheit der Eltern Fachkräften <strong>und</strong> Familien<br />
■ Stärkung der elterlichen ■ Gewährleistung von zielgruppen-<br />
Erziehungskompetenz<br />
■ Breite Beteiligung der Eltern<br />
■ Berücksichtung von Familien<br />
mit besonderem Unterstützungsbedarf<br />
spezifischen Partizipationsformen<br />
7. Gemeinwesen- ■ Informationsaustausch <strong>und</strong> ■ Engagement <strong>und</strong> Vernetzung im<br />
orientierte Zusammenarbeit mit System der Kindertageseinrich-<br />
Vernetzung <strong>und</strong> verschiedenen Partnern tungen (<strong>und</strong> Schulen)<br />
Kooperation ■ Positionierung in der (Fach-) ■ Vernetzung in Gemeinwesen <strong>und</strong><br />
Öffentlichkeit Politik<br />
■ Effizienzsteigerung <strong>durch</strong> ■ Kontakte zu Unternehmen im<br />
Zusammenarbeit<br />
■ Gezielte Ressourcennutzung<br />
Umkreis der Einrichtung<br />
8. Bedarfs- ■ Bedarfsorientierte <strong>und</strong> ■ Bedarfsermittlung <strong>und</strong> Angebotsermittlung<br />
<strong>und</strong> vorausschauende Planung entwicklung unter Einbeziehung der<br />
Angebots- ■ Nachfrageorientierte Angebots- Jugendhilfeplanung<br />
planung optimierung ■ Ermittlung von Daten im Verantwor-<br />
■ Planungsabstimmung zwischen tungsbereich des Trägers<br />
öffentlichen <strong>und</strong> freien Trägern ■ Entwicklung eines Angebotprofils in<br />
Zusammenarbeit mit der Einrichtung<br />
9. Öffentlichkeits- ■ Positionierung in der Öffentlichkeit ■ Konzept der Öffentlichkeitsarbeit<br />
arbeit <strong>und</strong> in der Trägerlandschaft erstellen<br />
■ Darstellung als Träger ■ „Corporate Identity“ entwickeln<br />
■ Darstellung der Kindertages- <strong>und</strong> stärken<br />
einrichtung ■ Als Anbieter sozialer Dienstleitungen<br />
in Erscheinung treten<br />
10. Bau- <strong>und</strong> ■ Um- <strong>und</strong> Neubauten ■ Überprüfung der baulichen Situation<br />
Sachausstattung (Sanierungen) <strong>durch</strong>führen lassen ■ Bauplanung <strong>und</strong> –<strong>durch</strong>führung<br />
■ Ökonomisch <strong>und</strong> ökologisch ■ Bedarfsfeststellung der Sachausverantwortungsbewusstes<br />
Handeln stattung<br />
■ Widerspiegelung der pädago- ■ Einkauf<br />
gischen Konzeption<br />
82
Leitfaden zur Errichtung einer Kinderkrippe<br />
Möchten Sie als Eltern, Träger oder Betrieb eine Kinderkrippe gründen? Der folgende Leitfaden kann<br />
als Orientierungshilfe dienen:<br />
Planungsphase<br />
Bedarf ermitteln Erhebung <strong>und</strong> Feststellung eines Bedarfs (z. B. <strong>durch</strong> Aushänge,<br />
Umfragen etc.) ggf. Anfrage bei benachbarten Betrieben, ob<br />
Interesse an einer Kooperation besteht<br />
Auswertung der Ergebnisse:<br />
– Welche Altersgruppe an Kindern ist in welchem Umfang<br />
betroffen?<br />
– Welche Betreuung (z. B. Umfang, Form) benötigen die Eltern?<br />
– Feststellung des möglichen Einzugsbereichs einer<br />
Kinderkrippe (Wo leben die Kinder?)<br />
– Was können sich Eltern finanziell leisten?<br />
– Kann der Bedarf <strong>durch</strong> vorhandene Einrichtungen gedeckt<br />
<strong>werden</strong>? (Informationen hierzu bei der Kommune <strong>und</strong> dem<br />
örtlich zuständigen Jugendamt *) )<br />
Kontakt mit der/den Die Gemeinden sind für ein ausreichendes Kinderbetreuungszuständigen<br />
Kommune/n angebot zuständig (Art. 5 ff. Bayerisches Kinderbildungs- <strong>und</strong><br />
aufnehmen -betreuungsgesetz – BayKiBiG). Auf Gr<strong>und</strong>lage einer möglichst<br />
kleinräumigen Planung stellen sie den örtlichen Bedarf fest. Die<br />
Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreise, kreisfreie Städte,<br />
i.d.R. das Kreis- oder Stadtjugendamt bzw. das Amt für Jugend<br />
<strong>und</strong> Familie *) ) tragen die planerische Gesamtverantwortung, stellen<br />
überörtliche Bezüge her <strong>und</strong> sind subsidiär für den Ausbau der<br />
Kinderbetreuung zuständig, wenn die Gemeinden z. B. nicht leistungsfähig<br />
sind.<br />
* Ansprechpartner finden Sie im Anhang<br />
Kriterien der Gemeinden für die Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit<br />
von Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren:<br />
– Anzahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren<br />
in der Kommune<br />
– Wartelisten bei den bestehenden Einrichtungen<br />
in der Kommune<br />
– Entwicklung der Kinderzahlen (z. B. Zuzugsgebiet; Ausweisung<br />
von Gewerbegebiet, Anstieg der Geburtenrate)<br />
– Freie Plätze in bereits bestehenden Einrichtungen, geplante<br />
Änderung der Konzeption bestehender Einrichtungen<br />
– Angebote in den Nachbargemeinden, ggf. Kooperation<br />
möglich<br />
– Ausbau der Tagespflege<br />
– Vielfalt des pädagogischen Angebots<br />
– Öffnungszeiten (kompatibel mit betrieblichen Interessen <strong>und</strong><br />
Bedürfnissen der Familien?)<br />
– Vergleichbare Interessen verschiedener Betriebe<br />
Die Träger von Kindertageseinrichtungen haben nach dem<br />
BayKiBiG einen gesetzlichen Förderanspruch, wenn das<br />
Betreuungsangebot bedarfsgerecht <strong>und</strong> als <strong>Bildung</strong>sangebot ausgestaltet<br />
ist (D. h. die pädagogische Arbeit richtet sich nach den in<br />
83
84<br />
der BayKiBiGV festgelegten <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungszielen <strong>und</strong><br />
mindestens die Hälfte der Kinder besucht die Einrichtung mindestens<br />
20 Wochenst<strong>und</strong>en). Die Förderhöhe orientiert sich an den<br />
Kosten für das pädagogische Personal <strong>und</strong> erfolgt kindbezogen.<br />
Zahlungspflichtig sind gr<strong>und</strong>sätzlich die Aufenthaltsgemeinden,<br />
also die Gemeinden, in denen die aufgenommenen Kinder leben.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser Planungs- <strong>und</strong> Finanzierungsverantwortung der<br />
Gemeinden ist frühzeitig eine Vorsprache bei den betreffenden<br />
Kommunen zur Vorabklärung der Bedarfsnotwendigkeit erforderlich,<br />
insbesondere um Informationen über Bedarfspläne <strong>und</strong><br />
Ausbaupläne am Firmensitz <strong>und</strong> in den betreffenden Aufenthaltsgemeinden<br />
einzuholen (ggf. r<strong>und</strong>er Tisch mit allen Planungsträgern).<br />
Weitere mögliche Fragen an die Kommune:<br />
– Prüfung, ob ein kommunales Gebäude (z. B. andere Kindertageseinrichtung,<br />
Schule etc.) mitgenutzt <strong>werden</strong> kann.<br />
– Frage, ob im Gemeindegebiet Gr<strong>und</strong>stück/Gebäude in Miete,<br />
Pacht oder etwa kostenfrei zur Verfügung steht.<br />
– Welche sonstigen Möglichkeiten der Unterstützung bestehen<br />
seitens der Gemeinde (z. B. Ausstattung, Verpflegung etc.)?<br />
Achtung: Bejaht die Kommune gr<strong>und</strong>sätzlich die Bedarfsnotwendigkeit<br />
der Plätze, so ist bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen<br />
mit einer Förderung nach dem BayKiBiG zu rechnen.<br />
Sollte sich die Kommune gr<strong>und</strong>sätzlich dagegen aussprechen, ist<br />
zu überlegen, ob das Vorhaben auch ohne gesetzliche<br />
Fördermittel realisiert <strong>werden</strong> kann, etwa mit alternativen Finanzierungsmöglichkeiten<br />
(z. B. Förderverein, privates Sponsoring,<br />
Kooperation mit benachbarten Unternehmen etc.)<br />
Vorentscheidungen über Wann <strong>und</strong> wie lange sollen die Kinder betreut <strong>werden</strong>?<br />
Betreuungsform treffen Gruppengröße?<br />
Welches pädagogische Konzept verfolgt man gr<strong>und</strong>sätzlich?<br />
Informationen einholen Informationen über rechtliche Vorgaben für den Betrieb einer<br />
Kindertageseinrichtung <strong>und</strong> entsprechende Fördermöglichkeiten<br />
erhalten Sie beim örtlich zuständigen Träger der öffentlichen<br />
Jugendhilfe (Landkreise, kreisfreie Städte, i.d.R. das Kreis- oder<br />
Stadtjugendamt bzw. das Amt für Jugend <strong>und</strong> Familie *) )<br />
Für Privatpersonen: Informationen über mögliche Leistungen erteilt<br />
die Agentur für Arbeit (z. B. Leistungen zur Kinderbetreuung,<br />
Existenzgründungszuschuss, Überbrückungsgeld)<br />
Erfahrungsaustausch mit anderen Einrichtungen<br />
Mögliche Kooperationen mit Betrieben <strong>und</strong> anderen Einrichtungen<br />
prüfen<br />
Suche nach … – geeignetem Träger bzw. Form der Trägerschaft<br />
– möglichen Räumen (Die Räume <strong>werden</strong> im Rahmen des<br />
Betriebserlaubnisverfahrens besichtigt. Zuständig sind in Bayern<br />
hierfür die Kreisverwaltungsbehörden, i.d.R. die örtlich<br />
zuständigen Kreis- oder Stadtjugendämter bzw. die Ämter für<br />
Jugend <strong>und</strong> Familie.) *)<br />
– Kooperationspartnern<br />
* Ansprechpartner finden Sie im Anhang
Finanzierungsplan für die Gegenüberstellung der Betriebskosten mit den Einnahmen z. B.<br />
laufenden Kosten erstellen aus gesetzlichen Leistungen (z.B. staatliche <strong>und</strong> kommunale<br />
Förderung) <strong>und</strong> sonstigen Einnahmen (z.B. Elternbeiträge etc.)<br />
Prüfung von alternativen Finanzierungsmöglichkeiten (z.B.<br />
Förderverein, privates Sponsoring, Kooperation mit benachbarten<br />
Unternehmen etc.)<br />
Anfrage, ob <strong>und</strong> inwieweit Gemeinde/Stadt bereit ist, sich über<br />
den gesetzlichen Förderanspruch hinaus an den Betriebskosten<br />
zu beteiligen.<br />
Finanzierungsplan für Staatliche Investitionskostenförderung<br />
Investitionsmaßnahmen Zwei Drittel der notwendigen Investitionskosten (ohne<br />
(Um-, Aus- <strong>und</strong> Erweite- Gr<strong>und</strong>stück) bedarfsnotwendiger Einrichtungen sind<br />
rungsbau einer Einrichtung) förderfähig. Zuständig sind für freigemeinnützige<br />
erstellen <strong>und</strong> sonstige Träger die Gemeinden, Gemeinden refinanzieren<br />
sich beim Freistaat Bayern im Rahmen des kommunalen<br />
Finanzausgleichs.<br />
Die Informationen über staatliche Investitionskostenförderung<br />
erhalten Sie bei den örtlich zuständigen Trägern<br />
der öffentlichen Jugendhilfe (Kreisverwaltungsbehörden, i.d.R.<br />
die örtlich zuständigen Kreis- oder Stadtjugendämter bzw. die<br />
Ämter für Jugend <strong>und</strong> Familie) <strong>und</strong> den Regierungen. *)<br />
Entscheidungsphase<br />
Alternative Investitionsmöglichkeiten (z. B. privates Sponsoring,<br />
Kooperationen mit benachbarten Unternehmen etc.)<br />
Einzelentscheidungen – Träger bzw. Form der Trägerschaft<br />
treffen über … (In Bayern sind förderfähig kommunale, freigemeinnützige<br />
(z. B. Vereine) <strong>und</strong> sonstige Träger (z. B. Elterninitiativen,<br />
natürliche <strong>und</strong> juristische Personen, privatwirtschaftliche<br />
Initiativen).)<br />
– Kooperation mit verschiedenen Partnern (z. B. anderen<br />
Kindertageseinrichtungen, Unternehmen etc.) <strong>und</strong> Festlegung<br />
des Kooperationsrahmens<br />
– Standort <strong>und</strong> Größe der Kindertageseinrichtung<br />
– Anmietung von geeigneten Räumen oder Erstellung eines<br />
Neu-, Um- oder Erweiterungsbaus<br />
Realisationsphase<br />
Verträge abschließen – Mietverträge, Kaufverträge für ein Gebäude/Gr<strong>und</strong>stück<br />
– Betreiberverträge (z. B. mit einem Verband)<br />
– Belegungsverträge (z. B. für Platzkontingente eines<br />
Unternehmens)<br />
Neu-, Um- oder<br />
Erweiterungsbau planen<br />
* Ansprechpartner finden Sie im Anhang<br />
Erstellung eines Bauplans, Einreichen des Bauplans,<br />
Baugesuch, Ausschreibung etc.<br />
Aufstellung einer Gesamtfinanzierung<br />
Beantragung von Investitionskostenförderung bei der<br />
zuständigen Gemeinde<br />
85
Personal einstellen <strong>und</strong><br />
Ausstattung planen<br />
86<br />
Suche <strong>und</strong> Einstellung des pädagogischen Personals für die<br />
Einrichtung (In Bayern <strong>werden</strong> die Anforderungen an das pädagogische<br />
Personal in der BayKiBiGV festgelegt. Für die ersten drei<br />
Monate wird eine fiktive Belegungsannahme unterstellt. Der endgültige<br />
Personalbedarf kann jedoch erst nach Abschluss des Anmeldeverfahrens<br />
ermittelt <strong>werden</strong>.)<br />
Suche <strong>und</strong> Einstellung von Reinigungs- <strong>und</strong>/oder Küchenpersonal<br />
Ausstattung der Räume mit geeignetem Inventar <strong>und</strong><br />
Spielmaterialien (evtl. mit der pädagogischen Fachkraft)<br />
Anträge stellen Antrag auf Erteilung einer Betriebserlaubnis (In Bayern sind<br />
hierfür die Kreisverwaltungsbehörden *) , i.d.R. die örtlich<br />
zuständigen Kreis- oder Stadtjugendämter bzw. die Ämter für<br />
Jugend <strong>und</strong> Familie, zuständig.)<br />
Antrag auf Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit bei der<br />
zuständigen Gemeinde (s. o.)<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Hygiene<br />
beachten<br />
Pädagogisches Konzepte<br />
entwickeln <strong>und</strong> Platzvergabe<br />
festlegen<br />
Abschluss einer Betriebshaftpflicht- <strong>und</strong> Unfallversicherung<br />
Meldung der Betreuungskraft an die Berufsgenossenschaft<br />
Einweisung des Personals in die Hygienestandards<br />
Evtl. Sicherstellung von ärztlicher <strong>und</strong> sicherheitstechnischer<br />
Betreuung (z. B. in Betrieben)<br />
Überlegungen zu einem pädagogischen Konzept (In Bayern sind<br />
hierbei die <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsziele der BayKiBiGV zu<br />
beachten. Die Konzeption ist schriftlich zu veröffentlichen.)<br />
Erarbeitung von Vergabekriterien für alle vorhandenen Plätze<br />
(evtl. Informationen von anderen Trägern einholen)<br />
Festlegung der Platzkontingente von evtl. Kooperationspartnern<br />
(z. B. Unternehmen)<br />
Beginn des Anmeldeverfahrens zur Belegung der Tageseinrichtung<br />
Festlegung von Elternbeiträgen (Nach dem BayKiBiG können<br />
Mindestbuchungszeiten bis zu 20 Wochenst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> deren<br />
Lage vorgegeben <strong>werden</strong>. Darüber sind unterschiedliche<br />
Buchungskategorien anzubieten <strong>und</strong> die Elternbeiträge angemessen<br />
zu staffeln.)<br />
Erarbeitung von Betreuungsverträgen<br />
Auswahl der Kinder<br />
Förderantrag stellen Antrag auf Gewährung einer Förderung bei der zuständigen<br />
Gemeinde (4 Abschlagszahlungen zzgl. Endabrechnung). Die<br />
Anträge finden Sie im Internet unter www.stmas.bayern.de.<br />
* Ansprechpartner finden Sie im Anhang
Tipps für Betriebe, die sich engagieren wollen<br />
1. Nutzen für Unternehmen<br />
Elternschaft <strong>und</strong> Erwerbstätigkeit müssen sich<br />
nicht ausschließen. Das Modellprojekt „Initiative<br />
Kinderkrippen in Bayern“ sowie zahlreiche<br />
Erfolgsbeispiele aus der betrieblichen Praxis belegen<br />
das.<br />
Wo liegen die Vorteile für Unternehmen, betrieblich<br />
unterstützte Kinderbetreuungsangebote<br />
einzurichten?<br />
■ Unternehmen, die Rahmenbedingungen für<br />
ihre Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter zur Vereinbarkeit<br />
von Familie <strong>und</strong> Erwerbstätigkeit<br />
schaffen, steigern deren Zufriedenheit <strong>und</strong><br />
erhöhen die Bindung an ihr Unternehmen.<br />
■ Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung von Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeitern sind für den Arbeitgeber mit<br />
hohen Investitionen verb<strong>und</strong>en. Angebote zur<br />
Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong> Erwerbstätigkeit<br />
ermöglichen eine schnelle Rückkehr an den<br />
Arbeitsplatz <strong>und</strong> eine lückenlose Erwerbsbiografie.<br />
Davon profitieren Arbeitgeber wie Arbeitnehmer<br />
<strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen gleichermaßen.<br />
Das Know-how <strong>und</strong> die Erfahrung der<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter stehen dem<br />
Unternehmen schneller wieder zur Verfügung.<br />
■ Eine schnelle Rückkehr an den Arbeitsplatz<br />
bedeutet für das Unternehmen aber auch,<br />
dass Kosten für die Personalbeschaffung <strong>und</strong><br />
Investitionen in Schulungen für Ersatzkräfte<br />
reduziert <strong>werden</strong> können.<br />
■ Betriebe, die familienbewusste Maßnahmen<br />
anbieten, können mit weniger Fehlzeiten <strong>und</strong><br />
einer geringeren Fluktuation der Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter rechnen.<br />
■ Betriebliche Kinderbetreuung dokumentiert das<br />
gesellschaftliche Engagement der Unternehmen<br />
<strong>und</strong> hebt das Firmenimage. Der Attraktivitätsfaktor<br />
des Unternehmens steigt bei Fach- <strong>und</strong><br />
Führungskräften. Ein Umstand, von dem vor<br />
allem kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen<br />
bei ihrer Personalsuche profitieren können.<br />
2. Entscheidungsablauf bei der Einrichtung<br />
betrieblich unterstützter<br />
Kinderbetreuung<br />
Die Entscheidung über die Einrichtung einer betrieblich<br />
unterstützten Kinderbetreuung gestaltet<br />
sich üblicherweise nach folgendem Ablauf:<br />
1. Erfassung der Bedarfslage<br />
2. Analyse des Bedarfs (detaillierte Bedarfserhebung<br />
bei den Mitarbeitern)<br />
3. Modellentwicklung aufgr<strong>und</strong> des erhobenen<br />
Bedarfs<br />
4. Eventuell Kooperation mit anderen Unternehmen<br />
5. Kontakt mit zuständigen Behörden<br />
6. Suche nach geeignetem Standort<br />
7. Finanzplanung<br />
8. Klärung rechtlicher <strong>und</strong> organisatorischer<br />
Fragen<br />
9. Suche nach geeignetem Träger<br />
10. Umsetzungsphase<br />
3. Möglichkeiten betrieblich unterstützter<br />
Kinderbetreuung<br />
Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung hat<br />
viele Gesichter. Abhängig vom Bedarf bei den<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter <strong>und</strong> entsprechend<br />
den Möglichkeiten des Unternehmens<br />
gibt es unterschiedliche Modelle. In den meisten<br />
Fällen handelt es sich inzwischen nicht mehr um<br />
einzelbetriebliche Ansätze, sondern um Lösungen,<br />
die mehrere Unternehmen im Zusammenschluss<br />
realisieren.<br />
a) Betriebseigene Kindertageseinrichtung<br />
Ein oder mehrere Unternehmen richten (gemeinsam)<br />
eine Kindertageseinrichtung ein, die<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter für ihre Kinder<br />
in Anspruch nehmen können. Die beteiligten<br />
Unternehmen investieren in die Erstausstattung<br />
<strong>und</strong> unterhalten den Betrieb der Kindertageseinrichtung.<br />
Mit der Trägerschaft wird ein freier<br />
oder kommunaler Träger beauftragt. Können die<br />
fachlichen Voraussetzungen sichergestellt <strong>werden</strong>,<br />
kann das Unternehmen auch selbst die Trägerschaft<br />
übernehmen.<br />
87
) Betrieblich geförderte Elterninitiative<br />
Ein oder mehrere Unternehmen unterstützen<br />
eine Elterninitiative dabei, eine betriebsnahe Betreuungseinrichtung<br />
zu schaffen <strong>und</strong> zu betreiben.<br />
Das Engagement der Unternehmen liegt<br />
bei diesem Modell im Wesentlichen in der finanziellen<br />
Unterstützung der Elterninitiative, die<br />
sich zu großen Teilen aus Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />
Mitarbeitern der beteiligten Betriebe zusammensetzt<br />
<strong>und</strong> Träger der Einrichtung ist.<br />
c) Betriebsnahe Kindertageseinrichtung<br />
Im Gegensatz zur betriebseigenen Kindertageseinrichtung<br />
ist eine betriebsnahe Kindertageseinrichtung<br />
auch für Kinder aus dem entsprechenden<br />
Stadtteil bzw. Ort geöffnet. Die betriebsnahe<br />
Kindertageseinrichtung wird in der Regel von<br />
einem freien oder kommunalen Träger geführt.<br />
Die Art des Engagements von Unternehmen<br />
kann dabei sehr unterschiedlich sein. Neben der<br />
Investition in die Erstausstattung oder dem Überlassen<br />
von Räumlichkeiten geht es bei diesem<br />
Modell vor allem darum, dass sich Unternehmen<br />
an den laufenden Betriebskosten der Einrichtung<br />
beteiligen.<br />
d) Finanzierung von Belegplätzen in bestehenden<br />
Einrichtungen<br />
Für Unternehmen, die eine betriebliche Kinderbetreuung<br />
fördern möchten, jedoch den finanziellen<br />
<strong>und</strong> organisatorischen Aufwand einer<br />
eigenen Kindertageseinrichtung scheuen oder<br />
deren Bedarf hierfür zu gering ist, besteht die<br />
Möglichkeit, sich Belegrechte in einer bestehenden<br />
Einrichtung zu sichern. Für das Unternehmen<br />
bedeutet dieses Modell, dass es sich<br />
nur für einen verhandelten Zeitraum festlegt.<br />
Die finanzielle <strong>und</strong> organisatorische Belastung<br />
ist sehr genau kalkulierbar <strong>und</strong> als eher niedrig<br />
einzustufen. Das Modell eignet sich daher<br />
besonders gut für kleine <strong>und</strong> mittelständische<br />
Betriebe.<br />
* vgl. Anhang<br />
88<br />
4. Rechtliche Informationen <strong>und</strong><br />
Hilfestellungen*<br />
Informationen erhalten Unternehmen bei der<br />
Fachberatung für Kinderbetreuung:<br />
– bei den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe<br />
(Landkreise, kreisfreie Städte, i.d.R. die Kreisoder<br />
Stadtjugendämter bzw. die Ämter für<br />
Jugend <strong>und</strong> Familie)<br />
– bei den Regierungen (in besonderen Fällen)<br />
– bei den beruflichen Fortbildungszentren der<br />
Bayerischen Wirtschaft (bfz)<br />
– Fauth-Herkner & Partner
Anhang<br />
Zitierte Literatur <strong>und</strong> weitere<br />
Literaturempfehlungen<br />
Ahnert, L. (Hrsg.) (2004). Frühe Bindung. Entstehung<br />
<strong>und</strong> Entwicklung. München: Ernst<br />
Reinhardt.<br />
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit <strong>und</strong><br />
Sozialordnung, Familie <strong>und</strong> Frauen & Staatsinstitut<br />
für Frühpädagogik München (Hrsg.)<br />
(2003, 2. überarbeitete Neuauflage 2005). Der<br />
bayerische <strong>Bildung</strong>s- <strong>und</strong> Erziehungsplan für<br />
Kinder in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung.<br />
Weinheim: Beltz.<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />
<strong>und</strong> Jugend (Hrsg.)(2003). Auf den Anfang<br />
kommt es an! Perspektiven zur Weiterentwicklung<br />
des Systems der Tageseinrichtungen<br />
für Kinder in Deutschland. Weinheim: Beltz.<br />
Beller, K. E. (1993). Kinderkrippe. In M. Markefka<br />
& B. Nauck (Hrsg.), Handbuch der Kindheitsforschung.<br />
(S. 535-541). Neuwied: Luchterhand.<br />
Beller, K. E. (2003). Eingewöhnung in der Krippe.<br />
Ein Modell zur Unterstützung der aktiven Auseinandersetzung<br />
aller Beteiligten mit Veränderungsstress.http://liga-kind.de/pages/202beller.htm.<br />
Blank-Mathieu, M. (2003). Konzeption Krippenpädagogik.<br />
In I. Becker-Textor & M. R. Textor<br />
(Hrsg.), Konzeption Krippenpädagogik. www.<br />
sgbviii.de/S1.html.<br />
Cryer, D. & Harms, T. (Hrsg.) (2000). Infants and<br />
toddlers in out-of-home care. Baltimore: Paul<br />
H. Brookes.<br />
Fried, L. & Büttner, G. (Hrsg.) (2004). Weltwissen<br />
von Kindern. Zum Forschungsstand über die<br />
Aneignung sozialen Wissens bei Krippen- <strong>und</strong><br />
Kindergartenkinder. Weinheim/München: Juventa.<br />
Fthenakis, W. E. & Textor, M. R. (Hrsg.) (2002).<br />
Mutterschaft, Vaterschaft. Weinheim: Beltz.<br />
Griebel, W. Niesel, R., Reidelhuber, A. & Minsel,<br />
B.: Erweiterte Altersmischung in KiTa <strong>und</strong><br />
Schule. München: Don Bosco 2004<br />
Gründler, E. C. (2004). Pflege, Bewegung, Spiel.<br />
Qualitätskriterien in der Krippenarbeit. Klein &<br />
<strong>Groß</strong>, (07-08), 16-20.<br />
Hofer, M. (2002). Familienbeziehungen im institutionellen<br />
Umfeld. In M. Hofer, E. Wild & P.<br />
Noack (Hrsg.), Lehrbuch Familienbeziehungen.<br />
Eltern <strong>und</strong> Kinder in der Entwicklung (S.<br />
51-69). Göttingen: Hogrefe.<br />
Hoffman, L., W. (2002). Berufstätigkeit von Müttern:<br />
Folgen für die Kinder. In W. E. Fthenakis<br />
& M. R. Textor (Hrsg.), Mutterschaft, Vaterschaft<br />
(S. 71-88). Weinheim: Beltz.<br />
Howes, C. (2000). Social development, family,<br />
and attachment relationships of infants and<br />
toddlers. Research into practice. In D. Cryer &<br />
T. Harms (Eds.), Infants and toddlers in out-ofhome<br />
care (S. 87-113). Baltimore: Paul H.<br />
Brookes.<br />
Kasten, H. (2004). 0–3 Jahre. Entwicklungspsychologische<br />
Gr<strong>und</strong>lagen. Weinheim/Basel:<br />
Beltz Verlag.<br />
Kracke, B. & Hofer, M. (2002). Familie <strong>und</strong> Arbeit.<br />
In M. Hofer, E. Wild & P. Noack (Hrsg.),<br />
Lehrbuch Familienbeziehungen. Eltern <strong>und</strong><br />
Kinder in der Entwicklung (S. 103–112). Göttingen:<br />
Hogrefe.<br />
Laewen, H.-J., Andres, B. & Hédervári, É. (Hrsg.)<br />
(2003). Die ersten Tage – Ein Modell zur Eingewöhnung<br />
in Krippe <strong>und</strong> Tagespflege. Weinheim:<br />
Beltz.<br />
Lamb, M.E. & Ahnert, L. (2003). Institutionelle<br />
Betreuungskontexte <strong>und</strong> ihre entwicklungspsychologische<br />
Relevanz für Kleinkinder. In H.<br />
Keller (Hrsg.). Handbuch der Kleinkinderforschung.<br />
(S. 525-564. Bern / Göttingen: Hans<br />
Huber.<br />
Landeshauptstadt München. Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />
<strong>und</strong> Sozialreferat Stadtjugendamt (Hrsg.)<br />
(2000). Pädagogische Rahmenkonzeption für<br />
Kooperationseinrichtungen der LHM. Fortschreibung<br />
für den Zeitraum 1997 bis Juni<br />
1999. Erstellt von Ulrich Diekmeyer. München:<br />
Landeshauptstadt München Sozialreferat.<br />
Landeshauptstadt München. Sozialreferat Stadtjugendamt,<br />
Abteilung Kindertagesbetreuung<br />
(Hrsg.) (2002). Die pädagogische Rahmenkonzeption<br />
für Kinderkrippen der Landeshauptstadt<br />
München. Langfassung. München: Landeshauptstadt<br />
München Sozialreferat.<br />
Meiser, U. (2002). Kinder in Übergängen stärken.<br />
Transitionen als Chance wahrnehmen. Kindergarten<br />
heute, (10), 6-14.<br />
Oberhuemer, P. (2004). Kinder unter drei in<br />
Tageseinrichtungen. Eine trägerübergreifende<br />
Fortbildungsinitative. KiTa abktuell BY, (12),<br />
250-253.<br />
89
Scheffler, A. (2003). Krippenkinder aufnehmen<br />
(4). Praktische Überlegungen zur Krippenbetreuung.<br />
Kindergarten heute, (5), 26-33.<br />
Schneider, K. (2003). Kinder unter drei auf dem<br />
Weg in die Wissensgesellschaft? <strong>Bildung</strong> in<br />
Krippen <strong>und</strong> Krabbelstuben. In R. Prölß<br />
(Hrsg.), Die Bedeutung der verschiedenen<br />
Lernorte: Konsequenzen aus der PISA-Studie<br />
zur Gestaltung der Jugendhilfe in einer kommunalen<br />
<strong>Bildung</strong>slandschaft (S. 147-154).<br />
Nürnberg: emwe.<br />
Schreyer, I., Hansen, K., Kalicki, B., Nagel, B. &<br />
Oberhuemer P. (2003). Trägerqualität. Die<br />
Steuerung von <strong>Bildung</strong>s-, Erziehung- <strong>und</strong><br />
Betreuungsqualität <strong>durch</strong> Evaluation. In W. E.<br />
Fthenakis (Hrsg.), Elementarpädagogik nach<br />
PISA (S. 352-371). Weinheim: Beltz.<br />
Sechtig, J. & Viernickel, S. (2003). Krippenkinder<br />
aufnehmen (3). Identität – das Bewusst<strong>werden</strong><br />
der eigenen Persönlichkeit. Kindergarten<br />
heute, (4), 24-31.<br />
Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2004). Kindertagesbetreuung<br />
in Deutschland – Einrichtungen,<br />
Plätze, Personal <strong>und</strong> Kosten 1990–2002, Wiesbaden.<br />
90<br />
Tietze, W. & Viernickel, S. (Hrsg.) (2002). Pädagogische<br />
Qualität in Tageseinrichtungen für<br />
Kinder. Ein nationaler Kriterienkatalog. Weinheim:<br />
Beltz.<br />
VanDieken, C. (2002). Spot. So geht's mit Krippenkindern.<br />
Kindergarten heute, Sonderheft.<br />
Viernickel, S. & Sechtig, J. (2003). Krippenkinder<br />
aufnehmen (1). Aufbau <strong>und</strong> Entwicklung von<br />
Bindungen. Kindergarten heute, (1), 14-20.<br />
Viernickel, S. & Sechtig, J. (2003). Krippenkinder<br />
aufnehmen (2). Entwicklung von Interaktions<strong>und</strong><br />
Kommunikationsfähigkeiten. Kindergarten<br />
heute, (2), 16-21.<br />
Weber, C. (Hrsg.) (2004). Betreuung <strong>und</strong> Erziehung<br />
in Familie <strong>und</strong> Krippe. In Spielen <strong>und</strong><br />
Lernen mit 0- bis 3-Jährigen. Der entwicklungszentrierte<br />
Ansatz in der Krippe (S. 26-30).<br />
Weinheim/Basel: Beltz Verlag.<br />
Wilhelm, K. (2005). Fremde Betreuung – gute<br />
Betreuung. Psychologie heute, 28-30.<br />
Wimmer-Schmidt, G. & Daschner, E. M.(2003).<br />
Dokumentation der Qualifizierungsmaßnahme<br />
der Initiative Kinderkrippen in Bayern.<br />
Unveröffentlichtes Papier.
Die Einrichtungen im Modellprojekt<br />
Kinderkrippe Träger<br />
Kinderkrippe „Grete Schickedanz e. V.“ Quelle AG<br />
Leiterin: Petra Memmert Gerhard Koslowski<br />
Flößaustr. 10 Personalabteilung<br />
90763 Fürth Hornschuchpromenade 11-13<br />
Tel. 09 11-71 17 10 90763 Fürth<br />
gerhard.koslowski@quelle.de<br />
Kinderkrippe „Zwergenparadies“ Stiftung Marienberg<br />
Leiterin: Silke Bauer Maria Mangei<br />
Bismarckstr. 46 Klostertor 2<br />
90028 Hof 95028 Hof<br />
Tel. 0 92 81-84 08 39 Tel. 0 92 81-83 71 04<br />
maria.mangei@stiftung-marienberg.de<br />
(ab 01.04.2005)<br />
kinderVilla der bürgerhilfe ingolstadt e.V. bürgerhilfe ingolstadt e.V.<br />
Leiterin: Karin Tittes Sabine Thanheiser<br />
Luitpoldstr. 1 Josef-Ponschab-Str. 14<br />
85051 Ingolstadt 85049 Ingolstadt<br />
Tel. 08 41-3 70 44 43 Tel. 08 41-15 03<br />
Fax: 08 41-3 70 46 07 buergerhilfe-ingolstadt@bingo-ev.de<br />
Kinderkrippe St. Vinzenz von Paul Haus St. Vinzenz von Paul GmbH<br />
Leiterin: Andrea Aulbach Soziale Dienste Kleinostheim<br />
Kirchstr. 58 Klaus Jakob<br />
63801 Kleinostheim Bassenser Str. 17<br />
Tel. 0 60 27-40 79 72 63801 Kleinostheim<br />
st.vinzenz-kinderkrippe@web.de Tel. 0 60 27-47 74 02<br />
Fax: 0 60 27-47 74 04<br />
st.vinzenz-@t-online.de<br />
Krabbelstube Markt Lappersdorf Markt Lappersdorf<br />
Leiterin: Silke Lux, Mechthild Obam Rudi Reichenberger<br />
Dr.-Martin-Luther-Str. 1 Rathausstr. 3<br />
93138 Lappersdorf 93138 Lappersdorf<br />
Tel. 09 41-8 70 28 86 Tel. 0941-8 30 00 26<br />
Fax: 09 41-80 30 55 86<br />
Krabbelstube-lap@web.de<br />
marktverwaltung@lappersdorf.de<br />
Kinderkrippe Zachäus-Nest Evang. Luth. Petrusgemeinde Neu-Ulm<br />
der Evang. Luth. Petrusgemeinde Neu-Ulm Pfarrer Joachim Pennig<br />
Leiterin: Silke Schulmeyer Petrusplatz 8<br />
Steubenstr. 28 89231 Neu-Ulm<br />
89231 Neu-Ulm Tel. 07 31-9 74 86 50<br />
Tel. 07 31-7 05 46 67<br />
evang.petrus-krippe@kirche-neu-ulm.de<br />
www.petruskirche.telebus.de<br />
petrus@kirche-neu-ulm.de<br />
Montessori Kinderhaus Förderverein Montessori-Kinderhaus Passau<br />
Leitung: z. Zt. vakant <strong>und</strong> Umgebung e. V.<br />
Söldenpeterweg 21 Sigrid Burgstaller, Klaus Dirscherl<br />
94036 Passau Söldenpeterweg 21<br />
Tel. 08 51-75 63 97 71 94036 Passau<br />
Tel. 08 51-75 63 97 71<br />
91
Die Mitglieder des Fachbeirats<br />
Vertreter der vbw –<br />
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.<br />
Dr. Christof Prechtl<br />
Max-Joseph-Straße 5<br />
80333 München<br />
Tel. 0 89-5 51 78-2 20<br />
E-Mail: christof_prechtl@vbw-bayern.de<br />
Nicole Scherbe<br />
Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums<br />
für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, Familie<br />
<strong>und</strong> Frauen<br />
Hans-Jürgen Dunkl<br />
Winzererstr. 9<br />
80792 München<br />
Tel. 0 89-12 61-10 98<br />
E-Mail: Hans-Juergen.Dunkl@stmas.bayern.de<br />
Martina Nusskern (bis Oktober 2004)<br />
Birgit Siglmüller (ab Oktober 2004)<br />
Vertreterin des <strong>Bildung</strong>swerk der Bayerischen<br />
Wirtschaft e. V.<br />
Elisabeth Graf<br />
Vertreterin des Bayerischen Städtetags<br />
Angelika Simeth<br />
Landeshauptstadt München Sozialreferat,<br />
Stadtjugendamt, Abt. Kindertagesbetreuung<br />
Vertreter des Gemeindetages<br />
Gerhard Dix<br />
Vertreter des Fachausschusses „Kindertagesstätten<br />
der LAG Freie Wohlfahrtspflege“<br />
Joachim Feichtl<br />
Vertreter der Regierung von Oberbayern<br />
Dieter Walz<br />
Vertreterin: Roswitha Weyrauch<br />
Vertreterin der Landeshauptstadt München<br />
Angelika Berchtold,<br />
Stadtjugendamt, Abt. Kindertagesbetreuung<br />
Bereichsleitung Kinderkrippen<br />
Vertreter der wissenschaftlichen Begleitung<br />
Prof. Dr. Dr. Dr. W.E. Fthenakis<br />
Renate Niesel<br />
Staatsinstitut für Frühpädagogik, München<br />
Vertreter der Träger<br />
Pfarrer Joachim Pennig<br />
Vertreterin: Ulrike Eisenlauer<br />
Neu-Ulm<br />
92<br />
Vertreterin der Erzieherinnen aus den<br />
Projektstandorten<br />
Silke Lux<br />
Lappersdorf<br />
Vertreterin der Eltern aus den Projektstandorten<br />
Sigrid Burgstaller<br />
Passau<br />
Vertreterinnen der Qualifizierungsmaßnahme<br />
Elfriede Maria Daschner<br />
Gerda Wimmer-Schmidt<br />
Weitere Informationen <strong>und</strong><br />
Ansprechpartner<br />
Ansprechpartner für Rechts- <strong>und</strong> Finanzierungsfragen<br />
sind die örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörden,<br />
i.d.R. die Kreis- <strong>und</strong> Stadtjugendämter<br />
bzw. die Ämter für Jugend <strong>und</strong> Familien, in<br />
besonderen Fällen die Regierungen. Eine entsprechende<br />
Auflistung finden Sie unter<br />
www.stmas.bayern.de/kinderbetreuung/index.htm<br />
Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen<br />
Wirtschaft (bfz): Das bfz in Augsburg hat sich auf<br />
die bayernweite Firmenberatung zum Thema<br />
„Kinderbetreuung“ spezialisiert.<br />
Tel.: 08 21-40 80 20<br />
e-Mail: familienbewusste-arbeitswelt@a.bfz.de<br />
www.bfz.de<br />
Fauth-Herkner & Partner<br />
Wolfratshauser Str. 203 a<br />
81479 München<br />
www.arbeitswelt.de<br />
www.bayme.de<br />
www.bfz.de<br />
www.bildunginbayern.de<br />
www.familienhandbuch.de<br />
www.ifp-bayern.de<br />
www.kindertagesbetreuung.de<br />
www.mittelstand-<strong>und</strong>-familie.de<br />
www.sgbviii.de<br />
www.stmas.bayern.de<br />
www.vbm.de<br />
www.vbw-bayern.de<br />
www.wissen-<strong>und</strong>-wachsen.de
Eine Initiative der in Kooperation mit<br />
vbw – Vereinigung der<br />
Bayerischen Wirtschaft e.V.<br />
Max-Joseph-Straße 5<br />
80333 München<br />
www.vbw-bayern.de<br />
BayME – Bayerischer<br />
Unternehmensverband<br />
Metall <strong>und</strong> Elektro e.V.<br />
Max-Joseph-Straße 5<br />
80333 München<br />
www.bayme.de<br />
VBM – Verband der<br />
Bayerischen Metall- <strong>und</strong><br />
Elektro-Industrie e.V.<br />
Max-Joseph-Straße 5<br />
80333 München<br />
www.vbm.de<br />
Bayerisches Staatsministerium<br />
für Arbeit<br />
<strong>und</strong> Sozialordnung,<br />
Familie <strong>und</strong> Frauen<br />
Winzererstraße 9<br />
80333 München<br />
www.stmas.bayern.de<br />
Staatsinstitut<br />
für Frühpädagogik<br />
Winzererstraße 9<br />
80333 München<br />
www.ifp-bayern.de