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Die politische Arbeit und Probleme der ... - aggi-info.de

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friedliche, sozial gerechte <strong>und</strong> wirtschaftlich sinnvolle Alternative zu Faschismus <strong>und</strong>Imperialismus. Zu beachten ist aber auch, daß Mitgliedschaft in <strong><strong>de</strong>r</strong> SED nachungeschriebenem Gesetz Voraussetzung für <strong>de</strong>n Aufstieg in höhere <strong>Die</strong>nststellungenwar. Daraus ergab sich, allerdings vorrangig in <strong>de</strong>n Führungsfunktionen, ein gewisserAnpassungszwang, <strong><strong>de</strong>r</strong> bis zur Unaufrichtigkeit gehen konnte. Es wäre jedoch indiesem Zusammenhang falsch <strong>und</strong> ist durch nichts belegbar, z.B. die Austrittswelleaus <strong><strong>de</strong>r</strong> SED auch in <strong>de</strong>n Streitkräften 1989/90 vorrangig auf Karriereverhaltenzurückzuführen. Es war vielmehr – wie es 1999 auch <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemalige Komman<strong>de</strong>ur<strong>de</strong>s Küstenraketenregiment 18 in seinen Erinnerungen beschrieben hat – die tiefeEnttäuschung über die <strong>politische</strong> <strong>und</strong> militärische Führung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR: „ Plötzlichzeigten sich unsere großen ‚Lehrmeister´ nicht mehr als Herren ihrer Sache.“ (22)Unbestreitbar ist jedoch auch, daß es in <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA ein größeres Bemühen als imzivilen Bereich gab, die hohen Quoten im Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>bestand nicht nur zu halten,son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ständig zu erhöhen. <strong>Die</strong> zu gesellschaftlichen Höhepunkten durchgeführtenWerbekampagnen, mit Vorgaben durch die übergeordneten Politorgane, hattenjedoch auch negative Effekte, weil die quantitativen Ergebnisse über die tatsächlichenÜberzeugungen hinwegtäuschten.Ungeachtet <strong>de</strong>ssen ist insgesamt jedoch die Einschätzung berechtigt, daß bisAnfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre bei <strong><strong>de</strong>r</strong> überwiegen<strong>de</strong>n Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteimitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> auch in<strong><strong>de</strong>r</strong> Armee eine optimistische Gr<strong>und</strong>haltung bestand. In <strong><strong>de</strong>r</strong> zweiten Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80erJahre begann dann die Entwicklung einer tiefen Vertrauenskrise. Jedoch bis 1989/90gab es nur verborgenes Grollen, keine Handlungen. Das Ergebnis war eine gewisseSchizophrenie. Bei offiziellen Anlässen wur<strong>de</strong> die erwartete Meinung geäußert, diewahre Auffassung wur<strong>de</strong> nur in einem bestimmtem Personenkreis mitgeteilt. Es wareine charakteristische Denkweise <strong>de</strong>s überwiegen<strong>de</strong>n Teils <strong><strong>de</strong>r</strong> SED-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>,Zweifel immer <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlossenheit <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Sache unterzuordnen <strong>und</strong> nicht öffentlichk<strong>und</strong>zutun. So kannte die SED auch in <strong>de</strong>n Streitkräften bis 1989 keinen offenenWi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand. Erst 1988 <strong>und</strong> 1989 fan<strong>de</strong>n auch Organisationen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong>de</strong>n Mut,offen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteipolitik Kritik zu üben.<strong>Die</strong> starke soziale Motivation <strong><strong>de</strong>r</strong> SED-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegelte sich imSoldatenalltag in vielfältiger Weise. Nicht nur wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheidungsgewalt vonoben <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> zentralen For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor allem aus I<strong>de</strong>alismus <strong>und</strong>Einsatzbereitschaft engagierten sich Tausen<strong>de</strong> im <strong>politische</strong>n, militärischen <strong>und</strong>kulturellen Soldatenalltag, wodurch erst vieles gemeinsam mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Armeeangehörigenim Truppendienst möglich wur<strong>de</strong>. <strong>Die</strong> Beziehungen zwischen SED-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>und</strong> parteilosen Soldaten <strong>und</strong> Unteroffizieren waren im Alltag weitestgehendunauffällig. <strong>Die</strong> Parteimitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> wirkten in ihren Kollektiven <strong>und</strong> wur<strong>de</strong>n inihrer Vorbildwirkung durchaus respektiert. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die Parteimitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>und</strong>Kandidaten im Unteroffiziers- <strong>und</strong> Soldatenrang, aber auch viele Offiziere hatten guteVerbindungen zu <strong>de</strong>n parteilosen Armeeangehörigen <strong>und</strong> besaßen ihr Vertrauen.In unserer Befragung von 1998 wur<strong>de</strong> ehemaligen Soldaten <strong>und</strong> Unteroffizieren dieFrage gestellt: „Wenn es in ihrer Stube jeman<strong>de</strong>n gab, <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglied <strong><strong>de</strong>r</strong> SED war –welche Merkmale trafen auf ihn zu?“ Sie waren „Soldaten wie je<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e“, <strong>de</strong>mstimmten ca. 90 % <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragten „voll zu“. Als „Kumpel“ wur<strong>de</strong>n sie von ca. 60 % im„vollem Umfang“ sowie von einem weiteren Drittel mit „Teil-Teils“ eingeschätzt.Bemerkenswert ist, daß entgegen heute vielfach verbreiteten Darstellungen dieParteimitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> lediglich von 2 % ihrer ehemaligen Zimmergenossen als „Zuträger“bezeichnet wer<strong>de</strong>n. Als Vorbil<strong><strong>de</strong>r</strong> galten sie für 27,2 % <strong><strong>de</strong>r</strong> Unteroffiziere <strong>und</strong> 20 %<strong><strong>de</strong>r</strong> Soldaten „im vollen Umfang“. Des weiteren bewerten 51,2 % bzw. 48 % dieVorbildwirkung mit „Teils-Teils“. Für diese aus <strong>de</strong>n Alltagserfahrungen getroffenen16

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