Die politische Arbeit und Probleme der ... - aggi-info.de

Kritische Anmerkungen in Analysen der Neuererarbeit richten sich auf unkonkreteAufgabenstellungen für die Neuererinitiativen, Planlosigkeit der Arbeit, fehlendeNeuerervereinbarungen sowie nur auf Höhepunkte gerichtete Aktivitäten. (55)Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine im Jahre 1989 durchgeführteUmfrage der Politischen Hauptverwaltung über die Bereitschaft der Armeeangehörigen,persönliche Initiativen zur Verbesserung der Dienst- und Lebensbedingungenin der Truppe zu entwickeln. (56) Nur 30 bis 40 % der Befragten erklärten,beteiligt zu sein bzw. beteiligt gewesen zu sein. Über die Hälfte äußerte, ihre Bereitschaftsei nicht abgefordert worden bzw. im Truppenteil habe es keine Möglichkeitenzu solchen Initiativen gegeben.Zusammenfassend kann u. E. zur demokratischen Mitwirkung in der NVA festgestelltwerden: Zu dieser Problematik gab es in der NVA stets einen Widerspruch.Einerseits war die demokratische Mitgestaltung per Gesetz zugesichert, ja gefordert,andererseits stieß sie stets an die Grenze der geforderten strikten Befehlserfüllung.Obwohl damit scheinbar wenig Spielraum für eigenes Denken und demokratischesMitwirken blieb, gab es – wie die von uns durchgeführte Befragung sowie auch dieAussagen in aktenkundigen Berichten, Analysen und Befragungen auf verschiedenenKommandoebenen der NVA belegen, dafür durchaus individuelle undkollektive Spielräume, die von den Armeeangehörigen auch genutzt wurden. Zweifelloswaren Spielräume wie auch Hindernisse wesentlich abhängig von Vorgesetzten,vom Klima in den Kollektiven, auch von Themen und Bereichen der Mitgestaltungsowie nicht zuletzt vom positiven oder negativen Wirken der Parteiorganisationen derSED.Es kann aber festgestellt werden, daß – wieder generell abhängig von denjeweiligen Dienstgradgruppen, aber doch durchgängig durch alle Armeeangehörigen– Initiativen, Kritiken und Hinweise erbracht wurden, die durchaus der Verbesserungder Ausbildung sowie auch der Dienst- und Lebensbedingungen gedient haben.5. WaffenbrüderschaftsbeziehungenDie sozialistische Waffenbrüderschaft hatte im gesamten Prozeß der Erziehung undAusbildung der Armeeangehörigen seitens der Partei-, Staats- und Armeeführungeinen besonderen Stellenwert. Die Armeeangehörigen sollten entsprechend demFahneneid die DDR „... auf Befehl der Arbeiter-und-Bauern-Regierung gegen jedenFeind ... schützen“, an der Seite der Sowjetarmee und der anderen Bruderarmeen „...den Sozialismus gegen alle Feinde ... verteidigen und (ihr) ... Leben zur Erringungdes Sieges“ einsetzen. (57) Besonders hervorgehoben wurde dabei die Waffenbrüderschaftmit der Sowjetarmee als stärkster und erfahrenster Armee der sozialistischenMilitärkoalition. Herausragender Bestandteil der Waffenbrüderschaft warenlaut sowjetischer Militärenzyklopädie wie auch der Waffenbrüderschaftsordnung desMinisters für Nationale Verteidigung der DDR von 1983 die „breite, allseitige Zusammenarbeitund enge Beziehungen ..., die alle Bereiche des Lebens und der Tätigkeitder Bruderarmeen umfassen.“ (58)Im Selbstverständnis der DDR- und der Armeeführung sollte die Waffenbrüderschaftmit den Bruderarmeen – vor allem aber der Sowjetarmee – fester Bestandteil desAlltagslebens der Soldaten der NVA sein. Die Hervorhebung der Sowjetarmee ergabsich neben ihrer postulierten Führungsrolle im Warschauer Vertrag auch aus derTatsache, daß infolge der Stationierung sowjetischer Streitkräfte – der GSSD – aufdem Territorium der DDR besonders günstige Rahmenbedingungen für dieBeziehungen zu ihr existierten. Lediglich zu grenznahen Einheiten der tschechoslowakischenVolksarmee und der polnischen Armee gab es annähernd gleich32