Broschüre Arzthaftung/Schweigepflicht - Sächsische ...
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2.7. Richtlinien/Leitlinien<br />
Leitlinien haben indizielle Bedeutung bei Haftungsfragen. Die Befolgung von<br />
Leitlinien indiziert ein pflichtgemäßes, sorgfältiges Verhalten.<br />
Leitlinien bedürfen allerdings – so ein Urteil des OLG Naumburg – der Konkretisierung<br />
im Einzelfall. Deshalb hat das OLG den Ärztlichen Leitlinien der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften<br />
(AMF) lediglich Informationscharakter für die Ärzte beigemessen. Eine weitergehende<br />
Bedeutung im Sinne einer verbindlichen Handlungsanleitung wurde<br />
vom OLG Naumburg nicht anerkannt (77).<br />
Das OLG Hamm hat entschieden, dass Richtlinien den Erkenntnisstand der<br />
medizinischen Wissenschaft nur deklaratorisch wiedergeben würden, nicht aber<br />
konstitutiv begründen (78).<br />
Das OLG Stuttgart hat einen Verstoß gegen in Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften<br />
niedergelegte Behandlungsregeln nicht zwingend als groben Behandlungsfehler<br />
angesehen (79).<br />
Es existiert keine Entscheidung des BGH, die die Haftung eines Arztes unmittelbar<br />
auf die Verletzung von Leitlinien stützt (80). Dessen ungeachtet sind 2<br />
höchstrichterliche Entscheidungen bekannt, die sich mit der Leitlinienproblematik<br />
befassen (81). Den Leitlinien und Richtlinien der Bundesärztekammer<br />
oder der Medizinischen Fachgesellschaften kommt zwar keine Bindungswirkung<br />
zu, sie sind aber Wegweiser für den medizinischen Standard. Eine Abweichung<br />
davon bedarf besonderer Rechtfertigung (82).<br />
2.8. Haftungsumfang<br />
a) Allgemeines<br />
Die zivilrechtliche Haftung zielt vertraglich und deliktisch auf Schadensausgleich.<br />
Der Sanktionscharakter spielt im Zivilrecht im Gegensatz zum Strafrecht<br />
eine völlig untergeordnete Rolle. Jeder Arzt – auch der noch so gewissenhafte<br />
Arzt – muss mit dem Risiko leben, einmal zivilrechtlich auf<br />
Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden.<br />
Dieses Berufsrisiko muss der Arzt akzeptieren. Die wirtschaftlichen Risiken<br />
werden durch eine Berufshaftpflichtversicherung abgefedert, so dass deren<br />
Bedeutung nicht hoch genug betont werden muss.<br />
Zu ersetzen ist zunächst der dem Patienten entstandene materielle Schaden. Bei<br />
Verletzungen des Körpers und der Gesundheit steht dem Patienten ein so ge-<br />
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