Broschüre Arzthaftung/Schweigepflicht - Sächsische ...
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vom Arzt ein Gutachten, das ein gegebenenfalls fehlerhaftes oder unvollständiges<br />
Gerichtsgutachten erschüttern soll. Dieses Gutachten wird der Sachverständige<br />
seinem Auftraggeber zukommen lassen, seine Rechnung beifügen und im Übrigen<br />
gegenüber jedermann schweigen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Auftraggeber<br />
den Gutachter anweist, das in seinem Auftrag erstellte Gutachten einem<br />
Dritten, beispielsweise einer Versicherungsgesellschaft zukommen zu lassen.<br />
8.2.<strong>Schweigepflicht</strong> bei der Behandlung von Kindern u.Jugendlichen<br />
Auch Minderjährige haben ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse. Sofern<br />
der Minderjährige das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist grundsätzlich<br />
davon auszugehen, dass der Arzt die Eltern in vollem Umfang zu unterrichten<br />
hat (26).<br />
Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr ist das Geheimhaltungsinteresse grundsätzlich<br />
zu akzeptieren.<br />
Selbstverständlich kann der Minderjährige den Arzt von der <strong>Schweigepflicht</strong><br />
entbinden. Der Minderjährige muss jedoch die erforderliche Urteils- und Einsichtsfähigkeit<br />
besitzen, ansonsten müssen die gesetzlichen Vertreter (regelmäßig<br />
die Sorgeberechtigten) den Arzt entbinden (27).<br />
Gerade bei der Behandlung von Kindern kann die bereits unter Ziff. 3 erörterte<br />
Notstandsproblematik gemäß § 34 StGB sowie die Frage des Vorliegens eines<br />
Drittgeheimnisses eine Rolle spielen. Bender erörtert folgendes Beispiel (27a):<br />
Bei der Untersuchung eines Kindes erfährt der Arzt, dass sein Vater es sexuell<br />
missbraucht hat. Die herrschende Meinung weist darauf hin, dass die <strong>Schweigepflicht</strong><br />
auch das Drittgeheimnis erfasst, also den Vater, der – da nicht selbst<br />
Patient – Dritter ist. Die Frage, ob der Arzt dennoch befugt ist, sich zu offenbaren<br />
setzt voraus, dass eine Notstandslage vorliegt. Davon ist dann auszugehen,<br />
wenn eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben etc. vorliegt. Die kritische Frage<br />
ist die nach der gegenwärtigen Gefahr, denn liegen die Taten in der Vergangenheit<br />
und besteht keine Wiederholungsgefahr, dann entfällt auch die Rechtfertigungsmöglichkeit<br />
über § 34 StGB (27a).<br />
Bender weist darauf hin, dass eine gegenwärtige Gefahr dann bestehe, wenn ein<br />
Zustand gegeben sei, dessen Weiterentwicklung den Eintritt oder die Intensivierung<br />
eines Schadens ernstlich befürchten lasse, sofern keine Abhilfe erfolgt,<br />
wobei eine Wiederholungsgefahr nur dann ausreichend sei, wenn sie nicht nur<br />
abstrakt vorliegen würde. Darüber hinaus müsse die Offenbarung geeignet,<br />
erforderlich und verhältnismäßig sein. Die Offenbarung müsse ein angemesse-<br />
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