Werkzeug - atr.de
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Werkstattpraxis ¦ Titelthema<br />
gen. Direkt neben <strong>de</strong>m Ofen steht <strong>de</strong>r hydraulische Hammer:<br />
ein Schmied entnimmt die glühen<strong>de</strong>n Eisen und legt sie einem<br />
an<strong>de</strong>ren zur Bearbeitung bereit. Mit fünf Schlägen nimmt das<br />
Spaltstück seine spätere Form an. Dazu legt es <strong>de</strong>r Schmied in<br />
das sogenannte Gesenk. Mit <strong>de</strong>r Kraft eines VW Golfs, <strong>de</strong>r<br />
mehrmals hintereinan<strong>de</strong>r aus drei Metern Höhe nach unten fällt,<br />
haut <strong>de</strong>r Hammer drauf. Ein mächtiges, gefe<strong>de</strong>rtes Fundament<br />
unter <strong>de</strong>r Schmie<strong>de</strong> sorgt dafür, dass im Nachbarhaus alle Tassen<br />
im Schrank bleiben.<br />
Nach <strong>de</strong>m Auskühlen kommen die in Form gebrachten Spaltstücke<br />
in die Stanzmaschine, wo sie vom überschüssigen Metall<br />
getrennt wer<strong>de</strong>n (abgraten). Danach ist Sandstrahlen angesagt,<br />
um alle Unebenheiten zu entfernen. Je nach <strong>Werkzeug</strong>typ<br />
geht es in die weitere Verarbeitung. Gabelringschlüssel zum<br />
Beispiel kommen zum „Räumen“ und erhalten dort ihr typisches<br />
Profil. Anschließend wer<strong>de</strong>n sie geschliffen, bis alle Grate<br />
entfernt sind.<br />
Brechen verboten<br />
Das <strong>Werkzeug</strong> hat nun seine endgültige Form, aber noch nicht<br />
die gewünschte Materialfestigkeit. Schraubenschlüssel dürfen<br />
nicht brechen – die Premiumwerkzeuge von Hazet erst recht<br />
nicht. Daher kommen die <strong>Werkzeug</strong>e in <strong>de</strong>n Härteofen, <strong>de</strong>r sie<br />
bei 900 Grad vergütet. Bei dieser Hitze verspannt sich <strong>de</strong>r Stahl<br />
und wird hart, bleibt aber zunächst sprö<strong>de</strong> und brüchig. <br />
Die I<strong>de</strong>e für <strong>de</strong>n ersten Werkstattagen stammt von einem klappbaren<br />
Teewagen<br />
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Carsten Scholz, Staatlich geprüfter Betriebswirt, zuständig<br />
für Marketing und Werbung. Organisiert mit<br />
seinem Team die rund 40 Messeauftritte von Hazet.<br />
„Ein Drehmomentschlüssel ist heute kein<br />
einfaches <strong>Werkzeug</strong> mehr“<br />
blinklicht: Seit Jahrzehnten produziert die <strong>Werkzeug</strong>industrie<br />
jährlich Millionen neue Schraubenschlüssel,<br />
Schraubendreher, Ratschen und sonstige Teile. Müsste<br />
nicht je<strong>de</strong>r Einzelne min<strong>de</strong>stens zehn Komplettsätze<br />
zuhause haben? Woher kommt <strong>de</strong>r Bedarf?<br />
Scholz: Das ist eine gute und berechtigte Frage. Natürlich<br />
erneuern professionelle und private Anwen<strong>de</strong>r ihr<br />
Standardwerkzeugprogramm von Zeit zu Zeit. Dort hat<br />
sich ja in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren einiges getan. Der wesentliche<br />
Grund ist <strong>de</strong>r Verlust durch Verlegen. Zu<strong>de</strong>m<br />
gibt es weltweit noch einen enormen Bedarf an Qualitätswerkzeugen.<br />
Daher liegt <strong>de</strong>r Auslandsumsatz von Hazet<br />
auch bei 35 Prozent.<br />
Was hat sich in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren in <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
und Produktion von <strong>Werkzeug</strong>en getan?<br />
Fickert: Die Prozesse in <strong>de</strong>r Produktion sind <strong>de</strong>nen von<br />
vor 50 Jahren sehr ähnlich. Aber die Technologie hat sich<br />
gewaltig verän<strong>de</strong>rt. Viele Arbeitsschritte wur<strong>de</strong>n automatisiert,<br />
um die Qualität zu sichern und zu verbessern. So<br />
laufen etwa in <strong>de</strong>r <strong>Werkzeug</strong>entwicklung viele Prozesse<br />
vollautomatisch, wie die Herstellung von Gesenken.<br />
Früher war kein Gesenk wie das an<strong>de</strong>re, weil die <strong>Werkzeug</strong>macher<br />
diese von Hand ausgefräst haben. Heute macht das eine<br />
Maschine mit Toleranzen von weniger als einem hun<strong>de</strong>rtstel<br />
Millimeter. In <strong>de</strong>r Schmie<strong>de</strong> hingegen laufen die meisten Arbeitsschritte<br />
manuell ab.<br />
Scholz: In <strong>de</strong>r Vergangenheit hat man sich bei <strong>de</strong>r Produktentwicklung<br />
mehr auf das Lösen eines Problems konzentriert.<br />
Heute geht es verstärkt darum, Arbeitsprozesse zu erleichtern<br />
und Mehrwert für die Anwen<strong>de</strong>r zu schaffen, wie etwa<br />
mit speziell zusammengesetzten Schlüsselsätzen o<strong>de</strong>r schon<br />
vorkonfektionierten Werkstattwagen.<br />
Warum kostet ein Qualitätswerkzeug so viel mehr als ein<br />
<strong>Werkzeug</strong> aus <strong>de</strong>m Baumarkt o<strong>de</strong>r vom Discounter?<br />
Fickert: Das hängt vor allem mit <strong>de</strong>n Rohstoffen und <strong>de</strong>m<br />
Produktionsprozess zusammen. Ein Beispiel: Beim Schmie<strong>de</strong>n<br />
eines Schlüssels schlägt unser Hammer fünfmal mit voller<br />
Wucht auf <strong>de</strong>n heißen <strong>de</strong>utschen Qualitätsstahl. Mit je<strong>de</strong>m<br />
Schlag sprengen wir Schlacke ab. Das Endmaterial wird zäher<br />
und wi<strong>de</strong>rstandfähiger.<br />
Hersteller von Billigwerkzeugen begnügen sich oft schon mit<br />
zwei Schlägen – und mit Billigstahl aus <strong>de</strong>m Ausland. Das<br />
<strong>Werkzeug</strong>, das am En<strong>de</strong> dabei heraus kommt, ist <strong>de</strong>mentsprechend<br />
schlechter. Natürlich legen wir auch viel mehr Wert auf<br />
Exaktheit. Ein Drehmomentschlüssel ist heute kein einfaches<br />
Werkstattpraxis ¦ Titelthema<br />
Klaus Fickert, Diplom-Ingenieur, Prokurist, seit 1974<br />
bei Hazet und zuständig für Forschung und Entwicklung<br />
sowie Projekte. Häufig sind das ganz verzwickte<br />
Problemfälle.<br />
<strong>Werkzeug</strong> mehr, son<strong>de</strong>rn ein Messinstrument – unser elektronischer<br />
Drehmoment-/Drehwinkelschlüssel ist das beste Beispiel<br />
dafür. Deshalb wird je<strong>de</strong>r Drehmomentschlüssel, <strong>de</strong>r unser<br />
Haus verlässt, einzeln geprüft.<br />
Scholz: Hinzu kommt natürlich, dass wir im Gegensatz zum<br />
Billigwerkzeug-Hersteller ein Netz von Außendienstlern haben.<br />
Sie sind im Markt unterwegs, halten engen Kontakt zum Endkun<strong>de</strong>n<br />
und beraten ihn natürlich auch. Außer<strong>de</strong>m beobachten<br />
sie die Entwicklungen auf <strong>de</strong>m Markt ganz genau.<br />
Apropos Entwicklungen, welche Trends sehen Sie bei <strong>de</strong>r<br />
<strong>Werkzeug</strong>nutzung in Werkstätten?<br />
Fickert: Die Vorgaben <strong>de</strong>r Automobilhersteller wer<strong>de</strong>n immer<br />
exakter – <strong>de</strong>mentsprechend muss auch das <strong>Werkzeug</strong> immer<br />
genauer sein. Das Drehmoment als Messgröße wird zukünftig<br />
weniger wichtig sein, die Winkelverschraubung hingegen ist im<br />
Kommen. Natürlich wer<strong>de</strong>n auch Spezialwerkzeuge immer<br />
wichtiger. Früher gab es im Auto eine Art an Fahrwerksfe<strong>de</strong>rn,<br />
die beim Wechsel gespannt wer<strong>de</strong>n musste. Heute sind es bis<br />
zu 20 – pro Baureihe. Klar, dass man da nicht überall <strong>de</strong>n gleichen<br />
Spanner benutzen kann.<br />
Scholz: Werkstätten erkennen auch immer mehr, wie wichtig<br />
ein individuell abgestimmter Arbeitsplatz ist. Ein Sattler braucht<br />
heute einen an<strong>de</strong>ren <strong>Werkzeug</strong>wagen als ein Mechaniker o<strong>de</strong>r<br />
ein Lehrling.<br />
blinklicht 2/2011 blinklicht 2/2011<br />
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