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Archäologie in Bernau bei Berlin - ABD-Dressler

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Torsten <strong>Dressler</strong><br />

<strong>Archäologie</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

15 Jahre <strong>Archäologie</strong> im Rahmen der Sanierung des<br />

Stadtkerns von <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Näher als Sie glauben.


Torsten <strong>Dressler</strong> (Autor)<br />

Stadt <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong> (Hrsg.)


<strong>Archäologie</strong> <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

15 Jahre <strong>Archäologie</strong> im Rahmen der Sanierung des Stadtkerns von <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Historische Ansicht <strong>Bernau</strong>s, Merian 1652<br />

1


Inhalt<br />

2<br />

Vorwort 4<br />

1. Kurzdarstellung der Besiedlungs- und Stadtgeschichte<br />

Urgeschichtliche Besiedlungsphasen 6<br />

Frühdeutsche Phase / Stadtgründung 13<br />

2. Stadtbefestigung<br />

Stadtmauer 18<br />

Stadtgraben und Wallanlage 19<br />

Stadtpark 19<br />

Stadtgraben – Am Angergang, Klementstraße und Berl<strong>in</strong>er Straße 63-69 21<br />

Stadttore 22<br />

Berl<strong>in</strong>er Tor 22<br />

Mühlentor 24<br />

Ste<strong>in</strong>tor 25<br />

Südlicher Stadtmauerweg zwischen Alte Goethestraße und Ste<strong>in</strong>tor (1. BA) 31<br />

Östlicher Stadtmauerweg zwischen Ste<strong>in</strong>tor und Parkstraße (6. BA) 34<br />

Nördlicher Stadtmauerweg zwischen Parkstraße und Mühlenstraße (5. BA) 36<br />

Äußerer nördlicher Stadtwall an der Jahnstraße / Alte Ladeburger Straße 43<br />

3. Kirchen, Hospitäler und Friedhöfe<br />

St.-Marien-Kirche 44<br />

Friedhof an der St.-Mariern-Kirche 52<br />

Friedhöfe vor dem Mühlentor, vor dem Ste<strong>in</strong>tor und jüdischer Friedhof 58<br />

Hospitäler 58<br />

St.-Georgen-Hospital 59<br />

Heilig-Geist-Hospital 62<br />

St.-Gertrauden-Hospital 62<br />

Kaland / Gaststätte „Schwarzer Adler“ 65


4. Städtische Gebäude und E<strong>in</strong>richtungen<br />

Rathaus 66<br />

Late<strong>in</strong>schule, Am Kirchplatz 10 69<br />

Mühlen: Roßmühle, W<strong>in</strong>dmühlen auf dem Mühlenberg, Wassermühle an der Panke 69<br />

5. Grundstücke, Gebäude, Straßen und Plätze<br />

Marktplatz 70<br />

Marktplatz 1 (ehemaliges „Raumsches Haus“) 71<br />

Marktplatz 3 und 5 (Hakenbuden) 72<br />

Richtplatz 73<br />

Am Henkerhaus 74<br />

Hohe Ste<strong>in</strong>straße zwischen Kirchgasse und Mühlenstraße 75<br />

Hohe Ste<strong>in</strong>straße 16 78<br />

Kirchgasse 3-5 80<br />

Mühlenstraße und Grünstraße 81<br />

Grünstraße, Tuchmacherstraße und Neue Straße 85<br />

Brauerstraße und Breite Straße 92<br />

Brauerstraße 9 94<br />

Brauerstraße 11 95<br />

Brauerstraße 16-18 95<br />

Louis-Braille-Straße 97<br />

Bürgermeisterstraße 2 98<br />

Bürgermeisterstraße 4 99<br />

Bürgermeisterstraße 6 99<br />

Klementstraße 2 100<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 52 101<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 102<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 24 / Ecke Brauerstraße 105<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 33-35 106<br />

Brüderstraße 10 und 12 107<br />

Ste<strong>in</strong>torplatz (Brunnen) 107<br />

Hussitenstraße 109<br />

Literatur / Glossar / Bildnachweis / Impressum 114<br />

3


Vorwort<br />

Mit dieser Publikation der Stadt <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong> soll allen an der Stadt- und Besiedlungsgeschichte<br />

<strong>in</strong>teressierten Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern e<strong>in</strong> zusammenfassender<br />

Überblick über die <strong>in</strong>teressantesten Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen<br />

im Stadtkern der vergangenen 15 Jahre allgeme<strong>in</strong>verständlich <strong>in</strong> die Hand gegeben<br />

werden.<br />

Diese Untersuchungsergebnisse, aus der Tiefe unserer mittelalterlichen Stadt ans<br />

Tageslicht gegraben, führen uns nicht nur zurück <strong>in</strong> das Leben und Wirken unserer<br />

<strong>Bernau</strong>er Vorfahren, sondern s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> unschätzbarer Beitrag für die Beschreibung<br />

unseres bisherigen Bildes über die wechselvolle Stadtentwicklung <strong>in</strong>sgesamt. Dies<br />

gilt besonders auch vor dem H<strong>in</strong>tergrund, dass im Rahmen des Flächenabrisses der<br />

1970er und 1980er Jahre ke<strong>in</strong>e systematische archäologische Begleitung der Bodene<strong>in</strong>griffe<br />

erfolgte – e<strong>in</strong> leider verpasster E<strong>in</strong>stieg umfassenden Erkenntnisgew<strong>in</strong>ns<br />

über untergegangene Ereignisse und Zustände aus alten Zeiten.<br />

Mehr als 14 Mio. € Städtebaufördermittel wurden <strong>in</strong> den zurückliegenden 15 Jahren<br />

für die Erneuerung von Straßen, Wegen und Plätzen sowie von Bürgerhäusern,<br />

Türmen, Toren, Kirche und Rathaus im Sanierungsgebiet Stadtkern e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erheblichem Umfang private Gelder sowie Mittel anderer<br />

Fördergeber für die Sanierung vorhandener Gebäude und die Neubebauung von<br />

Brachflächen zur Verfügung gestellt und <strong>in</strong>vestiert worden.<br />

Die im Stadtbild unübersehbaren Ergebnisse der durchgeführten Bau- und Erschließungsmaßnahmen<br />

wurden häufig mit archäologischen Untersuchungen<br />

verbunden, die nach dem Denkmalschutzgesetz immer dann erforderlich s<strong>in</strong>d,<br />

wenn e<strong>in</strong> Bauvorhaben <strong>in</strong> bedeutungsvollen Boden e<strong>in</strong>greift. Die Kosten für die<br />

archäologische Begleitung hat der Bauherr zu tragen – e<strong>in</strong>e nahezu unabwendbare<br />

Belastung, für die immer wieder um Verständnis geworben werden muss.<br />

Die nach Abschluss jeder beauflagten Maßnahme für das Brandenburgische<br />

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Museum (BLDAM) zu<br />

erstellende Dokumentation steht der Fachöffentlichkeit zur Verfügung.<br />

4


Der Autor, Archäologe Torsten <strong>Dressler</strong>, der für e<strong>in</strong>en Teil der Grabungen selbst<br />

verantwortlich zeichnet, hat die im BLDAM aus den vergangenen 15 Jahren vorliegenden<br />

fast 30 Berichte ausgewertet, zusammengefasst und aufbereitet. Mit<br />

der auch für Nichtfachleute verständlichen Form <strong>in</strong> Wort und Bild <strong>in</strong>spiriert er ganz<br />

sicher den Leser, sich aus dem Schatz der Grabungsfunde e<strong>in</strong> lebendiges Stadtleben<br />

mit Handwerk, Gewerbe, Brunnen, Stadtgräben und Bauwerken <strong>in</strong> stolzen und<br />

kummervollen Zeiten an den ehemals sumpfigen Wiesen der Panke vorstellen<br />

zu können und vielleicht aus den Details kle<strong>in</strong>e Geschichten zu erf<strong>in</strong>den.<br />

Dafür ist ihm herzlich zu danken.<br />

Der nachfolgenden Vorstellung der e<strong>in</strong>zelnen Grabungsergebnisse ist e<strong>in</strong>e kurze<br />

Zusammenfassung der Stadt- und Siedlungsgeschichte vorangestellt.<br />

Viel Erkenntnisfreude an der vorliegenden Broschüre wünscht Ihnen<br />

Friedemann Seeger<br />

Planungsamtsleiter<br />

5


1. Kurzdarstellung der<br />

Besiedlungs- und Stadtgeschichte<br />

<strong>Bernau</strong> liegt auf e<strong>in</strong>er Grundmoränenplatte am Rand des Hohen Barnim <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Höhe<br />

um 70 m DHHN (Deutsches Haupthöhennetz). Der Untergrund des Stadtgebiets<br />

besteht aus Geschiebemergel und -kies der weichselzeitlichen Grundmoränenbildung<br />

sowie aus sandigen bis kiesigen Sedimenten der glazialen Niederterrassen der Flüsse. 1<br />

Der sandig-lehmige Moränenboden wird im engeren Ortsbereich durch fluviale Sande<br />

überdeckt, die besonders im Norden der Altstadt anzutreffen s<strong>in</strong>d. 2 Die Stadt bef<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nach Süden leicht geneigten Hanglage, der südliche Stadtrand stößt an<br />

e<strong>in</strong> ehemals sumpfiges Niedermoorgebiet, das Quellgebiet der Panke. Diese Hanglage<br />

bee<strong>in</strong>flusste auch die Bauweise der gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtverteidigungsanlagen:<br />

Während im Süden das Mauervorland durch den Sumpf geschützt<br />

war, mussten im Norden bis zu 8,00 m tiefe Gräben ausgehoben werden, um e<strong>in</strong>e<br />

Bewässerung der Stadtgräben durch die südlich der Stadt vor<strong>bei</strong>fließende Panke zu<br />

erreichen. Die feuchte Niederung ist heute durch den Bahnhof überbaut. Reste von<br />

Wassergräben und Teichen s<strong>in</strong>d aber besonders zwischen Goethestraße und Ste<strong>in</strong>tor<br />

<strong>in</strong> Park- und Gartenanlagen noch erhalten.<br />

Urgeschichtliche Besiedlungsphasen<br />

Vor der Anlage und Gründung der deutschrechtlichen Stadt <strong>Bernau</strong>, die erstmals<br />

1292 urkundlich erwähnt wurde3 , wurde das Gebiet <strong>in</strong> und um <strong>Bernau</strong> bereits<br />

<strong>in</strong> urgeschichtlicher Zeit besiedelt [1]. E<strong>in</strong> über mehrere Epochen immer wieder<br />

bevorzugt besiedelter Platz war der Bereich südlich und südöstlich der Panke<br />

bzw. der Rohrwiesen: beg<strong>in</strong>nend <strong>in</strong> der Ste<strong>in</strong>zeit (Mesolithikum und Neolithikum;<br />

5. Jahrtausend-2. Jahrtausend v. Chr.) 4 , sich fortsetzend sowohl <strong>in</strong> der mittleren<br />

(15.-13. Jahrhundert v. Chr.) bzw. besonders siedlungs<strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> der jüngeren<br />

Bronzezeit (sog. Lausitzer Kultur ca. 12. Jahrhundert v. Chr.-1. Hälfte des 8. Jahrhunderts<br />

v. Chr.) 5 mit ausgedehnter mehrphasiger Siedlung und Gräberfeld östlich<br />

von <strong>Bernau</strong> (stellenweise auch im heutigen Stadtgebiet) als auch noch sehr <strong>in</strong>tensiv<br />

6<br />

1 Vgl. Geologische Übersichtskarte des Landes<br />

Brandenburg, 1997.<br />

Anmerkung:<br />

Die Weichsel-Kaltzeit – oder auch Weichsel-Glazial<br />

genannt – ist die bisher jüngste der <strong>in</strong> Nordeuropa<br />

und im nördlichen Mitteleuropa aufgetretenen<br />

Vergletscherungsphasen (Glazial) des pleistozänen<br />

Eiszeitalters. In absoluten Zahlen ausgedrückt, begann<br />

die Weichsel-Kaltzeit vor ca. 115.000 Jahren und<br />

endete vor 11.700 Jahren.<br />

2 Vgl. im Folgenden Domnick et al., 2003.<br />

Der Barnim selbst ist e<strong>in</strong> sanfter Höhenrücken<br />

zwischen Berl<strong>in</strong> und Eberswalde mit e<strong>in</strong>er maximalen<br />

Höhe 158 m über NN (veraltet: Normalnull), gebildet<br />

aus Grundmoränen und kle<strong>in</strong>en Sandern. Das Plateau<br />

des Barnims wird zerschnitten von e<strong>in</strong>er schmalen,<br />

eiszeitlichen R<strong>in</strong>ne – dem Gamengrund –, <strong>in</strong> dem sich<br />

mehrere aufe<strong>in</strong>anderfolgende schmale Seen bef<strong>in</strong>den.<br />

Die Oberflächengestalt des Barnims wurde im<br />

Wesentlichen durch die <strong>bei</strong>den letzten Eiszeiten geprägt:<br />

Während der Saale-Eiszeit, <strong>bei</strong> der die Gletscher<br />

aus Skand<strong>in</strong>avien bis nach Norddeutschland vordrangen,<br />

modellierten die Eismassen und die späteren<br />

Abschmelzvorgänge die Grundform des Barnimrückens.<br />

Während des zweiten Eisvorstoßes der Weichselzeit<br />

erhielt das Gebiet <strong>in</strong> Form der hochaufragenden Endmoränen<br />

se<strong>in</strong>e heutige Gestalt.


3 Riedel, A VIII, S. 186 (1296); A XII, S. 413 (1300) und<br />

S. 166 (1391); Friske 2000, S. 67.<br />

4 Vgl. Fundstellenverzeichnis zu <strong>Bernau</strong>, Kreis Barnim,<br />

Messtischblatt 3347 und 3246. Fundplätze der Ste<strong>in</strong>zeit:<br />

Nr. 2, 13, 15, 17 und 20.<br />

5 Vgl. Fundstellenverzeichnis zu <strong>Bernau</strong>, Kreis Barnim,<br />

Messtischblatt 3347 und 3246. Fundplätze der Bronzezeit:<br />

Nr. 3/8.45.50, 4, 5, 8, 11, 12, 13, 15, 17 und 18.<br />

[1] Urmesstischblatt 3347<br />

(<strong>Bernau</strong> von 1839) mit den<br />

Fundplätzen der Urgeschichte<br />

Fundplatz Ste<strong>in</strong>zeit (vor 7000 v. Chr.)<br />

Fundplatz Bronzezeit (2200-1200 v. Chr.)<br />

Fundplatz Vorrömische Eisenzeit (450-100 v. Chr.)<br />

Fundplatz Römische Kaiserzeit (100 v. Chr.-400 n. Chr.)<br />

Fundplatz Slawenzeit (500-1200 n. Chr.)<br />

Fundplatz Wüstung Dt. Mittelalter (600-1500 n. Chr.)<br />

7


<strong>in</strong> der vorrömischen Eisenzeit (Mitte des 8. Jahrhundert v. Chr.-Zeit um Christi<br />

Geburt) 6 und anschließend – wenn auch s<strong>in</strong>gulär am Fundplatz <strong>Bernau</strong> 6 – <strong>in</strong> der<br />

Römischen Kaiserzeit (1.-5. Jahrhundert n. Chr.) 7 . Hier stieß man <strong>bei</strong> Rigolenar<strong>bei</strong>ten<br />

<strong>in</strong> Höhe der He<strong>in</strong>ersdorfer Straße 33-35 auf e<strong>in</strong>em zu denPankewiesen abfallenden<br />

Gelände am südwestlichen Stadtrand auf mehrere Brandstellen, die u. a. die Reste<br />

e<strong>in</strong>es Kumpfes mit e<strong>in</strong>ziehender Mündung der Römischen Kaiserzeit enthielten.<br />

Ungeklärt bleibt der Fundzusammenhang, wo<strong>bei</strong> man damals angeblich neben<br />

größeren Mengen an kaiserzeitlichen Scherben auch e<strong>in</strong>ige Münzen barg. 8<br />

Insbesondere vom Fundplatz <strong>Bernau</strong> 13 – <strong>in</strong> der Niederung und am Hang südlich zur<br />

Panke und den Rohrwiesen gelegen – stammen viele urgeschichtliche Fundobjekte<br />

verschiedener Siedlungsperioden: Bei Oberflächen- und Flurbegehungen wurden<br />

aus der Ste<strong>in</strong>zeit u. a. neben den typischen Silexgeräten, Fl<strong>in</strong>tabschlägen, Stichel,<br />

Kratzer, Schaber, Kl<strong>in</strong>gen mit und ohne Retusche, Resten von Kernste<strong>in</strong>en auch e<strong>in</strong>ige<br />

querschneidige mikrolithische Pfeilspitzen geborgen [2]. 9 Aus der späten Bronzezeit<br />

stammen e<strong>in</strong>ige grob gemagerte und unverzierte Keramikfragmente sowie aus der<br />

jüngeren vorrömischen Eisenzeit u. a. e<strong>in</strong>ige Henkelstücke, Wandungsscherben mit<br />

Kornabdrücken und Randstücke mit scharf ausladenden Rändern [3]. Die hier ebenfalls<br />

geborgene spätslawische Keramik weist die charakteristische Kammstrichverzierung10<br />

bzw. Gurtfurchen- und Wellenverzierung auf; weitere Siedlungsfunde s<strong>in</strong>d<br />

Hüttenlehmreste und Eisenschlacketeile. 11<br />

E<strong>in</strong>e ähnliche Siedlungstätigkeit – Ste<strong>in</strong>zeit, Bronzezeit und Slawenzeit – zeichnet sich<br />

<strong>bei</strong>m Fundplatz <strong>Bernau</strong> 15 ab: Neben den bekannten ste<strong>in</strong>zeitlichen Silexgeräten und<br />

8<br />

[2] Silexgeräte<br />

6 Vgl. Fundstellenverzeichnis zu <strong>Bernau</strong>,<br />

Kreis Barnim, Messtischblatt 3347 und 3246.<br />

Fundplätze der Vorrömischen Eisenzeit: Nr. 3/8,<br />

8, 11 und 13.<br />

7 Vgl. Fundstellenverzeichnis zu <strong>Bernau</strong>,<br />

Kreis Barnim, Messtischblatt 3347 und 3246.<br />

Fundplatz der Römischen Kaiserzeit: Nr. 6.<br />

8 BLDAM-Fundmeldung zu Fundplatz 6.<br />

9 BLDAM-Fundmeldung vom 11. 02. 1985<br />

(F<strong>in</strong>der: R. Rohrlack, H. Haase, A. Thiele,<br />

D. Symkowski/Berl<strong>in</strong>), vom 10.09.1985<br />

(F<strong>in</strong>der: Hr. Ullrich/Berl<strong>in</strong>) sowie vom<br />

06.04.1975 (B. Fischer/Zeuthen).<br />

10 BLDAM-Fundmeldung vom 11. 02. 1985<br />

(F<strong>in</strong>der: R. Rohrlack, H. Haase, A. Thiele,<br />

D. Symkowski/Berl<strong>in</strong>).<br />

11 BLDAM-Fundmeldung vom 06.04.1975<br />

(F<strong>in</strong>der: B. Fischer/Zeuthen).


12 BLDAM-Fundmeldung vom 15.09.1974 und<br />

06.04.1975 (F<strong>in</strong>der B. Fischer/Zeuthen) sowie<br />

vom 10.09.1985 (F<strong>in</strong>der: Hr. Ullrich/Berl<strong>in</strong>).<br />

13 BLDAM-Fundmeldung von November 1982<br />

(F<strong>in</strong>der: B. Fischer/Zeuthen).<br />

14 BLDAM-Grabungskurzbericht vom 10.01.1995<br />

(B. Wittkopp/ehemals GAD Berl<strong>in</strong>).<br />

15 BLDAM-Fundmeldung vom 04. u. 06.04.1973<br />

(F<strong>in</strong>der: B. Fischer). Unter den vielen Gefäßfragmenten<br />

waren u. a. Tellerschalenränder vom Köpenicker<br />

Typ und solche mit facettierten (gegliederten und<br />

abgestuften) Rändern, Rand- und Wandungsscherben<br />

von hohen gerauhten Töpfen sowie von rillen- und<br />

dellenverzierten Gefäßen.<br />

[3] Zwei Gefäße aus der<br />

jüngeren vorrömischen<br />

Eisenzeit<br />

Kl<strong>in</strong>gen traten bronzezeitliche sowie gurtfurchenverzierte spätslawische Keramikfragmente<br />

auf. 12 Im Bereich des Fundplatzes <strong>Bernau</strong> 17 weisen die Fundobjekte – e<strong>in</strong><br />

Kernste<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>ige bronzezeitliche Gefäßscherben – auf e<strong>in</strong>e Besiedlung <strong>in</strong> der<br />

Ste<strong>in</strong>- und Bronzezeit h<strong>in</strong>. 13<br />

Der Fundplatz <strong>Bernau</strong> 11 lokalisiert die umfangreichste spätbronzezeitliche Siedlung<br />

<strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> Süd im Bereich der Pegasusstraße: Beim Siedlungsneubau wurde durch die<br />

ehemalige Gesellschaft für archäologische Denkmalpflege (GAD) im Jahre 1994 e<strong>in</strong>e<br />

Fläche von knapp 6.000 qm baubegleitend <strong>in</strong> mehreren Abschnitten untersucht. 14<br />

Das dokumentierte Gelände liegt auf e<strong>in</strong>em Abhang und wird im Westen vom<br />

Wiesengraben sowie im Osten von der Pegasusstraße begrenzt.<br />

Bereits 1973 konnte der F<strong>in</strong>der B. Fischer <strong>bei</strong>m DDR-Plattenbau südöstlich der o. g.<br />

Pegasusstraße bzw. östlich der Rohrwiesen und etwa 400 m südlich der Straße nach<br />

Börnicke mehrere dunkle Siedlungsgruben mit zahlreichen spätbronzezeitlichen<br />

Scherben, zerglühten Ste<strong>in</strong>en, Hüttenlehm und Pfostenlöchern feststellen. 15<br />

Weitere Oberflächenfunde von diesem bedeutenden bronzezeitlichen Siedlungsplatz<br />

lieferten ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger im Jahre 1983 ab: Darunter befanden<br />

sich z. T. mit Schrägriefen, Dellen, Doppelrillen und Strichen verzierte bronzezeitliche<br />

Keramikscherben sowie scharfkantige, von ehemaligen Herdstellen geschwärzte<br />

Feldste<strong>in</strong>e. E<strong>in</strong>e Scherbe enthielt noch e<strong>in</strong>en Getreideabdruck, was wiederum den<br />

2 cm<br />

9


eständigen Siedlungscharakter dieses Fundplatzes unterstreicht. 16 Bei der großflächigen<br />

Untersuchung im Jahre 1994 traten u. a. drei spätbronzezeitliche Brunnen<br />

mit Holzbefunden, neun Herdstellen, diverse Ste<strong>in</strong>packungen, etliche Siedlungs- und<br />

Pfostengruben, die z. T. Hausgrundrisse ergaben, sowie e<strong>in</strong> im Grundriss vollständig<br />

erfasstes Grubenhaus auf. Erwartungsgemäß stellen die größtenteils kle<strong>in</strong>fragmentierten<br />

Keramikscherben der Spätbronzezeit und Frühen Eisenzeit den größten Anteil<br />

an den geborgenen Fundobjekten dar. An Verzierungen lassen sich die für diese<br />

Epoche typischen Kanneluren, Ritzverzierungen, F<strong>in</strong>gerkniffe und -knubben erkennen.<br />

Rekonstruierbare Gefäße s<strong>in</strong>d u. a. e<strong>in</strong>e Tasse mit Omphalosboden (Gefäßboden mit<br />

Buckel bzw. Wölbung), e<strong>in</strong>e weitere Tasse mit Kannelurverzierung (Objekt mit Rillen<br />

bzw. konkaven Furchen), e<strong>in</strong> Vorratsgefäß mit aufgerauhter Oberfläche (unebene,<br />

aufgeraute Oberfläche i. d. R. urgeschichtlicher Keramik) sowie e<strong>in</strong> Teller mit flachem<br />

Rand. Daneben kamen aber auch andere typische Siedlungsfunde zutage: e<strong>in</strong> Flach<strong>bei</strong>l<br />

aus geschliffenem Grünste<strong>in</strong>, mehrere Silexabschläge und -kl<strong>in</strong>gen, drei Reibste<strong>in</strong>e<br />

als Läufer und e<strong>in</strong> Mahlste<strong>in</strong>, etliche bear<strong>bei</strong>tete Tierknochen, Hüttenlehm,<br />

Holzkohle, e<strong>in</strong> Webgewicht, e<strong>in</strong>e Perle sowie Schlacke- und Eisenreste und Glas.<br />

Bei der Erweiterung des Neubaugebietes nördlich der Pegasusstraße im Folgejahr<br />

1995 war e<strong>in</strong>e archäologische Baubegleitung durch die ehemalige Firma GAD<br />

gewährleistet. 17 Immerh<strong>in</strong> erweiterte sich die Untersuchungsfläche um ca. 950 qm,<br />

wodurch sich die Chance und Notwendigkeit ergab, die Ausdehnung dieser Siedlung<br />

der Spätbronzezeit und Frühen Eisenzeit genauer zu def<strong>in</strong>ieren. Wiederum konnten<br />

mehrere Siedlungs- und Pfostengruben, die sich z. T. zu rechteckigen Hausgrundrissen<br />

rekonstruieren ließen, dokumentiert werden. Dieser konstante Siedlungscharakter<br />

wurde durch den Nachweis von Feuerstellen, Ste<strong>in</strong>setzungen und e<strong>in</strong>er<br />

Gefäßdeponierung unterstrichen. Das Bild der geborgenen Keramik entspricht genau<br />

dem der vorangegangenen Kampagne im Jahre 1994; allerd<strong>in</strong>gs gelang hier die<br />

Bergung e<strong>in</strong>es ca. 50 cm hohen vollständigen Vorratsgefäßes mit aufgerauhter<br />

Oberfläche. Auch die übrigen Funde wie Silexkl<strong>in</strong>gen und -abschläge, Webgewicht,<br />

Reibste<strong>in</strong>, bear<strong>bei</strong>tete Tierknochen, Eisenschlacke und Hüttenlehm stellen <strong>in</strong> der<br />

Summe e<strong>in</strong>e Fortsetzung von 1994 dar.<br />

Im Umfeld des ehemaligen, im Anfang des 17. Jahrhunderts wüst gefallenen Dorfes<br />

L<strong>in</strong>dow bzw. des L<strong>in</strong>dower Feldes – Fundplatz <strong>Bernau</strong> 5 – fand e<strong>in</strong> <strong>bei</strong> Schachtungs-<br />

10<br />

16 BLDAM-Fundmeldung vom 22.08.1983<br />

(F<strong>in</strong>der: R. Rohrlack, J. Piskulla und<br />

D. Symkowski/Berl<strong>in</strong>).<br />

17 BLDAM-Grabungskurzbericht vom 19.11.1995<br />

(A. Krämer/ehemals Fa. GAD Berl<strong>in</strong>).


18 BLDAM-Fundmeldung von 1931 (gez. W. Hedergott).<br />

19 BLDAM-Fundmeldung vom 07.09.1954<br />

(F<strong>in</strong>der: H. Netzker/<strong>Bernau</strong>; Fundbericht von<br />

Hr. W<strong>in</strong>kler/Kreisbodendenkmalpfleger und<br />

Museumsleiter) und von Oktober 1954<br />

(Hr. W<strong>in</strong>kler/Heimatmuseum <strong>Bernau</strong>).<br />

[4] Zwei Buckelurnen<br />

aus der Späten Bronzezeit<br />

ar<strong>bei</strong>ten beschäftigter Kle<strong>in</strong>siedler um 1930 viele bronzezeitliche Scherben, darunter<br />

e<strong>in</strong>e Henkeltasse. 18 Südwestlich davon <strong>in</strong> Richtung Zepernick stammen vom Fundplatz<br />

<strong>Bernau</strong> 4 laut e<strong>in</strong>er Fundmeldung von 1930 mehrere zerscherbte bronzezeitliche<br />

Urnen, die teilweise von e<strong>in</strong>er Ste<strong>in</strong>packung umgeben waren und im Innern<br />

Leichenbrand enthielten. Charakteristisch s<strong>in</strong>d hierfür terr<strong>in</strong>enartige Buckelurnen<br />

aus der Späten Bronzezeit (etwa 1200 -700 v. Chr.), der so genannten Lausitzer<br />

Kultur, <strong>in</strong> der Brandbestattungen bevorzugt wurden [4]. Die Graburnen enthielten<br />

noch teilweise den Leichenbrand, der <strong>bei</strong> jüngeren Grabungen für anthropologische<br />

Bestimmungen benutzt wird. Der Verstorbene wurde auf der Ustr<strong>in</strong>e am Rande des<br />

Gräberfeldes verbrannt, weshalb von den Grab<strong>bei</strong>gaben des Toten meist nur wenig<br />

erhalten ist. Jedoch wurden Überreste des verbrannten Toten mit großer Sorgfalt<br />

aus dem Scheiterhaufen gelesen, gere<strong>in</strong>igt und möglichst <strong>in</strong> anatomischer Ordnung<br />

wieder <strong>in</strong> die Urne geschichtet.<br />

E<strong>in</strong> weiteres bekanntes Gräberfeld der Späten Bronzezeit sowie der vorrömischen<br />

Eisenzeit liefert der Fundplatz <strong>Bernau</strong> 8 an der Eberswalder Straße 32 gegenüber<br />

der Gaststätte „Weißer Hirsch“. 19 Hier fand man u. a. <strong>bei</strong> Rohrleitungsar<strong>bei</strong>ten im<br />

Bürgersteig <strong>in</strong> den Jahren 1954/55 zunächst e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne bronzezeitliche Urne mit<br />

e<strong>in</strong>em Bodendurchmesser von 13 cm, <strong>in</strong> der wiederum e<strong>in</strong>e weitere, kle<strong>in</strong>ere Urne<br />

2 cm<br />

11


mit Leichenbrand positioniert war. Beide stark zerscherbten Urnen waren mit e<strong>in</strong>er<br />

Deckplatte geschützt und konnten <strong>in</strong> Bruchstücken wieder zusammengesetzt<br />

werden. Später fanden sich <strong>in</strong> ca. 80 cm Tiefe <strong>bei</strong> Erdar<strong>bei</strong>ten für e<strong>in</strong>e neue Wasserleitung<br />

im Jahre 1963 <strong>in</strong> Höhe der Eberswalder Straße/Jahnstraße weitere aufgereihte<br />

Gefäße mit Leichenbrand, die jeweils auf Flachste<strong>in</strong>e gestellt und mit<br />

Deckste<strong>in</strong>en geschützt waren. Diese zerstörten Urnenbestattungen von vier Gräbern<br />

können aufgrund ihrer Machart und Verzierung <strong>in</strong> die vorrömische Eisenzeit datiert<br />

werden [5]. 20<br />

Die Scherben wurden wieder zu vollständigen Gefäßen zusammengesetzt. Darunter<br />

befand sich e<strong>in</strong>e schwarze Urne mit zwei Henkeln und Schnur-/Punktverzierungen,<br />

e<strong>in</strong>e rhombische Urne mit Leichenbrand sowie ferner e<strong>in</strong>e Schale, die über e<strong>in</strong><br />

anderes Gefäß gestülpt war.<br />

Vom heutigen Stadtkernbereich <strong>Bernau</strong>s gehören die urgeschichtlichen Funde fast<br />

ausnahmslos <strong>in</strong> die Späte Bronzezeit bzw. die vorrömischen Eisenzeit, so dass hier<br />

aufgrund der Funddichte und Zusammensetzung des Fundmaterials von e<strong>in</strong>er<br />

ausgedehnten unbefestigten Siedlungsstelle ausgegangen werden kann. Die erste<br />

Fundmeldung an bronzezeitlichen Funden aus dem Stadtkern <strong>Bernau</strong>s ist <strong>in</strong> den<br />

Ortsakten (Fundplatz <strong>Bernau</strong> 7) im Jahre 1930 vermerkt: Der Ackerbürger Ernst<br />

Frehde lieferte e<strong>in</strong>e Vielzahl an bronzezeitlichen Scherben aus grauem und rötlichem<br />

Ton – teilweise mit Wellenl<strong>in</strong>ien verziert – ab, die er <strong>bei</strong> Kanalisationsar<strong>bei</strong>ten auf<br />

se<strong>in</strong>em Grundstück <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Straße 51 barg. Von e<strong>in</strong>er nicht eher lokalisierbaren<br />

Humusdeponie aus dem Stadtkern stammt e<strong>in</strong>e Fundmeldung aus dem Jahre<br />

198321 : über 100 gut erhaltene, gerauhte sowie unverzierte glatte, blaugraue bis<br />

schwarze Wandungs- und Randscherben von größeren Vorratsgefäßen wie Rauhtöpfe<br />

mit Knubben oder Kegelhalsterr<strong>in</strong>en, aber auch von kle<strong>in</strong>eren Gefäßen wie Tassen,<br />

Näpfe, Turbanrandteller, Henkel- und Omphalosschalen. An Verzierungen treten<br />

neben Knubben, durchlöcherten Rändern, senk- und waagerechten sowie schrägen<br />

Riefen auch ovale Dellen, Ritzl<strong>in</strong>ien und plastische Leisten auf. Im Zuge der Neugestaltung<br />

und Medienneuverlegung am Platz vor dem Ste<strong>in</strong>tor im Jahre 2002 wurde<br />

durch die Archäologen e<strong>in</strong>e vorgeschichtliche, höchstwahrsche<strong>in</strong>lich spätbronzezeitliche<br />

Kulturschicht mit dazugehörigen Gruben und Keramikscherben dokumentiert. 22<br />

Nach den siedlungsleeren bzw. unkont<strong>in</strong>uierlichen Zeiten der Völkerwanderungszeit<br />

12<br />

20 BLDAM-Fundmeldung vom 09.12.1963<br />

(F<strong>in</strong>der: Mitar<strong>bei</strong>ter vom VEB (K) Wasserwirtschaft<br />

<strong>Bernau</strong>); Griesa 1982, S. 123.<br />

21 BLDAM-Fundmeldung vom 22.10.1983<br />

(F<strong>in</strong>der: P. Mikeska/Stahnsdorf).<br />

22 BLDAM-Grabungskurzbericht UBO 2002: 61 vom<br />

30.09.2002 (M. Engel/Dr. Th. Urban & Partner).<br />

[5] Urne aus der<br />

vorrömischen Eisenzeit


23 Vgl. Fundstellenverzeichnis zu <strong>Bernau</strong>, Kreis Barnim,<br />

Messtischblatt 3347 und 3246. Fundplatz der Slawenzeit:<br />

Nr. 10, 12, 13, 14, 15, 16 und 21.<br />

24 BLDAM-Fundmeldung vom 04.04.1973 und vom<br />

06.04.1975 (F<strong>in</strong>der: B. Fischer). Unter der geborgenen<br />

Keramik befanden sich neben unverzierten Gefäßresten<br />

auch e<strong>in</strong>e Randscherbe des sog. frühslawischen<br />

Prager Typs, e<strong>in</strong>e gurtfurchenverzierte spätslawische<br />

Gefäßscherbe sowie typisch frühdeutsche harte<br />

Grauware und Scherben mit Rollrädchenverzierung.<br />

25 BLDAM-Fundmeldung von 1979<br />

(Fundplatz 10).<br />

26 BLDAM-Fundmeldung vom 25.03.1983<br />

(F<strong>in</strong>der: Fr. A. Betke/Berl<strong>in</strong>). Der Fundplatz <strong>Bernau</strong> 16<br />

wurde aufgrund dieses Fundes e<strong>in</strong>getragen.<br />

27 Barthel, 2000, 41; Friske 2000, 67.<br />

28 Barthel, 2000, 41; Friske 2000, 67.<br />

29 Wernicke 1992, 283; He<strong>in</strong>rich 1995, 125;<br />

Dehio 2000, 70.<br />

markieren die Slawen – hier die frühslawische (8.- Anfang 10. Jahrhundert n. Chr.)<br />

und vor allem die spätslawische Phase (11. Jahrhundert - Anfang des 13. Jahrhunderts<br />

n. Chr.) – die nächste Siedlungsepoche im <strong>Bernau</strong>er Raum. 23 Wahrsche<strong>in</strong>lich bestand<br />

e<strong>in</strong>e slawische Siedlung mit Marktverkehr und Handelsbeziehungen auf dem<br />

heutigen Stadtgebiet; allerd<strong>in</strong>gs treten die slawischen Siedlungsfunde konzentriert<br />

eher südlich von <strong>Bernau</strong> bzw. der Panke auf. Interessanterweise liegt im Bereich<br />

des Fundplatzes 10 e<strong>in</strong> slawischer Siedlungsplatz neben e<strong>in</strong>er nachgewiesenen<br />

deutschen Wüstung24 ; e<strong>in</strong> Indiz für e<strong>in</strong>e zeitliche Überschneidung und Berührung<br />

<strong>bei</strong>der Bevölkerungsgruppen. Der F<strong>in</strong>der B. Fischer sieht aufgrund der geborgenen<br />

Keramik und lockeren Anordnung der dunklen Siedlungsgruben mit scharfkantigen<br />

und zerglühten Ste<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en spätgermanischen bzw. frühslawischen Siedlungscharakter;<br />

verschiedene Gruben werden teilweise von der späteren frühdeutschen<br />

Siedlung überlagert. Hierzu gehören an Fundobjekten u. a. Eisenschlacke, zahlreiche<br />

Scherben von Kugeltöpfen, Eisenr<strong>in</strong>ge, e<strong>in</strong> Eisenmesser sowie Lehmbrockenstreuungen.<br />

E<strong>in</strong> besonderes Fundstück ist e<strong>in</strong> halber Brakteat aus der Zeit der ersten<br />

Hohenzollern, konkret der Regentschaft Friedrich II. von 1440-1470. 25<br />

E<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>gulären slawischen E<strong>in</strong>zelfund stellt e<strong>in</strong>en silbernen Schläfenr<strong>in</strong>g dar,<br />

der <strong>bei</strong>m Umgraben e<strong>in</strong>er Wiese im Jahre 1983 freigelegt wurde. 26<br />

Frühdeutsche Phase / Stadtgründung<br />

Um 1200 bis 1230 entstand im Zuge der Kolonisation des Barnim hier e<strong>in</strong> vorstädtischer<br />

Marktort. 27 Zwar ist der Zeitpunkt der Stadtgründung nicht überliefert,<br />

der Prozess muss aber gegen Ende 1300 abgeschlossen worden se<strong>in</strong>, da <strong>Bernau</strong><br />

schon 1296 als civitas (lat. Stadt) bezeichnet wird. 28 Als nicht gesichert gilt das Gründungsjahr<br />

1232, das auf den askanischen Markgrafen Albrecht den Bären bzw. den<br />

Markgrafen der Mark Brandenburg und Brüdern Otto III. und Johannes I. zurückgehen<br />

soll. 29 „Das Erste, welches zur Sicherung des Ortes geschah, nachdem derselbe mit den<br />

ihn von dem platten Lande unterscheidenden Privilegien, Markrecht, eigener Stadtgerichtsbarkeit,<br />

Stadtrecht etc. begabt worden, war dessen Befestigung durch Wälle,<br />

Gräben, vielleicht auch durch e<strong>in</strong>en Plankenzaun. Damit war der Stadt erst der eigentliche<br />

Schutz gewährt, und es konnten sich nun neben Ackerbau und Viehzucht Gewerbe<br />

13


und Handel entwickeln.“ 30 Ende des 14. Jahrhunderts war <strong>Bernau</strong> mit Marktplatz und<br />

gitterförmigem Straßennetz von e<strong>in</strong>er ste<strong>in</strong>ernen Mauer und Wall umgeben.<br />

<strong>Bernau</strong> war mit durchschnittlich ca. 2.000 bis 3.000 E<strong>in</strong>wohnern im Spätmittelalter<br />

im Verhältnis zu anderen Städten relativ dicht bevölkert; immerh<strong>in</strong> war die Stadt<br />

<strong>Bernau</strong> die bevölkerungsreichste Stadt des Barnim. 31 Noch vor der Mitte des 13. Jahrhunderts<br />

war die große Stadtkirche <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er dreischiffigen Basilika aus Feldste<strong>in</strong><br />

fertiggestellt worden. E<strong>in</strong>e weitere, noch heute erhaltene geistliche E<strong>in</strong>richtung ist die<br />

St.-Georgen-Kapelle des gleichnamigen Hospitals nördlich des Mühlentores aus dem<br />

14./15. Jahrhundert.<br />

Die verkehrsgünstige Lage <strong>Bernau</strong>s – an Furten durch die sumpfige Pankeniederung<br />

gelegen – erwies sich vor allem <strong>in</strong> wirtschaftlicher H<strong>in</strong>sicht als förderlich: Die Stadt<br />

<strong>Bernau</strong> erfuhr überregionale Bedeutung, als e<strong>in</strong>e Fernhandelsroute von Berl<strong>in</strong> nach<br />

Oderberg und e<strong>in</strong>e Fernstraße von Berl<strong>in</strong> über Angermünde nach Stett<strong>in</strong> über <strong>Bernau</strong><br />

geführt wurde. 32<br />

Der regelmäßige, abgerundet-viereckige Stadtgrundriss mit gitterförmigem Straßennetz<br />

wird im höchsten Stadtbereich, der um 1519 geweihten St.-Marien-Kirche, durch<br />

radial angelegte Straßen bzw. auf die Kirche zugeschnittene Straßenführung unterbrochen,<br />

was auf e<strong>in</strong>en älteren, später <strong>in</strong>tegrierten Siedlungskern an dieser Stelle<br />

schließen lässt [6-7]. 33<br />

14<br />

30 Wernicke 1992, 283.<br />

31 Friske 2000, 69.<br />

32 Siedler, 1914, 99.<br />

33 Siedler, 1914, 76; Dehio 2000, 125; Friske 2000, 69.<br />

[6] Luftbild des<br />

Siedlungskerns mit<br />

der Kirche<br />

[7] <strong>Bernau</strong>er<br />

St.-Marien-Kirche


34 Domnick, 2003, 60.<br />

35 Scäuble, 2005, 10 ; Wittkopp 2000, 122.<br />

36 Barthel, 2000, 43.<br />

37 He<strong>in</strong>rich, 1973, 125.<br />

38 Friske 2000, 68 Anm. 272.<br />

[8] Darstellung der archäologisch<br />

dokumentierten<br />

Bereiche (Stand 2010)<br />

anhand e<strong>in</strong>es rekonstruierten<br />

Stadtgrundrisses <strong>Bernau</strong>s<br />

um 1620 nach dem Stich<br />

von Merian<br />

[9] Sühnekreuz vor der<br />

Berl<strong>in</strong>er St.-Marien-Kirche<br />

Dies ist <strong>in</strong>zwischen archäologisch bestätigt worden, da <strong>bei</strong> verschiedenen Ausgrabungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb und um die St.-Marien-Kirche sowohl die Überreste der ursprünglichen<br />

romanischen Basilika, dem Vorgängerbau der heutigen Kirche, als auch Spuren<br />

e<strong>in</strong>er slawischen und frühdeutschen Siedlung entdeckt wurden. 34<br />

An die St.-Marien-Kirche schloss sich der alte städtische Friedhof an. 1598 wurde<br />

im Zuge e<strong>in</strong>er Pestepidemie wegen Überbelegung e<strong>in</strong> weiterer Friedhof vor dem<br />

Mühlentor angelegt. 35<br />

Gesichert ist e<strong>in</strong>e Propstei <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> im 14. Jahrhundert: Nachdem der Propst<br />

Nikolaus von <strong>Bernau</strong> im Jahre 1325 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> erschlagen worden war, musste e<strong>in</strong><br />

Sühnekreuz am Portal der Berl<strong>in</strong>er St. Marienkirche errichtet werden [9].<br />

Die den Markgrafen direkt unterstellte Immediatstadt (Stadt unter direkter<br />

Herrschaft des Königs oder Kaisers) trat 1393 dem mittelmärkischen Städtebund<br />

<strong>bei</strong>, um sich u. a. gegen die damaligen Ritterfehden zur Wehr zu setzen. 36 Die außergewöhnlich<br />

stark befestigte Stadt mit fast 1.500 m langer und ca. 6-7 m hoher Stadtmauer<br />

und Wallanlage trotzte 1402 den Angriffen e<strong>in</strong>es Heeres unter Führung der<br />

Quitzows sowie der Belagerung durch die Hussiten im Jahr 1432, was den Abzug des<br />

Hussitenheeres aus der Mittelmark zur Folge hatte. 37 Vor <strong>Bernau</strong> wurden die Hussiten<br />

am 22./23. April 1432 erfolgreich zurückgeschlagen. 38<br />

15


Bedeutendste Gewerbe der Ackerbürgerstadt waren seit dem späten Mittelalter<br />

bis zum Dreißigjährigen Krieg neben der Landwirtschaft als Haupterwerbszweig39 die Tuchmacherei, das Brauereiwesen und der Bierhandel, durch den das <strong>Bernau</strong>er<br />

Bier e<strong>in</strong>en hohen Bekanntheitsgrad und weite Verbreitung <strong>in</strong> der Mark erlangte. Das<br />

„männerbezw<strong>in</strong>gende“ <strong>Bernau</strong>er Schwarzbier schenkten im Mittelalter immerh<strong>in</strong><br />

13 märkische Städte und 47 Gaststätten <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> aus. 40 Der E<strong>in</strong>fluss und die ökonomische<br />

Potenz der wohlhabenden Handwerkszunft der Tuchmacher lässt sich u. a. an<br />

ihrer Stiftung des St.-Georgen-Hospitals vor den Toren der Stadt im Jahr 1328 ablesen.<br />

1406 und 1485 zerstörten Großbrände weite Teile der Stadt, wo<strong>bei</strong> derjenige von<br />

1406 u. a. das Rathaus betraf und den alten Urkundenbestand vernichtete41 sowie<br />

derjenige von 1485 die halbe Stadt <strong>in</strong> Mitleidenschaft zog. Trotz mehrerer Pestepidemien,<br />

die <strong>Bernau</strong> im 14., 15. und 16. Jahrhundert heimsuchten, zählte <strong>Bernau</strong><br />

im 16. Jahrhundert noch zu den mittelgroßen Städten der Mark Brandenburg.<br />

Für <strong>Bernau</strong> s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Zahlen der Todesfälle e<strong>in</strong>zelner Pestepidemien überliefert:<br />

im Jahre 1516 ca. 1100 Tote, im Jahre 1538 ca. 700 Tote, im Jahre 1550 ca. 800 Tote.<br />

Im Jahre 1566 waren es 946 Tote sowie im Jahre 1598 genau 1137 Tote. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

belegen diese Opferzahlen zugleich auch den relativ raschen Ausgleich des epidemiebed<strong>in</strong>gten<br />

Bevölkerungsschwundes. 42<br />

Durch den Dreißigjährigen Krieg und weitere Pestwellen erfolgte der Niedergang der<br />

Stadt: Die E<strong>in</strong>wohnerzahl sank dramatisch, viele Hausstellen verfielen. 1638 lebten<br />

16<br />

39 Friske 2000, 68. Neben den ursprünglichen<br />

104 Hufen (altes Flächenmaß) erwarb <strong>Bernau</strong> bereits<br />

im 13. Jahrhundert großflächige Gebiete h<strong>in</strong>zu: so die<br />

Feldmark Liepnitz (der Stadtforst) und die Feldmark<br />

L<strong>in</strong>dow mit nochmals 84 Hufen Land.<br />

40 Domnick, 2003, 60.<br />

41 Barthel, 2000, 41.<br />

42 Friske 2000, 69.<br />

[10] Das Kantorhaus <strong>in</strong> der<br />

Tuchmacherstraße im<br />

Zusammenhang mit der Altbebauung<br />

auf e<strong>in</strong>er Fotografie<br />

aus den 1930er Jahren<br />

[11] Das Kantorhaus <strong>in</strong> der<br />

Tuchmacherstraße nach dem<br />

Flächenabriss im Zusammenhang<br />

mit der Neubebauung<br />

um 1980


43 Friske 2000, 69 Anm. 273.<br />

44 Schäuble, 2006, 30.<br />

45 Barthel, 1993, 41; 40 He<strong>in</strong>rich, 1973, 126. Die<br />

Refugées wurden mit besonderen Rechten ausge-<br />

stattet, darunter mit e<strong>in</strong>er eigenen Gerichtsbarkeit<br />

und e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de mit der Kapelle des Hospitals<br />

St.-Georgen im Mittelpunkt.<br />

46 Wernicke, 1894, 1.<br />

47 Pastenaci, 2003, 69.<br />

Gebäudebestand<br />

um 1965<br />

Verbliebener Altbau-<br />

bestand nach 1984<br />

Gebäudebestand mit der<br />

Neubebauung <strong>in</strong> Block-<br />

und Plattenbauweise,<br />

Stand 1992<br />

[12] Gebäudebestand vor<br />

und nach dem Flächenabriss<br />

von 1975 und 1984<br />

nur noch 500 bis 600 E<strong>in</strong>wohner <strong>in</strong> der Stadt; <strong>in</strong> jenem Jahr fielen 953 Bewohner<br />

<strong>Bernau</strong>s der Pestepidemie zum Opfer. 43 Die Hälfte der ca. 300 Gebäude war unbewohnt.<br />

Der wirtschaftliche Niedergang g<strong>in</strong>g zudem durch s<strong>in</strong>kende E<strong>in</strong>nahmen des<br />

Bierbrauergewerbes <strong>in</strong>folge der großen Konkurrenz e<strong>in</strong>her. 44<br />

E<strong>in</strong>e bescheidene Belebung der Wirtschaft und Kultur stellte die Ansiedlung von französischen<br />

Hugenotten <strong>in</strong> der Mark unter Kurfürst Friedrich III. im 17. Jahrhundert dar:<br />

1699 wurden 25 französischen Familien wüste Hausstellen <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> zugewiesen. 45<br />

Um 1800 waren die wirtschaftlichen Haupterwerbsquellen <strong>Bernau</strong>s Land- und Forstwirtschaft,<br />

Bierbrauerei, Branntwe<strong>in</strong>brennerei sowie die Tuchmacherei, Wollweberei<br />

und Sp<strong>in</strong>nerei, wo<strong>bei</strong> die Textil<strong>in</strong>dustrie den größten Anteil hatte. 46<br />

Im 19./20. Jahrhundert wurde der Stadt besonders der Ausbau der Infrastruktur<br />

förderlich: Der Chausseenbau Mitte des 19. Jahrhunderts, 1842 die Anb<strong>in</strong>dung an<br />

das Eisenbahnnetz zwischen Berl<strong>in</strong> und Stett<strong>in</strong> mit eigener Bahnstation und die 1891<br />

erbaute S-Bahn-Strecke, die <strong>Bernau</strong> mit Berl<strong>in</strong> enger verb<strong>in</strong>det, waren Grundlage für<br />

den wirtschaftlichen Aufschwung der Zeit. Der historische Stadtkern von <strong>Bernau</strong> blieb<br />

von Kriegse<strong>in</strong>wirkungen im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont. 1967 gab es im<br />

Stadtkern <strong>Bernau</strong>s 286 Wohnhäuser mit 1084 Wohne<strong>in</strong>heiten, von denen 82 % der<br />

Bausubstanz vor 1870 errichtet worden war, 16 % im Kaiserreich von 1871 und 1918<br />

und nur 2 % zwischen 1919 und 1967. Die gravierendste Umgestaltung des Stadtbildes<br />

<strong>Bernau</strong>s seit den Stadtbränden im 15. Jahrhundert erfolgte im Zuge der DDR-<br />

Flächensanierung ab 1975 bis 1989. Die monofunktionale Plattenbauweise hatte zur<br />

Folge, dass nur noch etwa 30 % an historischer Bausubstanz im Stadtkern erhalten<br />

blieb. <strong>Bernau</strong> sollte als Muster für alle Kle<strong>in</strong>- und Mittelstädte der DDR dienen,<br />

da man dem zunehmenden Verfall der historischen Innenstädte mit Abriss und<br />

Neubebauung begegnen wollte [10-12]. 47 Es blieben lediglich e<strong>in</strong>ige historische<br />

Repräsentationsbauten erhalten, so die Stadtmauer, die Stadtkirche sowie wenige<br />

Wohnbauten (34 vor 1870 und 10 zwischen 1900 und 1917 errichtete Häuser).<br />

Die städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen des historischen<br />

Stadtkerns revitalisieren entscheidend die bestehende Stadtstruktur wieder.<br />

Archäologische Baubegleitungen und dokumentierte Befunde und Funde sichern<br />

e<strong>in</strong>e authentische Lokalisierung und Rekonstruktion des alten Stadtbildes über<br />

e<strong>in</strong>en Zeitraum von über 750 Jahren.<br />

17


2. Stadtbefestigung<br />

Stadtmauer<br />

In die Zeit der Ersterwähnung der Civitas Ende des 13. Jahrhunderts bzw. m<strong>in</strong>destens<br />

vor 1340 fiel wohl auch der Bau der Stadtmauer aus Feldste<strong>in</strong>en [13]. Im Verlauf des<br />

15. Jahrhunderts wurden an der Mauer repräsentative Anbauten <strong>in</strong> Backste<strong>in</strong>, wie<br />

das Ste<strong>in</strong>tor, vorgenommen. In der Mark Brandenburg zählt <strong>Bernau</strong> zu den wenigen<br />

Städten mit e<strong>in</strong>er noch weitgehend vollständig erhaltenen spätmittelalterlichen<br />

Stadtmauer mit <strong>in</strong>nerem Stadtmauerweg von über 1.400 m Länge, ursprünglich<br />

7-8 m Höhe und 5 m durchschnittlicher Breite, mehreren Lughäusern, Wehrgängen,<br />

zwei Wehrtürmen (Pulverturm und Hungerturm), Wohnhäusern (Kantor- und<br />

Henkerhaus) und Stadttor (Ste<strong>in</strong>tor). Nicht mehr erhalten s<strong>in</strong>d das ehemalige<br />

Mühlentor im Norden sowie das Berl<strong>in</strong>er Tor im Westen, wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong>de jedoch archäologisch<br />

nachgewiesen werden konnten. Laut der bekannten Wernicke-Chronik<br />

war die Stadtmauer mit „… 4 halbrunden und 38 viereckigen, zusammen also 42 …<br />

Mauerthürme …“ 48 ausgeführt worden, von denen heute noch 32 existieren. Die<br />

Errichtung der mit 42 Lughäusern, drei Toren, zwei Rundtürmen aufwendig konstruierten<br />

und 8 m hohen Feldste<strong>in</strong>mauern begann vermutlich Ende des 13. Jahrhunderts<br />

und trotzte Anfang des 15. Jahrhunderts den Angriffen e<strong>in</strong>es Heeres unter<br />

Führung der Quitzows sowie der Belagerung durch die Hussiten im Jahr 1432.<br />

Durch das umfangreiche Sanierungsprogramm an Stadtmauer und Stadtmauerweg<br />

(wo<strong>bei</strong> der Mauerweg <strong>in</strong> sechs Teilbauabschnitte gegliedert wurde) konnten<br />

die meisten der Mauertürme bzw. Lughäuser mit den dazwischen bef<strong>in</strong>dlichen<br />

Stadtmauerabschnitten im Bestand und gegen Abreißen nach außen gesichert,<br />

Fundamente verstärkt, schadhaftes Backste<strong>in</strong>mauerwerk erneuert und Naturste<strong>in</strong>mauerwerk<br />

ergänzt werden. Zudem wurden e<strong>in</strong>ige Abschnitte des Wehrganges<br />

durch erneuerte Gewölbekappen und Holzboden sowie durch völlig überar<strong>bei</strong>tete<br />

Holzkonstruktionen und neu gedeckte Dächer wieder begehbar hergerichtet.<br />

18<br />

48 Jerchel/Seeger 1939, S. 62 f. mit e<strong>in</strong>er zeichnerischen<br />

Abwicklung der umlaufenden Stadtmauer von<br />

1939; Wernicke 1992; Plate 2005, Kap. 1; Friske 2000,<br />

68 Anm. 269.<br />

[13] Stadtmauer mit e<strong>in</strong>em<br />

sogenannten Lug-, Wieck-<br />

oder Weichhaus als Teil des<br />

Verteidigungssystems der<br />

Stadt


49 Wanzek, 1993/94, 137.<br />

50 Wanzek, 1994/94, 138.<br />

[14] Rekonstruierte<br />

Wallanlage<br />

Stadtgraben und Wallanlage<br />

Die mittelalterliche Befestigung von <strong>Bernau</strong> bestand aus der umlaufenden Stadtmauer<br />

mit dem Mühlen-, Ste<strong>in</strong>- und Berl<strong>in</strong>er Tor, den Türmen und Weichhäusern<br />

sowie dem zusätzlich im Norden, Westen und Osten vorgelagerten mehrfachen Wallund<br />

Grabensystem. Besonders nördlich der St.-Marien-Kirche zwischen der Park- und<br />

Mühlenstraße zeichnen sich noch vier Wälle (Mauer-, Kirchhofs-, Jungfern- und Hoher<br />

Wall) mit drei ehemaligen Wassergräben ab. Im Westen zwischen der Mühlen- und<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße verläuft noch e<strong>in</strong> Stadtgraben zwischen dem Kalands- und Berl<strong>in</strong>er<br />

Wall sowie dem Schützenwall. Somit befand sich nördlich der St.-Marien-Kirche der<br />

am aufwendigsten geschützte Bereich <strong>Bernau</strong>s. 49 Da im Süden die schwer passierbaren<br />

sumpfigen Panke-Niederungen natürlichen Schutz boten, wurde hier auf<br />

die aufwendige dreifache Wallgrabenanlage verzichtet. Man beschränkte sich auf<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Stadtmauer mit Graben. Teile dieses Grabens kamen <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Baubegleitung<br />

zu Tage, und die gewonnenen Dendrodaten e<strong>in</strong>iger der dar<strong>in</strong> enthaltenen<br />

Hölzer erbrachten Fälldaten aus den Jahren 1425, 1482, 1792 und 1802. 50 Von der<br />

Sohle der Wälle bis zur Mauerkrone betrug der Höhenunterschied e<strong>in</strong>st etwa 14 m.<br />

Im Jahre 1598 wurden die Wälle am Mühlentor abgetragen und der Alte Friedhof<br />

angelegt. Erst im Jahre 1848 begann die eigentliche Abtragung der Wälle, die heute<br />

nur noch an der Nordseite erhalten s<strong>in</strong>d und nun Parkcharakter tragen [14].<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Stadtpark<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Stadtpark 2 [2007]<br />

- Am Angergang, Klementstraße,<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 63-69 [1993]<br />

Die Herausnahme des Kellerbereichs während des Gebäudeabbruchs Stadtpark 2,<br />

e<strong>in</strong>em Nachkriegsnotbau mit schweren Bauschäden, erfolgte unter e<strong>in</strong>er baube-<br />

19


gleitenden archäologischen Dokumentation im Jahre 2007. Diese begründete sich aus<br />

der unmittelbaren Nähe westlich vor dem Pulverturm und der Stadtmauer sowie aus<br />

der Standortnähe auf dem Bereich des vermuteten ersten Wallgrabens der <strong>Bernau</strong>er<br />

Stadtbefestigung. 51 Träger der Baumaßnahme war die Stadt <strong>Bernau</strong>. Der im Westen<br />

der Stadtmauer <strong>in</strong>tegrierte Pulverturm ist 25,70 m hoch, besitzt e<strong>in</strong>en Durchmesser<br />

von 7,40 m und zählt somit zu den höchsten Festungstürmen <strong>in</strong> der Mark Brandenburg.<br />

Im unteren Bereich ist er mit Feldste<strong>in</strong>en, darüber mit Ziegelste<strong>in</strong>en und Kalkmörtel<br />

ausgeführt. Geme<strong>in</strong>sam mit dem Ste<strong>in</strong>tor, dem Hungerturm, dem Mühlentor<br />

und dem Berl<strong>in</strong>er Tor gehört der Pulverturm zu den repräsentativen Anbauten <strong>in</strong><br />

Backste<strong>in</strong>, die im Verlauf des 15. Jahrhunderts an der Stadtmauer <strong>Bernau</strong>s vorgenommen<br />

wurden. Der Ausschnitt des Kupferstiches von Merian von 1652 zeigt vor dem<br />

Pulverturm den ersten Wall sowie den ersten Wallgraben [15].<br />

Das Ensemble Stadtpark 2 bestand aus dem unterkellerten Hauptgebäude, das ohne<br />

tragenden Giebel mit dem westlich angrenzenden, aus der Gründerzeit stammenden<br />

Stadtgärtnerhaus Stadtpark 1 e<strong>in</strong>e bauliche E<strong>in</strong>heit bildete. 52 Im Süden des Hauptgebäudes<br />

schloss sich e<strong>in</strong>e nichtunterkellerte Baracke mit e<strong>in</strong>er Gründung aus Streifenfundamenten<br />

an. Untersucht wurde im Profil die Baugrube des tonnengewölbten<br />

Kellers e<strong>in</strong>schließlich Kellerzuwegung des Hauptgebäudes mit e<strong>in</strong>er Tiefe von etwa<br />

2,50 m. Während im Westen des Kellerbereichs das Fundament des Stadtgärtnerhauses<br />

unmittelbar anschloss, waren die Nord- und Ostprofilwände modern gestört.<br />

Im Südprofil kamen die Streifenfundamente der ehemaligen Baracke zu Tage. Das<br />

verlängerte Profil im Osten des Kellerbereichs zeigte e<strong>in</strong> leicht abfallendes Schichtenpaket<br />

aus e<strong>in</strong>er Folge von unterschiedlich e<strong>in</strong>gefärbten Fe<strong>in</strong>sanden, die teils mit<br />

Ziegelbruch sowie Kalkmörtelresten angereichert waren. Der Höhenverlauf des<br />

Geländes, der im Abstand von 4 m zur Stadtmauer e<strong>in</strong>e Böschung bildet, legt nahe,<br />

dass es sich um die neuzeitliche Füllung e<strong>in</strong>es Grabens gehandelt haben könnte.<br />

Sichtbare starke Risse des abgebrochenen Gebäudes ließen auf die nichtverdichtete<br />

Füllung des Untergrunds schließen. Das angrenzende Stadtgärtnerhaus weist ke<strong>in</strong>e<br />

Bauschäden auf. 53<br />

Obwohl die archäologische Begleitung ke<strong>in</strong>e zw<strong>in</strong>genden Beweise für die Existenz<br />

e<strong>in</strong>es Stadtgrabens lieferte, ist die Summe der H<strong>in</strong>weise der externen Quellen, wie<br />

die topographische Situation, die Risse an der Altbebauung, der Geländeabfall im<br />

20<br />

51 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2007:124 (K. Geßner/<br />

Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

52 Zunächst diente dieses Gebäude als K<strong>in</strong>dertagesstätte.<br />

Se<strong>in</strong>e Errichtung gehörte zu den ersten<br />

Befehlen des späteren Regisseurs Konrad Wolf, der<br />

als Neunzehnjähriger im April 1945 für kurze Zeit die<br />

sowjetische Stadtkommandantur <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> <strong>in</strong>nehatte.<br />

Das Gebäude wurde später als Stadtarchiv genutzt.<br />

53 Freundliche Mitteilung von A. Müskes,<br />

Bauregie <strong>Bernau</strong>.<br />

[15] Kennzeichnung des<br />

1. Walls und des Grabens<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ausschnitt aus<br />

der Stadtansicht nach<br />

Merian 1652


54 Wanzek 1995, 137-138; BLDAM-Grabungskurzbericht<br />

vom 16.01.1995 (B. Wanzek/ehemals Fa. GAD<br />

Berl<strong>in</strong>).<br />

[16] Längsschnitt durch<br />

den Stadtgraben<br />

Legende<br />

H = Holzbohlen/-planken<br />

1 = Geschiebesand<br />

2 = Fe<strong>in</strong>sand<br />

3 = humoser Sand<br />

4 = brauner Sand<br />

5 = mod. Schicht<br />

6 = gelb-brauner Lehm<br />

7 = mod. Schuttschicht<br />

8 = gelber Sand<br />

9 = mod. Ziegelbruch<br />

10 = mod. Schicht<br />

11 = braungrauer Lehm<br />

Abstand von 4 m zur Stadtmauer, so deutlich, dass die Lokalisierung des ersten<br />

Wallgrabens mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit auf dem Gelände des späteren Gebäudes<br />

Stadtpark 2 zu vermuten ist.<br />

Stadtgraben – Am Angergang, Klementstraße und Berl<strong>in</strong>er Straße 63-69<br />

E<strong>in</strong> Bauvorhaben im Quartier Berl<strong>in</strong>er Straße 63-69, Am Angergang und Klementstraße<br />

vor dem ehemaligen Berl<strong>in</strong>er Stadttor im Bereich des zugeschütteten Stadtgrabens<br />

bot im Jahre 1993 die Möglichkeit zur archäologischen Untersuchung im Bereich<br />

des mittelalterlichen Wall- und Grabensystems von <strong>Bernau</strong>. 54 Von sechs angelegten<br />

Geländeschnitten über <strong>in</strong>sgesamt ca. 92 m Länge und ca. 12 m Breite entlang der<br />

südlichen Seite der Berl<strong>in</strong>er Straße verlief <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong> Schnitt über die gesamte<br />

verfüllte ehemalige Stadtgrabenbreite von ca. 12 m. Hierzu wurde e<strong>in</strong> Belegprofil<br />

angelegt [16]. Dieser Stadtgraben enthielt noch Reste e<strong>in</strong>er begrenzenden Holzkonstruktion<br />

über die gesamte Breite. Von dieser ehemaligen hölzernen Stadtgrabenbewehrung<br />

aus Eichenstämmen ließen sich noch e<strong>in</strong>ige Dendrodatierungen ermitteln:<br />

Die ältesten Eichenbohlen wiesen Fälldaten von 1425 und 1482 auf. In deren<br />

Zusammenhang wurden ausschließlich Keramikfragmente spätmittelalterlicher<br />

harter Grauware geborgen. Daneben wurden u. a. Terrakotta, Ste<strong>in</strong>gut, Ste<strong>in</strong>zeug,<br />

Tierknochen, Ledersohlen, e<strong>in</strong> Knochenkamm sowie Holz- und Holzkohlestückchen<br />

aufgelistet. Die jüngeren Fälldaten von 1792 und 1802 spiegeln die frühneuzeitliche<br />

Verfüllungsphase des Stadtgrabens wider. In den übrigen Untersuchungsschnitten<br />

fanden sich u. a. e<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>lage sowie Pfostengruben- und Grubenverfüllungen, die <strong>in</strong><br />

21


den anstehenden Sand e<strong>in</strong>tieften. Aus der Grabenverfüllung wurden enorme Mengen<br />

an zeitlich entsprechender Keramik des 18. Jahrhunderts geborgen: glasierte Irdenware<br />

(handgefertigte Töpferware, siehe Glossar), Ste<strong>in</strong>zeug, Ste<strong>in</strong>gut und Porzellan.<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Stadttore<br />

<strong>Bernau</strong> besaß bis Ende des 18. Jahrhunderts drei Stadttore, von denen heute nur<br />

noch das östlich gelegene Ste<strong>in</strong>tor erhalten ist. Die Stadtore bestanden üblicherweise<br />

aus e<strong>in</strong>em Haupttor, welches oft als Turm ausgeführt war, sowie e<strong>in</strong>em oder<br />

mehreren Vortoren, die meistens mit e<strong>in</strong>er Wehrgangs- oder Zw<strong>in</strong>germauer<br />

(Zw<strong>in</strong>geranlage) umschlossen waren.<br />

Berl<strong>in</strong>er Tor<br />

Das Berl<strong>in</strong>er Tor im Westen der Stadt besaß ursprünglich e<strong>in</strong> Außentor und wurde<br />

1790 abgebrochen [17]. 55 Während der Sanierung der westlichen Straßenhälfte der<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße zwischen der Kreuzung Weißenseer Straße (B2) und der Straßene<strong>in</strong>mündung<br />

Alte Brauerei standen <strong>in</strong>sbesondere die fortifikatorischen (militärisch<br />

befestigten) Anlagen vor dem ehemaligen Berl<strong>in</strong>er Tor sowie das Berl<strong>in</strong>er Tor im<br />

Westen der Stadt selbst im Visier der archäologischen Baubegleitung. 56 Im Jahre<br />

1789 bzw. 1790 wurden der Turm sowie im Jahre 1799 das Tor selbst abgerissen. 57<br />

Im Standortbereich Berl<strong>in</strong>er Straße konnte nahezu das gesamte mittelalterliche bis<br />

neuzeitliche Befestigungs- und Verteidigungssystem am Berl<strong>in</strong>er Tor dokumentiert<br />

werden. Es zeigten sich drei bis zu ca. 16 m breite Wallgräben, deren Sohlen unter der<br />

sichtbaren Bautiefe von 2,30 m lagen. In allen drei Gräben hatten sich noch hölzerne<br />

22<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

Stadttore<br />

- Mühlentor [1999]<br />

- Berl<strong>in</strong>er Tor [2008]<br />

- Ste<strong>in</strong>tor [1997/1998, 2010]<br />

55 Plate 2005, Kap. 1.2.<br />

56 BLDAM- Grabungskurzbericht UBO 2008-27 vom<br />

16.01.2009 (M. Roeder/Fa. ASR).<br />

57 s. Plate 2005, Kap. 1.2.<br />

[17] Berl<strong>in</strong>er Tor, Ausschnitt<br />

aus der Stadtansicht nach<br />

Merian 1652


[18] Zw<strong>in</strong>geranlage Mühlentor,<br />

bestehend aus Tor, Zollhaus,<br />

Vortor, Wehrgangs-<br />

oder Zw<strong>in</strong>germauer und dem<br />

Stadttor. Dah<strong>in</strong>ter ist die<br />

St.-Marien-Kirche mit dem<br />

großen Turm zu erkennen.<br />

Ansicht von 1829<br />

Uferrandbefestigungen erhalten. Diese bestanden aus angespitzten und tief e<strong>in</strong>gerammten<br />

Holzpfählen, gegen die wiederum Holzplanken parallel zum Ufer verlegt<br />

waren. An e<strong>in</strong>er Stelle konnten die <strong>in</strong> den Boden gerammten Pfeiler e<strong>in</strong>er hölzernen<br />

Brücke bzw. Brückenkonstruktion geborgen werden. Mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

wurden ferner die noch <strong>in</strong> der Wernicke-Chronik erwähnten Fundamente e<strong>in</strong>es<br />

hölzernen Vortors ausgegraben, deren Dendrodaten allerd<strong>in</strong>gs erst auf das Ende<br />

des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts weisen.<br />

Die dendrochronologische Bestimmung des ältesten geborgenen Balkens der <strong>in</strong>neren<br />

Uferrandbefestigung ergab das Fälljahr 1223. Weitere Datierungen verweisen <strong>in</strong> die<br />

Mitte des 13. Jahrhunderts. H<strong>in</strong>gegen stammen die Hölzer der äußeren Uferrandbefestigung<br />

aus dem 14. Jahrhundert (1327 und 1336) bzw. noch jünger aus der<br />

Mitte bzw. vom Ende des 16. Jahrhunderts, also <strong>in</strong> etwa zeitgleich mit dem hölzernen<br />

Vortor. Reste des Fundaments des ersten Vortors zeigten sich <strong>in</strong> Form von zwei ste<strong>in</strong>ernen<br />

Plattformen mit e<strong>in</strong>er Vertiefung, die als Unterlage des ehemals etwa 20 m<br />

vor dem Haupttor bef<strong>in</strong>dlichen hölzernen Flügeltors dienten. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer Feldste<strong>in</strong>-<br />

23


mauerrest der südlichen <strong>in</strong>neren Torwange blieb trotz der massiven älteren Abrissar<strong>bei</strong>ten<br />

erhalten. Innerhalb der Stadtmauer bzw. im Inneren des Stadtgebiets entlang<br />

der Berl<strong>in</strong>er Straße traten trotz des hohen Zerstörungsgrades durch modernen<br />

Leitungsbau immer wieder mittelalterliche Kultur- und Wegeschichten, jedoch ohne<br />

klare Strukturen auf. Dies deutet auf e<strong>in</strong>e seit Jahrhunderten kont<strong>in</strong>uierliche Straßenlandnutzung<br />

der Berl<strong>in</strong>er Straße h<strong>in</strong>. An e<strong>in</strong>igen Stellen deuteten Schichtgrenzen<br />

auf Bauhorizonte <strong>in</strong> der Nähe der früheren Bebauungsgrenze h<strong>in</strong>. An der westlichen<br />

Straßenecke Berl<strong>in</strong>er Straße / Tuchmacherstraße befand sich noch <strong>in</strong> 1,70 m Tiefe e<strong>in</strong><br />

horizontal liegender Schwellbalken e<strong>in</strong>es mittelalterlichen Fachwerkhauses mit e<strong>in</strong>er<br />

Dendrodatierung von 1242 ( + /- 10 Jahre).<br />

Mühlentor<br />

Im Jahre 1999 wurden das zur Stadtseite liegende Torgebäude sowie die Zw<strong>in</strong>germauern<br />

des 1885 abgerissenen, ehemals 42 m langen Mühlentors und das mittelalterliche<br />

Straßenpflaster <strong>in</strong> ca. 1 m Tiefe erfasst. 58 Bis zum Jahre 1824 bestand das<br />

Mühlentor noch aus drei Toren, danach wurden das erste und zweite Torgebäude<br />

abgebrochen [18-20]. 59<br />

24<br />

58 Wittkopp 2000, 122.<br />

59 Plate 2005, Kap. 1.3.<br />

[19] Mühlenstraße um 1880,<br />

noch mit dem Mühlentor und<br />

dem Kieselackschem Haus<br />

(rechts neben dem Tor)<br />

[20] Aktueller Blick <strong>in</strong> die<br />

Mühlenstraße stadtauswärts


60 Plate 2005, Kap. 1.4.<br />

61 Plate 2001, S. 15.<br />

62 BLDAM-Zwischenbericht Grabung <strong>Bernau</strong>, Bahnhofstraße<br />

+ Hussitenstraße UBO 2010:83 (M. Pytlik +<br />

T. <strong>Dressler</strong>/ Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

[21] Ste<strong>in</strong>tor oder Königstor,<br />

Ausschnitt aus der Stadt-<br />

ansicht nach Merian 1652<br />

(perspektivisch idealisierte<br />

Darstellung)<br />

[22] Heutige Ansicht des<br />

Ste<strong>in</strong>tors mit barockem Dach<br />

Ste<strong>in</strong>tor<br />

Das Ste<strong>in</strong>tor – teils auch Königstor genannt – im Osten der Stadt ist das e<strong>in</strong>zige im<br />

Stadtbild noch erhalten gebliebene Stadttor <strong>Bernau</strong>s. Das Bauwerk selbst wurde<br />

im 13./14. Jahrhundert als Teil der Stadtbefestigungsanlage errichtet und ist e<strong>in</strong><br />

quadratischer, spätgotischer Ziegelbau mit e<strong>in</strong>mal gestuften, übereck gestellten<br />

Strebepfeilern jeweils an den Ecken. 60 Zwei Wehrgänge zusammen mit dem 28 m<br />

hohen Hungerturm verb<strong>in</strong>den den ursprünglich dreitorigen Stadtorkomplex. Im<br />

Hungerturm bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> 8 m tiefes Verließ. Im Jahre 1751 wurde das Ste<strong>in</strong>tor<br />

mit e<strong>in</strong>em barocken Dach e<strong>in</strong>gedeckt [21-22].<br />

Bei baubegleitenden Untersuchungen <strong>in</strong> den Jahren 1997 und 1998 durch D. Kunert<br />

und R. Herrmann wurden an archäologischen Befunden die Fundamente des Zw<strong>in</strong>gertores<br />

sowie Ziegelgewölbe e<strong>in</strong>es Kanalisationsschachtes erfasst. 61<br />

Die Untersuchungen des <strong>Archäologie</strong>büros <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong> im Bereich der Hussitenund<br />

Bahnhofstraße von Juli bis Oktober 2010 zum grundhaften Ausbau der Straße<br />

e<strong>in</strong>schließlich Medienneuverlegung bestätigen die alten Grabungsergebnisse und<br />

belegen den Aufbau der gesamten Zw<strong>in</strong>geranlage des Ste<strong>in</strong>tores sowie e<strong>in</strong>en<br />

Bohlenweg im Kreuzungsbereich Bahnhofstraße / Hussitenstraße [24, Befund 3]. 62<br />

25


Östlich des <strong>in</strong> spätgotischer Zeit umgebauten Ste<strong>in</strong>tors wurden mehrere Baureste<br />

des mittelalterlichen Zw<strong>in</strong>germauerwerks freigelegt. Auf ca. 30 m Länge wurden<br />

gut erhaltene Feldste<strong>in</strong>fundamente mit vermörtelten Backste<strong>in</strong>en der mittelalterlichen<br />

nördlichen Wehrmauer [24, Befund 1]. gefunden, die um 1850 seitens der Stadt<br />

endgültig abgetragen wurden. Diese mit leichten Versätzen laufenden Fundamente<br />

reichten bis an den unterirdisch verlaufenden, mit Ziegelste<strong>in</strong>mauern e<strong>in</strong>gefassten<br />

Pankekanal [24, Befund 25-26] aus dem 19. Jahrhundert heran. Auf das <strong>in</strong> diesem<br />

Bereich zu erwartende, im Jahre 1823 abgerissene Vortor deuten tief <strong>in</strong> den Sand<br />

gesetzte Feldste<strong>in</strong>fundamente parallel zur Stadtmauer westlich vom Pankedurchlauf.<br />

Bereits 1992 konnten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von ca. 1,10 m unter der Geländeoberkante und<br />

ca. 30 m östlich vom Ste<strong>in</strong>tor Feldste<strong>in</strong>fundamente [23 u. 24, Befund 46] vom ersten<br />

Vortor erfasst werden, <strong>in</strong> deren Umfeld ausschließlich mittelalterliche harte Grauware<br />

geborgen wurde. 63 Die Fundamente aus Feldste<strong>in</strong>en, Ziegelbruch und Kalkmörtel<br />

<strong>in</strong> Schalenmauertechnik waren allerd<strong>in</strong>gs schon zu e<strong>in</strong>em großen Teil – wohl 1823<br />

oder später – abgebrochen worden. E<strong>in</strong> noch etwa 2,50 m breites, erhaltenes Fundament<br />

konnte 2010 abermals unter dem südlichen Gehweg dokumentiert werden.<br />

26<br />

63 BLDAM-Grabungskurzbericht Hussitenstraße<br />

10/1992 (B. Eccarius/Museumsdirektor;<br />

U. Gennermann/Zeichner). Vgl. hierzu den Plan<br />

mit dem vermuteten Standort des Vortores.<br />

[23] Fundamentreste des<br />

Vortors (Befund 46)


[24] Archäologischer Lageplan der<br />

Zw<strong>in</strong>geranlage Ste<strong>in</strong>tor <strong>in</strong> der Hussitenstraße<br />

Befundbeschreibung:<br />

Befund 1: nördl. Wehrmauer/Mittelalter<br />

Befund 2, 4, 5: Begrenzungsmauer von 1857<br />

Befund 3: Bohlenwege/Mittelalter<br />

Befund 6, 7: Stützmauern des <strong>in</strong>neren<br />

Stadtgrabens/Mittelalter<br />

Befund 8: Holzbalken/Mittelalter<br />

Befund 14: südl. Wehrmauer/Mittelalter-Neuzeit<br />

Befund 22: Fundamentreste ehem. Restaurant<br />

Elysium/Neuzeit<br />

Befund 23: anstoßende Mauer an Bef. 22/Neuzeit<br />

Befund 25, 26: Sockelmauern des verrohrten<br />

Pankekanals<br />

Befund 31: Feldste<strong>in</strong>fundament/Mittelalter<br />

Befund 32: Fundament Ste<strong>in</strong>tor/Mittelalter<br />

Befund 46: Fundament Vortor/Mittelalter<br />

27


Das Vortor kann man sich als e<strong>in</strong>en kräftigen Torbogen oder e<strong>in</strong> Torhaus – zwischen<br />

24 und 30 m vom Ste<strong>in</strong>tor entfernt <strong>in</strong> der Hussitenstraße – als östliches Abschlussbauwerk<br />

der Zw<strong>in</strong>geranlage vorstellen. Die alte Torsituation verdeutlicht am besten<br />

der Merian-Stich von 1620. Vor dem Vortor verlief der äußere Stadtgraben. Als se<strong>in</strong><br />

Nachfolger kann der e<strong>in</strong>gefasste Pankekanal gelten, der heute jedoch von e<strong>in</strong>em<br />

Ziegelgewölbe überdeckt unter der Hussitenstraße verläuft.<br />

Ebenfalls parallel zur Stadtmauer östlich des Ste<strong>in</strong>tors verlaufen zwei bis <strong>in</strong>s Grundwasser<br />

reichende Feldste<strong>in</strong>mauern [24, Befund 6-7]. Unter bzw. vor deren Fundamenten<br />

war e<strong>in</strong>e Reihe eckiger und runder Holzbalken [24, Befund 8] <strong>in</strong> den anstehenden<br />

Sand gerammt. Darüber h<strong>in</strong>aus zeigte sich <strong>in</strong> diesem Abschnitt unter dem mittelalterlichen<br />

Mauerrest der südlichen Wehrgangmauer e<strong>in</strong> gemauerter Durchlass<br />

bzw. e<strong>in</strong>e Kanalwölbung von ca. 2,50 m Spannbreite [26 u. 24, Befund 14]. Diese<br />

Befunde belegen die hölzerne, später ste<strong>in</strong>erne Böschungsbefestigung des somit<br />

nachgewiesenen <strong>in</strong>neren Stadtgrabens, über den im Spätmittelalter e<strong>in</strong>e nicht mehr<br />

erhaltene Brücke errichtet wurde.<br />

Parallel zum mittelalterlichen Fundament der nördlichen Wehrgangmauer verläuft<br />

nördlich e<strong>in</strong> weiteres Mauerfundament mit Strebepfeiler [24, Befund 2, 4-5] aus dem<br />

gleichen Baumaterial. Die Feldste<strong>in</strong>e und Backste<strong>in</strong>brüche wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e handgemischte<br />

Mörtelmischung gesetzt; ebenso könnte die Bauweise e<strong>in</strong>e Datierung <strong>in</strong>s<br />

28<br />

[25] Archäologische Grabung<br />

<strong>in</strong> der Hussitenstraße unmittelbar<br />

vor dem Ste<strong>in</strong>tor mit<br />

den Fundamentresten der<br />

ehemaligen Zw<strong>in</strong>geranlage<br />

[26] Wehrmauer mit Durchlass<br />

oder Kanalwölbung im Verlauf<br />

des <strong>in</strong>neren Stadtgrabens<br />

(Befund 14)


[27] Fundamentreste der<br />

Begrenzungs- und Wehrmauer<br />

der ehemaligen<br />

Zw<strong>in</strong>geranlage<br />

späte Mittelalter erlauben. Dokumente des Stadtarchivs legen jedoch nahe, dass es<br />

sich hier<strong>bei</strong> um e<strong>in</strong>e 1857 neu errichtete Begrenzungsmauer zwischen Straßenraum<br />

und dem nördlich anschließenden Gartengelände handelt. Für deren Fundamentierung<br />

sollte möglichst das Abrissmaterial der alten Vortormauer wieder verwendet<br />

werden. E<strong>in</strong>e bauhistorische Untersuchung durch D. Schumann ergab e<strong>in</strong>e Bestätigung<br />

der neuzeitlichen Errichtung, da diese Mauer [24, Befund 2] u. a. auf e<strong>in</strong>en<br />

Strebepfeiler des Ste<strong>in</strong>tores stößt und somit nach der spätgotischen Veränderung des<br />

Tores entstanden se<strong>in</strong> muss. Normalerweise unterscheiden sich Mörtelmischungen<br />

im 19. Jahrhundert gerade im Detail der Zuschlagstoffe und Körnigkeiten von älteren.<br />

Dennoch ist es vorstellbar, dass man sich 1857 ganz bewusst an den vorgegebenen<br />

mittelalterlichen Mörtel der benachbarten Mauer [24, Befund 1] annäherte. Da die<br />

E<strong>in</strong>griffstiefe nicht bis an die Fundamentsohle heranreichte, kann nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass das Mauerwerk <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er späteren Bauphase auf ältere Teile e<strong>in</strong>es<br />

spätmittelalterlich/frühneuzeitlichen Zw<strong>in</strong>gerfundaments aufgesetzt wurde.<br />

Bislang wurden 14 Dendroproben von der Hussitenstraße entnommen, deren dendrochronologische<br />

Auswertungen <strong>in</strong> Bezug auf das Fälldatum und Holzart durch<br />

das Deutsche Archäologische Institut (DAI) <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> – Herr Dr. U. Heußner – bereits<br />

vorliegen. Hier<strong>bei</strong> zeichnen sich zwei Schwerpunkte ab, die gezielt dokumentiert<br />

29


wurden: e<strong>in</strong>erseits die Bohlen- und Bretterauflagen der Bohlenwege [24, Befund 3]<br />

im Kreuzungsbereich Hussitenstraße / Bahnhofstraße bzw. <strong>in</strong> der verlängerten<br />

Hussitenstraße sowie andererseits die Uferbefestigungen [24, Befund 8] im Bereich<br />

des ehemaligen <strong>in</strong>neren Stadtgrabens vor dem Ste<strong>in</strong>tor. Insgesamt 6 Dendroproben<br />

vom Bohlenweg weisen e<strong>in</strong>en Ausführungszeitraum von 1229 ( + /-WK) bis 1246 ( + /-10)<br />

auf, wo<strong>bei</strong> die höchste Konzentration zwischen 1240-1245 liegt. 64 Die bereits <strong>bei</strong> den<br />

Untersuchungen 1992 hier geborgene Dendroprobe mit e<strong>in</strong>em Fälldatum von vor<br />

1232 reiht sich hier sehr gut e<strong>in</strong>. An Holzarten wurden bevorzugt Eiche, aber auch<br />

Birke und Weide verwendet. Die bislang älteste Dendroprobe <strong>Bernau</strong>s stammt von<br />

e<strong>in</strong>er Holzbohle vermutlich e<strong>in</strong>es weiteren Bohlenweges, die im Zuge der Schachtungsar<strong>bei</strong>ten<br />

für e<strong>in</strong>en Fernwärmeanschluss <strong>in</strong> Höhe der Hussitenstraße Nr. 10<br />

geborgen werden konnte. 65 Diese eichene Holzbohle weist e<strong>in</strong> Fälldatum von 1209<br />

( + /-10) auf und belegt somit den bislang ältesten Nachweis der mittelalterlichen<br />

Stadtentstehung <strong>Bernau</strong>s.<br />

Die hölzernen Uferbefestigungen [28, 29 u. 24, Befund 8] im Bereich des ehemaligen<br />

<strong>in</strong>neren Stadtgrabens vor dem Ste<strong>in</strong>tor kennzeichnen h<strong>in</strong>gegen zwei unterschiedliche<br />

Bauphasen: Die ältere wird dadurch <strong>in</strong> die Mitte des 13. Jahrhunderts (1244 WK-<br />

1254 SWK) 66 , die jüngere ca. 100 Jahre später um die Mitte des 14. Jahrhunderts<br />

(1340 WK) 67 datiert.<br />

30<br />

1 m<br />

64 BLDAM-Zwischenbericht Grabung <strong>Bernau</strong>, Bahnhofstr.<br />

+ Hussitenstr. UBO 2010:83 (M. Pytlik + T.<br />

<strong>Dressler</strong>/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>). Dendroprobe UBO 2010:83<br />

DP 1: 1241 +/-10 aus Eiche, DP 2: 1246 +/-10 aus<br />

Eiche, DP: 4: 1238 +/-10 aus Eiche, DP 11: 1229 +/-WK<br />

aus Eiche, DP 12: nicht bestimmbar aus Birke?, DP 13:<br />

nicht bestimmbar aus Weide.<br />

65 Dendroprobe UBO 2010:83 DP 14: 1209+/-10 aus<br />

Eiche.<br />

66 Dendroprobe UBO 2010:83 DP 5: zu kurz aus Erle,<br />

DP 6: 1254 SWK aus Eiche, DP 8: 1244 WK aus Eiche<br />

und DP 10: zu kurz aus Eiche.<br />

67 Dendroprobe UBO 2010:83 DP 7: 1340 WK aus Eiche<br />

und DP 9: 1340 WK aus Eiche.<br />

Anmerkung:<br />

Waldkante (WK), Sommerwaldkante (SWK)<br />

siehe auch Glossar Stichwort Dendrochronologie<br />

[28] Holzbalkenfund der<br />

Uferbefestigung des ehemaligen<br />

<strong>in</strong>neren Stadtgrabens<br />

(Befund 8, Dendroproben DP5<br />

und DP8)<br />

[29] Fundzeichnung zweier<br />

gezogener Holzbalken der<br />

Uferbefestigung des ehemaligen<br />

<strong>in</strong>neren Stadtgrabens<br />

(Befund 8a 1244 WK und<br />

Befund 8e 1340 WK)


68 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2003: 93 (M. Pytlik/<br />

Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Südlicher Stadtmauerweg [2004]<br />

Südlicher Stadtmauerweg zwischen Alte Goethestraße und Ste<strong>in</strong>tor<br />

(1. Bauabschnitt)<br />

Die Sanierung des Innenweges entlang der gut erhaltenen Stadtmauer erfolgte<br />

durch die Stadt <strong>Bernau</strong> <strong>in</strong> sechs Bauabschnitten. Im Bereich des 1. Bauabschnitts<br />

zwischen dem Mauerdurchbruch der Goethestraße und dem Ste<strong>in</strong>torplatz wurden<br />

im Jahre 2004 Erde<strong>in</strong>griffe auf etwa 120 m Länge, 3 m Breite und teilweise 2 m Tiefe<br />

<strong>in</strong>sbesondere für die Medien vorgenommen. Vom bisher unbefestigten Weg wurde<br />

der aus festgestampftem Bauschutt bestehende Altbelag ca. 70 cm tief abgetragen.<br />

Da im historischen Altstadtbereich <strong>bei</strong> Aufschlüssen dieser Tiefe und der unmittelbaren<br />

Nähe zur Stadtmauer zw<strong>in</strong>gend mit der Störung mittelalterlicher Strukturen<br />

gerechnet werden musste, wurde e<strong>in</strong>e archäologische Baubegleitung beauftragt. 68<br />

Aufgrund der vorgegebenen E<strong>in</strong>griffsbreite und der Baurichtung wurden hauptsächlich<br />

Ostprofile von 3 m Breite dokumentiert, deren Aufbau über die gesamte Trassenlänge<br />

sehr e<strong>in</strong>heitlich war.<br />

Unter dem genannten Schuttauftrag folgte e<strong>in</strong>e etwa 50 cm starke Brandschuttschicht,<br />

die sehr viel Ziegelbruch, verkohltes Holz, Flaschenglas, Ofenkacheln und<br />

Hauskeramik wie bemalte Irdenware der Frühen Neuzeit enthielt. Darunter lagen bis<br />

zu 1 m mächtige Sandaufschüttungen <strong>in</strong> immer ähnlicher Schichtenabfolge. Diese<br />

sowie die darunter folgende Schicht steigen stark nach Süden gegen die Stadtmauer<br />

h<strong>in</strong> an. In e<strong>in</strong>er Tiefe von etwa 2 m folgte e<strong>in</strong>e weitere lehmige Kulturschicht mit viel<br />

Holzsplittern, Tierknochen und Holzkohle unmittelbar über den anstehenden Boden.<br />

Diese nach oben abgeschlossene Schicht wird durch die gefundene Keramik – harte<br />

Grauware (Gebrauchskeramik, siehe Glossar) – <strong>in</strong>s späte Mittelalter datiert.<br />

31


Die Gründungstiefe des Stadtmauerfundaments reichte nicht bis auf diese mittelalterliche<br />

Siedlungsschicht h<strong>in</strong>ab, sondern setzte ca. 75 cm darüber an. Die zur Stadtmauer<br />

h<strong>in</strong> ansteigenden bzw. stark e<strong>in</strong>fallenden Schichten wurden somit unmittelbar<br />

vor bzw. nach dem Mauerbau aufgetragen. Dies lässt darauf schließen, dass sich <strong>in</strong><br />

diesem Bereich des heutigen Stadtmauerweges e<strong>in</strong>e tiefe Senke befand. Diese wurde,<br />

beg<strong>in</strong>nend mit den Aufschüttungen für den Mauersockel, erst nach und nach verfüllt<br />

und wohl erst <strong>in</strong> der frühen Neuzeit nach der flächigen E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung der Schuttschichten<br />

als Pflasterweg begehbar.<br />

Vor der Straßennutzung wurde hier häufig Abfall entsorgt, wie die hohe Anzahl von<br />

Schuttgruben belegt. In e<strong>in</strong>er dieser Gruben fand sich sehr dicht gepackter Glaserabfall<br />

bestehend aus Resten von runden Butzenscheiben, z. T. <strong>in</strong> Bleifassung sowie<br />

streifenförmige Randabschnitte von 2 mm dickem Tafelglas. 69 Das Glas ist klar und<br />

farblos bis gelblich. Weiterh<strong>in</strong> enthielt die Grube zahlreiche Streifen von Flachglasabschnitten,<br />

Bruchstücke rund gebrochener Gläser (Butzen), Bleistreifen für die Butzenscheibenherstellung,<br />

verschiedene Eisenteile sowie e<strong>in</strong>en Tonpfeifenstiel. Gleiche<br />

Flachglasstreifen sowie Bruchstücke von Butzen fanden sich auch <strong>in</strong> der Verfüllung<br />

des benachbarten Abwassergrabens. Unter den geborgenen Glasstreifen fielen e<strong>in</strong>ige<br />

wenige bemalte Scherben e<strong>in</strong>es Glaspokals mit S<strong>in</strong>nspruch und e<strong>in</strong>em Zunftwappen<br />

auf. Die dargestellten Instrumente und Werkzeuge wie Zirkel, Breit<strong>bei</strong>l, Stechaxt, Setzlot<br />

und Schrotsäge weisen deutlich auf die Zunft der Zimmermannsleute h<strong>in</strong>.<br />

Der S<strong>in</strong>nspruch konnte wegen fehlender Stücke jedoch noch nicht gedeutet werden.<br />

Erhalten blieb aber die unter dem Text bef<strong>in</strong>dliche Jahreszahl: 1716 [30-31]. 70 Für e<strong>in</strong><br />

Halbfabrikat spricht, dass die Bemalung noch nicht überfangen war und sich das<br />

Gefäß also noch <strong>in</strong> der Herstellung befand sowie se<strong>in</strong>e Lage zwischen Unmengen an<br />

Glaserabfall. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass im Bereich Berl<strong>in</strong>er Straße 7 bis 9<br />

e<strong>in</strong>schließlich der langgestreckten Grundstücke bis zum Stadtmauerweg Anfang des<br />

18. Jahrhunderts e<strong>in</strong>e Glaserwerkstatt bestanden haben muss.<br />

Im untersuchten Bereich wurden 4 Gräben angeschnitten [32]. Graben 1 verlief parallel<br />

zur Goethestraße rechtw<strong>in</strong>klig auf die Stadtmauer zu und führte wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

unter dieser h<strong>in</strong>durch weiter. Der über 2 m breite Graben, dessen Sohle nicht erreicht<br />

wurde, schnitt durch die mittelalterliche Schicht bis <strong>in</strong> den anstehenden Boden e<strong>in</strong>.<br />

32<br />

[30-31] Scherben e<strong>in</strong>es<br />

Zunftpokals mit der<br />

Jahreszahl 1716 und der<br />

Rekonstruktionsversuch<br />

des S<strong>in</strong>nspruchs


69 Bis zur <strong>in</strong>dustriellen Flachglasproduktion, <strong>bei</strong> der<br />

e<strong>in</strong> endloser Glasstrang aus der Schmelze gezogen<br />

wird, wurde die Schmelze auf flach liegenden Formen<br />

ausgestrichen, wo<strong>bei</strong> e<strong>in</strong> verdickter Rand anstand, der<br />

vor der Verar<strong>bei</strong>tung abgeschnitten wurde.<br />

70 Die <strong>in</strong> Abbildung 23-24 gezeigte Rekonstruktion der<br />

Beschriftung entspricht nicht dem Orig<strong>in</strong>alzustand<br />

der Scherben, von denen die oberste Schicht mit der<br />

Bemalung unmittelbar nach der Bergung abplatzte.<br />

Jedoch blieben an den Stellen der Buchstaben leichte<br />

Veränderungen <strong>in</strong> der Glasstruktur zurück, die unter<br />

Schräglicht sichtbar werden und nach denen sich die<br />

ursprüngliche Beschriftung rekonstruieren ließ.<br />

[32] Lage der Gräben 1 bis 4<br />

am Stadtmauerweg<br />

Im Profil wurden noch E<strong>in</strong>bauten aus waagerechten Brettern als Grabenabdeckung<br />

sowie senkrechten Pfosten erkannt. Die Funktion der <strong>in</strong> zwei Gruppen stehenden<br />

Pfosten ist nicht deutlich. Die vielen Grabenfüllschichten belegen e<strong>in</strong>e lange zeitliche<br />

Nutzung. Am Ende wurde der nur noch als E<strong>in</strong>senkung spürbare Graben durch die<br />

o. g. Schuttschicht planiert. Graben 2 zeigte e<strong>in</strong>en Aufbau aus Feldste<strong>in</strong>sockel und<br />

aufgesetztem Ziegelmauerwerk. E<strong>in</strong>e Abdeckung war nicht vorhanden, jedoch weisen<br />

an den Mauer<strong>in</strong>nenseiten erkennbare Aussparungen ebenfalls auf e<strong>in</strong>e Bretterabdeckung<br />

h<strong>in</strong>. Die Verfüllung des etwa 1,50 m breiten Grabens wird <strong>in</strong>direkt datiert<br />

durch Flachglasstreifen, die Anfang des 18. Jahrhunderts produziert wurden. Auch <strong>bei</strong><br />

diesem Graben ist e<strong>in</strong>e Weiterführung unter der Stadtmauer h<strong>in</strong>durch wahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

Mit der Schuttschicht wurde die nach se<strong>in</strong>er langsamen Verfüllung gebliebene<br />

Senke nivelliert. Graben 3 ist ähnlich wie Graben 2 aufgebaut, nur ist er straßenparallel<br />

<strong>in</strong> Ost-West-Richtung angelegt. Er mündet <strong>in</strong> den wiederum nordsüdlich<br />

verlaufenden, über 2 m breiten Graben 4, der ohne erkennbare Ausbauten angelegt<br />

war. Graben 4 diente als Sammler für Seitengräben, was sowohl durch die Sohlenbreite<br />

von 1,20 m als auch durch den Tiefenunterschied zu Graben 3 von etwa 40 cm<br />

unterstrichen wird. Auch Graben 4 wurde mehrfach gere<strong>in</strong>igt und die nach se<strong>in</strong>er<br />

Auflassung verbliebene Senke wie gewohnt mit Schutt planiert. Das Verhältnis der<br />

Gräben zu den angrenzenden Grundstücken Berl<strong>in</strong>er Straße konnte dah<strong>in</strong>gehend<br />

geklärt werden, dass Graben 2 laut Katasterplan auf der westlichen Grundstücksgrenze<br />

von Berl<strong>in</strong>er Straße 7 und Graben 4 auf der östlichen Grenze von Berl<strong>in</strong>er<br />

Straße 5 liegt. Vermutlich leiteten diese Gräben von der Berl<strong>in</strong>er Straße aus entlang<br />

der Grundstücksgrenzen Abwasser mit dem Gefälle aus der Stadt ab. Ursprünglich<br />

könnten sie auch der Wasserversorgung der zahlreichen <strong>Bernau</strong>er Brauereien gedient<br />

haben. Bei Graben 1 f<strong>in</strong>det sich im heutigen Katasterplan ke<strong>in</strong>e korrespondierende<br />

Grenze, jedoch ist zu berücksichtigen, dass sich die Grundstücke durch den Mauerdurchbruch<br />

und die Neuanlage der Goethestraße im 19. Jahrhundert verändert<br />

haben. Vor Anlage der Straße lag dort nach e<strong>in</strong>em älteren Katasterplan das Grundstück<br />

Nr. 1625/327, zu dessen Ostgrenze der Graben <strong>in</strong> Beziehung stehen könnte. Die<br />

archäologische Begleitung im Stadtmauerweg zwischen Goethestraße und Ste<strong>in</strong>torplatz<br />

ergab, dass <strong>in</strong> diesem Bereich wohl erst im 19. Jahrhundert e<strong>in</strong> Mauer<strong>in</strong>nenweg<br />

entstanden ist. Hierfür sprechen die gefundenen Aufschüttungen, fehlende Abgren-<br />

33


zungen sowie drei den heutigen Straßenverlauf querende Gräben auf Grundstücksgrenzen,<br />

die ehemals bis zur Stadtmauer durchliefen. Auch diese Gräben wurden<br />

wohl ursprünglich für die Wasserversorgung der Brauereien angelegt, später aber<br />

für die Abwasserentsorgung umfunktioniert und müssten daher e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />

zur Panke oberhalb der Stadt, also <strong>in</strong> Richtung Ste<strong>in</strong>tor, gehabt haben. In der Frühen<br />

Neuzeit wurde dieser rückwärtige Teil der Grundstücke Berl<strong>in</strong>er Straße 5-15 häufig zur<br />

Entsorgung von Haus- und Gewerbemüll genutzt, wie zahlreiche Abfallgruben, u. a.<br />

mit Glaserabfall, belegen. Bauliche Strukturen haben unmittelbar an der Stadtmauer<br />

offenbar nicht bestanden.<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Östlicher Stadtmauerweg zwischen Ste<strong>in</strong>tor und Parkstraße<br />

(6. Bauabschnitt)<br />

Im Zuge des Neubaus e<strong>in</strong>es Regenwasserkanals mit Anb<strong>in</strong>dung der Hausanschlüsse<br />

war im Jahre 2004 im Bereich des 6. Bauabschnitts zwischen dem Ste<strong>in</strong>torplatz und<br />

der E<strong>in</strong>mündung Parkstraße e<strong>in</strong>e archäologische Baubegleitung entlang des Innenweges<br />

der Stadtmauer erforderlich. Für die Verlegung des Kanals musste e<strong>in</strong> Schacht<br />

von ca. 125 m Länge, 1,20 m Breite und 2,80 m-3,50 m Tiefe ausgehoben werden.<br />

Für den Wegebau wurde der Deckboden auf der gesamten Straßenbreite von etwa<br />

5 m um ca. 60 cm Tiefe abgetragen. Die Baumaßnahme griff <strong>in</strong> das Bodendenkmal<br />

„Mittelalterliche Stadtmauer e<strong>in</strong>schließlich Lughäuser“ e<strong>in</strong> und ermöglichte e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Genese des historischen Stadtkerns von <strong>Bernau</strong>. 71 Neben Grubenkomplexen<br />

wurden <strong>in</strong>sbesondere Baubefunde, Pflughorizonte und Kulturschichten<br />

gesichtet. So konnten die Reste von zwei spätmittelalterlichen und e<strong>in</strong>er urgeschichtlichen<br />

Kulturschicht erfasst werden [33].<br />

34<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Östlicher Stadtmauerweg [2004]<br />

71 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2003: 54<br />

(M. Escobedo + M. Pytlik/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).


72 Im untersuchten Bereich wurden <strong>in</strong>sgesamt 4 nicht<br />

näher zu def<strong>in</strong>ierende Siedlungsgruben identifiziert,<br />

die mit e<strong>in</strong>er graubraunen, sandigen Aufschüttung<br />

und e<strong>in</strong>igen Keramikfragmenten (harte Grauware),<br />

Holzkohlereste, Tierknochen und kle<strong>in</strong>eren Feldste<strong>in</strong>en<br />

verfüllt waren.<br />

[33] Mittelalterliche<br />

Kulturschichten am<br />

östlichen Stadtmauerweg<br />

Im Zusammenhang mit dem ersten mittelalterlichen Kulturhorizont s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e<br />

Siedlungsgrube sowie die Fundamente dreier Lughäuser entlang der Stadtmauer<br />

zu sehen. Die Vorsprünge der Lughäuser basierten auf Fundamenten aus großen<br />

und mittelgroßen Feldste<strong>in</strong>en, die mit Kalkmörtel verfugt s<strong>in</strong>d und sich noch<br />

0,80 m-1,40 m <strong>in</strong> Westrichtung und bis ca. 1 m unterhalb der Straßenoberfläche<br />

erstrecken. Im Bereich der Fundamentbaugrube konnten zwei verschiedene spätmittelalterliche<br />

bzw. frühneuzeitliche Schichten differenziert werden. Daraus ergab<br />

sich, dass das Fundament der Stadtmauer <strong>in</strong> diesem Bereich bis auf die erste mittelalterliche<br />

Siedlungsschicht h<strong>in</strong>ab reichte. Die schmale Kulturschicht selbst war mit<br />

zahlreichen Grauwarefragmenten, sehr wenigen Irdenwarescherben, Tierknochen,<br />

Holzkohleresten und starken Brandspuren durchsetzt.<br />

E<strong>in</strong> zweiter Kulturhorizont umfasst e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>en Grubenkomplex72 und Baustrukturreste,<br />

die aufgrund der dar<strong>in</strong> enthaltenen Keramikfragmente <strong>in</strong>s Mittelalter<br />

zu datieren s<strong>in</strong>d.<br />

Im Planum wurde der Rest e<strong>in</strong>es südöstlich-nordwestlich ausgerichteten Mauerfundaments<br />

aus großen und mittelgroßen Feldste<strong>in</strong>en dokumentiert. Das Fundament<br />

wurde <strong>in</strong> Lehm gesetzt und vertiefte die zweite Kulturschicht. Zehn Meter nördlich<br />

davon entfernt wurde e<strong>in</strong>e weitere, dreilagige Ste<strong>in</strong>konzentration im Profil freigelegt.<br />

Der Befund sche<strong>in</strong>t auch der Rest e<strong>in</strong>er Bauaktivität <strong>in</strong>nerhalb der zweiten mittelalterlichen<br />

Kulturschicht zu se<strong>in</strong>. Andererseits gehört der Rest e<strong>in</strong>es Pflughorizonts<br />

mit Spatenstichspuren, die sich <strong>in</strong> dem anstehenden Boden vertiefend erhalten<br />

haben, sowie partiell e<strong>in</strong>ige mächtige Aufschüttungen ebenfalls <strong>in</strong> die Siedlungsaktivität<br />

dieser zweiten mittelalterlichen Kulturschicht. Der zweite Kulturhorizont<br />

ist jedoch vorrangig durch e<strong>in</strong>e 20 cm-25 cm starke, durchlaufende Kulturschicht<br />

aus graubraunem Sand mit Holzkohleresten, kle<strong>in</strong>en Feldste<strong>in</strong>en, zahlreichen Grauwarefragmenten<br />

und Tierknochen charakterisiert.<br />

Der dritte und älteste Kulturhorizont wird durch e<strong>in</strong>e ca. 20 cm starke graubraune,<br />

sandige Schicht def<strong>in</strong>iert. Sie verlief <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von ca. 2,50 m unter der Geländeoberkante<br />

und zeigte e<strong>in</strong>e Konzentration aus Holzkohle und Brandspuren. Aus dem<br />

Befund konnte an Keramik e<strong>in</strong> urgeschichtliches unverziertes Fragment geborgen<br />

werden.<br />

35


<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Nördlicher Stadtmauerweg zwischen Parkstraße und Mühlenstraße<br />

(5. Bauabschnitt)<br />

Die archäologische Dokumentation umfasste die Kontrolle der Profile der Regenwasserleitung<br />

mit e<strong>in</strong>er Tiefe bis 2,60 m und e<strong>in</strong>er Breite von 1,40 m sowie des Planums<br />

<strong>bei</strong> den Straßenar<strong>bei</strong>ten bis 1,20 m Tiefe zwischen der Parkstraße und der Mühlenstraße<br />

über ca. 300 m Länge im Jahre 2006. 73 Während der Schachtungsar<strong>bei</strong>ten<br />

wurden <strong>in</strong>sbesondere der untere verbreiterte Fundamentbereich der Stadtmauer<br />

sowie die Fundamente und Sockelbereiche der Weichhauswangen freigelegt. Insgesamt<br />

konnten von den 12 vorhandenen stadtseitigen Weich- bzw. Wachhäusern<br />

<strong>in</strong>sgesamt 8 archäologisch dokumentiert werden [34-36]. Die Weichhäuser als Verteidigungselement<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em regelmäßigen Abstand von etwa 30 m <strong>in</strong> die Stadt-<br />

36<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Nördlicher Stadtmauerweg [2006]<br />

[34-35] Dokumentierte<br />

Fundamentreste der<br />

Weichhäuser 3 und 4<br />

[36] Stadtmauer mit den<br />

Weich- bzw. Lughäuser 3<br />

und 4 am Stadtmauerweg<br />

zwischen Hohe Ste<strong>in</strong>straße<br />

und Parkstraße nach Fertigstellung<br />

der Baumaßnahmen


73 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2006: 34<br />

(K. Grüneberg/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

Anmerkung:<br />

Die erfassten Weichhäuser beg<strong>in</strong>nen aufsteigend und<br />

nummerisch westlich der Parkstraße mit Weichhaus 1<br />

und enden an der Mühlenstraße mit Weichhaus 12.<br />

Jedes Weichhaus erhielt e<strong>in</strong>e Befundnummer. Diese<br />

wurde für die West- und Ostwange <strong>in</strong> a und b aufgeteilt.<br />

74 Vgl. Berl<strong>in</strong>er Straße (UBO 2005:92); Hohe Ste<strong>in</strong>straße<br />

(UBO 2005:03); Ste<strong>in</strong>torplatz (UBO 2004:109);<br />

Südlicher Stadtmauerweg: 1. Baubschnitt zwischen<br />

Ste<strong>in</strong>torplatz und Alte Goethestraße (UBO 2003:93)<br />

und Östlicher Stadtmauerweg: 6. Bauabschnitt<br />

zwischen Parkstraße und Ste<strong>in</strong>torplatz (UBO 2003:54).<br />

[37] Zeichnerische Dokumentation<br />

der Funde zwischen<br />

den Weichhäusern 10-12<br />

[38-39] Stadtmauerweg <strong>in</strong><br />

Höhe der Weichhäuser 9-10<br />

früher und heute<br />

mauer e<strong>in</strong>gebettet und weisen <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong> Sockelaußenmaß von 5,60 m-6,20 m<br />

sowie e<strong>in</strong> Sockel<strong>in</strong>nenmaß von 2,90 m-3,50 m auf. E<strong>in</strong> hölzerner Wehrgang konnte <strong>bei</strong><br />

ke<strong>in</strong>er der bisherigen archäologischen Maßnahmen am Stadtmauerweg festgestellt<br />

werden; vermutlich war er nicht existent.<br />

Im Stadtmauerweg zeigte sich der Profilaufbau wie folgt: Unter dem modernen Wegaufbau<br />

bzw. e<strong>in</strong>er Ziegelbruchschicht trat e<strong>in</strong>e bis zu 1 m starke Mittelsandschicht<br />

mit Ziegelbruch und Keramikmaterial der Frühen Neuzeit bis Neuzeit auf. Diese lag <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>igen Bereichen über e<strong>in</strong>em ca. 10 cm starken Kle<strong>in</strong>pflaster oder e<strong>in</strong>er bis zu 40 cm<br />

starken graulehmigen, harte Grauware führenden Mittelsandschicht (jüngere mittelalterliche<br />

Kulturschicht). Darunter folgten bis zu 1 m starke sandig-lehmige Auffüllschichten.<br />

E<strong>in</strong>e weitere harte Grauware führende Schicht schloss sich unter dieser an<br />

(ältere mittelalterliche Kulturschicht). Der anstehende Boden wurde selten erreicht.<br />

Von e<strong>in</strong>er urgeschichtlichen Besiedlung zeugt e<strong>in</strong>e muldenförmige Grube, die sich<br />

unter der ältesten mittelalterlichen Kulturschicht im Bereich der Weichhäuser 11-12<br />

befand. Die Grube enthielt e<strong>in</strong> urgeschichtliches Keramikfragment und ist somit der<br />

älteste angetroffene Befund <strong>in</strong> diesem Abschnitt [37-39].<br />

Für das Mittelalter konnten e<strong>in</strong>e ältere und jüngere Kulturschicht festgestellt werden,<br />

e<strong>in</strong>e Situation, die sich an mehreren Stellen der Stadt wiederholt. 74 Die ältere, nahezu<br />

durchlaufende Kulturschicht stammt aus der Zeit vor dem Stadtmauerbau, d.h. vor<br />

dem Ende des 14. Jahrhunderts. Indizien hierfür s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>erseits das entsprechend<br />

37


datierende Keramikmaterial mit wenigen Holzkohlepartikeln, andererseits verläuft<br />

sie an zwei Stellen unterhalb der Fundamente von Weichhäusern bzw. unterhalb der<br />

damit verzahnten Stadtmauer. Aus ihr zogen mehrere Gruben und e<strong>in</strong> Pfostenloch-<br />

Komplex, d. h. die ehemaligen Standspuren von Pfostenträgerbauten.<br />

Unmittelbar an die Stadtmauer und die Weichhäuser angrenzend erstreckte sich<br />

nachweislich <strong>in</strong> den Bereichen der Weichhäuser 2-3, 5-6, 6-7 und 8-9 e<strong>in</strong> schmaler<br />

Pflasterstreifen. Dieser bestand aus unregelmäßig angeordneten, faustgroßen Feldste<strong>in</strong>en<br />

im Sandbett. Direkt über dem Pflaster kamen vermehrt Fragmente von harter<br />

Grauware und e<strong>in</strong> Messerfragment zutage. Die Pflastersetzung erfolgte nach dem<br />

Bau der Stadtmauer und der Weichhäuser, da sie über den Fundamenten der Weichhäuser<br />

lag und somit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e jüngere spätmittelalterliche Phase datiert. Es stellt den<br />

Überrest des <strong>in</strong>neren Umweges dar, der Teil des Befestigungssystems war [40].<br />

Aufgrund dieser unbebauten Situation und Funktion fanden sich <strong>in</strong> dem untersuchten<br />

Abschnitt auch ke<strong>in</strong>e Spuren von den großen Stadtbränden der Jahre 1406 und<br />

1484. Lediglich e<strong>in</strong>e ca. 10 m lange Brandschicht mit Brandlehm und viel Holzkohle<br />

im Bereich des Weichhauses 2-3 kann e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>flächig begrenzten Brand zugeordnet<br />

werden. Die Stadtmauer selbst ist bis zu 1,50 m breit, teils noch bis zu 8 m hoch<br />

und besteht aus geschichteten mittleren bis großen Feldste<strong>in</strong>en mit entsprechenden<br />

Ausgleichslagen von kle<strong>in</strong>eren Ste<strong>in</strong>en [41].<br />

38<br />

[40] Stadtmauerweg mit dem<br />

historischen Altpflasterfund<br />

unterhalb der heutigen Geländeoberkante<br />

[41] Freigelegtes Fundament<br />

der Stadtmauer


[42] Verzahnung der<br />

Fundamente des Weich-<br />

hauses mit dem der Stadtmauer<br />

Das klassische Aufbausystem e<strong>in</strong>es Weichhauses stellt sich wie folgt dar: Das Fundament<br />

ist gebildet aus e<strong>in</strong>em Rücksprung <strong>in</strong>nerhalb der <strong>in</strong>neren Stadtmauer. Dieser<br />

ausgesparte und gleichzeitig <strong>in</strong>tegrierte Teil stellt die Rückwand des Weichhauses<br />

dar. Zwei seitlich ansetzende, ca. 1 m-2 m starke, stadte<strong>in</strong>wärts gerichtete Wangen<br />

fungieren als Seitenwände. Jede Wange setzt sich aus dem Grundfundament, dem<br />

Sockelbereich sowie dem aufgehenden Mauerwerk zusammen, wo<strong>bei</strong> das Fundament<br />

meist verbreitert und zwei- bis dreilagig ausgeführt ist. Jede Lage besteht aus<br />

zwei bis drei großen Feldste<strong>in</strong>en ohne Kalkmörtelverbund. Kalkmörtel f<strong>in</strong>det sich<br />

meist erst <strong>in</strong> der obersten Lage. Der Sockel besteht ebenfalls aus zwei bis drei Lagen<br />

Feldste<strong>in</strong>en unterschiedlicher Anzahl und Größe im Kalkmörtelverband, ausgezwickelt<br />

mit Ziegelbruch und kle<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong>en. In mehreren Fällen wurde der obere,<br />

aus dem Erdreich herausragende Sockelbereich bzw. das aufgehende Mauerwerk<br />

rezent (nachträglich) mit Zementmörtel stabilisiert. Die Fundamente liegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

dunkelgelben, lehmigen Mittelsandschicht; <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall konnte die Baugrube nachgewiesen<br />

werden. Die Verzahnung der Stadtmauer mit dem Fundament der Weichhäuser,<br />

wie sie <strong>in</strong> den Bereichen der Weichhäuser 2A, 4 und 11 dokumentiert wurden,<br />

belegt e<strong>in</strong>e Gleichzeitigkeit der Entstehung [42].<br />

Direkt über der ältesten mittelalterlichen Kulturschicht lagern mehrere Auffüllschichten,<br />

die <strong>in</strong> Richtung Stadtmauer ansteigend und zeitlich im Zusammenhang<br />

mit deren Bau zu setzen s<strong>in</strong>d. Ob es sich hier<strong>bei</strong> differenziert um e<strong>in</strong>en Vorgängerwall<br />

oder um e<strong>in</strong>e Wallaufschüttung zur Erhöhung der Stadtmauer handelt, konnte<br />

nicht e<strong>in</strong>deutig bestimmt werden. Die jüngere, etwa 40 cm starke mittelalterliche<br />

Kulturschicht besteht aus leicht lehmigem Mittelsand. Sie enthält vere<strong>in</strong>zelt Holzkohle-<br />

und Ziegelbruchpartikel und liegt über der oben genannten Auffüllschicht.<br />

Im wenigen Bereichen konnte über ihr liegend noch das nicht klar abzutrennende<br />

Kle<strong>in</strong>pflaster dokumentiert werden.<br />

Seit der Frühen Neuzeit bis zur Sanierungsmaßnahme 2006 existierte <strong>in</strong> diesem<br />

Abschnitt nur e<strong>in</strong> unbefestigter, aber befahrbarer Stadtmauerweg. Im Gegensatz<br />

zum Stadtmauerweg zwischen Ste<strong>in</strong>torplatz und Goethestraße (1. Bauabschnitt)<br />

wurden hier ke<strong>in</strong>e Mülldepots e<strong>in</strong>gebracht. E<strong>in</strong>e stellenweise aufgebrachte Ziegelbruchschicht<br />

diente der besseren Befahrbarkeit des Weges. In mehreren Bereichen<br />

existierten Gebäudefundamente, entweder Streifenfundamente aus Feldste<strong>in</strong>en<br />

39


oder Feldste<strong>in</strong>fundamente mit teilweise aufgehendem neuzeitlichen Mauerwerk<br />

der zum größten Teil <strong>in</strong> den 1970er Jahren abgerissenen Häusern. Somit gelang der<br />

Nachweis e<strong>in</strong>er stadtseitigen Bauflucht. Die Streifenfundamente bestanden aus <strong>in</strong><br />

Lehm gesetzten Feldste<strong>in</strong>en, Ziegelbruchstücken und Kalkmörtel. Meist fanden sich<br />

auf den älteren Fundamenten die Reste e<strong>in</strong>er aufgehenden neuzeitlichen Ziegelmauer.<br />

Die Fundamente verliefen parallel zur Stadtmauer und lagen <strong>in</strong> der Flucht<br />

der noch heute vorhandenen Bebauung des 18./19. Jahrhunderts, wofür ihre Lage<br />

und die sie umgebende Mittelsandschicht mit entsprechend datiertem Fundmaterial<br />

spricht. So fanden sich <strong>in</strong> der rückseitigen Flucht zur Hohe Ste<strong>in</strong>straße 10<br />

und parallel zur Stadtmauer verlaufend Reste der ehemaligen Bebauung sowie e<strong>in</strong><br />

Grubenkomplex. Ferner wurden die freigelegten Feldste<strong>in</strong>fundamente mit aufgehendem<br />

Ziegelmauerwerk und Fachwerk sowie Streifenfundamente mehrerer noch<br />

stehender Gebäude <strong>in</strong> der Hohen Ste<strong>in</strong>straße Nr. 26, 32 und 34 dokumentiert [43-44].<br />

Die archäologischen Ergebnisse stimmen mit der Aussage des Chronisten Wernicke<br />

übere<strong>in</strong>: „Auf e<strong>in</strong>e geregelte Bauflucht an demselben (Stadtmauerweg) wird erst <strong>in</strong><br />

neuerer Zeit strenge gehalten. Der Weg ist an der Stadtseite meistenteils mit Stall-,<br />

Wirtschafts- und Remisen-, an e<strong>in</strong>igen Stellen auch mit bewohnten H<strong>in</strong>tergebäuden<br />

40<br />

[43] Stadtmauerweg vor den<br />

Pflasterar<strong>bei</strong>ten <strong>in</strong> Höhe der<br />

Weichhäuser 3 und 4 ohne die<br />

e<strong>in</strong>st historisch parallel zur<br />

Mauer verlaufende Bauflucht<br />

[44] Fundamentfunde der<br />

Gebäude aus dem 18. Jahrhundert<br />

an der Stadtmauer<br />

[45 a-i] Funde am nördlichen<br />

Stadtmauerweg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hier<br />

idealisierten Schichtfolge<br />

Anmerkung:<br />

Die Abfolge <strong>bei</strong> Auffüllschichten ist <strong>in</strong> der Regel chronologisch<br />

wie folgt: Die älteste Schicht ist die unterste, sie<br />

bef<strong>in</strong>det sich über dem anstehenden Boden – also dem<br />

Boden, der noch nicht von Menschen berührt wurde.<br />

Darüber bef<strong>in</strong>den sich jeweils die jüngeren Schichten.<br />

Idealerweise also von zuunterst nach oben: urgeschichtliche<br />

Schichten, mittelterliche, frühneuzeitliche und<br />

unter dem Straßenpflaster neuzeitliche Schichten. Aber<br />

es können natürlich auch Zeitstellungen fehlen, weil <strong>in</strong><br />

diesen Zeiträumen nicht gesiedelt wurde. Oder es gibt<br />

mehrere Schichten aus derselben Epoche, z.B. wegen<br />

Brandkatastrophen, Wegebau o. ä.


frühneuzeitliche<br />

und neuzeitliche<br />

Auffüllschicht<br />

(nach 1850)<br />

2 cm<br />

Maßstab 1:2<br />

frühneuzeitliche<br />

Kulturschicht<br />

(nach 1500-<br />

1850)<br />

jüngere<br />

mittelalterliche<br />

Kulturschicht<br />

(14.-15. Jh.)<br />

ältere<br />

mittelalterliche<br />

Kulturschicht<br />

(13.-14. Jh.)<br />

plastisch verzierte<br />

Ofenkacheln [a],<br />

der obere Teil e<strong>in</strong>es<br />

Kerzenständers aus<br />

heller Irdenware [b]<br />

und e<strong>in</strong> glasierter<br />

Topfdeckel mit<br />

Pfannengriff [c]<br />

kle<strong>in</strong>teilige Scherben<br />

harter Grauware,<br />

frühneuzeitliche und<br />

neuzeitliche Keramik,<br />

Fragmente von<br />

plastischen Tonfigürchen<br />

[d], Glas- und<br />

Metallobjekte [e-f]<br />

sowie Fragmente an<br />

Tierknochen<br />

Fragmente an<br />

harter Grauware [g]<br />

harte Grauware [h],<br />

darunter auch e<strong>in</strong><br />

Fehlbrand [i]<br />

[d]<br />

[a]<br />

[g]<br />

[e]<br />

[i]<br />

[b]<br />

[c]<br />

[h]<br />

[f]<br />

41


ebaut; die nicht bebauten Theile s<strong>in</strong>d meistens noch die Hausgärten der an den betreffenden<br />

Straßen belegenen Grundstücke. – Der Mauerweg ist nur <strong>bei</strong> der Scharfrichterei<br />

und zwar schon seit sehr langer Zeit mit Pflaster versehen. Sonst bef<strong>in</strong>det sich derselbe<br />

fast durchweg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ungepflasterten Zustande, ...“. 75<br />

An Funden wurden vor allem kle<strong>in</strong>teilige Scherben harter Grauware, frühneuzeitlicher<br />

und neuzeitlicher Keramik, Fragmente von plastischen Tonfigürchen, Glasund<br />

Metallobjekte sowie Fragmente an Tierknochen geborgen. Aus der Auffüllschicht<br />

stammen u. a. plastisch verzierte Ofenkacheln, der obere Teil e<strong>in</strong>es Kerzenständers<br />

aus heller Irdenware und e<strong>in</strong> glasierter Topfdeckel mit Pfannengriff [45 a-c]. Die<br />

jüngere mittelalterliche Kulturschicht erbrachte sehr wenige Fragmente an harter<br />

Grauware, die ältere h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>e größere Anzahl an harter Grauware, darunter<br />

auch e<strong>in</strong> Fehlbrand [45 i]. Oberhalb des Pflasters fanden sich ebenfalls mehrere<br />

Fragmente an harter Grauware, darunter e<strong>in</strong> Fragment e<strong>in</strong>es Tüllengefäßes mit<br />

aufgesetzter Tülle im Gefäßunterteil. Derartige Tüllen f<strong>in</strong>den sich gewöhnlich an<br />

Standbodengefäßen und grapenförmigen Exemplaren des 14. bis 17. Jahrhunderts. 76<br />

Möglicherweise wurde dieses <strong>bei</strong> der Bierbrauerei verwendet. Für die Prozedur des<br />

Bierbrauens brauchte man e<strong>in</strong> Behältnis mit Abflusshahn, um zwei Ar<strong>bei</strong>tsgänge zusammenzufassen.<br />

In ihm wurde das Gemisch aus Wasser, Hopfen, Gerste oder Malz<br />

mehrere Stunden abgekocht. Anschließend kam e<strong>in</strong>e Schicht aus Haferstroh auf den<br />

Gefäßboden, <strong>in</strong> der sich <strong>bei</strong>m Ablassen der Flüssigkeit alle Unre<strong>in</strong>heiten absetzten.<br />

E<strong>in</strong> eisernes Messerfragment rundet das Fundspektrum ab [45 f]. Aus dem Innenbereich<br />

des Weichhauses 4 stammt der obere Teil e<strong>in</strong>es Kugeltopfes mit randständigem<br />

Henkel [45 h] aus dem späten 13. bis zur 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, und aus der<br />

Hausverfüllung e<strong>in</strong>es Gebäudefundaments konnte e<strong>in</strong>e Münze aus dem 18. Jahrhundert<br />

(Friedrich II.) geborgen werden [45 e].<br />

Mit der Untersuchung im nördlichen Stadtmauerweg zwischen der Parkstraße<br />

und der Mühlenstraße gelang es, neue Erkenntnisse sowohl zur Besiedlung vor der<br />

Errichtung der Befestigung als auch zur Nutzung des an die Befestigung angrenzenden<br />

Innenstadtbereiches, zu Form und Aufbau der Weichhäuser sowie generell zur<br />

Stadtbefestigung zu erzielen.<br />

42<br />

75 Wernicke 1992,45.<br />

76 Schmidt 1990, 18-19, Taf.10, 11.<br />

[45 e] Münze aus dem<br />

18. Jahrhundert (Friedericus<br />

Rex – Friedrich II.), Fund am<br />

nördlichen Stadtmauerweg<br />

1 cm


77 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2004: 108<br />

(M. Pytlik/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

[46] Mittelalterliches<br />

Kupferblech, vermutlich<br />

als Kästchenbeschlag oder<br />

Buchschließe verwendet<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Jahnstraße /<br />

Alte Ladeburger Straße [2004]<br />

Äußerer nördlicher Stadtwall an der Jahnstraße / Alte Ladeburger Straße<br />

Für die Anlage e<strong>in</strong>es Regenwasserablaufes von der Alten Ladeburger Straße zum<br />

wasserführenden äußeren Stadtgraben an der Jahnstraße erfolgte im Jahre 2004<br />

e<strong>in</strong>e archäologische Baubegleitung. 77 Hier<strong>bei</strong> bot sich die Möglichkeit zum fundierten<br />

E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Anlage des äußersten Stadtwalls. Bautechnisch wurde e<strong>in</strong> ca. 6 m<br />

tiefer und ca. 9 m langer Schacht <strong>in</strong> den Wall und <strong>in</strong> die Böschung zum Stadtgraben<br />

ausgehoben. Aufgrund der enormen Bautiefe und Ar<strong>bei</strong>tssicherheit waren jedoch nur<br />

die oberen 2 m des Walls dokumentierbar. Ebenso wurde nur der obere, an den Wall<br />

anschließende Teil der Grabenböschung erfasst, da ab etwa 3,50 m unterhalb der<br />

Geländeoberkante nur moderner Humus auf anstehendem Lehm lagerte.<br />

Das Querprofil be<strong>in</strong>haltete unterhalb des eigentlichen Walls e<strong>in</strong>e etwa 40 cm starke<br />

spätmittelalterliche Siedlungsschicht mit datierender harter Grauware. E<strong>in</strong>e fundleere,<br />

mit mehreren Schichten verfüllte Grube lag noch unterhalb dieser Siedlungsschicht<br />

und kann aufgrund ihres ebenen Bodens als e<strong>in</strong>e mittelalterliche Hausgrube<br />

angesprochen werden. Der Wallaufbau selbst zeigte sich <strong>in</strong> mehreren oben gekappten<br />

Schichten, die bis <strong>in</strong> den Stadtgraben h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ziehen. In dem abfallenden Teil des Querprofiles<br />

fanden sich ke<strong>in</strong>e Keramikfragmente mehr, so dass von e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>schneiden<br />

des Stadtgrabens <strong>in</strong> den älteren, mittelalterlichen Siedlungshorizont auszugehen ist.<br />

Neben der typischen mittelalterlichen Keramik und Tierknochen ist besonders der<br />

Fund e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en verzierten, rechteckigen Kupferblechs mit floralem Motiv zu<br />

nennen, das vermutlich als Kästchenbeschlag oder Buchschließe genutzt wurde [46].<br />

43


3. Kirchen, Friedhöfe,<br />

Hospitäler und Kaland<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

St.-Marien-Kirche<br />

Die heutige vierschiffige Backste<strong>in</strong>hallenkirche St.-Marien mit Chorumgang 78 ist<br />

aus e<strong>in</strong>em vermutlich spätromanischen, dann gotisch veränderten Feldste<strong>in</strong>bau<br />

hervorgegangen. 79 Spätestens ab 1296 bis zur Reformation war die <strong>Bernau</strong>er<br />

St.-Marien-Kirche Sitz e<strong>in</strong>es Propstes; das Patronat der Marienkirche übernahm<br />

der Rat der Stadt <strong>Bernau</strong> vom Markgrafen im Jahre 1545.<br />

Erster Kirchenbau mit zwei Bauphasen ca. 1250 - 1339<br />

Um ca. 1250 entstand der erste massive Kirchenbau <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong>: Hier<strong>bei</strong> wird es<br />

sich um e<strong>in</strong> basilikales Gebäude, ähnlich denen von Altlandsberg und Strausberg<br />

gehandelt haben. Dieser erste Kirchenbau wurde um 1300 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er 2. Bauphase<br />

mittels e<strong>in</strong>es breiteren Mittelschiffes und e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>schiffigen gewölbten Chores<br />

mit polygonalem Abschluss verändert. E<strong>in</strong>en Endpunkt dieser Bauphase könnte<br />

die überlieferte Altarweihe von 1339 markieren.<br />

Die <strong>in</strong> mehreren Bauphasen errichtete Kirchenhalle verfügt über e<strong>in</strong> Grundschema<br />

von vier Jochen mit zweijochigem, polygonal geschlossenem Hallenumgangschor.<br />

Von der dreischiffigen Feldste<strong>in</strong>basilika mit Westquerturm und unbekanntem<br />

Chorabschluss als Vorgängerbau aus dem 2. Viertel bzw. um die Mitte des 13. Jahrhunderts<br />

ist nur noch die Ostwand des 1838/39 abgetragenen Turms mit den<br />

44<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- St.-Marien-Kirche [1992]<br />

- Kirchgasse [1997]<br />

- Friedhof [1999]<br />

78 Friske 2000, 70 f. Anm. 281.<br />

Gesamtlänge (ohne Turm): 54,50 m, Gesamtbreite:<br />

30,30 m, Feldste<strong>in</strong>mauerwerk: 16 m hoch; Gewölbehöhen:<br />

Mittelschiff 15,25 m, Seitenschiffe ca. 13 m.<br />

79 Plate 2005, Kap. 3.1; Im Folgenden bes. Friske 2000,<br />

69 ff.


80 Friske 2000, 70 Anm. 282.<br />

Bis 1846 befand sich an der Stelle des modernen<br />

Backste<strong>in</strong>turms e<strong>in</strong> aus regelmäßigen Feldste<strong>in</strong>en<br />

gemauerter riegelartiger Westturmbau.<br />

81 Friske 2000, 69 Anm. 279-280.<br />

82 Friske 2000, 83 Anm. 334.<br />

83 Kunstdenkmäler, S. 73, Abb. 60. „Anno dom<strong>in</strong>i<br />

M°ccccc°xIx Completum est hoc opus per petrum …<br />

de luckov“ (Übersetzung: „Im Jahr des Herrn 1519 ist<br />

dieses [Bau-]werk durch Petrus von Luckov vollendet<br />

worden“)<br />

[47] Innenansicht der<br />

St.-Marien-Kirche<br />

vermauerten Spitzbogenöffnungen zu den Seitenschiffen erhalten. 80 Der jetzige<br />

schmale Backste<strong>in</strong>turm ist modern ausgeführt. Fensterreste <strong>in</strong>nerhalb der Feldste<strong>in</strong>wand<br />

über den nördlichen Mittelschiffarkaden im Dachstuhl deuten wohl auf den<br />

zuvor genannten Basilika-Umbau um 1300 h<strong>in</strong>, <strong>bei</strong> dem das Mittelschiff nahezu<br />

auf die heutige Breite erweitert sowie im Osten e<strong>in</strong> gewölbter Backste<strong>in</strong>chor mit<br />

7/12-Polygonalschluss errichtet wurde. Im Zuge von älteren Grabungen wurden für<br />

diesen Kirchenbau e<strong>in</strong> fünfseitiger Chorabschluss mit Strebepfeilern – bestehend aus<br />

e<strong>in</strong>em Feldste<strong>in</strong>fundament mit Backste<strong>in</strong>mauern – sowie e<strong>in</strong>e Sakristei nördlich des<br />

Chores nachgewiesen.<br />

Zweiter Kirchenneubau mit zwei Bauphasen ab 1400 bis 1519<br />

Vermutlich an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert wurde mit dem spätgotischen<br />

Kirchenneubau begonnen: zunächst <strong>in</strong> der ersten Bauphase mit e<strong>in</strong>er Erweiterung<br />

nach Norden mittels Errichtung der <strong>bei</strong>den nördlichen Hallenseitenschiffe, anschließend<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er zweiten Bauphase mit dem südlichen Seitenschiff und dem Hallenumgangschor.<br />

Für diesen ist e<strong>in</strong>erseits die Weih<strong>in</strong>schrift e<strong>in</strong>es Altars vom 2. Juli 1479,<br />

andererseits e<strong>in</strong> Dendrodatum für den Chordachstuhl um das Jahr 1485 bezeugt. 81<br />

Im Zuge dieser Bauphase ist die Öffnung der nördlichen Mittelschiffswand zu den <strong>bei</strong>den<br />

nördlichen Seitenschiffen h<strong>in</strong>zugekommen. In dieselbe Bauphase gehören ferner<br />

auch die Nordsakristei am Chor, die Südkapelle am östlichen Langhausjoch sowie die<br />

<strong>bei</strong>den Ziegelspitzen des alten Turms. Das Triumphkreuz wurde – wie die 1988 freigelegte<br />

Jahreszahl zeigt – wohl 1490 angebracht und markiert zugleich den Abschluss<br />

der Innengestaltung des Chors mit Malereien und Fenstern. 82<br />

Im Kirchen<strong>in</strong>neren wurden u. a. neben e<strong>in</strong>er Weih<strong>in</strong>schrift von 1479 am nordöstlichen<br />

Mittelschiffsgewölbe e<strong>in</strong>e Gewölbe<strong>in</strong>schrift von 1519 aufgedeckt, nach der Petrus<br />

H<strong>in</strong>r[icus] von Luckov als vollendender Baumeister genannt wird. 83 Die somit im Jahre<br />

1519 vollendete Kirche weist e<strong>in</strong>e Länge von 54,50 m sowie e<strong>in</strong>e Breite von 30 m auf;<br />

der ursprüngliche Doppelturm wurde im Jahre 1846 durch den gedrungenen quadratischen<br />

Westturm aus Backste<strong>in</strong> nach e<strong>in</strong>em Entwurf von Bau<strong>in</strong>spektor Butzke mit<br />

e<strong>in</strong>er lichten Höhe von 57,40 m ersetzt. Netz- und Sterngewölbe im Mittelschiff sowie<br />

<strong>in</strong> den nördlichen und südlichen Seitenschiffen schaffen e<strong>in</strong>en noch heute prägenden,<br />

weitläufigen Raume<strong>in</strong>druck [47].<br />

45


Die St.-Marien-Kirche ist vor allem aber auch durch die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em außergewöhnlichen<br />

Umfang erhaltene mittelalterlich-frühneuzeitliche Ausstattung des 15.-18. Jahrhunderts<br />

überregional bedeutend. Als großer Verlust s<strong>in</strong>d jedoch die 1572/73 von Hans<br />

Scherer errichtete und 1864 abgerissene Orgel – e<strong>in</strong>e erste ist mit Sicherheit ab 1519<br />

bezeugt – e<strong>in</strong>schließlich Empore und etliche Nebenaltäre zu nennen. 84 Das bedeutendste<br />

Ausstattungsobjekt stellt der Marienhochaltar mit drei Schauseiten aus<br />

dem 16. Jahrhundert dar, für den sich das Jahr 1339 als Gründungsdatum f<strong>in</strong>det. 85<br />

Dieser etwa um 1520 entstandene Hochaltar als Prunkstück der Kirchenausstattung<br />

besitzt e<strong>in</strong>e Gesamthöhe von 8 m und e<strong>in</strong>e Breite <strong>bei</strong> geöffnetem Zustand von 5,20 m,<br />

das Retabel (lat.: Tafel h<strong>in</strong>ter dem Altar, Schauwand oder Altaraufsatz) besitzt sechs<br />

Flügel. Höchstwahrsche<strong>in</strong>lich handelt es sich hier<strong>bei</strong> um e<strong>in</strong>e obersächsische Ar<strong>bei</strong>t. 86<br />

Zudem wies die St.-Marien-Kirche mit ca. 15-20 aufgestellten Altären die Höchstgesamtzahl<br />

im Barnimer Raum auf. Im Jahre 1527 wurden u. a. <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> neben<br />

20 Altären auch 5 Commenden (lat.: Übertragung der E<strong>in</strong>künfte e<strong>in</strong>es Kirchen- oder<br />

Klostervermögens auf e<strong>in</strong>e dritte Person unter Befreiung von den Amtspflichten. In<br />

späterer Zeit wurden die Niederlassungen der Ritterorden als Kommende bezeichnet)<br />

und die drei genannten Spitäler aufgeführt. 87<br />

Weitere bedeutende historische Ausstattungsstücke s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e 1,30 m hohe<br />

polygonale Taufe aus Sandste<strong>in</strong> aus der Zeit der ersten bzw. zweiten Bauphase<br />

46<br />

84 Friske 2000, 79f.<br />

85 Friske 2000, 74 Anm. 298.<br />

Mit Sicherheit gab es auch schon vorher e<strong>in</strong>en<br />

Hochaltar; hier<strong>bei</strong> handelt es sich wohl um das Jahr<br />

der Neuweihe im Zusammenhang mit dem Chorumbau<br />

während der zweiten Bauperiode.<br />

86 Sachs 1989, S. 125ff.; Friske 2000, 77.<br />

87 Friske 2000, 73 Anm. 290.<br />

[48-49] Stadtkirche <strong>in</strong><br />

Ausschnitten aus der Stadtansicht<br />

nach Merian 1652,<br />

sowie e<strong>in</strong>er Ansicht nach<br />

Seeger von 1829


88 Friske 2000, 79f. 85f.<br />

Das Chorgestühl ist vom Anfang des 16. Jahrhunderts,<br />

der Bürgermeisterstuhl vom Ende des 16. Jahrhunderts,<br />

der Diakonatsstuhl vom Anfang des 17. Jahrhunderts<br />

sowie zwei überdachte E<strong>in</strong>zelgestühle als Patronatslogen<br />

der Dorfkirchen stammen von 1617.<br />

[50] Kirchengrundriss<br />

nach Hegergott 1932<br />

mit E<strong>in</strong>tragungen von<br />

Untersuchungsschnitten<br />

der Notbergung und<br />

Sondagen, B. Eccarius,<br />

1992<br />

(13./14. Jahrhundert); e<strong>in</strong>e zweite, hölzerne Taufe aus dem Jahre 1606 mit e<strong>in</strong>em<br />

zugehörigen, immerh<strong>in</strong> 2,86 m hohen Taufdeckel; die Kanzel am nördlichen Pfeiler<br />

des Chore<strong>in</strong>gangs von 1609 mit späteren spätgotischen Figuren am Korb sowie an<br />

der Ostwand des nördlichen Seitenschiffs e<strong>in</strong> wohl im 15. Jahrhundert geschaffenes<br />

Ölbergrelief aus Sandste<strong>in</strong> (1,40 m x 1,10 m). Auch nach der E<strong>in</strong>führung der Reformation<br />

kamen etliche Neuanschaffungen wie die gemauerten und hölzernen Emporen<br />

mit 75 Bildern und Kirchengestühl h<strong>in</strong>zu. Das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en ältesten Teilen noch im<br />

16. Jahrhundert entstandene Kirchengestühl lässt auf soziale Abstufungen schließen:<br />

Es s<strong>in</strong>d Nummern vergeben, bestimmte Sitzplätze s<strong>in</strong>d mit Leder überzogen bzw. von<br />

unterschiedlicher Qualität, und e<strong>in</strong>ige Plätze konnte oder musste man pachten. 88<br />

Architektonisch ist der gesamte Innenraum <strong>in</strong> den unterschiedlichsten Formen<br />

überwölbt. Das Mittel- und Südseitenschiff sowie die nördlichen Seitenschiffe werden<br />

netzartig von Sterngewölben überspannt; der Chor sowie der Umgang s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen<br />

mit e<strong>in</strong>fachen Kreuzrippengewölben überdeckt. Die Schluss- und Konsolste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d<br />

figürlich bzw. ornamental aus gebranntem Ton, die Pfeiler und Gewölbe h<strong>in</strong>gegen<br />

farbig gestaltet. Während sich die ältesten polychromen Detailformen noch <strong>in</strong> die<br />

Zeit zwischen 1400 bis 1425 datieren lassen, vermittelt der größte Kirchenteil die<br />

Farbigkeit aus der Zeit der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert.<br />

47


Die vom Kurfürsten 1536 für das neu gegründete Cöllner Domstift konfiszierte<br />

<strong>Bernau</strong>er Glocke von 1475 soll e<strong>in</strong>e der größten der Mark Brandenburg gewesen se<strong>in</strong>.<br />

Erfreulicherweise ist aber noch die wohl erste Glocke mit 1,39 m Durchmesser vom<br />

Ende des 13., Beg<strong>in</strong>n des 14. Jahrhunderts erhalten. Sie trägt e<strong>in</strong> Majuskel-Schriftbild<br />

(lat.: etwas größer, Großbuchstaben) „O REX GLORIE XPE VENJ CV PACE“ (lat.: „Oh<br />

Christus König der Herrlichkeit, komm mit Frieden“), e<strong>in</strong>e weitere, nicht zu entziffernde<br />

kle<strong>in</strong>ere Umschrift sowie e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>geprägte, undef<strong>in</strong>ierbare Münze. Die dazu gehörige<br />

Glockengussanlage konnte nordwestlich des Turms archäologisch nachgewiesen<br />

werden. Zählt man die Uhrglocken mit h<strong>in</strong>zu, dann besitzt die <strong>Bernau</strong>er St.-Marien-<br />

Kirche noch e<strong>in</strong>e große Uhrglocke mit 80 cm Durchmesser von 1615 sowie e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

mittelalterliche Uhrglocke mit 56 cm Durchmesser. Nach Friske besaß die St.-Marien-<br />

Kirche spätestens seit 1572, wahrsche<strong>in</strong>lich aber schon seit 1490 e<strong>in</strong>e große Turmuhr.<br />

Schließlich ist noch e<strong>in</strong>e große Anzahl an erhaltenen Grabste<strong>in</strong>en, Gedächtnisbildern<br />

und Epitaphen (lat.: zum Grab gehörig, Gedenkste<strong>in</strong> abseits des Grabes) seit der<br />

zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu nennen, wo<strong>bei</strong> die mittelalterlichen Stücke<br />

jedoch im Jahre 1846 <strong>in</strong>nerhalb der Kirche überpflastert bzw. auf dem Kirchfriedhof<br />

vergraben worden s<strong>in</strong>d. Weitere exponierte E<strong>in</strong>zelstücke sollen stellvertretend für<br />

den reichen Kirchenschmuck genannt werden: die mittelalterliche Sakristeitür, zwei<br />

kniende Leuchterengel um 1500, e<strong>in</strong>e Sitzmadonna unter e<strong>in</strong>em Baldach<strong>in</strong> um 1520,<br />

48<br />

[51] Begräbnisbefunde<br />

im Kirchenschiff<br />

[52] Fund e<strong>in</strong>es älteren<br />

Fußbodenniveaus


89 BLDAM-Notbergungsmeldung vom 21.02.1992<br />

(Grabungsleiter: R. Clemens). Hr. B. Eccarius/<br />

Museumsleiter <strong>Bernau</strong> stellte freundlicherweise<br />

die Fotos zur Verfügung.<br />

90 Plate 2005, Kap. 3.1.<br />

[53-54] Gefäßfund aus der<br />

St.-Marien-Kirche mit der<br />

Inschrift „J.F. Thürl<strong>in</strong>g 1882“<br />

e<strong>in</strong> Kruzifix <strong>in</strong> der Sakristei aus dem 16. Jahrhundert, e<strong>in</strong> Holzrelief mit der Darstellung<br />

der Geißelung Christi aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sowie zwei<br />

eisenbeschlagene Opfergeldtruhen aus dem 16./17. Jahrhundert.<br />

Nach se<strong>in</strong>er Kirchenlandschaft zu urteilen war <strong>Bernau</strong> die bedeutendste Stadt des<br />

Barnim, zugleich markiert die letzte Ausbauphase dieser Kirche den Höhepunkt<br />

der Stadtentwicklung an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert. Die St.-Marien-<br />

Kirche gehört nach ihren Dimensionen zu den bedeutendsten Kirchen der Mark<br />

Brandenburg.<br />

Im Inneren der St.-Marien-Kirche erforderte der E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er Fußbodenheizung im<br />

Jahre 1992 e<strong>in</strong>e Baustoppverfügung, daher war nur noch e<strong>in</strong>e begrenzte archäologische<br />

Untersuchung mittels dreizehn Schnitten bzw. Suchschächten bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tiefe<br />

von max. 2 m im Kirchenschiff möglich. 89 Insgesamt konnten noch drei Begräbnisebenen<br />

mit gestörten West-Ost-orientierten Körperbestattungen sowie <strong>in</strong> Schnitt 10<br />

e<strong>in</strong> älteres Fußbodenniveau <strong>in</strong> etwa 1,10 m Tiefe festgestellt werden [51-52]. Die hier<br />

im Kirchen<strong>in</strong>nenraum Beigesetzten wurden <strong>in</strong> Holzsärgen oder auf Leichenbrettern<br />

der letzten Ruhestätte übergeben. 90 E<strong>in</strong>ige gemauerte Grabgrüfte befanden sich <strong>in</strong><br />

der Kirchenmitte. Im südlichen und im nördlichen Seitenschiff wurden Feldste<strong>in</strong>fundamente<br />

vorgefunden, die zu e<strong>in</strong>em, wahrsche<strong>in</strong>lich aber sogar zu zwei ste<strong>in</strong>ernen<br />

Vorgängerbauten gehören. Im Nordteil des Umgangchores wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er beachtli-<br />

49


chen Tiefe von 2,60 m unter dem heutigen Fußboden noch e<strong>in</strong> Ziegelplattenfußboden<br />

angetroffen. Als besonderer E<strong>in</strong>zelfund ist e<strong>in</strong> Gefäß mit <strong>in</strong>nenliegender Inschrift<br />

„J.F. Thürl<strong>in</strong>g 1882“ aus der Kanzlei vom Kirchen<strong>in</strong>ventar zu nennen [53-54].<br />

Erstmals im Land Brandenburg konnten im Umfeld e<strong>in</strong>er Kirche Brennöfen und<br />

Gussgruben e<strong>in</strong>er mittelalterlichen Glockengussanlage nachgewiesen werden.<br />

Die Werkstätten des handwerklich anspruchsvollen Glockengusses lagen ca. 10 m<br />

nordwestlich des Kirchturms der St.-Marien-Kirche auf dem Kirchfriedhof [55-56].<br />

Diese archäologisch äußerst rare Buntmetallwerkstatt befand sich unterhalb e<strong>in</strong>er<br />

Mehrfachbestattung, wodurch e<strong>in</strong>e Datierung der Glockengussanlage sicher vor die<br />

Schließung des Friedhofes im Jahre 1598 zu setzen ist. Zudem lagen die Brennöfen<br />

etwa 1,80 m unter der heutigen Geländeoberkante, so dass Glocken spätestens <strong>bei</strong>m<br />

Umbau der Kirche im 15. Jahrhundert vor Ort gegossenen worden s<strong>in</strong>d, da der Umbau<br />

mit e<strong>in</strong>er deutlichen Erhöhung des Innen- und Außenniveaus e<strong>in</strong>hergeht. Insgesamt<br />

wurden zwei kreuzförmige, <strong>bei</strong>m Gießvorgang unter der zum Brand und Guss aufgestellten<br />

Glockenform bef<strong>in</strong>dliche Brennöfen sowie der untere Teil der Dämmgruben<br />

dokumentiert. E<strong>in</strong>e weitere Gussgrube nordwestlich der Gussanlage II konnte nicht<br />

weiter freigelegt werden. Zugehörige Schmelzöfen oder Gussr<strong>in</strong>nen ließen sich aufgrund<br />

der begrenzten Untersuchungsfläche nicht nachweisen, jedoch blieben e<strong>in</strong>ige<br />

Glockenformreste mit typischen Drehspuren und Kehlen, Bronzereste, verziegelter<br />

50<br />

[55] Abbildung des Fundortes<br />

der Glockengussanlage II im<br />

heutigen Pflaster<br />

[56] Zeichnerische<br />

Dokumentation von Brennöfen<br />

und Gussgruben der<br />

Glockengussanlagen (Markierung<br />

der Anlage II) sowie der<br />

Gräberbefunde nordwestlich<br />

vor der Kirche im Bereich des<br />

ehemaligen Kirchenfriedhofes


91 Wittkopp 2001, 577.<br />

[57-58] Beispiel e<strong>in</strong>es<br />

Glockengusses mit Tonmodel<br />

bzw. Matrize aus der Kunstgießerei<br />

Lauchhammer<br />

[59] Große Gocke der<br />

St.-Marien-Kirche, gegossen<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich vor Ort <strong>in</strong> der<br />

Gussanlage 1 im 15. Jahrhundert<br />

Lehm und Holzkohle erhalten. E<strong>in</strong>e entsprechende Vorstellung davon kann man sich<br />

<strong>in</strong> der Kunstgießerei Lauchhammer machen, wie die Darstellungen e<strong>in</strong>es aktuellen<br />

Gießvorgangs sowie e<strong>in</strong>es Tonmodels bzw. e<strong>in</strong>er Matrize es verdeutlichen [57-58]. Der<br />

Brennofen der Gussanlage II selbst war aus großen Feldste<strong>in</strong>en und Lehmverkleidung<br />

errichtet worden, auf dem sich noch Werkzeugspuren und Handabdrücke befanden.<br />

Die hier<strong>in</strong> hergestellte Kirchenglocke maß im Durchmesser ca. 0,90 m-1,00 m, was<br />

sich anhand der vorliegenden Formreste auf den flachen Ste<strong>in</strong>en des Ofens ermitteln<br />

ließ. Von der Gussanlage I fehlten zwei der <strong>in</strong>sgesamt vier Auflageste<strong>in</strong>e für die<br />

Glockenform; der Durchmesser betrug hier h<strong>in</strong>gegen 1,40 m. Die Anlage selbst wies<br />

noch e<strong>in</strong>en langen Feuerungskanal mit sehr kle<strong>in</strong>en seitlichen Lüftungskanälen auf.<br />

Die auch heute noch im Glockenstuhl hängende Gussglocke besitzt e<strong>in</strong>en Durchmesser<br />

von 1,39 m und datiert aufgrund e<strong>in</strong>er im Mantel bzw. <strong>in</strong> der Flanke abgedrückten<br />

Münze <strong>in</strong>s 15. Jahrhundert. Somit könnte diese Glocke mit sehr hoher<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit <strong>in</strong> der Gussanlage I vor Ort hergestellt worden se<strong>in</strong> [59]. Die <strong>in</strong><br />

der Gussanlage II gegossene Glocke existiert jedoch <strong>in</strong> der Kirche heute nicht mehr;<br />

e<strong>in</strong>e weitere noch vorhandene, 80 cm im Durchmesser zählende Uhrglocke stammt<br />

aus dem Jahre 1615 vom Spandauer Gießer Mart<strong>in</strong> Grund. Die Metallanalysen an<br />

Gussresten aus den Gussanlagen ergaben Bronzen mit e<strong>in</strong>em hohen Z<strong>in</strong>nanteil. 91<br />

51


Friedhof an der St.-Marien-Kirche<br />

Im westlichen Abschnitt der Kirchgasse im unmittelbaren Umfeld der Marienkirche<br />

wurde <strong>bei</strong> der Straßensanierung im Jahre 1997 der ehemalige St.-Marien-Kirchhof<br />

tangiert. 92 Neben bis <strong>in</strong> 1 m Tiefe durch moderne E<strong>in</strong>griffe stark gestörten Körpergräbern<br />

sowie e<strong>in</strong>igen wenigen ungestörten Gräbern s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere die Fundamentreste<br />

e<strong>in</strong>es Ziegelbaus südlich der Marienkirche zu nennen. Hier<strong>bei</strong> könnte es<br />

sich möglicherweise um e<strong>in</strong>en Teil der ehemaligen Leichenhalle handeln.<br />

Die Verlegung von Versorgungsleitungen im Umfeld der Marienkirche im Jahre 1999<br />

bot die Gelegenheit für umfangreiche archäologische und anthropologische Untersuchungen.<br />

93 Etwa <strong>in</strong> der Mitte der heutigen Mühlenstraße wurden hier<strong>bei</strong> die Reste<br />

der ehemaligen Friedhofsmauer gesichtet. Die Kirche St. Marien wurde vermutlich<br />

schon im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts gegründet und im Laufe des Mittelalters<br />

mehrfach umgestaltet. Die Friedhofsgründung und der Beg<strong>in</strong>n der Bestattungen ist<br />

ebenfalls nicht genau belegt, dürfte aber mit der Kirchengründung e<strong>in</strong>hergegangen<br />

se<strong>in</strong>. Im Jahre 1598 wurde der Kirchfriedhof aufgrund mehrerer Pestwellen und der<br />

daraus resultierenden Überfüllung aufgegeben. 94 Demzufolge liegt mit dem <strong>Bernau</strong>er<br />

St.-Marien-Friedhof e<strong>in</strong> begrenzter Bestattungszeitraum vom 13. Jahrhundert bis zum<br />

Jahre 1598 vor.<br />

Die älteren mittelalterlichen Gräberschichten blieben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bereichen des Kirchhofs<br />

ungestört von sonst üblichen Überlagerungen jüngerer Bestattungen liegen.<br />

Etwa 1 m unterhalb des heutigen Kirchenfußbodens liegen die Fundamentreste e<strong>in</strong>es<br />

kle<strong>in</strong>eren Vorgängerbaus aus der Zeit um 1280/90, der wiederum darunter bef<strong>in</strong>dliche<br />

ältere Bestattungen stört. Auf dem untersuchten nordwestlichen Friedhofsteil<br />

wurde <strong>in</strong> der Neuzeit kaum noch bestattet. Die Keramik aus den Grabgruben enthält<br />

nur spätmittelalterliche harte Grauware, Ste<strong>in</strong>zeug und frühe glasierte Irdenware.<br />

Jedoch wurden im südöstlichen Teil des Kirchhofs <strong>in</strong> Richtung Marktplatz und Rathaus<br />

bereits ca. 50 cm unter der Geländeoberfläche neuzeitliche Gräber aufgedeckt, deren<br />

Datierung anhand der Lage und des Fundmaterials wie für das 17./18. Jahrhundert<br />

typische bronzene Stecknadeln, eiserne Sarggriffe und bemalte Keramik möglich ist.<br />

Vermutlich wurde hier der Großteil der <strong>in</strong> der alten <strong>Bernau</strong>er Stadtchronik95 erwähnten<br />

angesehenen Bürger und Garnisonsangehörigen <strong>bei</strong>gesetzt.<br />

52<br />

92 BLDAM-Grabungskurzbericht BAO 1997: BAR<br />

190/191 (H. Kretzschmann/ehemals Fa. Strackenbrock<br />

& Urban).<br />

93 Wittkopp 2000, 122-124; Wittkopp 2001, 576-577.<br />

94 Plate 2005, Kap. 7.1.<br />

95 Wernicke 1894.


96 Wittkopp 2000, 122.<br />

97 Im Folgenden: Jungklaus 2009, 2009a.<br />

[60] Pest-Mehrfachgrab auf<br />

dem alten <strong>Bernau</strong>er Friedhof<br />

Insgesamt konnten 243 Gräber mit 252 Individuen identifiziert und anthropologisch<br />

bestimmt werden96 . Die Überzahl an Bestatteten gegenüber den Grabstellen ergibt<br />

sich aus den 32 Doppel- und Mehrfachgräbern [60].<br />

Bei der anthropologischen Bestimmung der 252 geborgenen Skelette durch W. Barth<br />

(2000) und H. Hornig (2002) konnten <strong>in</strong>sgesamt 218 Individuen altersdiagnostiziert<br />

werden. 97 Die <strong>in</strong>sgesamt hohe K<strong>in</strong>dersterblichkeit von etwa 37 % wird durch die<br />

höchste Mortalität mit etwa 22 % im Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dalter sowie e<strong>in</strong>er stark erhöhten<br />

Mortalität im K<strong>in</strong>desalter zwischen 7-12 Jahren mit etwa 15 % bee<strong>in</strong>flusst. Ursachen<br />

hierfür s<strong>in</strong>d unzureichende Hygieneverhältnisse und e<strong>in</strong>e erhöhte Anfälligkeit für<br />

Infektionskrankheiten <strong>in</strong>folge von Mangelerkrankungen. Auch die Sterblichkeitsrate<br />

der Jugendlichen von etwa 14 % ist im Gegensatz zu anderen Skelettserien im Land<br />

Brandenburg erhöht. Da die Pest im 16. Jahrhundert <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> mehrfach wütete und<br />

der Friedhof 1598 gar wegen Überfüllung <strong>bei</strong> e<strong>in</strong>er Pestwelle aufgegeben wurde,<br />

könnten sich unter den geborgenen Skeletten – <strong>in</strong>sbesondere die Bestattungen <strong>in</strong><br />

Doppel- und Mehrfachgräbern – auch an Pest Verstorbene bef<strong>in</strong>den. In diesen wurden<br />

fast ausschließlich die als anfälliger für Infektionskrankheiten geltenden K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendlichen <strong>bei</strong>gesetzt. Die Skelettserie von <strong>Bernau</strong> zeigt mit se<strong>in</strong>er auffallend<br />

ger<strong>in</strong>gen Mortalität <strong>in</strong> der adulten (erwachsenen) Altersklasse mit etwa 7 %, dass<br />

nach Überw<strong>in</strong>den der Risiken im K<strong>in</strong>des- und Jugendalter die Bewohner durchaus<br />

e<strong>in</strong> höheres Alter erreichen konnten. Die verbesserte rechtliche Stellung der Bürger <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er mittelalterlichen Stadt und die mit der Ausweitung von Handel und Gewerbe<br />

verknüpften Ar<strong>bei</strong>tsmöglichkeiten <strong>in</strong> den Zünften und Gilden könnten sich auf die<br />

Lebensqualität der Bevölkerung <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er guten Versorgungslage und längeren<br />

Lebenserwartung ausgewirkt haben. E<strong>in</strong> weiterer Sterbegipfel lässt sich mit etwa<br />

19 % im fortgeschrittenen Erwachsenenalter erkennen. Demnach verstarben die<br />

<strong>Bernau</strong>er nach Überw<strong>in</strong>dung der K<strong>in</strong>dheit hauptsächlich zwischen dem 40. und<br />

60. Lebensjahr. Im Gegensatz zu verschiedenen Vergleichspopulationen wie etwa<br />

Plaue, Stadt Brandenburg, Diepensee, Tasdorf oder Berl<strong>in</strong> (St.-Georgen-, St-Marienund<br />

St.-Nikolai-Friedhof u. a. m.) wurde für <strong>Bernau</strong> e<strong>in</strong>e verhältnismäßig hohe Mortalität<br />

im senilen Alter mit etwa 9 % ermittelt. Dieses Ergebnis kann im Zusammenhang<br />

mit den wohlhabenden Zünften und Gilden gesehen werden, die für die Altersversorgung<br />

und die Krankenpflege ihrer Mitglieder und deren Angehörige aufkamen.<br />

53


In der spätmittelalterlichen Skelettserie aus <strong>Bernau</strong> konnte <strong>bei</strong> <strong>in</strong>sgesamt 166 Indivi-<br />

duen das Geschlecht diagnostiziert werden, wogegen dieses <strong>bei</strong> 86 Individuen nicht<br />

mehr gelang. 95 Skelette wurden dem männlichen, 71 dem weiblichen Geschlecht<br />

anthropologisch zugeordnet. Der erhöhte Männeranteil könnte nach B. Jungklaus<br />

auf e<strong>in</strong>en Zuzug der mobileren Männer h<strong>in</strong>weisen, eventuell bed<strong>in</strong>gt durch die<br />

besseren Verdienst- und Ar<strong>bei</strong>tsmöglichkeiten <strong>in</strong> der spätmittelalterlichen Stadt.<br />

Für die Frauen konnte e<strong>in</strong>e durchschnittliche Körperhöhe von 161 cm und für<br />

die Männer von 167 cm ermittelt werden. Bei den über 60 Jahre alt gewordenen<br />

Individuen konnte e<strong>in</strong>e größere durchschnittliche Körperhöhe ermittelt werden<br />

als <strong>bei</strong> denen, die <strong>in</strong> jüngerem Lebensalter verstarben. Diese Individuen hatten<br />

vermutlich bessere Lebens- und Ernährungsbed<strong>in</strong>gungen und gehörten möglicherweise<br />

e<strong>in</strong>er sozial besser gestellten Schicht an.<br />

Die Skelette der <strong>Bernau</strong>er St.-Marien-Kirche bef<strong>in</strong>den sich derzeit zur weiterführenden<br />

Untersuchung am Institut für Biologie der Freien Universität zu Berl<strong>in</strong>, wozu<br />

bisher mehrere universitäre Abschlussar<strong>bei</strong>ten daran durchgeführt worden bzw.<br />

noch <strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>t s<strong>in</strong>d. 98 Schwerpunkt hier<strong>bei</strong> ist die Erforschung paläopathologischer<br />

Veränderungen: Erkrankungen der Zähne und der Kieferknochen, degenerative<br />

Gelenk-veränderungen, Mangel- und Infektionserkrankungen im K<strong>in</strong>desalter,<br />

Verschleißerkrankungen der Wirbelsäule und den Pathologica des Schädels.<br />

Chemische Analysen geben Aufschluss über die damalige Ernährungssituation<br />

und das Abstillalter.<br />

Die Paläopathologische Untersuchung an 73 Schädeln – 53 erwachsener und<br />

20 juveniler Individuen – der mittelalterlichen Populationen des <strong>Bernau</strong>er St.-Marien-<br />

Friedhofes99 diente zur Beurteilung des Gesundheits- bzw. Krankheitsstatus. Die<br />

Schädel wurden primär makroskopisch, als auch röntgenologisch untersucht und<br />

dokumentiert. Siebartige Veränderungen des Orbitadaches (Cribra orbitalia) traten<br />

<strong>bei</strong> der <strong>Bernau</strong>er Bevölkerung zu 53 % auf. Erkrankungen der Nasennebenhöhlen fanden<br />

sich <strong>in</strong> der <strong>Bernau</strong>er Bevölkerung mit e<strong>in</strong>er Häufigkeit von 44 %. Veränderungen<br />

des harten Gaumens im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Stomatitis kommen <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> zu 30 % vor. Die<br />

Lam<strong>in</strong>a <strong>in</strong>terna des Schädeldaches – immerh<strong>in</strong> <strong>bei</strong> der <strong>Bernau</strong>er Bevölkerung ebenfalls<br />

<strong>bei</strong> 44 % – zeigte besonders häufig Spuren pathologischer Veränderungen: u. a.<br />

verstärkte Impressiones digitatae, druckatrophische Prozesse, erweiterte Gefäßab-<br />

54<br />

98 Barth 2000; Faber 2001; Hornig 2002; Möws 2003;<br />

Schäuble 2006; Schmidt 2006; Laubenste<strong>in</strong> 2007;<br />

DeAlbuquerque Le<strong>in</strong>ebach (<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>t); Jungklaus (<strong>in</strong><br />

Ar<strong>bei</strong>t).<br />

99 Schmidt 2006.


100 Laut Möws/Jungklaus/Niemitz 2003 liegen für den<br />

Raum Brandenburg bisher nur wenige stomatologische<br />

Untersuchungen (Untersuchungen der Mund-, Kiefer-<br />

und Zahnmediz<strong>in</strong>) vor, die sich vorwiegend auf die<br />

mittelalterlich, dörfliche Bevölkerung beziehen (u.a.<br />

Zurth 1956, Garz 1999).<br />

101 Möws/Jungklaus/Niemitz 2003.<br />

102 Nach Möws/Jungklaus/Niemitz 2003 betrug die<br />

Kariesverhältniszahl etwa 18 %. Vorherrschend ist die<br />

Approximalkaries (Karies im Zahnzwischenraum), die<br />

Okklusalkaries (Karies auf den Kauflächen) ist trotz<br />

fortschreitender altersbed<strong>in</strong>gter Zahnabrasion (Zahnhartsubstanz-<br />

bzw. Zahnschmelzverlust) relativ häufig.<br />

Das Vorkommen der Zementkaries (Karies an der Zahnwurzel)<br />

korreliert mit dem zunehmenden Alveolarabbau<br />

(Abbau des Zahndamms) im Alter.<br />

103 Jungklaus 2009; 2009a.<br />

drücke sowie erweiterte Foveolae granulares. Traumatische E<strong>in</strong>wirkungen auf<br />

den Schädel konnten mit 7 % festgestellt werden. E<strong>in</strong> seniler männlicher Schädel<br />

offenbarte offensichtlich Lepra-Symptome. Normalerweise wurden Leprakranke im<br />

Mittelalter als Aussätzige <strong>in</strong> speziellen Leprosorien wie dem St.-Georgen-Hospital<br />

<strong>in</strong>terniert und nicht auf dem bekanntesten Stadtfriedhof bestattet. Vergleiche u. a.<br />

mit der Tasdorfer Dorfpopulation belegen <strong>in</strong>sgesamt, dass die dörfliche Bevölkerung<br />

e<strong>in</strong>e deutlich höhere Krankheitshäufigkeit als die der Stadt <strong>Bernau</strong> aufwies.<br />

Die Paläodontologische Untersuchungen der spätmittelalterlichen Skelettserie des<br />

<strong>Bernau</strong>er St.-Marien-Friedhofs liefert erstmals Erkenntnisse und Analysemöglichkeiten<br />

über die Erkrankungen an Zähnen von Bewohnern e<strong>in</strong>er mittelalterlichen Stadt<br />

der Mark Brandenburg. 100 Hier<strong>bei</strong> wurden die Krankheitsbelastungen der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Zahnarten sowie die geschlechts- und altersspezifischen Unterschiede <strong>bei</strong> den<br />

Zahnbefunden <strong>in</strong> Bezug auf die Rekonstruktion der damaligen Ernährung und<br />

Mundhygiene gebracht. Untersucht wurden die Gebisse von 77 Individuen, wo<strong>bei</strong><br />

<strong>in</strong>sbesondere die Kariesbefunde, der Zahnverlust, die Abrasionsgrade sowie der<br />

Zahnste<strong>in</strong> ermittelt wurden. Etwa 15 % der Zähne g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>travital, d. h. noch zu<br />

Lebzeiten verloren, am häufigsten die ersten Molaren, am seltensten die Eckzähne.<br />

Frauen zeigten gegenüber Männern e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gfügig höheren Intravitalverlust. Bei<br />

den Männern fanden die Anthropologen h<strong>in</strong>gegen e<strong>in</strong>en durchschnittlich höheren<br />

Abrasionswert. 101 Das Auftreten von ger<strong>in</strong>ger ausgeprägten Abrasionen im Vergleich<br />

zur Landbevölkerung ist vermutlich auf e<strong>in</strong>e für damalige Verhältnisse weniger<br />

abrieb<strong>in</strong>tensive Kost mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren Hartfaseranteil zurückzuführen. Die<br />

Kariesfrequenz lag erwartungsgemäß hoch <strong>bei</strong> etwa 80 %. 102 Der Kariesbefall zeigt im<br />

Stadt-Land-Vergleich ke<strong>in</strong>e deutlichen Unterschiede. Jedoch kann <strong>in</strong> der wohlhabenden<br />

Stadt <strong>Bernau</strong> auf e<strong>in</strong>e verfe<strong>in</strong>erte Nahrung geschlossen werden, die vermutlich<br />

mehr Fleisch und besser entspelztes Brot für weite Teile der Bevölkerung be<strong>in</strong>haltete.<br />

Degenerative Gelenkerkrankungen gehören zu den häufigsten Knochenkrankheiten<br />

<strong>bei</strong> Skelettfunden. 103 Insbesondere Arthrosen s<strong>in</strong>d zumeist die Langzeitfolgen hoher<br />

mechanischer Belastungen und somit e<strong>in</strong> Maß für körperliche Beanspruchungen.<br />

Als weitere E<strong>in</strong>flussfaktoren treten noch das Alter, metabolische, genetische und<br />

hormonelle Ursachen sowie angeborene Fehlstellungen h<strong>in</strong>zu. An 87 erwachsenen<br />

<strong>Bernau</strong>er Skeletten wurden jeweils an den vier großen Gelenken H<strong>in</strong>weise auf<br />

55


degenerative Veränderungen untersucht. Bestimmt wurden nach Geschlechterund<br />

Alterstrennung sowohl die Häufigkeiten <strong>in</strong> quantitativer als auch das Ausmaß<br />

arthrotischer Erkrankungen <strong>in</strong> qualitativer H<strong>in</strong>sicht. Für den <strong>Bernau</strong>er St.-Marien-<br />

Friedhof ergab sich e<strong>in</strong> hoher Anteil arthrotischer Fälle: das Hüftgelenk (ca. 96 %) am<br />

häufigsten, nachfolgend das Ellbogengelenk (ca. 84 %), das Kniegelenk (ca. 81 %) und<br />

das Schultergelenk (ca. 76 %). Frauen waren <strong>in</strong> allen vier Gelenken weniger häufig und<br />

schwer erkrankt als ihre männlichen Zeitgenossen. Die deutlichsten geschlechtsspezifischen<br />

Unterschiede ergaben sich für die obere Extremität. Erwartungsgemäß<br />

nahmen über alle drei Altersstufen die Häufigkeiten zu, mit e<strong>in</strong>em deutlicheren<br />

Anstieg von der adulten zur maturen (reiferen, älteren) Altersstufe. Alle vier Gelenke<br />

zeigten nach dem Grad der Veränderungen bereits leichte bis mittelschwere Degenerationen.<br />

Die Ergebnisse sprechen e<strong>in</strong>erseits für e<strong>in</strong>e durch schwere körperliche Ar<strong>bei</strong>t<br />

geprägte Lebensweise, andererseits für ar<strong>bei</strong>tsteilige Verhältnisse mit verschiedenen<br />

Tätigkeiten <strong>in</strong> der handwerklichen Produktion der <strong>Bernau</strong>er Bevölkerung. Zudem s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong>dividuelle Verschiedenheiten <strong>in</strong> der Schwere der Erkrankungen möglicherweise der<br />

Ausdruck sozialer und wirtschaftlicher Unterschiede. Somit lassen sich über Arthrosen<br />

die Auswirkungen von körperlichen Belastungen und Alter beschreiben und<br />

ermöglichen damit e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Ar<strong>bei</strong>ts- und Lebensweise der untersuchten<br />

Bevölkerung und ergänzen damit wesentlich die bisherigen historischen Erkenntnisse.<br />

Entsprechend des christlichen Bestattungsritus kamen nur sehr selten Grab<strong>bei</strong>gaben<br />

oder Schmuckteile aus den Gräbern selbst bzw. aus den Friedhofsschichten zutage:<br />

U.a. aus Kupferblech zusammengebogene Röllchen meist im Kopfbereich, kle<strong>in</strong>e Spiel-<br />

56<br />

[61-62] Kopf e<strong>in</strong>er Heiligenfigur<br />

bzw. e<strong>in</strong>er Abbildung der<br />

Jungfrau Maria aus Pfeifenton,<br />

um 1500


104 E<strong>in</strong>beck 2002, 152f.<br />

105 Jungklaus 2009, 44ff.<br />

würfel aus K<strong>in</strong>dergräbern, Schreibwerkzeuge, e<strong>in</strong>e Buchschließe und e<strong>in</strong> gotisches<br />

Frauenköpfchen [61-62]. Dieses ca. 1,7 cm hohe Fundobjekt ist aus fe<strong>in</strong>em weißen<br />

Pfeifenton gebrannt und stellt den Kopf e<strong>in</strong>er Heiligen bzw. der Jungfrau Maria aus<br />

der Zeit um 1500 bis 1550 dar. Identische Vergleichsstücke hierzu f<strong>in</strong>den sich u. a.<br />

<strong>in</strong> Wusterhausen/Ostprignitz-Rupp<strong>in</strong> und E<strong>in</strong>beck/Niedersachsen. Dies spricht für<br />

hohen Verbreitungsgrad und Beliebtheit unter der Bevölkerung und ist im Zusammenhang<br />

mit Wallfahrten oder häuslicher Frömmigkeit zu sehen.<br />

Während diese Stücke sicherlich durch die zahlreichen Pilgerfahrten als Reiseandenken<br />

bzw. durch umherreisende Händler nach <strong>Bernau</strong> gelangten, ist h<strong>in</strong>gegen der<br />

Produktionsort dieser religiösen Tonfiguren bislang unbekannt. Zahlreiche H<strong>in</strong>weise<br />

auf sogenannte Heiligen- oder Bilderbäcker gibt es sowohl <strong>in</strong> den Niederlanden bzw.<br />

Belgien mit Utrecht, Leiden und Lüttich, <strong>in</strong> Süddeutschland mit Augsburg und Nürnberg<br />

als auch im Rhe<strong>in</strong>land mit Köln und Worms. 104 Das Herstellungsverfahren der<br />

Figuren <strong>in</strong> zweischaligen Modeln war relativ e<strong>in</strong>fach, so dass diese Pilgerzeichen e<strong>in</strong>e<br />

preiswerte Massenware darstellten, die wohl allen Bevölkerungsschichten für sehr<br />

persönliche religiöse Bedürfnisse dienten.<br />

Nach den Ergebnissen von B. Jungklaus105 ist die Lebenssituation für die Menschen <strong>in</strong><br />

vielen Aspekten spezifisch charakterisiert. Die ersten Lebensjahre waren für die K<strong>in</strong>der<br />

voller Gefahren. Die Neugeborenen waren mit der schlechten hygienischen Situation<br />

generell stark bedroht. Die Zeit des Abstillens mit 2-3 Jahren war aufgrund der Nahrungsumstellung<br />

besonders risikoreich. Zudem führte nicht k<strong>in</strong>dgerechte Nahrung<br />

und verdrecktes Essgeschirr schnell zu gefährlichen Durchfallerkrankungen. Im<br />

Alter von 4-6 Jahren waren die K<strong>in</strong>der vermutlich stark durch Infektionserkrankungen<br />

bedroht, wo<strong>bei</strong> das beengte Leben <strong>in</strong> der Stadt die schnelle Krankheitsausbreitung<br />

begünstigte. E<strong>in</strong>e bessere Nahrungsversorgung sowie e<strong>in</strong>e gewisse Altersfürsorge<br />

durch die Zünfte und Gilden dürfte die Lebensbed<strong>in</strong>gungen und -erwartungen<br />

verbessert haben. Allerd<strong>in</strong>gs waren besonders die Frauen gefährdet. Die Mehrfachbelastung<br />

durch Ar<strong>bei</strong>t, Haushalt, Schwangerschaft und Geburt führte zu e<strong>in</strong>em<br />

erhöhten Sterberisiko. Zudem wiesen Mädchen e<strong>in</strong>e höhere Sterberate als Jungen auf.<br />

Hierfür mögen ökonomische und soziale Zwänge verantwortlich se<strong>in</strong>, die möglicherweise<br />

zu e<strong>in</strong>er Vernachlässigung der Mädchen führte. Die Belastung durch körperliche<br />

Ar<strong>bei</strong>t dürfte allgeme<strong>in</strong> sehr hoch gewesen se<strong>in</strong>. Das Heben schwerer Lasten oder<br />

57


Ar<strong>bei</strong>ten im Stehen führte zu e<strong>in</strong>er erhöhten Beanspruchung des Hüftgelenks und<br />

somit zu degenerativen Veränderungen. Männer s<strong>in</strong>d aufgrund der körperlich schwereren<br />

Ar<strong>bei</strong>ten generell stärker von Verschleißerkrankungen betroffen als die Frauen.<br />

Als Ergebnis der paläodemographischen und paläopathologischen Untersuchungen<br />

lässt sich festhalten, dass es die K<strong>in</strong>der und Frauen waren, die <strong>in</strong> der damaligen<br />

Gesellschaft den höchsten Risiken ausgesetzt waren.<br />

Friedhöfe vor dem Mühlentor, vor dem Ste<strong>in</strong>tor und jüdischer Friedhof<br />

Neben den Friedhöfen an der St.-Marien-Kirche und an den Hospitalkapellen, die<br />

jeweils bis 1598 belegt worden s<strong>in</strong>d, existieren noch weitere Friedhöfe – vor dem<br />

Mühlentor ab 1598 sowie der neue Friedhof vor dem Ste<strong>in</strong>tor ab 1882. 106 Die<br />

Bevölkerung jüdischen Glaubens <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> ist <strong>in</strong> schriftlichen Quellen seit Mitte<br />

des 17. Jahrhunderts belegt, im Jahre 1756 ist e<strong>in</strong>e Vertreibung beschrieben. Der<br />

jüdische Friedhof lag am Rande des städtischen Friedhofes.<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Hospitäler<br />

<strong>Bernau</strong> unterhielt e<strong>in</strong>st drei Hospitäler, von denen jedes mit e<strong>in</strong>er eigenen Kapelle<br />

ausgestattet war. Außerhalb der Stadt lagen das St.-Georgen-Hospital von 1328<br />

nördlich vor dem Mühlentor und das St.-Gertrauden-Hospital von 1482/85 östlich vor<br />

dem Ste<strong>in</strong>tor. Innerhalb der Stadt am Ste<strong>in</strong>tor befand sich das Heilig-Geist-Hospital.<br />

Die <strong>bei</strong>den letztgenannten bestehen nicht mehr. Bis <strong>in</strong> die Zeit des 30jährigen Krieges<br />

wurden die Friedhöfe dieser Hospitäler bzw. Siechenhäuser noch belegt, danach<br />

wurden das St.-Gertrauden-Hospital sowie das Heilig-Geist-Hospital aufgegeben. 107<br />

58<br />

(a)<br />

(b)<br />

(c)<br />

(d)<br />

Standorte:<br />

(a) St.-Georgen-Hospital mit Kapelle<br />

(b) Kaland (Schwarzer Adler)<br />

und ehemals:<br />

(c) Heilig-Geist-Hospital<br />

(d) St.-Gertrauden-Hospital<br />

106 Barthel 2000, S. 41; Plate 2005, Kap. 6 und 7.<br />

107 Plate 2005, Kap. 4.


108 Friske 2000, S. 86f. bes. Anm. 342.<br />

109 Friske 2000, S. 87.<br />

110 http://www.heimatvere<strong>in</strong>bernau.de/altbernau/<br />

hospital/htm.<br />

St.-Georgen-Hospital<br />

Die Stiftung St.-Georgen-Hospital wurde im Jahre 1328 durch die <strong>Bernau</strong>er Gewandschneider-<br />

und Wollwebergilde zur Versorgung bedürftiger Bürger und als sogenanntes<br />

„Pest-Hospital“ vor den Mauern der Stadt gegründet und zählt somit zu den ältesten<br />

Stiftungen im Land Brandenburg. 108 Diese Stiftung ist e<strong>in</strong> Ausdruck der damaligen<br />

wirtschaftlichen und politischen Selbständigkeit der Stadt <strong>Bernau</strong> und spiegelt die<br />

wirtschaftliche Kraft der <strong>Bernau</strong>er Gewandschneider- und Wollwebergilde wider.<br />

Wurden zunächst die Ärmsten und Bedürftigsten der Stadt <strong>Bernau</strong> <strong>in</strong> epidemiefreien<br />

Zeiten aufgenommen und bestattet, folgten zwangsläufig zunehmend die Pestkranken,<br />

die hier vor den Toren der Stadt die letzte Aufnahme und Ruhestätte fanden. Die<br />

Verwaltung des St.-Georgen-Hospitals und des Stiftungsvermögens obliegt seit jeher<br />

dem jeweiligen Oberprediger der St.-Marien-Kirche und dem Bürgermeister der Stadt<br />

<strong>Bernau</strong>. Das Hospital wurde im Laufe der Zeit mit großzügigen Stiftungen bedacht.<br />

Der <strong>Bernau</strong>er Bürger Klaus Ste<strong>in</strong>kopf verkaufte 1391 das Dorf Ützdorf an die Gilde<br />

der o. g. Gewandschneider und Wollenweber zu <strong>Bernau</strong> für 40 Schock böhmische<br />

Groschen zur ewigen Stiftung für das St.-Georgen-Hospital <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong>. Markgraf<br />

Jobst bestätigte im Jahre 1399 diese Stiftung.<br />

E<strong>in</strong>e Gedächtnistafel im Inneren der Kapelle zeugt von der Zerstörung der Kapelle<br />

und des Hospitals im Jahre 1432 durch die die Stadt <strong>Bernau</strong> belagernden Hussiten.<br />

Die Kapelle wurde noch im 15. Jahrhundert wieder errichtet. Ursprünglich bestand<br />

das jährliche Hussitenfest aus e<strong>in</strong>er Osterprozession zur wieder aufgebauten<br />

St.-Georgen-Kapelle nach 1432. 109<br />

Die o. g. Gilde der <strong>Bernau</strong>er Gewandschneider und Wollweber bestimmte im Jahre<br />

1466, dass „nur e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> ihrer Gilde oder <strong>in</strong> ihrem Gewerke geborene Person Priester <strong>bei</strong><br />

der St.-Georgen-Capelle werden und die E<strong>in</strong>künfte derselben erheben kann, dafür aber<br />

verpflichtet se<strong>in</strong> soll, des Sonntags die Messe zu bestellen, Wasser und Salz zu segnen ...<br />

und <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> zu wohnen“. 110 Wegen Schmälerung der Rechte reichten im Jahre 1612<br />

der <strong>Bernau</strong>er Bürgermeister, die Kirchenvorsteher und andere Beteiligte e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gabe<br />

an den Kurfürsten Johann Sigismund e<strong>in</strong>. Hier<strong>in</strong> wird bestätigt, dass jener <strong>Bernau</strong>er<br />

Ste<strong>in</strong>kopf e<strong>in</strong>st dem Hospital und der Kirche <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> das Dorf Utstorff mit allem<br />

Zubehör mit Acker, Wiesen, Weiden, Grasung, Hölzung, Fischerei, Mühle und<br />

59


Mühlenrechten usw. vermachte. H<strong>in</strong>tergrund dieser Klage waren wohl die stark<br />

geschmälerten E<strong>in</strong>künfte des Hospitals <strong>in</strong>folge des allgeme<strong>in</strong>en wirtschaftlichen<br />

Zusammenbruchs als Folge des 30jährigen Krieges. Der Wassermüller Franz Wilke<br />

hatte die Ützdorfer Mühle 1643 gekauft, die schon damals <strong>in</strong> schlechtem Zustand<br />

war, während <strong>bei</strong> der Verödung der Dörfer die Mahlgäste fehlten. Wilke konnte<br />

se<strong>in</strong>en Verpflichtungen den Stiftungen gegenüber nicht mehr nachkommen.<br />

Darum erstand im Kaufvertrag von 1662 der Besitzer von Prenden und Lanke, der<br />

Freiherr Otto Christoph von Sparr, die Wassermühle samt der Feldmark Ützdorf,<br />

Wiesen, Hölzungen, Viehzucht und allem anderen Zubehör mit der Übernahme<br />

der weitestgehenden Verpflichtungen.<br />

Die <strong>Bernau</strong>er Sterberegister, namentlich aus den schweren Pestjahren 1637 und<br />

1638, zeigen den Lebens- und Sterbensweg so vieler dort e<strong>in</strong>gesessener Bürger,<br />

die hier <strong>bei</strong>gesetzt wurden. Von 1699 bis <strong>in</strong> die Mitte des 19. Jahrhunderts diente<br />

die St.-Georgen-Kapelle den aus Frankreich vertriebenen Hugenotten als eigene Versammlungs-<br />

und Andachtsstätte. Am 16. März 1699 wurden durch e<strong>in</strong>e Verfügung<br />

des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. etwa 25 hugenottische Familien mit<br />

60<br />

[63] St.-Georgen-Hospital<br />

mit der am Anfang des<br />

15. Jahrhunderts errichteten<br />

St.-Georgen-Kapelle


111 Wernicke 1894/1992, S. 117; Friske 2000, S. 86.<br />

112 Friske 2000, S. 87 Anm. 345.<br />

113 Plate 2005, Kap. 4.1.<br />

87 Personen <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> untergebracht, die hauptsächlich Handwerker und Bauern<br />

waren. Im Jahre 1883 s<strong>in</strong>d immerh<strong>in</strong> noch 20 hugenottische Familien <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong><br />

gemeldet.<br />

Das Bauensemble des St.-Georgen-Hospitals nördlich vor der Altstadt besteht heute<br />

noch aus der gotischen, nach der Zerstörung 1432 wieder aufgebauten Backste<strong>in</strong>kapelle<br />

als dem ältesten noch erhaltenen Bauwerk <strong>Bernau</strong>s, dem Siechenhaus und<br />

den Resten der gotischen E<strong>in</strong>friedung [63]. E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gelassener Feldste<strong>in</strong> dieser Mauer<br />

trug nach Wernicke die Jahreszahl 1564. 111<br />

Das Ensemble ist von e<strong>in</strong>er Backste<strong>in</strong>mauer mit breitem, z<strong>in</strong>nenbekröntem spätgotischem<br />

Portal umgeben. Die rechteckige Kapelle selbst ist als e<strong>in</strong> zweijochiger<br />

Saal aus Mischmauerwerk mit e<strong>in</strong>em vierseitigen Chorabschluss vom Anfang des<br />

15. Jahrhunderts ausgeführt. Sie hat e<strong>in</strong>e Länge von 11,20 m, e<strong>in</strong>e Breite von 7,50 m<br />

sowie e<strong>in</strong>e Höhe bis zum Dach von 5 m bzw. bis zum First 11,50 m. 112 Außen wird die<br />

aus unregelmäßigen Feldste<strong>in</strong>en errichtete Kapelle von Strebepfeilern aus Backste<strong>in</strong>en<br />

gegliedert, e<strong>in</strong>e spitzbogige Pforte als Zugang bef<strong>in</strong>det sich im Westen. Der<br />

Westgiebel weist e<strong>in</strong>e gestaffelte Blendengliederung auf. Der Saal wird von e<strong>in</strong>em<br />

zweijochigen Kreuzgewölbe sowie der Ostabschluss von e<strong>in</strong>em halben Kreuzgewölbe<br />

überspannt. Die Rippen des Kreuzgewölbes besitzen e<strong>in</strong> Birnstabprofil, die Konsolund<br />

Gewölbeschlußste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen neu ausgeführt.<br />

Das ehemalige lang gestreckte Siechenhaus wurde im Jahre 1738 <strong>in</strong> Sichtfachwerk<br />

als Vierständerbau erbaut und besitzt e<strong>in</strong> Krüppelwalmdach. Im Jahre 1872 erfolgte<br />

e<strong>in</strong>e gründliche Erneuerung. 113 Seit der NS-Zeit verwahrlosten die Stiftungsgebäude<br />

zunehmend wegen Geldmangel. Um diese <strong>in</strong> der DDR-Zeit vor Verstaatlichung und<br />

weiterem Verfall zu schützen, nahm <strong>in</strong> den 1960er Jahren die diakonische E<strong>in</strong>richtung<br />

„Hoffnungstaler Anstalten“ aus Lobetal die Gebäude <strong>in</strong> ihre Obhut. Heute<br />

regeln Pachtverträge die Nutzung des Hospitalgebäudes. In Fortführung des e<strong>in</strong>stigen<br />

Stifterwillens stellt die Stiftung auch zukünftig Hilfe für bedürftige Menschen<br />

bereit. Daneben obliegt ihr die Unterhaltung des ehemaligen Hospitalgebäudes mit<br />

Kapelle und Mauer als geschütztes Denkmal. In den Jahren 2002/2003 wurde die<br />

Instandsetzung des Siechenhauses aus Mitteln der Städtebauförderung unterstützt.<br />

Die heutige bauliche Hülle der St.-Georgen-Kapelle entspricht der von 1872. Aus<br />

dieser Zeit stammt auch das Dachgestühl. Im Inneren der Kapelle wurde die alte,<br />

61


durch die Restaurator<strong>in</strong> A. Schauß wiederentdeckte Farbgestaltung aus dem Jahre<br />

1872 aufgetragen. Neben den älteren Farbschichten wurden auch Umbauspuren<br />

nachgewiesen, die darauf schließen lassen, dass die Fenster nachträglich verkle<strong>in</strong>ert<br />

wurden und dass sich ferner an der Ostwand der Kapelle ursprünglich e<strong>in</strong>e Seitentür<br />

befand.<br />

Heilig-Geist-Hospital<br />

Das e<strong>in</strong>st vor dem Ste<strong>in</strong>tor stadte<strong>in</strong>wärts gelegene Heilig-Geist-Hospital existiert<br />

heute nicht mehr, es wurde bereits nach dem 30jährigen Krieg aufgegeben. 114 Nach<br />

Hedergott wurde auf dem kle<strong>in</strong>en Platz zwischen der Berl<strong>in</strong>er Straße und der Stadtmauer<br />

– schräg gegenüber der Brüderstraße – die Heilig-Geist-Kapelle e<strong>in</strong>schließlich<br />

Hospital und umgebendem Kirchhof wohl um 1482 gebaut, da im 15. Jahrhundert<br />

die Bevölkerungszahl wuchs und der bewährte Kirchhof an der zentralen St.-Marien-<br />

Kirche nicht mehr genügte. Allerd<strong>in</strong>gs ist der genaue Gründungszeitraum nicht bekannt.<br />

Beim großen Stadtbrand von 1485 brannte die Kapelle ab und wurde danach<br />

wieder aufgebaut. 115 In schriftlichen Quellen wurde der Altar „<strong>in</strong> hospital S. Spiritus“<br />

im Jahre 1542 erwähnt. 116 Nach dem o. g. Niedergang Mitte des 17. Jahrhunderts trat<br />

an dessen Stelle später der Stadthof bzw. die Ratsmeierei. Im Jahre 1710 wurde auf<br />

dem verwaisten Platz die reformierte Kirche erbaut. 117<br />

St.-Gertrauden-Hospital<br />

Das unmittelbar vor dem Ste<strong>in</strong>tor stadtauswärts gelegene St.-Gertrauden-Hospital<br />

von 1482, dessen Gebäude ebenfalls heute nicht mehr besteht, wurde – wie auch<br />

das Heilig-Geist-Hospital – nach dem 30jährigen Krieg bzw. spätestens im 18. Jahrhundert<br />

geschlossen. 118 In der Lagedarstellung von Merian im Jahre 1652 ist das<br />

Hospital als rechteckiges Gebäude – entweder als Kapelle oder als Spitalgebäude –<br />

noch <strong>in</strong> der Nähe des Ste<strong>in</strong>tores e<strong>in</strong>getragen [64]. Nach Hedergott wurde vor dem<br />

Königstor bzw. Ste<strong>in</strong>tor gegenüber der Waschspüle, durch welche die Panke floss,<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e St.-Getrauden-Kirche nebst Hospital errichtet. 119 Im 18. Jahrhundert verfiel<br />

das Gertraudenspital völlig.<br />

62<br />

114 Plate 2005, Kap. 4.2.<br />

115 Friske 2000, S. 88.<br />

116 Herold, Bl. 215; Friske 2000, S. 88 Anm. 350.<br />

117 Jerchel/Seeger 1939, S. 60.<br />

118 Jerchel/Seeger 1939, S. 60; Plate 2005, Kap. 4.3.<br />

119 Hedergott 1932, S. 18.<br />

[64] St.-Gertrauden-<br />

Hospital vor dem Ste<strong>in</strong>tor<br />

außerhalb der Stadtmauer,<br />

Ausschnitt aus der Stadtansicht<br />

nach Merian 1652


[65] Archäologischer Lageplan mit Fundamentfunden<br />

am mutmaßlichen Standort<br />

des St.-Gertrauden-Hospitals und Befunde<br />

e<strong>in</strong>es historischen Bohlenwegs<br />

Befundbeschreibung:<br />

Bef. 3: Bohlenwege/Mittelalter<br />

Bef. 34: Holzspaltbohle/Mittelalter<br />

Bef. 35-37: Feldste<strong>in</strong>fundament und Kulturschichten<br />

des St. Gertraudenhospitals/Mittelalter<br />

Bef. 38: Holzpfostenreihe im Graben (Bef. 39)/<br />

Mittelalter<br />

Bef. 39: Graben/Mittelalter<br />

Bef. 40: Schicht mit Wagenspuren/Mittelalter<br />

63


Im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen kam 2010 <strong>in</strong> Höhe der Hussitenstraße 10<br />

e<strong>in</strong> 5,50 m langer x 0,60 m breiter Fundamentrest, welcher Ost-Westorientiert war,<br />

zutage. Er bestand aus mittleren und größeren, <strong>in</strong> Sand gesetzten Feldste<strong>in</strong>en. Aus<br />

e<strong>in</strong>er direkt an das Fundament anstoßenden, holzverschalten Grube konnte nur spätmittelalterliche<br />

Keramik geborgen werden, wodurch sich das Fundament <strong>in</strong> diese Zeit<br />

datieren lässt. Schriftlich überliefert ist <strong>in</strong> diesem Bereich das 1482 gestiftete und im<br />

Merian-Stich von 1652 dargestellte St.-Gertrauden-Hospital. Vermutlich gehörte das<br />

freigelegte Fundament zu e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er Gebäude.<br />

Im unmittelbaren Umfeld davon konnte <strong>in</strong> 1,10 m Tiefe e<strong>in</strong>e Eichenspaltbohle freigelegt<br />

werden [65-67]. Ihre dendrochronologische Bestimmung erbrachte das Datum<br />

1209 ( + /- 10). Dieser Nachweis (DP 14) und die Dendroprobe (DP 22) aus dem Bohlenweg<br />

<strong>in</strong> der Husittenstraße belegen die bislang ältesten nachgewiesenen Hölzer<br />

<strong>Bernau</strong>s.<br />

64<br />

[66-67] Ältester Holzbohlenfund<br />

und Reste e<strong>in</strong>es<br />

Feldste<strong>in</strong>fundaments an dem<br />

vermuteten Standort des<br />

St.-Gertrauden-Hospitals


120 Dehio 2000, S. 78; Plate 2005, Kap. 4.4.<br />

Anmerkung:<br />

Kaland (Kalandbruderschaften) ist die Bezeichnung<br />

für die ab dem 9. Jahrhundert gegründeten und von<br />

Kaisern und Päpsten begünstigten Bruderschaften zur<br />

Verrichtung guter Werke. Gründungen dieser religiösen<br />

Bruderschaften erfolgten offenbar <strong>in</strong> vielen Städten<br />

Mitteldeutschlands. Die meisten Kalandbruderschaften<br />

bestanden bis zum Beg<strong>in</strong>n der Reformationszeit im<br />

16. Jahrhundert.<br />

Kalandsbruderschaften setzten sich aus männlichen<br />

und weiblichen Mitgliedern zusammen und unterschieden<br />

ke<strong>in</strong>e Standesformen oder weltliche und geistliche<br />

Herkunft. Zweck der Zusammenkünfte des Kalands<br />

war das geme<strong>in</strong>schaftliche Gebet und die geme<strong>in</strong>same<br />

Verrichtung wohltätiger Werke an Armen und Kranken.<br />

Die Kalande gedachten außerdem geme<strong>in</strong>schaftlich<br />

ihrer verstorbenen Mitglieder und lasen für sie Seelenmessen.<br />

Die Treffen wurden oft mit e<strong>in</strong>er opulenten<br />

Mahlzeit beendet.<br />

Das Wort Kaland ist von dem late<strong>in</strong>ischen Wort<br />

„kalendae“ abgeleitet. Es bedeutet den ersten Tag<br />

e<strong>in</strong>es Monats und bezieht sich auf den Brauch der<br />

Mitglieder e<strong>in</strong>es Kalands, sich regelmäßig an diesem<br />

Tag zu treffen.<br />

121 Friske 2000, S. 68 Anm. 270, S. 73 Anm. 288.<br />

[68-69] Gaststätte „Schwarzer<br />

Adler“, ehemaliger Sitz der<br />

Kalandsgilde<br />

Kaland / Gaststätte „Schwarzer Adler“<br />

In der Berl<strong>in</strong>er Straße 33 bestand wohl seit dem 13. Jahrhundert bis zur Reforma-<br />

tion <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> <strong>in</strong> den Jahren 1540/1541 das Bethaus der Kalandsbrüder sowie der<br />

ehemalige Sitz der Kalandsgilde. 120 Die Kalandsbruderschaft wird <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> erstmals<br />

ab 1345/47 genannt. Im Jahre 1345 wird e<strong>in</strong> Kathar<strong>in</strong>enaltar der Kalandsgilde <strong>in</strong> der<br />

großen St.-Marien-Kirche aufgelistet. 121 Das Gebäude – e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger, ursprünglich aus<br />

zwei Häusern des 15./16. Jahrhunderts zusammengefügter spätgotischer Wohnbau<br />

– wurde zu Zeiten Friedrich II. (1712-1786) zur bekannten Restauration und Herberge<br />

„Schwarzer Adler“ umgebaut. Im Erdgeschoss bestehen Räume mit Stern- und Netzgewölben,<br />

z. T. auf Kopfkonsolen mit Wappenschlussste<strong>in</strong>en [68-69].<br />

65


4. Städtische Gebäude<br />

und E<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Rathaus<br />

Das zentrale Rathaus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er jetzigen Form wurde im Jahre 1805 im klassizistischen<br />

Baustil nach den Entwürfen des königlichen Bau<strong>in</strong>spektors Dornste<strong>in</strong> aus Wriezen/<br />

Oder als nachweislich fünftes Rathaus an dieser Stelle errichtet [70]. Laut Hedergott<br />

g<strong>in</strong>g im Jahre 1483 die halbe Stadt <strong>Bernau</strong> nebst dem kle<strong>in</strong>en alten Rathaus<br />

durch e<strong>in</strong>e gewaltige Feuersbrust <strong>in</strong> Flammen auf. 122 Nach der Wernicke-Chronik von<br />

1894 ist das alte <strong>Bernau</strong>er Rathaus <strong>bei</strong> zwei größeren Stadtbränden <strong>in</strong> den Jahren<br />

1405/1406 und 1483 stark zerstört worden. Zudem wurde e<strong>in</strong> ursprünglich vorhandener<br />

Rathausbau durch e<strong>in</strong>en kompletten Neubau ersetzt. Das alte Rathaus wurde<br />

baufällig und im Jahre 1801 abgerissen. Der Neubau von 31,50 m Länge und 12,60 m<br />

Breite war e<strong>in</strong>schließlich Anbauten im Jahre 1805 fertiggestellt und besteht <strong>in</strong> dieser<br />

Bauform im Wesentlichen noch heute bis auf Umbaumaßnahmen im Inneren und<br />

die große Freitreppe an der Nordseite zum Marktplatz h<strong>in</strong>. Laut der Stadtchronik von<br />

T. Seiler von 1736 befand sich an der Südseite des Rathauses e<strong>in</strong> besonderes Gebäude,<br />

wor<strong>in</strong> die Wagenbude und Marktmeisterei e<strong>in</strong>schließlich Wagenmeisterwohnung<br />

untergebracht waren. Nach Wernicke be<strong>in</strong>haltete die Marktmeisterei die Ratswaage.<br />

Die Ausschachtung für e<strong>in</strong>en beh<strong>in</strong>dertengerechten Fahrstuhl im westlichen W<strong>in</strong>kel<br />

des historischen Rathaushofes erforderte im November 1999 e<strong>in</strong>e archäologische<br />

Baubegleitung, wo<strong>bei</strong> verschiedene Fundamentreste älterer Gebäude angetroffen<br />

66<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Rathaus [Innenhof 1999]<br />

Standorte:<br />

- Late<strong>in</strong>schule<br />

- Mühlenberg<br />

122 Hedergott 1932, S. 18; Plate 2005, Kap. 2.2.


123 BLDAM-Grabungsbericht UBO 1999-579<br />

(M. Roeder/ehemals Fa. GAD). Der Fundamentschacht<br />

war <strong>in</strong> etwa quadratisch und wies e<strong>in</strong>e Fläche von<br />

etwa 35 qm auf.<br />

[70] Blick vom Kirchturm der<br />

St.-Marien-Kirche auf das<br />

Rathaus aus dem Jahre 1805<br />

im Stil des Klassizismus<br />

[71] Fundamente e<strong>in</strong>es der<br />

<strong>in</strong>sgesamt vier Vorgängerbauten<br />

des Rathauses unter<br />

dem heutigen Marktplatz<br />

wurden [71]. 123 E<strong>in</strong> Teil der freigelegten Mauerreste war aufgrund des verwendeten<br />

Zementmörtels und -verputzes modern und kann als Keller oder gar als Fäkaliengrube<br />

<strong>in</strong>terpretiert werden. Zudem folgt die parallele Ausrichtung der Mauern dem heutigen<br />

Rathausbau. Interessanter h<strong>in</strong>gegen lassen sich die älteren Fundamente deuten,<br />

die zwar ebenfalls der Rathausausrichtung folgen, jedoch <strong>in</strong> Naturste<strong>in</strong> und Ziegelbruch<br />

im Verbund mit Kalkmörtel aufgemauert waren. E<strong>in</strong> dokumentierter Fundamentstreifen<br />

verlief unter der Rathausrückwand und war <strong>in</strong> diese <strong>in</strong>tegriert. Hier<strong>bei</strong><br />

handelt es sich um e<strong>in</strong>e Verstärkung für e<strong>in</strong>en Stützpfeiler. Im Rathaus<strong>in</strong>neren bef<strong>in</strong>det<br />

sich das Pfeilerpendant, das hier noch Ansätze e<strong>in</strong>es alten Kreuzrippengewölbes<br />

erkennen lässt. Weitere Fundamentreste lagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Abstand von ca. 4,75 m von<br />

der Rathausrückwand entfernt und waren ebenfalls parallel zu dieser ausgerichtet.<br />

Alle älteren Fundamentreste gründen ausschließlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mittelalterlichen Kulturschicht<br />

mit entsprechend harter Grauware. Da die Breite des alten und neuen Rathauses<br />

<strong>in</strong> etwa gleich ist, können die freigelegten älteren Fundamentreste entweder<br />

als Bauteile der Marktmeisterei oder als Überdachung des E<strong>in</strong>gangsgebäudes zum<br />

Ratskeller <strong>in</strong>terpretiert werden.<br />

67


Im Jahre 2001 erfolgte auf dem Rathaush<strong>in</strong>terhof im Zuge von Erdar<strong>bei</strong>ten für neue<br />

Regen- und Schmutzwasserleitungen bis <strong>in</strong> 2 m Tiefe sowie für Hausanschlüsse e<strong>in</strong>e<br />

archäologische Fachaufsicht. 124 Dom<strong>in</strong>ierend waren mehrere Baubefunde, die sich<br />

zwar nicht zu Gebäuden erschließen lassen, aber teils zum Rathaus bzw. Rathausvorgängerbau<br />

gehörten bzw. mit diesen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung standen. Zum<strong>in</strong>dest lässt<br />

sich anhand der Mauerstrukturen, Baureste und E<strong>in</strong>tiefungen e<strong>in</strong>e ältere, dichtere<br />

Bebauung des H<strong>in</strong>terhofes ablesen. Neben den vorhandenen Resten des Rathausfundaments<br />

sowie weiteren Mauerzügen konnten Teile e<strong>in</strong>es Fachwerkhauses<br />

unbekannter Funktion freigelegt werden. In e<strong>in</strong>em Bereich lagen große Feldste<strong>in</strong>e,<br />

die eventuell als Sockel für Ständer dieses Fachwerkhauses dienten. Der Zweck e<strong>in</strong>es<br />

massiven, etwa 1 m breiten Mauerwerks südwestlich des Kellerzugangs bleibt aufgrund<br />

der räumlich begrenzten Untersuchungsfläche unklar. Unter den Mauerresten<br />

fanden sich erwartungsgemäß durchgehend mittelalterliche Kulturschichten, von<br />

denen e<strong>in</strong>ige mit gruben- und pfostenlochartigen Vertiefungen e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Bebauungsphase<br />

aufwiesen. Die Datierung erfolgte über die typisch mittelalterliche<br />

harte Grauware <strong>in</strong>nerhalb der Kulturschichten. Weiterh<strong>in</strong> wurden noch Tierknochen,<br />

wenig Glasreste sowie e<strong>in</strong> Schleifste<strong>in</strong> geborgen.<br />

68<br />

124 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2001:142 (M. Roeder;<br />

ehemals GAD Berl<strong>in</strong>).<br />

[72] Late<strong>in</strong>schule am<br />

Kirchplatz aus dem<br />

16. Jahrhundert


125 Barthel 2000, S. 47; Dehio 2000, S. 78; Plate 2005,<br />

Kap. 5.<br />

126 Hedergott 1932, 19f. 22; Plate 2005, Kap. 8.<br />

127 Hedergott 1932, S. 19f.<br />

Late<strong>in</strong>schule, Am Kirchplatz 10<br />

Am Kirchplatz 10 nördlich der St.-Marien-Kirche befand sich die ehemalige Late<strong>in</strong>schule<br />

[72]. 125 Im Jahre 1595 wird <strong>in</strong> schriftlichen Quellen erstmals e<strong>in</strong> Schulmeister<br />

erwähnt. E<strong>in</strong> neues Schulgebäude wird für die Jahre 1696 sowie 1776/79 an dieser<br />

Stelle verzeichnet. Es handelt sich hier<strong>bei</strong> um e<strong>in</strong>en zweigeschossigen, verputzten<br />

Backste<strong>in</strong>bau mit bis zu 90 cm starken Wänden und e<strong>in</strong>em Walmdach. Das Gebäude<br />

stammt im Kern wohl noch aus dem 16. Jahrhundert mit späteren Veränderungen.<br />

Somit ist dieses Haus das älteste noch existierende Schulgebäude der Stadt <strong>Bernau</strong>,<br />

dessen berühmteste Lehrer oder Schüler Paulus Praetorius (1521-1565) und Georg<br />

Rollenhagen (1542-1609) waren.<br />

Mühlen: Roßmühle, W<strong>in</strong>dmühlen auf dem Mühlenberg,<br />

Wassermühle an der Panke<br />

E<strong>in</strong>e städtische Mühle, die 1548 erbaut wurde, befand sich zum Schroten des Braumalzes<br />

zwischen der Roßstraße und der Brüderstraße. 126 Diese wurde 1610 durch<br />

die städtische Wassermühle südlich der Stadt an der Panke abgelöst. Laut Hedergott<br />

befanden sich zudem auf dem Mühlenberg von alters her sechs W<strong>in</strong>dmühlen, von<br />

denen bis 1719 zwei abgebrochen wurden. Im Jahre 1932 war auf dem Mühlenberg<br />

ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Mühle mehr vorhanden. Die letzte Holländermühle an der Berl<strong>in</strong>er<br />

Chaussee erwarb 1932 die Stadt <strong>Bernau</strong>, um sie als Kulturdenkmal zu erhalten. 127<br />

69


5. Straßen und Plätze,<br />

Grundstücke und Gebäude<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Marktplatz<br />

Der Marktplatz von <strong>Bernau</strong> weist e<strong>in</strong>e rechteckige Form mit Rathaus an der Südseite<br />

etwa <strong>in</strong> der Mitte der Altstadt auf, sche<strong>in</strong>t aber ursprünglich wesentlich größer gewesen<br />

zu se<strong>in</strong>. 128 Seit dem 17. Jahrhundert bef<strong>in</strong>det er sich an der heutigen Stelle. Nach<br />

der Fertigstellung des Neubaus des Rathauses im Jahre 1805 im Süden sowie nach<br />

der Bebauung der gegenüberliegenden Platzseite im Norden erhielt er se<strong>in</strong>e jetzige<br />

Größe.<br />

Die Verlegung e<strong>in</strong>er Abwassertrasse im September 1992 parallel zur Nordseite des<br />

Rathauses und unmittelbar vor der Freitreppe auf dem Platz ermöglichte e<strong>in</strong>en<br />

begrenzten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die ältere Bebauungssituation des Marktplatzes [73]. 129<br />

Bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von ca. 2,20 m verliefen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e lehmige Schicht e<strong>in</strong>gebettet,<br />

mehrere Feldste<strong>in</strong>fundamente des Rathaus-Vorgängerbaus mit e<strong>in</strong>em angelehnten<br />

Ziegelmauerwerk aus klosterformatigen Ziegeln parallel und im rechten W<strong>in</strong>kel zum<br />

jetzigen Bauwerk. Im Ziegelmauerwerk befanden sich e<strong>in</strong>ige eiserne Anker und Ösen.<br />

Vermutlich handelt es sich hier<strong>bei</strong> nach Auskunft des Ausgräbers B. Eccarius um die<br />

Kellerfundamente des Vorgängerbaus. Somit erstreckte sich der ältere Rathausbau<br />

wohl weiter <strong>in</strong> nördliche Richtung des jetzigen Marktplatzes, wogegen der alte Marktplatz<br />

eher <strong>in</strong> Höhe des jetzigen Rathaus<strong>in</strong>nenhofes anzusiedeln sei.<br />

70<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Marktplatz [1992]<br />

- Marktplatz 1 [1992]<br />

Standort:<br />

- Markt 3 und 5<br />

128 Städtebuch Brandenburg und Berl<strong>in</strong> 2000, S. 41;<br />

Dehio 2000, S. 77; Plate 2005, Kap. 2.1.<br />

129 BLDAM-Grabungskurzbericht <strong>Bernau</strong>, Markt –<br />

Rathausportal von 1992 (Grabungsleiter: B. Eccarius/<br />

Museumsdirektor). Hr. Eccarius gab freundlicherweise<br />

die Fotos zur weiteren Verwendung frei.


130 BLDAM-Grabungskurzbericht (J. Häser/ehemals<br />

Fa. Strackenbrock & Urban).<br />

[73] Marktplatz mit dem<br />

Rathaus und den Gebäuden<br />

Marktplatz 1, 3 und 5<br />

Marktplatz 1 (ehemaliges „Raumsches Haus“)<br />

Die begleitende archäologische Untersuchung des Neubaus e<strong>in</strong>es Wohn- und<br />

Geschäftshauses der Dresdner Bank am Marktplatz 1 gestaltete sich aufgrund der<br />

Vorgeschichte des Grundstücks schwierig. 130 Die frühere Bebauung e<strong>in</strong>schließlich<br />

der gesamten Hofbebauung wurde bereits 1958 flächendeckend abgerissen und<br />

die Keller anschließend verfüllt. Aufgrund der Instabilität des Baugrundes wurde<br />

für den Neubau e<strong>in</strong> Oberflächenabtrag bis etwa 50 cm Tiefe und anschließend e<strong>in</strong>e<br />

Pfahlgründung durchgeführt. Für e<strong>in</strong>en Versorgungskeller und den Fahrstuhlschacht<br />

wurde e<strong>in</strong>e 6 m x 8 m messende Baugrube ausgehoben, so dass hier bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tiefe<br />

von etwa 2,50 m die älteren Schichten e<strong>in</strong>sehbar waren. Zwei ganz unterschiedliche<br />

Nutzungsperioden charakterisieren dieses Grundstück: Die 1. Periode umfasst die<br />

Nutzung als Friedhofsgelände der sich nördlich anschließenden St.-Marien-Kirche aus<br />

der Zeit nach 1280. Immerh<strong>in</strong> 29 Grabgruben mit typisch West-Ost-ausgerichteten<br />

Bestattungen <strong>in</strong> Holzsärgen mit Sarggriffen sowie <strong>in</strong> e<strong>in</strong> bis zu drei Lagen übere<strong>in</strong>ander<br />

ließen sich noch fast ungestört bergen. Der darüber bef<strong>in</strong>dliche, etwa 1 m mächtige<br />

Horizont war <strong>in</strong>tensiv mit extrem stark gestörten Bestattungen belastet. Gründe<br />

hierfür waren Störungen durch die letzten Beisetzungen bis zum Ende des 16. Jahr-<br />

71


hunderts als auch die nachfolgenden Bauaktivitäten des 17.-20. Jahrhunderts. Nach<br />

Auskunft von Herrn Eccarius, der im Jahre 1992 Baumaßnahmen <strong>in</strong> diesem Abschnitt<br />

begleitete, erstreckte sich der Friedhof <strong>in</strong> etwa Höhe des heutigen Bürgersteigs auf<br />

der Nordseite des Marktplatzes und war durch e<strong>in</strong>en nachweislichen Graben als<br />

solcher klar vom öffentlichen Markt abgegrenzt. Die 2. Periode h<strong>in</strong>gegen setzte zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des 17. Jahrhunderts mit der Errichtung des zentral gelegenen Hauses auf der<br />

dem Marktplatz zugewandten Seite e<strong>in</strong>, das jedoch urkundlich nachweisbar bereits<br />

1630 abbrannte. Zwanzig Jahre später – im Jahre 1650 – wurde an dieser exponierten<br />

Stelle wieder e<strong>in</strong> neues Gebäude errichtet, das wiederum im 19. Jahrhundert vor allem<br />

an der Süd- und Westfassade stark umgebaut wurde. Archäologisch konnten die<br />

Oberkanten der Kellerräume so weit erfasst werden, dass der Kellergrundriss ermittelt<br />

werden konnte. E<strong>in</strong> älterer Kellerraum des ersten Gebäudes wurde <strong>in</strong> die Südfassade<br />

des 1650 errichteten Hauses <strong>in</strong>tegriert. Laut der Wernicke-Chronik wurde der zur<br />

Kirche gelegene Bereich <strong>in</strong> den Jahren 1764 bzw. 1790 dem Grundstück durch Ankauf<br />

h<strong>in</strong>zugefügt. Aus e<strong>in</strong>er hier bef<strong>in</strong>dlichen, zu Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrhunderts geschlossenen<br />

Latr<strong>in</strong>e stammen Keramik und Gläser des 17./18. Jahrhunderts. Die Kellermauern<br />

auf der Nord-West-Seite s<strong>in</strong>d Bestandteil e<strong>in</strong>es klassizistischen Seitengebäudes, die<br />

Fundamentmauern auf der Nord-Ost-Seite gehören zu e<strong>in</strong>em weiteren Seitengebäude<br />

aus dem 19. Jahrhundert.<br />

Marktplatz 3 und 5 (Hakenbuden)<br />

An der Nordseite des Marktes vor der Kirchhofsmauer und gegenüber vom Rathaus<br />

werden die sogenannten „Hakenbuden“ erwähnt, wo<strong>bei</strong> die Eigentümer dieser<br />

Grundstücke ihre Parzellen um 1764 nach Norden erweitern konnten. Laut Hedergott<br />

wurden die alten Hakenbuden am Marktplatz vom Stadtbrand im Jahre 1483<br />

verschont und wurden im Jahre 1593 im Verzeichnis der „Haakenwaren“ erwähnt. 131<br />

Heute stehen an dieser Stelle die um 1890 erbauten repräsentativen und schmuckreichen<br />

Gebäude Markt 3 und 5 aus der Gründerzeit, deren Fassaden Elemente<br />

unterschiedlicher Architekturperioden aufweisen [74-76]. Auftraggeber für diese<br />

exponierten Gebäude am Marktplatz war die wohlhabende <strong>Bernau</strong>er Kaufmannsfamilie<br />

Thiede. Bei Restaurierungsar<strong>bei</strong>ten <strong>in</strong> den Jahren 1999-2000 wurde u. a. das<br />

72<br />

131 Hedergott 1932, S. 18ff.; Plate 2005, Kap. 2.3.<br />

Anmerkung:<br />

Hakenbuden – ehemalige Handels- und Lagerhäuser.<br />

Im Volksmund werden die Hakenbuden auch „Hökerbuden“<br />

genannt. In ihnen präsentierten und verkauften<br />

die Handwerker ihre Waren.<br />

132 Hedergott 1932, S. 23. 27; Plate 2005, Kap. 9


[74-76] Markt 3 und 5 mit<br />

der rekonstruierten Wanduhr<br />

und dem wiederentdeckten<br />

Rosettenfenster<br />

Rosettenfenster über der E<strong>in</strong>gangstür Markt 5 entdeckt sowie die verloren gegangene<br />

Wanduhr am Markt 3 nach ihrem historischen Vorbild wiederhergestellt. Ob sich<br />

hier auch die e<strong>in</strong>st im Jahre 1570 erwähnte, vom Rat der Stadt <strong>Bernau</strong> unterhaltene<br />

öffentliche Badestube befand, bleibt unklar.<br />

Richtplatz<br />

Laut Hedergott fanden H<strong>in</strong>richtungen und Verscharrungen auf dem Galgenberg, der<br />

als Richtstätte erst nach dem 30jährigen Krieg benutzt wurde, bis <strong>in</strong>s 18. Jahrhundert<br />

statt. Der später abgetragene Berg befand sich vor dem ehemaligen Berl<strong>in</strong>er Tor. Auf<br />

ihm stand e<strong>in</strong> Galgen, an dem das große Richtrad angebracht war, das sich jetzt im<br />

Museum der Stadt <strong>Bernau</strong> – dem Henkerhaus – bef<strong>in</strong>det. Das Rädern wurde im Ausgang<br />

des 18. Jahrhunderts zum letzten Male an e<strong>in</strong>em alten Mann vollzogen. 132<br />

73


<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Am Henkerhaus<br />

Die Sanierungs- und Renovierungsar<strong>bei</strong>ten des im 17. Jahrhundert als Fachwerkhaus<br />

errichteten und unmittelbar an der Stadtmauer und dem ehemaligen Mühlentor gelegenen<br />

Henkerhauses erfolgten <strong>in</strong> den Jahren 1996 und 1997 unter archäologischer<br />

Aufsicht [77]. 133 Bis <strong>in</strong>s 19. Jahrhundert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> diente dieses Gebäude am nördlichen<br />

Rand der Altstadt als Wohnhaus des städtischen Henkers. Im Innenraum konnten<br />

nach dem Entfernen des modernen Fußbodens 1996 Reste verschiedener älterer<br />

Fußböden aus Lehm, Ziegelste<strong>in</strong>en sowie Feldste<strong>in</strong>pflaster festgestellt werden. An der<br />

Südseite des Hauses wurden Reste e<strong>in</strong>er zweiphasigen Herdstelle sowie an der Nordseite<br />

e<strong>in</strong> aus Ziegeln gemauerter und <strong>in</strong>nen verputzter Schacht dokumentiert. Aus<br />

diesen genannten Befunden wurden besonders Keramikfragmente von frühneuzeitlicher<br />

glasierter Irdenware, aber auch vere<strong>in</strong>zelt von mittelalterlicher harter Grauware<br />

aufgelesen. Neben Glasflaschen und e<strong>in</strong>em Fragment e<strong>in</strong>es Gußtiegels traten größere<br />

Mengen Tierknochen zutage, deren Spektrum die E<strong>in</strong>ordnung als Koch- und Essstelle<br />

des Gebäudes unterstützt. Im Jahre 1997 zeigten sich im Nordraum des Erdgeschosses<br />

nach der Entfernung der alten Fußbodendielung und deren Unterbau 15 relevante<br />

Befunde. Drei Mauerzüge bzw. Fundamente offenbarten sich als Bestandteil der<br />

spätmittelalterlichen Stadtmauer mit Lughaus. Fünf weitere Baubefunde gehören zur<br />

aufgehenden Bausubstanz des Henkerhauses. Ferner konnte e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer Kellerraum<br />

erfasst werden, der im 19. Jahrhundert aufgegeben und anschließend verfüllt wurde.<br />

Aus der Kellerverfüllung stammen u. a. drei Glasmarken der Glashütten Globsow und<br />

Annenwalde aus dem 18. Jahrhundert sowie Keramik, unbear<strong>bei</strong>tete und bear<strong>bei</strong>tete<br />

Tierknochen, Glas sowie Metall aus Kupfer und Eisen.<br />

74<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Am Henkerhaus [1996-1997]<br />

- Hohe Ste<strong>in</strong>straße [2005]<br />

- Hohe Ste<strong>in</strong>straße 16 [1983]<br />

- Kirchgasse 3-5 [2009]<br />

133 BLDAM-Grabungskurzbericht (A. Wichgers/<br />

ehemals Fa. LAND); BLDAM-Grabungskurzbericht<br />

BAO 1997 : BAR 1801 (H. Kretzschmann/ehemals<br />

Fa. Strackenbrock & Urban).<br />

[77] Henkerhaus, heute<br />

Museum <strong>Bernau</strong>, ursprünglich<br />

e<strong>in</strong> Fachwerkbau aus<br />

dem 17. Jahrhundert


134 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2005: 3<br />

(M. Escobedo/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

Hohe Ste<strong>in</strong>straße zwischen Kirchgasse und Mühlenstraße<br />

Die Kontrolle der Sanierung bzw. Neuverlegung der Tr<strong>in</strong>kwasserleitung mit Anb<strong>in</strong>dung<br />

der Hausanschlüsse entlang der Hohe Ste<strong>in</strong>straße zwischen der Kirchgasse und<br />

der Mühlenstraße – teilweise entlang des Innenweges der Stadtmauer – erfolgte im<br />

Jahre 2005 über e<strong>in</strong>e Länge von ca. 160 m, e<strong>in</strong>e Breite von ca. 80 cm und e<strong>in</strong>er Tiefe<br />

von ca. 1,70 m. Auftraggeber waren der Wasser- und Abwasserverband „Panke/F<strong>in</strong>ow“<br />

und die Stadtwerke <strong>Bernau</strong>. 134 Das untersuchte Gelände ist relativ uneben und weist<br />

e<strong>in</strong>e Anhebung <strong>in</strong> nordöstliche Richtung zwischen 71,87 m und 72,60 m DHHN auf.<br />

Innerhalb der gesamten Untersuchungsfläche konnten acht mittelalterliche bis frühneuzeitliche<br />

Befundkomplexe dokumentiert werden. Durchgehend zeigten sich zwei<br />

Kulturhorizonte. Der erste Kulturhorizont mit e<strong>in</strong>er nachgewiesenen Bauaktivität<br />

ist <strong>in</strong> das Spätmittelalter bzw. <strong>in</strong> die frühe Neuzeit zu setzen. Hier kamen zahlreiche<br />

Grauwarefragmente, Tierknochen und e<strong>in</strong>ige Metallobjekte zu Tage. Die Schicht<br />

datiert <strong>in</strong> das späte Mittelalter bzw. die frühe Neuzeit und steht <strong>in</strong> direktem Zusammenhang<br />

mit der Stadtmauer. Unterhalb der ersten Kulturschicht erstreckte sich der<br />

Rest e<strong>in</strong>er Grabenverfüllung, die auf den südlich angrenzenden, <strong>in</strong>neren Stadtmauerbereich<br />

zuläuft. Die ursprüngliche Breite und Tiefe konnte nicht festgestellt werden.<br />

E<strong>in</strong> zweiter mittelalterlicher Kulturhorizont ließ sich darunter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von<br />

ca. 1,50 m erkennen. Dieser enthielt verbrannte Tierknochen und Grauwarefragmente<br />

mit organischen Resten auf der Innenfläche. E<strong>in</strong> Mauerfundament konnte nur im<br />

Profil aufgenommen werden und bestand aus e<strong>in</strong>zelnen großen und mittelgroßen<br />

Feldste<strong>in</strong>en. Entlang des gesamten Schachts wurde der Rest e<strong>in</strong>es verfüllten Grabens<br />

dokumentiert, der auf den südlich angrenzenden Stadtmauerbereich zuläuft. Se<strong>in</strong>e<br />

ursprüngliche Breite und Tiefe konnte im Rahmen der Baubegleitung nicht ergraben<br />

werden. Innerhalb der Verfüllung fanden sich zahlreiche Grauwarefragmente,<br />

kalz<strong>in</strong>ierte Tierknochen und Metallobjekte. Offensichtlich diente dieser Graben<br />

ursprünglich als Entwässerungsgraben, der bereits während der Zeit der zweiten<br />

spätmittelalterlichen/frühneuzeitlichen Kulturschicht nicht mehr <strong>in</strong> Funktion war.<br />

Im Anschluss an die o. g. Maßnahme folgte im Jahre 2005 die Sanierung der Regenund<br />

Schmutzwasserleitung mit Anb<strong>in</strong>dung der Hausanschlüsse entlang der Hohe<br />

75


Ste<strong>in</strong>straße zwischen Kirchgasse und Mühlenstraße unter archäologischer Aufsicht<br />

im Auftrag der Stadt über e<strong>in</strong>e Länge von ca. 170 m, e<strong>in</strong>e Breite von ca. 1,20 m und<br />

e<strong>in</strong>er Tiefe von ca. 1,70 m. 135 Anhand der stratigraphischen Auswertung sowie des<br />

vorhandenen Fundmaterials ließen sich etwa 20 spätmittelalterliche und frühneuzeitliche<br />

Komplexe – Baubefunde, Gruben und Kulturschichten – beobachten. An<br />

Baubefunden lassen sich die Reste e<strong>in</strong>es südwestlich-nordöstlich ausgerichteten<br />

Mauerfundaments aus Feldste<strong>in</strong>en registrieren, die sich <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er spätmittelalterlichen<br />

Kulturschicht erstreckten. Im untersten Bereich dieser Kulturschicht trat<br />

der Rest e<strong>in</strong>es zweiten, immerh<strong>in</strong> etwa 24 m langen Feldste<strong>in</strong>fundaments zu Tage.<br />

In e<strong>in</strong>igen Bereichen zieht dieses Mauerwerk <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zweite, ältere Kulturschicht<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Dieser Befund entspricht e<strong>in</strong>er früheren Konstruktionsphase <strong>in</strong>nerhalb des<br />

mittelalterlichen Kontexts. Der Rest e<strong>in</strong>er dritten, vermörtelten Feldste<strong>in</strong>mauer<br />

konnte im Profil lokalisiert werden. Die 6-lagige, wiederum südwestlich-nordöstlich<br />

ausgerichtete Mauer bestand aus großen und mittelgroßen Feldste<strong>in</strong>en und war mit<br />

kle<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong>en und Ziegelbruch verfugt. Aus dem Befund konnten ausschließlich<br />

mittelalterliche Grauwarefragmente geborgen werden. Zudem konnte e<strong>in</strong> verfüllter<br />

Feldste<strong>in</strong>keller aus großen und mittelgroßen Feldste<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gemessen werden, der<br />

sich <strong>in</strong> Zusammenhang mit e<strong>in</strong>er davor liegenden Pflasterung im Mörtelverbund zeigte.<br />

Die Verfüllung bestand aus Bauschutt mit Ziegelbruch, Mörtelresten, Porzellan,<br />

Ofenkacheln sowie neuzeitlichen Keramikfragmenten. Relativ chronologisch steht dieser<br />

Keller wahrsche<strong>in</strong>lich mit e<strong>in</strong>er frühneuzeitlichen bis neuzeitlichen Bauaktivität<br />

<strong>in</strong> Beziehung. Zuletzt konnten die vermörtelten frühneuzeitlichen Fundamentreste<br />

der ehemaligen Häuser Hohe Ste<strong>in</strong>straße Nr. 44 und 46 identifiziert werden, die <strong>bei</strong>de<br />

1970 abgerissen wurden und e<strong>in</strong>e weite Lücke im historischen Altbestand h<strong>in</strong>terließen.<br />

Besonders im Bereich des damaligen Hauses Nr. 44 wurden Teile e<strong>in</strong>es Kellergewölbes<br />

mit großen Feldste<strong>in</strong>en und rezenten Ziegeln vermauert. Vermutlich wurden<br />

hier ältere Mauerzüge von Vorgängerbauten bzw. ältere Bauelemente <strong>in</strong> den Hausbau<br />

mit e<strong>in</strong>bezogen. Im Bereich der Stadtmauer wurde im Abstand von e<strong>in</strong>em Meter<br />

e<strong>in</strong> Brunnen festgestellt, der – obertägig nicht mehr sichtbar – mit e<strong>in</strong>er Metallplatte<br />

abgedeckt war. Der runde, aus Feldste<strong>in</strong>en errichtete Brunnenkranz hat e<strong>in</strong>en<br />

Durchmesser von 2,50 m und erreicht e<strong>in</strong>e Tiefe von 7 m, dem aktuellen Niveau des<br />

Grundwasserspiegels [78-79]. E<strong>in</strong> Pumpkörper mit Pumpenschwengel aus Kiefernholz<br />

76<br />

135 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2005: 43<br />

(M. Escobedo/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).


[78-79] Brunnenfund <strong>in</strong> der<br />

Hohen Ste<strong>in</strong>straße<br />

wurde durch das Deutsche Archäologische Institut Berl<strong>in</strong> dendrochronologisch mit<br />

dem Fälldatum um 1900 bestimmt [80-81]. Ob der Brunnen bereits <strong>in</strong>s Mittelalter<br />

und <strong>in</strong> Zusammenhang mit der Stadtbefestigung zu setzen ist, konnte nicht geklärt<br />

werden, ist jedoch aufgrund der Lage zur Stadtmauer und der Bauweise denkbar. Die<br />

weiteren Befundkomplexe umfassen mittelalterliche Siedlungs-, Haus- und Abfallgruben<br />

sowie Kulturhorizonte. E<strong>in</strong>e Pfostengrube vertiefte <strong>in</strong> den anstehenden Boden<br />

und war mit dunkelbraunem Sand, Holzkohleresten und mit kle<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong>en verfüllt.<br />

E<strong>in</strong>e Siedlungsgrube enthielt viele Kohlereste, Ste<strong>in</strong>e, Tierknochen und Grauwarefragmente.<br />

Beide Befunde stehen <strong>in</strong> Relation zur ältesten mittelalterlichen Kulturschicht,<br />

die von e<strong>in</strong>er massiven lehmigen Verfüllung besonders im Bereich der Stadtmauer<br />

überlagert wurde und sich somit von der jüngeren Kulturschicht deutlich trennt.<br />

Diese jüngere, spätmittelalterliche Kulturschicht zeigte sich als e<strong>in</strong>e braune, lehmige<br />

regelmäßige feste Schicht, die eventuell auch als Wegehorizont angesprochen werden<br />

kann. Das Fundmaterial stellte sich <strong>in</strong> Form von zahlreichen Grauwarefragmenten,<br />

d. h. über 260 Teile und e<strong>in</strong>igen Metallobjekten dar. E<strong>in</strong>ige dieser Grauwarefragmente<br />

gehören zu gehenkelten Kugeltöpfen, Kochtöpfen und Bechern aus dem 14.-15. Jahrhundert.<br />

Das Keramikfundspektrum war <strong>in</strong> Vergesellschaftung mit über 100 Tierknochenfragmenten,<br />

darunter Unter- und Oberkieferfragmente, Schafzähne, Wildschwe<strong>in</strong>zähne<br />

und Hornzapfenfragmente, des Weiteren Metallobjekte wie Eisen-<br />

77


nägel, Kupfer- und Eisenobjekte, Nonnenziegelfragmente, Fachwerkwandfragmente<br />

mit Abdrücken und Lederfragmente. Der ältere, mittelalterliche Kulturhorizont zeigte<br />

sich als e<strong>in</strong>e durchlaufende Kulturschicht aus dunkelbraunem Sand mit Holzkohleresten,<br />

Holzstücken, lehmigen Anteilen, zahlreichen Tierknochen und Keramikframenten<br />

sowie starken Brandspuren im obersten Bereich. Dieser Horizont verlief <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Tiefe von ca. 1,40 m unter der Geländeoberkante. Neben den typischen Grauwarefragmenten<br />

kamen auch Tierknochenfragmente und e<strong>in</strong> Bronzeobjekt zu Tage. Unter<br />

den Lesefunden ragt <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong> Mühlste<strong>in</strong>fragment mit Ritzverzierung hervor.<br />

Hohe Ste<strong>in</strong>straße 16<br />

Nach der E<strong>in</strong>planierung e<strong>in</strong>iger Altstadthäuser zwischen der Stadtmauer und der<br />

Hohen Ste<strong>in</strong>straße 16 konnte im Jahre 1983 der bisher e<strong>in</strong>zige bekannte frühneuzeitliche<br />

Münzschatzfund im Stadtkerngebiet <strong>Bernau</strong>s geborgen werden. 136 Nachdem<br />

die ersten zwei Münzen durch e<strong>in</strong>en Schüler am 2. Juni 1983 an e<strong>in</strong>em Wandertag<br />

gefunden und gemeldet wurden, erfolgte im Anschluss am 3. Juni 1983 e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive<br />

78<br />

136 BLDAM-Ortsakten Fundstelle <strong>Bernau</strong> 3/14.<br />

[80-81] Pumpenstock der<br />

alten Brunnenanlage


137 Verbleib: BLMUF, Inv.-Nr. 1995-591; Quelle:<br />

Schauer, B. (Fundliste); BLMUF. OA <strong>Bernau</strong>, Fpl. 3;<br />

Fotos: R. Zumpe/bearb. G. Bethmann.<br />

138 Vs.: Vorderseite der Münze (Avers); Rs.: Rückseite<br />

der Münze (Revers).<br />

[82] Münzschatzfund mit<br />

<strong>in</strong>sgesamt 25 Münzen aus<br />

dem 14.-17. Jahrhundert<br />

Folgende Münzstätten bzw. Prägeorte lassen<br />

sich u. a. ablesen:<br />

Brandenburg, Georg Wilhelm – Kurfürst und<br />

Markgraf von Brandenburg und Herzog von<br />

Preußen 1619-1640, Münzstätte Cölln an der<br />

Spree, Sechsgröscher o. J. (um 1622) (Vs.) 138<br />

Sachsen, Johann Georg I., Kurfürst von<br />

Sachsen 1611-1656, Münzstätte Dresden,<br />

Groschen 1624 (Vs.)<br />

Sachsen, Johann Georg I., Kurfürst von<br />

Sachsen 1611-1656, Münzstätte Dresden,<br />

Groschen 1629 (Rs.)<br />

Holste<strong>in</strong>-Schaumburg, Adolf XIII., Graf von<br />

Holste<strong>in</strong> und Herzog von Schleswig 1427-1459,<br />

Münzstätte Altona, Groschen 1597 (Vs.)<br />

Holste<strong>in</strong>-Schaumburg, Adolf XIII., Graf von<br />

Holste<strong>in</strong> und Herzog von Schleswig 1427-1459,<br />

Münzstätte Altona, Groschen 1600 (Rs.)<br />

Stephanspfennig, ohne Jahr, Halberstadt<br />

Absuchung des Geländes durch Fachkollegen. Hier<strong>bei</strong> wurden <strong>in</strong>sgesamt 25 Münzen<br />

geborgen, die derzeit im Archäologischen Landesmuseum Brandenburg im Paulikloster<br />

ausgestellt s<strong>in</strong>d. Neben neun guten Groschen, fünf Dreiern und e<strong>in</strong>em guten<br />

Zweier enhielt der Fund auch zehn e<strong>in</strong>fache Kippermünzen (1 Sechsgröscher,<br />

6 Dreigröscher, 1 Groschen) als Nom<strong>in</strong>ale [82]. 137 Die älteste Münze ist e<strong>in</strong> Prager<br />

Groschen der Prägezeit von 1310-1346, die jüngste Münze und somit die Schlussmünze<br />

ist e<strong>in</strong> Dresdner Groschen von 1629.<br />

79


Kirchgasse 3-5<br />

Die geplante Neubebauung der Kirchgasse / Ecke Hohe Ste<strong>in</strong>straße im Jahr 2009<br />

durch den Vere<strong>in</strong> Hoffnungstal e.V. ermöglichte e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die mittelalterliche<br />

und frühneuzeitliche Bebauungs- und Nutzungsgeschichte dreier städtischer<br />

Parzellen <strong>in</strong> der Kirchgasse 3 und 5. 139 Die Befunde spiegeln die kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Wohnnutzung der Stadtparzellen vom 13. bis zum 20. Jahrhundert wider. Bis <strong>in</strong> die<br />

Mitte der 1980er Jahre befanden sich hier drei Wohngebäude mit Nebenbauten, die<br />

bis zur Geländeoberkante abgerissen und die Keller verfüllt wurden. Aufgrund der<br />

umfangreichen Befunderhaltung wurde von e<strong>in</strong>em geplanten Komplettaustausch<br />

für die Gründungsplanung zugunsten e<strong>in</strong>er Punktfundamentierung abgesehen. Es<br />

konnten zahlreiche bauliche Überreste wie Feldste<strong>in</strong>fundamente der Wohnbebauung,<br />

Parzellengrenzen sowie vier Keller, welche zum Teil noch bis <strong>in</strong>s 20. Jahrhundert<br />

benutzt wurden, freigelegt werden. Im Hofbereich wurden zahlreiche Fundamente<br />

von Nebengebäuden dokumentiert. Die meisten Gebäudereste stammen <strong>in</strong> ihren<br />

Grundstrukturen aus dem 18. Jahrhundert mit weiterführenden Veränderungen bis<br />

<strong>in</strong>s 20. Jahrhundert. E<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>keller sowie mehrere Pfosten und Gruben im Hofbereich<br />

können e<strong>in</strong>er älteren Bauphase des 16./17. Jahrhunderts zugeordnet werden. In das<br />

Spätmittelalter und <strong>in</strong> die Stadtgründungsphase konnten e<strong>in</strong>ige wenige Gruben und<br />

Pfosten sowie zwei Keller und e<strong>in</strong> Brunnen datiert werden.<br />

Von den Funden s<strong>in</strong>d neben der großen Zahl an Keramikscherben vom Mittelalter bis<br />

zur Frühen Neuzeit folgende Objekte hervorzuheben: Blatt- und Schüsselofenkacheln,<br />

e<strong>in</strong> Feuerste<strong>in</strong> als Zündmechanismus e<strong>in</strong>er Feuerwaffe mit Ste<strong>in</strong>schloss, mittelalterliche<br />

Formziegel z. T. mit gotischem Bauschmuck, e<strong>in</strong>e Silbermünze, e<strong>in</strong> Sp<strong>in</strong>nwirtel<br />

und Scherben von importiertem, mit Wellenfuß versehenem Ste<strong>in</strong>zeug aus dem<br />

Mittelalter sowie dessen Kopie aus e<strong>in</strong>heimischer Harter Grauware.<br />

80<br />

[83] Blick vom Kirchturm der<br />

St.-Marien-Kirche auf die<br />

Ecke Hohe Ste<strong>in</strong>straße /<br />

Kirchgasse mit dem Neubau<br />

Kirchgasee 3-5


139 BLDAM-Grabungskurzbericht UBO 2009: 74<br />

(Th. Hauptmann/Fa. BAB).<br />

140 BLDAM-Grabungskurzbericht BAO 1997: BAR<br />

190/191 (H. Kretzschmann/ehemals Fa. Strackenbrock<br />

& Urban).<br />

141 Wernicke 1992, 43.<br />

142 Bügel 1993, 44.<br />

143 Wittkopp 2000, 122.<br />

144 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2006, 95<br />

(K. Grüneberg/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

[84] Spätmittelalterlicher<br />

Graben <strong>in</strong> der Grünstraße<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Mühlenstraße und Grünstraße<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Mühlenstraße [1997/1999]<br />

- Grünstraße [2006]<br />

Während der Straßensanierung im Jahre 1997 <strong>in</strong> der Mühlenstraße zwischen der<br />

Hohen Ste<strong>in</strong>straße und Grünstraße konnten die Reste der 1785 abgerissenen Kirchhofmauer<br />

der St.-Marien-Kirche hier nun nicht mehr festgestellt werden. 140 Die<br />

Grünstraße bef<strong>in</strong>det sich im Nordwesten der Altstadt, verläuft von West nach Ost,<br />

vom Pulverturm bis zur St.-Marien-Kirche und stößt dort auf die Mühlenstraße, die <strong>in</strong><br />

Richtung Norden zum ehemaligen Mühlentor abzweigt. „Die Grünstraße, ca. 160 m<br />

lang und ca. 5,80-7,40 resp. 10-13,45 mtr. breit, erstreckt sich von der Stadtmauer<br />

resp. dem Rundturm (Pulverturm) <strong>in</strong> östlicher Richtung bis zum Kirchplatze.“ 141<br />

Insgesamt 15 Hausstellen lassen sich zur Jahrhundertwende feststellen: sieben<br />

Handwerker und e<strong>in</strong> Kaufmann auf der südlichen Seite, zehn Anlieger, davon sechs<br />

Ackerbürger, sieben mit Braurecht auf der nördlichen Seite. 142 Die Straßenbebauung<br />

wurde <strong>in</strong> den 1970/1980er Jahren durch den großflächigen Abriss aus dem Stadtbild<br />

ausradiert.<br />

Bei den nachfolgenden Untersuchungen im Jahre 1999 <strong>in</strong> der Mühlenstraße wie<br />

auch <strong>in</strong> der nördlichen Kirchgasse wurden gegenüber der heutigen Straßenflucht<br />

verschobene ältere Bebauungsreste und Brunnen erfasst. 143 Im Jahr 2006 wurden<br />

die Leitungstrassen <strong>in</strong> der Grünstraße neu verlegt sowie die Mühlenstraße unter<br />

archäologischer Begleitung grundhaft ausgebaut. 144 Die Grabungsergebnisse der<br />

jüngsten Grabung bestätigen die bisherigen dokumentierten Befunde. Da<strong>bei</strong><br />

konnten <strong>in</strong> der Grünstraße noch spätmittelalterliche Wegehorizonte, Kultur- und<br />

Planierschichten, mehrere Siedlungsgruben, Pfostenlöcher und e<strong>in</strong> Abflussgraben<br />

festgestellt werden.<br />

81


Über dem anstehenden Sand lag e<strong>in</strong> spätmittelalterlicher Wegehorizont mit e<strong>in</strong>er<br />

dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>getieften Siedlungsgrube und Pfostengrube auf, der wiederum durch e<strong>in</strong>e<br />

Geländeplanierung überdeckt wurde. Beide genannten Schichten wurden durch e<strong>in</strong>en<br />

südwestlich-nordöstlich verlaufenden und somit den mittelalterlichen Weg parallel<br />

begleitenden trichterförmigen Graben geschnitten [84]. Der Graben war bis 1 m breit,<br />

etwa 80 cm tief und mit Holzkohle, Brandlehm, Ste<strong>in</strong>en, Fischschuppen, Tierknochen<br />

sowie harter Grauware verfüllt. Schließlich waren der Graben und die Planierung mit<br />

e<strong>in</strong>er Kulturschicht und e<strong>in</strong>er dünnen Schicht mit Brandrückständen im Laufe der Zeit<br />

bedeckt worden. Diese schmale Brandschicht ist vermutlich mit kle<strong>in</strong>eren Bränden<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen, nicht aber mit den flächigen katastrophalen Stadtbränden<br />

von 1404 oder 1483. E<strong>in</strong>e weitere jüngere, spätmittelalterliche Kulturschicht überlagert<br />

diese Brandschicht, oberhalb folgen frühneuzeitlich/neuzeitliche Auffüllschichten.<br />

Ab e<strong>in</strong>er Tiefe von ca. 1 m fanden sich m<strong>in</strong>destens fünf Kellerreste, die vorwiegend<br />

der oben angeführten Wohnhausbebauung bis um 1900 zuzuschreiben s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong> gut erhaltener Feldste<strong>in</strong>keller enthielt e<strong>in</strong>en sekundär verwendeten Sandste<strong>in</strong> mit<br />

auf dem Kopf stehenden Ritzungen, der im unteren Teil der südwestlich verlaufenden<br />

Quermauer im Verband mit Feldste<strong>in</strong>en verbaut war. E<strong>in</strong> Kohleabdruck ergab vermutlich<br />

die Jahreszahl 1461 und ermöglicht e<strong>in</strong>e Datierung des Kellers post quem (nach<br />

diesem Zeitpunkt) [85-87]. Auch wenn der Zeitpunkt des Kellerbaus unklar bleibt, so<br />

82<br />

[85] Kellerfundamente <strong>in</strong><br />

der Grünstraße<br />

[86-87] Feldste<strong>in</strong> (Bild<br />

um 180° gedreht) mit der<br />

Ritzung 1461, sichtbar mit<br />

Hilfe e<strong>in</strong>es Kohleabdrucks


145 Wernicke 1992, 42.<br />

146 Bügel 1993, 57.<br />

147 Wernicke 1992, 66.<br />

[88-89] Hausfundament<br />

und Reste e<strong>in</strong>es Feldste<strong>in</strong>-<br />

brunnens <strong>in</strong> der Mühlenstraße<br />

war er archäologisch nachweisbar bis <strong>in</strong> die Neuzeit noch <strong>in</strong> Gebrauch, was zusätzlich<br />

durch neuzeitliche Fensterschließen am Kellerfenster unterstrichen wird.<br />

In der Mühlenstraße ließen sich unterhalb verschiedener frühneuzeitlich/neuzeitlicher<br />

Auffüll- und Abrissschichten sechs frühneuzeitliche Hausfundamente und<br />

e<strong>in</strong> nicht näher datierbarer Feldste<strong>in</strong>brunnen erfassen. Der Bereich des ehemaligen<br />

Standortes des Mühlentors wurde <strong>bei</strong> den Baumaßnahmen nicht tangiert.<br />

Wernicke schreibt <strong>in</strong> der <strong>Bernau</strong>-Chronik: „Die Mühlenstraße ist ca. 112 m lang und<br />

ca. 8,50 bis 17,10 m breit, führt von der Bürgermeisterstraße resp. Grünstraße <strong>in</strong> nordwestlicher<br />

Richtung an dem rechts belegenen Kirchplatze und der Hoheste<strong>in</strong>straße<br />

vorüber bis zu dem Mühlentor ....“. 145 Die Hausbesitzer waren von Beruf Barbier,<br />

Heilgehilfe, Restaurateur (Gastwirt), Mühlen-, Tischler- und Klempnermeister sowie<br />

Zigarrenmacher. 146 Konkret erfasst werden konnten die im Jahre 1918 abgerissenen,<br />

immerh<strong>in</strong> noch über 15 m langen Fundamente des Kieselackschen Hauses, früher<br />

Mühlenstraße 18, heute Mühlenstraße 5 [19, siehe Seite 24]. Wie schon mehrfach <strong>in</strong><br />

<strong>Bernau</strong> angetroffen, konnte auch <strong>in</strong> der Mühlenstraße e<strong>in</strong> Feldste<strong>in</strong>brunnen erfasst<br />

werden, der mit Ladeburger Ziegeln aufgemauert wurde. Dieser Brunnen wird <strong>in</strong> der<br />

Stadtchronik von Wernicke aus dem Jahre 1894 explizit angeführt: „Innerhalb der<br />

R<strong>in</strong>gmauer bef<strong>in</strong>den sich noch 36 Straßenbrunnen und zwar: <strong>in</strong> der Mühlenstraße 2 (vor<br />

den Häusern Nr. 4 und 6) ...“. 147 Die Dokumentation erstreckte sich nur auf das Planum,<br />

e<strong>in</strong>e Entnahme des Brunnen<strong>in</strong>haltes sowie e<strong>in</strong>e Erfassung der Baugrube im Profil<br />

erfolgte nicht [88-89]. Da er ansonsten ke<strong>in</strong>e chronologisch signifikante Baulichkeit<br />

aufweist, ist e<strong>in</strong>e genaue Datierung nicht gesichert.<br />

83


Unter den Funden s<strong>in</strong>d im Wesentlichen spätmittelalterliche harte Grauware wie<br />

Kugeltopf- und Topfkachelfragmente sowie e<strong>in</strong> Tüllengefäßfragment, Glasbruch,<br />

Eisenfragmente wie e<strong>in</strong>e stark korrodierte Gewandspange und vermutlich e<strong>in</strong> Angelhaken<br />

[92-93], Tierknochen und Fischschuppen zu nennen. Interessant ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>nen<br />

braun glasiertes Renaissancetöpfchen, <strong>in</strong> dem entweder Arzneien oder Kosmetika<br />

aufbewahrt wurden. Das oben genannte Keramikfragment von e<strong>in</strong>em Tüllengefäß<br />

mit aufgesetzter scheibenförmiger Tülle weist e<strong>in</strong>en Innendurchmesser von 1,2 cm<br />

im Gefäßunterteil dicht über dem Bodenbereich auf [90]. Derartige Tüllen f<strong>in</strong>den<br />

sich – wie schon an e<strong>in</strong>em Fundexemplar vom nördlichen Stadtmauerweg zwischen<br />

Parkstraße und Mühlenstraße (5. Bauabschnitt) beschrieben – an Standbodengefäßen<br />

und grapenförmigen Exemplaren des 14. bis 17. Jahrhunderts und wurden möglicherweise<br />

<strong>bei</strong> der Bierbrauerei verwendet. 148 Das e<strong>in</strong>henklige, zyl<strong>in</strong>drische Töpfchen<br />

besteht aus ockerfarbener Irdenware, von dem der Rand und der Henkel fehlen.<br />

Aufgrund der braunen Innenglasur ist das Gefäß wasserdicht, am äußeren Randbereich<br />

f<strong>in</strong>den sich zwei parallel verlaufende Furchen und e<strong>in</strong> dazu parallel verlaufender<br />

brauner Streifen. Oberhalb der durch e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zug leicht abgesetzten Fußzone f<strong>in</strong>det<br />

sich e<strong>in</strong>e weitere umlaufende Furche. Das Töpfchen kann aufgrund von Vergleichs<strong>bei</strong>spielen<br />

<strong>in</strong> das 15./ 16. Jahrhundert datiert werden [91]. 149<br />

84<br />

148 Schmidt 1990, 18-19, Taf.10, 11.<br />

149 Vergleichs<strong>bei</strong>spiele aus Heldburg: AID 2, 2008,<br />

50-51.<br />

[90] Spätmittelalterliches<br />

Tüllengefäß aus dem<br />

14.-17. Jahrhundert<br />

[91] Frühneuzeitliches<br />

Töpfchen aus dem<br />

15.-16. Jahrhundert<br />

[92-93] Gewandspange und<br />

vermutlich e<strong>in</strong> Angelhaken<br />

2 cm 2 cm


150 BLDAM-Grabungskurzbericht BAO 1997: BAR<br />

190/191 (H. Kretzschmann/ehemals Fa. Strackenbrock<br />

& Urban).<br />

151 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2007:63<br />

(K. Gessner/ Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

152 Seiler, 1736, 22.<br />

153 Seiler, 1736, 22f.<br />

154 Bügel, 1993, 43.<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Grünstraße, Tuchmacherstraße und Neue Straße<br />

Im östlichen Abschnitt der Grünstraße zwischen der Straße An der Alten Brauerei und<br />

der E<strong>in</strong>mündung <strong>in</strong> die Bürgermeisterstraße zeichnete sich <strong>bei</strong> der Straßensanierung<br />

im Jahre 1997 lediglich der Rest e<strong>in</strong>es Feldste<strong>in</strong>kellers mit e<strong>in</strong>er Ziegelüberwölbung<br />

e<strong>in</strong>es bisher unbekannten Gebäudes ab. 150<br />

Die während der Baubegleitung 2007 untersuchte Tuchmacher- und Grünstraße<br />

gehörten zum planmäßig angelegten Straßensystem, das nach e<strong>in</strong>em Gitterschema<br />

angelegt wurde. 151 Die Tuchmacherstraße trug bis zum Dreißigjährigen Krieg den<br />

Namen Fullerstraße152 , die alte Bezeichnung der Weber. E<strong>in</strong> Stadtbrand im Jahre 1485,<br />

der die halbe Stadt <strong>in</strong> Mitleidenschaft zog, soll Seiler zufolge – e<strong>in</strong>em Chronisten aus<br />

dem 18. Jahrhundert – von dem Eckhaus der Fullerstraße zur Neuen Straße ausgegangen<br />

se<strong>in</strong>. 153 Im Zuge des DDR-Flächenabrisses wurde jedoch die Straßenführung<br />

geändert, wie die Anlage der Straße „Alte Brauerei“ parallel zur Tuchmacherstraße<br />

und die Umverlegung der Neuen Straße zeigen. Die nach Norden verlegte Neue<br />

Straße führt heute durch die ehemaligen Wohnparzellen direkt auf das Kantorhaus <strong>in</strong><br />

der Tuchmacherstraße, das älteste, noch erhaltene Wohnhaus von 1582/83. Das über<br />

Jahrhunderte vom Kantor der Stadt genutzte Haus blieb vom Flächenabriss verschont<br />

und wurde 1981-1983 mit leichten Abweichungen von se<strong>in</strong>er ursprünglichen Form<br />

restauriert. 154<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Grünstraße [1997 / 2007]<br />

- Tuchmacherstraße [2007]<br />

- Neue Straße [2007]<br />

Die ältesten Befunde <strong>in</strong> den drei Straßen gehören der Stadtgründungsphase des<br />

13. Jahrhunderts an, die jüngsten reichen bis <strong>in</strong>s 20. Jahrhundert. Ca. 40 cm unter<br />

der Straßendecke befand sich e<strong>in</strong> älteres Feldste<strong>in</strong>pflaster. Wie aus der <strong>Bernau</strong>er<br />

Chronik bekannt, wurde die gesamte Stadt 1873-1877 mit behauenen Feldste<strong>in</strong>en<br />

85


neu gepflastert. 155 Diese Neupflasterung ersetzte e<strong>in</strong> Rundpflaster von 1800. 156 Ferner<br />

kamen zahlreiche massive Überreste der <strong>Bernau</strong>er Altbebauung <strong>in</strong> Form von ste<strong>in</strong>ernen<br />

Hauskellern und Gebäudefundamenten der ehemaligen Fachwerkbauten zutage.<br />

Im Zuge der DDR-Umstrukturierung <strong>Bernau</strong>s, e<strong>in</strong>hergehend mit der Auflösung der<br />

Parzellen und der Verlegung ganzer Straßenzüge, wurden die Straßenfahrbahnen<br />

verbreitert. Die Wohnbauten der Tuchmacherstraße, Grünstraße und Neuen Straße<br />

aus dem 18./19. Jahrhundert bestanden aus e<strong>in</strong>er Holzfachwerkkonstruktion, die<br />

auf Ste<strong>in</strong>fundamenten gründete. Viele Gebäude waren <strong>in</strong> den 1930er Jahren unsachgemäß<br />

verputzt worden, was der Bausubstanz wegen mangelnder Durchlüftung<br />

erheblichen Schaden zufügt hatte. 157 Die spätmittelalterlichen, mit Siedlungsabfall<br />

verfüllten kasten- bzw. wannenförmigen Gruben, die ursprünglich mit organischem<br />

Material ausgesteift waren, dienten e<strong>in</strong>st zur Vorratshaltung. Zwei nachgewiesene<br />

Brandschichten s<strong>in</strong>d mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit auf die Brandkatastrophen des<br />

15. Jahrhunderts – 1406 und 1485 – zurückzuführen.<br />

In der Tuchmacherstraße zeigten sich <strong>in</strong> der heutigen Straßenmitte <strong>in</strong> den Trassen<br />

spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Kultur- und Wegeschichten sowie Siedlungsbefunde<br />

mit Grubenhäusern, Pfostenlöchern und Gruben. In den Trassen im<br />

heutigen Gehwegbereich befanden sich Baubefunde der abgerissenen Altbebauung<br />

<strong>Bernau</strong>s.<br />

Die spätmittelalterliche Wegeschicht wies mehrere Laufhorizonte zwischen 5-50 cm<br />

Stärke auf. E<strong>in</strong>e lockere, horizontale Ste<strong>in</strong>lage aus unbear<strong>bei</strong>teten Feldste<strong>in</strong>en <strong>in</strong>nerhalb<br />

der Kulturschicht markiert e<strong>in</strong>e partielle Befestigung des Straßenniveaus. Die<br />

fundreiche Schicht be<strong>in</strong>haltete neben Tierknochen, Schlacke, Holzkohle, Metallobjekten<br />

(u. a. e<strong>in</strong> r<strong>in</strong>gförmiger Gegenstand [94]), große Mengen an Keramik aus<br />

harter Grauware und Fastste<strong>in</strong>zeug (hochgebranntes und nahezu wasserundurchlässiges<br />

Ste<strong>in</strong>zeug), deren Charakteristika e<strong>in</strong>e Datierung <strong>in</strong>s ausgehende Mittelalter<br />

ermöglichen.<br />

Neben den Wegeschichten trat e<strong>in</strong> spätmittelalterlicher Bebauungshorizont mit<br />

Gruben, Pfostenlöcher und Hausgruben auf, die an der Sohle Spatenstichspuren von<br />

der Entstehungszeit aufwiesen. Die Haus- und Speichergruben zeigten scharf abgegrenzte<br />

steile Grubenwände, waagrechte Grubensohlen, begleitende Pfostengruben<br />

sowie e<strong>in</strong>e Verfüllung mit Siedlungsabfällen wie Keramik und Tierknochen. Zahlreiche<br />

86<br />

155 Wernicke, 1894, 39.<br />

156 Wernicke, 1894, 8.<br />

157 Frdl. Mitteilung von Herrn Assmann, Bauregie<br />

<strong>Bernau</strong>.<br />

[94] R<strong>in</strong>gförmiger Gegenstand<br />

aus Metall, Fundort<br />

Tuchmacherstraße<br />

[95] Raseneisenerzbrocken<br />

deutet auf e<strong>in</strong>e lokale Eisenverhüttung<br />

h<strong>in</strong><br />

2 cm


158 Dieses Eckhaus ist den alten <strong>Bernau</strong>ern als<br />

Bubahaus bekannt, da hier bis vor dem Abriss e<strong>in</strong><br />

Gemüseladen untergebracht war, welcher der <strong>Bernau</strong>er<br />

Legende Buba gehörte.<br />

[96-97] Historische und<br />

heutige, zurückgesetzte<br />

Bauflucht, hier: Ansicht der<br />

Eckbebauung Berl<strong>in</strong>er Straße<br />

46 / Tuchmacherstraße 1,<br />

historische Aufnahme<br />

zwischen 1930-1940<br />

Gruben mit unregelmäßiger Form dienten vermutlich zur Entnahme von Sedimenten<br />

und anschließender Aufnahme von Vorräten oder Abfällen. E<strong>in</strong>ige wenige kasten- und<br />

wannenförmige Gruben stehen wohl mit e<strong>in</strong>er lokalen Eisenverhüttung <strong>in</strong> Zusammenhang.<br />

Deren Füllung aus holzkohlehaltigem Sand, Holzkohleschichten, gebranntem<br />

Lehm sowie Schlacken spricht für Schmiedegruben. E<strong>in</strong>en weiteren H<strong>in</strong>weis auf<br />

Eisenverhüttung liefert e<strong>in</strong> großer Raseneisenerzbrocken [95].<br />

Die frühneuzeitliche Nutzungsperiode wird durch e<strong>in</strong>e Kulturschicht repräsentiert,<br />

deren Keramik <strong>in</strong> Form von harter Grauware, bleiglasierter heller Irdenware, Sgrafitto-<br />

Keramik (Verzierungen mittels Kratztechnik) und Malhornware (Verzierung mittels<br />

Maltechnik) e<strong>in</strong>e Datierung <strong>in</strong> das 15.-18. Jahrhundert erlaubt.<br />

Die Flucht der Altbebauungsfront war der heutigen um etwa 3 m vorgesetzt, deren<br />

Reste <strong>in</strong> Form von Fundamenten, aufgehendem Mauerwerk und Quermauern zutage<br />

kamen [96-97]. Auf Höhe des heutigen Wohnhauses Tuchmacherstraße 2 befand sich<br />

die Außenfront der Unterkellerung des ehemaligen Eckhauses Berl<strong>in</strong>er Straße 42. 158<br />

Die <strong>in</strong> Zweischalenbauweise errichtete Mauer war <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Läufer-B<strong>in</strong>der-Verband<br />

gesetzt und mit Kalkmörtel verfugt worden.<br />

Die Neue Straße, die erst <strong>in</strong> den 1980er Jahren angelegt wurde, verläuft durch die vormaligen<br />

Wohnparzellen. H<strong>in</strong>ter den Wohnhäusern erstreckten sich Anbauten <strong>in</strong> Form<br />

87


von Scheunen, Schuppen und Ställen. An der E<strong>in</strong>mündung Neue Straße / Tuchmacherstraße<br />

blieben Reste der Altbebauung <strong>in</strong> Form von Kellermauern erhalten. Anhand<br />

des Bebauungsplans gehörte der Mauerzug zum e<strong>in</strong>stöckigen Gebäude Tuchmacherstraße<br />

18, das <strong>in</strong> den 1970er Jahren abgebrochen wurde. Die <strong>in</strong> der Neuen Straße<br />

zutage tretenden, spätmittelalterlich/frühneuzeitlichen Schichten enthielten große<br />

Holzkohlekonzentrationen und Brandschutt und s<strong>in</strong>d auf den großen Flächenbrand<br />

von 1485 zurückzuführen, der den Chroniken zufolge <strong>in</strong> der Tuchmacherstraße ausgebrochen<br />

se<strong>in</strong> soll und sich nach Norden ausbreitete. Nach Stadtbränden wurde<br />

der Bau- und Brandschutt aus logistischen Gründen nicht weggeräumt, sondern<br />

ausgebreitet als Baugrund für neu zu errichtende Häuser genutzt. So entstanden<br />

die teils mächtigen Brandschichten. Daraus stammende Funde – Keramik, Brandlehm<br />

mit Flechtwerk und Strohabdrücken – s<strong>in</strong>d mit hohen Temperaturen sekundär<br />

gebrannt worden.<br />

Während die Breite der ehemaligen Grünstraße lediglich zwischen 10 m und 13 m<br />

betrug, verbreiterte man diese nach der Neuanlage <strong>in</strong> den 1980er Jahren auf 23 m.<br />

Da<strong>bei</strong> wurde die Flucht der südöstlichen Bebauung <strong>bei</strong>behalten, die nordwestliche<br />

Straßenflucht dagegen wurde verschoben [98-102]. Abgesehen vom ehemaligen<br />

Wohnhaus Grünstraße 12, dessen Keller vorgesetzt war, und dem Wohnhaus<br />

88<br />

[98] Gebäudeflucht der Grünstraße<br />

sowie der Verlauf der<br />

Neuen Straße vor und nach<br />

dem Flächenabriss<br />

[99-100] Blick von der Grünstraße<br />

<strong>in</strong> die Tuchmacherstraße<br />

damals und heute


[101-102] Blick von der<br />

Tuchmacherstraße <strong>in</strong> die<br />

Grünstraße damals und<br />

heute<br />

Grünstraße 8 waren alle Gebäude <strong>in</strong> diesem Bereich unterkellert. Bei den Kellerräumen<br />

handelt es sich <strong>in</strong> der Regel um Feldste<strong>in</strong>keller, wohl Braukeller, die mehrere<br />

Bauphasen vom ausgehenden Mittelalter bis <strong>in</strong> das 20. Jahrhundert aufwiesen.<br />

Im Kreuzungsbereich Tuchmacherstraße / Grünstraße kam u. a. e<strong>in</strong> 1,20 m breiter<br />

und 6 m langer, mit Schutt verfüllter Kellergang zutage, der e<strong>in</strong>st zur Grünstraße 14<br />

gehörte. Das aufgehende, mehrphasige Mauerwerk bestand aus zwei mehrlagig<br />

erhaltenen Mauerzügen, das vermörtelte Fundament aus bear<strong>bei</strong>teten Feldste<strong>in</strong>en<br />

und Ziegeln im wilden Verband. Die Außenseite war mit e<strong>in</strong>em Kalkgemisch bzw.<br />

mit e<strong>in</strong>er modernen Zementmörtelschicht verputzt. Vom ehemaligen Grundstück<br />

Grünstraße 10 zeigt sich e<strong>in</strong> ähnlicher Aufbau: Über dem anstehenden Boden<br />

lagerten sich neben der mittelalterlich/frühneuzeitlichen Schichtung auch zwei<br />

Schichten der Brandkatastrophen von 1406 und 1485 ab [103]. Die 80 cm starke<br />

Kelleraußenwand bestand aus teils bear<strong>bei</strong>teten F<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>gen, Feldste<strong>in</strong>en und Ziegelbruch<br />

im Kalkmörtelverband. Des Weiteren kamen die stark gestörten Kellerüberreste<br />

bzw. Grundstücksgrenzmauern der Grünstraße 6/8 sowie die südwestliche Außenwand<br />

des Kellers der Grünstraße 12 samt Baugrube zutage, die verschiedene Umbauphasen<br />

bis <strong>in</strong>s 20. Jahrhundert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> erkennen ließ.<br />

89


Bei dem größten Teil der geborgenen mittelalterlichen Keramik handelt es sich um<br />

grautonige, reduzierend gebrannte Irdenware der jüngeren Kugeltopfkeramik aus der<br />

2. Hälfte des 12. Jahrhunderts bis um 1500. Darunter s<strong>in</strong>d Standbodengefäße wie<br />

rundbodige Kugeltöpfe, Grapen (historisches Kochgerät: Topf oder Kessel mit Standfüßen),<br />

Krüge, Becher sowie Reste e<strong>in</strong>es Vier- oder Mehrpassgefäßes (Gefäß mit vier<br />

oder mehr wellenartigen Ausgusse<strong>in</strong>buchtungen). An Verzierungsvarianten kommen<br />

Riefen, Rollstempeldekor und Leisten aus F<strong>in</strong>gerkniffen vor [104]. Anhaftungen von<br />

Ruß an e<strong>in</strong>er Reihe von Keramikfragmenten deuten die Nutzung der Gefäße als<br />

Kochgeschirr an. Unter der Ofenkeramik liegen besonders Napf- oder Spitzkacheln<br />

mit quadratischer Öffnung aus harter Grauware und grün glasierter Irdenware vor.<br />

Neben der o. g. typischen harten Grauware trat engobiertes Fastste<strong>in</strong>zeug des<br />

14. und 15. Jahrhunderts auf. Diese Ware ist mit e<strong>in</strong>er roten, violetten bzw. braunen<br />

glänzen-den Engobe (Beschichtung aus Tonschlick) überzogen, die sich aufgrund<br />

ihrer wasser-undurchlässigen Oberflächenbehandlung besser zur Aufnahme von<br />

Flüssigkeiten als die unbehandelte harte Grauware eignete. Die Gefäße s<strong>in</strong>d mittels<br />

Riefen und Zierleisten optisch aufgewertet worden. E<strong>in</strong>e weitere Keramikgattung ist<br />

90<br />

[103] Kellermauer neben<br />

mittelalterlich/frühneuzeitlichen<br />

Kulturhorizonten sowie<br />

Schichten der Stadtbrände<br />

von 1406 und 1485<br />

[104] Unterschiedlich<br />

verzierte Gefäßscherben aus<br />

dem 12.-15. Jahrhundert


[105] Gläserner Grabste<strong>in</strong> aus<br />

e<strong>in</strong>er Störung <strong>in</strong> der Grünstraße<br />

nahe der Kirche<br />

[106] Hand<strong>bei</strong>l, Nägel und<br />

Nadeln aus Eisen sowie<br />

die Reste e<strong>in</strong>er Feld- oder<br />

Pilgerflasche<br />

bleiglasierte, helle und rottonige Irdenware, die ab dem 15. Jahrhundert regelhaft <strong>in</strong><br />

den spätmittelalterlichen Inventaren vorkommt. Das Farbspektrum der Bleiglasuren<br />

reicht von grün über gelb und violett zu braun. Hervorzuheben s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Feld- oder<br />

Pilgerflaschenfragment aus heller Irdenware mit Resten von gelber Bleiglasur sowie<br />

e<strong>in</strong> Tellerfragment mit floralem Dekor <strong>in</strong> ausgeführter Sgraffito-Technik, die <strong>in</strong> Brandenburg<br />

erst ab 1750 e<strong>in</strong>geführt wurde. Unter den geborgenen Metallgegenständen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere die Kl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>es Griffzungenmessers, e<strong>in</strong> Hand<strong>bei</strong>l mit gebogener<br />

Schneide sowie teils stark korrodierte Nägel und Nadeln aus Eisen zu nennen [106].<br />

Unweit der Kirche <strong>in</strong> der Grünstraße wurde e<strong>in</strong> vielfach zerscherbter, im Jugendstil<br />

gehaltener Grabste<strong>in</strong> aus schwarzviolettem Glas aus e<strong>in</strong>er Störung geborgen [105].<br />

Der Grabste<strong>in</strong> war dem 23jährigen Erdmann Perwitz gewidmet, der 1918 mutmaßlich<br />

<strong>in</strong> den Gefechten des I. Weltkriegs verstarb, und trug die Inschrift: „In der Jugend<br />

schönen Tagen welkte früh me<strong>in</strong> Leben h<strong>in</strong>. Doch wie sollt ich darum klagen. Sterben<br />

ward mir zum Gew<strong>in</strong>n.“ Da der Friedhof an der St.-Marien-Kirche bereits Ende des<br />

16. Jahrhunderts aufgegeben wurde, stammt der Grabste<strong>in</strong> wohl vom neuen Kirchhof<br />

vor dem Mühlentor und wurde vermutlich im alten Schmutzwassergraben abgelegt.<br />

91


<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Brauerstraße und Breite Straße<br />

Im Jahre 2007 wurden die Tiefbauar<strong>bei</strong>ten für den Straßenbau im nördlichen Teil der<br />

Brauerstraße sowie für den Straßenbau e<strong>in</strong>schließlich der Medienneuverlegung <strong>in</strong> der<br />

Breiten Straße archäologisch begleitet. Das betroffene Gelände bef<strong>in</strong>det sich zentral<br />

im mittelalterlich/frühneuzeitlichen Stadtkern <strong>Bernau</strong>s. 159 In der Brauerstraße wurden<br />

e<strong>in</strong>e durchlaufende mittelalterliche Kulturschicht mit e<strong>in</strong>getieften Hausgruben<br />

sowie e<strong>in</strong>e runde Ste<strong>in</strong>setzung bisher unklarer Funktion dokumentiert. Die <strong>in</strong>nerhalb<br />

dieser Kulturschicht e<strong>in</strong>schließlich Hausgruben enthaltene mittelalterliche harte<br />

Grauware erlaubt e<strong>in</strong>e relative Datierung <strong>in</strong> das 14./15. Jahrhundert. Vere<strong>in</strong>zelt trat<br />

auch rottonig, braun glasierte Keramik mit aufgesetzten Noppen <strong>in</strong> Brombeerform<br />

auf, wie e<strong>in</strong> ähnliches Fundobjekt im Museum <strong>Bernau</strong> veranschaulicht [107]. An<br />

mittelalterlichen Baubefunden s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere e<strong>in</strong>e Kalklöschgrube sowie der<br />

Rest e<strong>in</strong>es Fundaments aus Feldste<strong>in</strong>en zu nennen, wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong> <strong>bei</strong>den die genaue<br />

Zeitstellung unklar ist.<br />

In der Breiten Straße konnte die durchlaufende mittelalterliche Kulturschicht weiter<br />

verfolgt werden. Im nördlichen Gehwegbereich fanden sich immerh<strong>in</strong> 16 große<br />

mittelalterliche Gruben, überwiegend Hausgruben, die vere<strong>in</strong>zelt mit Pfostengruben<br />

und Abfallgruben e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong>e Brandschicht, die mehrfach an verschiedenen<br />

Stellen <strong>in</strong> der Breiten Straße festgestellt wurde, legt Zeugnis über e<strong>in</strong>en oder mehrere<br />

größere Brände <strong>in</strong> diesem Stadtbereich ab. E<strong>in</strong> weitgehend <strong>in</strong>takter Wegehorizont<br />

mit stellenweisen Pflasterresten unterstreicht die durchgehende Straßenlandnutzung<br />

der Breiten Straße seit dem Mittelalter. Neben den üblichen Keramikfunden an harter<br />

Grauware kamen auch importiertes Siegburger Ste<strong>in</strong>zeug, ferner Tierknochen, Buntmetallperlen<br />

[108], Glasschlacke sowie Eisenschlacke vor.<br />

92<br />

Archäologische Dokumentation::<br />

- nördliche Brauerstraße /<br />

Breite Straße [2007]<br />

- Berl<strong>in</strong>er Straße 33-35 [1996]<br />

- Berl<strong>in</strong>er Straße 52 [1994]<br />

159 BLDAM-Grabungskurzbericht UBO 2007: 22<br />

(K. Grüneberg/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

160 Dannenberg 1997, S. 109 Nr. 142 u. Taf. 7. Der<br />

Multiplikationswert (rechnerisches Produkt aus<br />

mittlerem Gewicht und Durchmesser) beträgt um 9,5;<br />

der prägezeitbestimmende Fund ist Hirschfeld Nr. 3.<br />

[107] Keramikscherbe<br />

mit Brombeermotiv


[108-109] Buntmetallperle<br />

(Fundort Brauerstraße) und<br />

Gürtelschnalle (Fundort<br />

Breite Straße)<br />

[110-111] Vorder- und Rückseite<br />

e<strong>in</strong>er mittelalterlichen<br />

Silbermünze um 1305<br />

2 cm<br />

Herausragende Fundobjekte aus der Breiten Straße s<strong>in</strong>d u. a. e<strong>in</strong>e eiserne Gürtelschnalle<br />

[109] sowie e<strong>in</strong>e mittelalterliche Silbermünze um 1305 [110-111]. Diese<br />

Münze misst im Durchmesser 14-16 mm und wiegt etwa 0,70 Gramm. Sie zeigt auf<br />

der Vorderseite zwei sitzende Markgrafen, die zwischen sich e<strong>in</strong> großes, unten auf<br />

e<strong>in</strong>em Bogen stehendes Lilienzepter halten. Die Markgrafen tragen Waffenröcke und<br />

e<strong>in</strong>e Spanhaartracht. Die Gesichter s<strong>in</strong>d undeutlich und die Münder zu e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />

Kreis bzw. Mundstrich zusammengezogen. Auf der Rückseite ist e<strong>in</strong>e bewurzelte<br />

Pflanze mit drei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dreiblatt endenden Zweigen dargestellt, die unten l<strong>in</strong>ks<br />

und rechts von je e<strong>in</strong>em Adlerschild gerahmt wird. 160 Das dargestellte Münzbild soll<br />

über das geme<strong>in</strong>same Regieren der askanischen Markgrafen von Otto IV. „mit dem<br />

Pfeil“ (ältere L<strong>in</strong>ie, Regentschaftsjahr bis 1308) und von Hermann, Sohn Ottos V.<br />

(jüngere L<strong>in</strong>ie, Regentschaftsjahre 1298-01. 02. 1308) <strong>in</strong> der Zeit von 1300 bis 1308<br />

<strong>in</strong>formieren. Der seit 1302 mitregierende Markgraf Woldemar ist ab 1309 bis zu<br />

se<strong>in</strong>em Tod am 14. 08. 1319 und Beisetzung im Kloster Chor<strong>in</strong> faktisch wieder Alle<strong>in</strong>herrscher<br />

des Gesamtgebietes der Mark.<br />

Im Straßenbereich lagen unter der genannten mittelalterlichen Kulturschicht drei<br />

Gruben der jüngeren Bronzezeit mit entsprechendem Fundmaterial (u. a. Scherben<br />

mit Turbanrandverzierung) im anstehenden Sand.<br />

93


<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Brauerstraße Nr. 9<br />

Im Jahre 2001 führte der Bauforscher D. Schumann e<strong>in</strong>e bauarchäologische Unter-<br />

suchung der drei älteren Kellerräume des Hauses Brauerstraße 9 durch. 161 Bereits im<br />

14. oder frühen 15. Jahrhundert erhielt das Gebäude e<strong>in</strong>en gemauerten Feldste<strong>in</strong>-<br />

keller anstelle des hölzernen Vorgängerkellers. In den Kellerräumen 1 und 2 hat sich<br />

das lagenweise, <strong>in</strong> Lehm gebundene Mauerwerk noch bis heute erhalten. Der größte<br />

Kellerraum 1 bildete den eigentlichen Lager- und Kaufkeller. Im südlichen Bereich<br />

der Ostwand befand sich vermutlich der ursprüngliche Kellerzugang direkt von der<br />

Brauerstraße, wogegen sich e<strong>in</strong> gebäude<strong>in</strong>nerer Zugang an der Stelle des schachtartigen<br />

Kellerraumes 2 befand. E<strong>in</strong> Indiz hierfür ist e<strong>in</strong>e hier bef<strong>in</strong>dliche Mauernische<br />

mit e<strong>in</strong>er umrahmenden spitzbogigen Blende. Die älteste Kellerdecke wurde aufgrund<br />

von Analogien <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Balkendecke ausgeführt. Im späten 15. bzw. <strong>in</strong> der ersten<br />

Hälfte des 16. Jahrhunderts entstand der zusätzliche Keller 3. In dieser Bauphase wurde<br />

auch der gebäude<strong>in</strong>nere Zugang im Keller 2 weitgehend verändert: Die Wölbung<br />

der Kellertreppe sowie die Durchgänge wurden nun architektonisch mittels speziellen<br />

Formste<strong>in</strong>en aufgewertet. Nach dem 30jährigen Krieg (1648) folgte die nächste gravierende<br />

Bauphase im Zusammenhang mit dem Neubau des aufgehenden Gebäudes<br />

als Fachwerkkonstruktion. Der Keller 1 erhielt e<strong>in</strong>e Tonnenwölbung und wurde <strong>in</strong> Richtung<br />

Süden verlängert, e<strong>in</strong> schachtartiger Raum wurde h<strong>in</strong>zugefügt, der vermutlich<br />

zum Bierbrauen genutzt wurde. Im 19. Jahrhundert fanden wiederum starke bauliche<br />

Veränderungen statt. Im Keller 1 wurde e<strong>in</strong> Unterzug e<strong>in</strong>gemauert und e<strong>in</strong> mächtiger<br />

Rauchzug gegründet sowie Keller 3 verkle<strong>in</strong>ert. Dies s<strong>in</strong>d Indizien dafür, dass im darüberliegenden<br />

Erdgeschoss Raumänderungen stattfanden, die mit größeren Lasten<br />

verbunden waren.<br />

94<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Brauerstraße 9 [2001]<br />

- Brauerstraße 11 [1995]<br />

- Brauerstraße 16-18 [1991/1992]<br />

161 Schumann 2001, 9f..


162 BLDAM-Grabungskurzbericht (B. Eccarius).<br />

163 Die Fotos und Grabungsergebnisse stellte<br />

Hr. Eccarius freundlicherweise zur Verfügung.<br />

[112-113] Gewölbekellerfund im<br />

Gehwegbereich vor der Brauerstraße<br />

1 / Berl<strong>in</strong>er Straße 24<br />

Brauerstraße Nr. 11<br />

In der Brauerstraße 11 konnte Herr Eccarius im Jahre 1995 die Baugrube des bis auf<br />

die Bausohle ausgehobenen Kellers e<strong>in</strong>sehen. 162 Vom Westprofil wurde aus e<strong>in</strong>er<br />

Störung e<strong>in</strong> Gemisch aus Kalk, Ziegelbruch und verziegelten Lehme<strong>in</strong>schlüssen festgestellt,<br />

an Fundmaterial wurden vorrangig glasierte Ofenkachelfragmente geborgen.<br />

Im Gehwegbereich der Brauerstraße <strong>in</strong> Höhe der Museumsklause kamen durch die<br />

Baumaßnahmen immer wieder angeschnittene und dadurch zerstörte Gewölbekeller<br />

aus der Frühen Neuzeit zutage [112-113]. 163<br />

Brauerstraße Nr. 16-18<br />

Die Brauerstraße trägt zu Recht ihren Namen: Zeitweilig ist für 17 von 18 Hausnummern<br />

das Braurecht bezeugt. Laut Ausweis der Lagerbücher mit e<strong>in</strong>er Auflistung der<br />

Gär- und Lagerkeller im Zeitraum von 1570 bis 1719 zählt dazu auch das Grundstück<br />

Nr. 16. <strong>Bernau</strong> war bis zum Jahre 1664 die stärkste märkische Braustadt. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

95


versiegte die Ausfuhr nach 1775 drastisch, im Jahre 1787 gab es <strong>in</strong> ganz <strong>Bernau</strong> nur<br />

noch 8 Brauhäuser.<br />

Im Zuge des Sparkassen-Neubaus <strong>in</strong> der Brauerstraße 16-18 konnte hier e<strong>in</strong>e mittelalterliche<br />

Stadtparzelle mit e<strong>in</strong>em Feldste<strong>in</strong>keller archäologisch festgestellt werden. 164<br />

Der etwa 4,60 m x 5,30 m große Keller war aus unbehauenen, <strong>in</strong> Mörtel gesetzten<br />

Feldste<strong>in</strong>en errichtet worden. Anhand des Wandaufbaus und der unterschiedlichen<br />

Fußbodenbefestigung lassen sich zwei Bauphasen ablesen. Der ältere, etwa 4,60 m<br />

x 4,30 m messende Kellerteil im Norden war <strong>in</strong> der ersten mittelalterlichen Phase mit<br />

quadratischen Ziegelplatten ausgelegt. E<strong>in</strong>e mittig angeordnete Aussparung diente<br />

der Sickerwasserableitung, die später verfüllt wurde. Das ehemalige traufständige<br />

Haus besaß e<strong>in</strong>e Giebelwand mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> Ziegelste<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gefassten Wandnische<br />

mit bogenförmigem Abschluss. An den Längswänden befanden sich Ansätze e<strong>in</strong>es<br />

jüngeren Deckentonnengewölbes. Die hofseitige Ostkellerwand enthielt mehrere<br />

zugemauerte Schlitzfenster. Der Zugang erfolgte e<strong>in</strong>st über e<strong>in</strong>e Treppe oder kle<strong>in</strong>e<br />

gebogene Rampe im Süden, da sich an der abgebrochenen Südkellerwand noch e<strong>in</strong><br />

über das ehemalige Fußbodenniveau herausragender Fundamentste<strong>in</strong> befand. Der<br />

jüngere, tonnengewölbte Keller wurde nach dem Abriss der älteren Südkellerwand<br />

sowie nach der Verlängerung der West- und Ostlängswand mit e<strong>in</strong>em Zugang im<br />

96<br />

164 Kerst<strong>in</strong>g 1997, 163-165; Kellerkataster 2006.<br />

[114] Umgesetztes<br />

Kellergewölbe unter dem<br />

Sparkassen-Neubau


Südosten errichtet. Der Fußboden weist nun anstelle von quadratischen Ziegelplatten<br />

<strong>bei</strong>m älteren Keller e<strong>in</strong>e Ziegelpflasterung auf. Aufgrund der massiven Mauerstärke<br />

von ca. 75 cm kann von e<strong>in</strong>em bedeutenden mehrstöckigen Bürgerhaus ausgegangen<br />

werden. Auf dem sich östlich anschließenden Hofgrundstück gelang der Nachweis<br />

e<strong>in</strong>es verstürzten Feldste<strong>in</strong>brunnens sowie e<strong>in</strong>er mit Siedlungsresten verfüllten<br />

Grube. Dazu zählen Lederreste, Hölzer, Keramik und Fischreste.<br />

Der hier erfasste Feldste<strong>in</strong>keller <strong>in</strong> der Brauerstraße 16 spiegelt alle<strong>in</strong> schon aufgrund<br />

der zentralen Lage mit Nähe zum Marktplatz und Rathaus sowie aus archäologischer<br />

und baugeschichtlich-historischer Sicht e<strong>in</strong> repräsentatives, <strong>in</strong> mehreren Bauphasen<br />

umgebautes Stadthaus e<strong>in</strong>er ehemals wohlhabenden Bierbrauerfamilie wider. Neben<br />

der Stadtmauer und der St.-Marien-Kirche stellt dieser aus Mitteln der Sparkasse<br />

wieder rekonstruierte und um ca. 5 m gegenüber der ursprünglichen Lage versetzte<br />

Feldste<strong>in</strong>keller e<strong>in</strong>es der wenigen <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong> erhalten gebliebenen mittelalterlichen<br />

Zeugnisse dar. Während die Stadtmauer e<strong>in</strong>e verteidigungstechnische und die<br />

St.- Marien-Kirche e<strong>in</strong>e sakrale Funktion ausübte, ist dieser Befund stellvertretend<br />

für das bürgerliche Alltagsleben zu sehen. Im Orig<strong>in</strong>alzustand s<strong>in</strong>d nun die Nord-,<br />

West- und Ostwand unterhalb des neuen Sparkassengebäudes erhalten, der öffentlich<br />

begehbare Raum selbst dient zu verschiedenen Ausstellungszwecken [114].<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Louis-Braille-Straße<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Louis-Braille-Straße [1997]<br />

- Bürgermeisterstraße 2 [1994]<br />

- Bürgermeisterstraße 4 [1997]<br />

- Bürgermeisterstraße 6 [1995-1996]<br />

Im westlichen Abschnitt zwischen der Bürgermeister- und Brauerstraße konnten<br />

im Rahmen der Straßenerneuerung im Jahre 1997 nur vollständig modern gestörte<br />

Abschnitte erfasst werden. Sämtliche ältere Kultur- und Wegeschichten waren nicht<br />

mehr präsent.<br />

97


Bürgermeisterstraße 2<br />

Anlässlich e<strong>in</strong>er Lückenbebauung an der zentral gelegenen <strong>Bernau</strong>er Bürgermeisterstraße<br />

2 im Jahre 1994 wurden <strong>in</strong> den oberen Lagen Fundamentreste ebenerdiger<br />

Gebäude sowie Kellerräume freigelegt, die <strong>in</strong> den 1980er Jahren abgerissen worden<br />

waren. 165 Die <strong>in</strong>sgesamt 7 Kellerräume befanden sich im Westen und Nordwesten des<br />

Grundstücks und wiesen Treppen und Ziegelfußböden auf. Die ebenerdigen Räume<br />

lagen im Osten und zeichneten sich durch Rollste<strong>in</strong>lagen, Stampflehmböden bzw.<br />

Ziegelfußböden ab. Der südöstlichste dieser Kellerräume grenzte an e<strong>in</strong> Doppelgewölbe<br />

der bestehenden Ostwand. In den unteren Schichten wurde ausschließlich<br />

der mittelalterliche Horizont erfasst. Außerhalb der ehemaligen Bebauung ließen sich<br />

noch ungestörte Schichtenabfolgen beg<strong>in</strong>nend mit der mittelalterlichen Erstnutzung<br />

des Areals nachweisen. Innerhalb der ältesten mittelalterlichen Kulturschicht waren<br />

Pfostenlöcher und Siedlungsgruben e<strong>in</strong>getieft. Das daraus geborgene Fundmaterial<br />

enthält ausschließlich typisch spätmittelalterliche harte Grauware des 13.-15. Jahrhunderts.<br />

Als sensationeller, <strong>in</strong> Altstädten Brandenburgs äußerst seltener Fund ist e<strong>in</strong> mittelalterliches<br />

Boot zu nennen, das noch unterhalb der oben genannten Kulturschicht lag.<br />

98<br />

165 Wanzek/Wittkopp 1995, 136-137; BLDAM-<br />

Grabungskurzbericht (B. Wanzek/ehemals Fa. GAD)<br />

[115] Mittelalterlicher<br />

Bootsfund. Nur schwer zu<br />

erkennen s<strong>in</strong>d die Reste der<br />

verkohlten Plankenstruktur<br />

sowie der Holzpfosten,<br />

der Teil e<strong>in</strong>es Anlegestegs<br />

gewesen se<strong>in</strong> könnte.


166 BLDAM-Grabungskurzbericht BAO 1995: BAR 1456<br />

(H. Kretzschmann/ehemals Fa. Strackenbrock & Urban)<br />

167 BLDAM-Grabungskurzbericht (B. Wittkopp)<br />

Das etwa 2,68 m lange und 55 cm hohe Boot wurde <strong>in</strong> Plankenbauweise hergestellt,<br />

wo<strong>bei</strong> Teile der Holzwand nur noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em verkohlten Zustand erhalten waren. Aus<br />

der Bootse<strong>in</strong>füllung wurden Keramik der harten Grauware, Eisenteile, bear<strong>bei</strong>tete<br />

Knochen, Brandlehm, Fischschuppen und -flossen sowie e<strong>in</strong>e grün glasierte Kle<strong>in</strong>plastik<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Pferdchens bzw. Hündchens ohne Kopf geborgen. E<strong>in</strong>ige der<br />

Eisengegenstände befanden sich direkt an der Bootswand und <strong>in</strong>nerhalb der harzartigen<br />

Masse im Boots<strong>in</strong>neren und s<strong>in</strong>d als Konstruktionsteile anzusprechen. Im<br />

Befundumfeld des Bootes schloss sich e<strong>in</strong>e Holzpfostenstruktur an, die als Anlegesteg<br />

im Uferbereich gedeutet werden könnte [115].<br />

Im nördlichen Abschnitt der Bürgermeisterstraße zwischen dem Marktplatz und der<br />

E<strong>in</strong>mündung zur Grünstraße wurde im Jahre 1997 e<strong>in</strong>e spätmittelalterliche, unbefestigte<br />

Oberfläche mit e<strong>in</strong>zelnen Gruben – vorrangig Haushalts- und Abfallgruben<br />

– dokumentiert.<br />

Bürgermeisterstraße 4<br />

Der Umbau des Fachwerkhauses zum „Haus des Gastes“ auf dem Grundstück Bürgermeisterstraße<br />

4 im Jahre 1997 erbrachte <strong>in</strong> den untersuchten Streifenfundamenten<br />

auf <strong>in</strong>sgesamt 61 m Länge nur frühneuzeitliche Auffüllungen und gestörte Feldste<strong>in</strong>fundamente,<br />

die die mittelalterlichen Hofniveaus überlagerten. 166 E<strong>in</strong>e mittelalterliche<br />

Bebauung war hier nicht mehr nachzuweisen, zudem ist das Fundaufkommen<br />

als nur sehr ger<strong>in</strong>g zu werten.<br />

Bürgermeisterstraße 6<br />

Im Vorfeld der Lückenbebauung im Jahre 1995 wurden 6 Sondagen <strong>in</strong> der Bürgermeisterstraße<br />

6 angelegt. 167 Wie durch die anschließende Untersuchung im Jahre<br />

1996 bestätigt wurde, befanden sich im Norden und Nordwesten des Grundstücks<br />

zu DDR-Zeiten abgerissene und mit rezentem Schutt verfüllte Gewölbekeller. Die<br />

nicht unterkellerten Hof- und Torbereiche enthielten noch ungestörte mittelalterliche<br />

Stratigrafien (Schichtungen). Diese bargen an e<strong>in</strong>er Fundstelle konzentriert<br />

etwa 20 Eisenschlackestücke – so genannte Luppe – , was auf e<strong>in</strong>e örtliche Eisen-<br />

99


verar<strong>bei</strong>tung schließen lässt. Zudem wurden e<strong>in</strong> mittelalterliches Ste<strong>in</strong>pflaster und<br />

e<strong>in</strong>e Abfolge von mehreren Kulturschichten freigelegt, <strong>in</strong> denen Hausgrundrisse<br />

vermutet werden.<br />

Neben e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelnen spätbronzezeitlich/früheisenzeitlichen Wandungsscherbe<br />

kamen mittelalterliche Keramikfragmente, Eisenschlacke, Eisenluppe, Eisenfragmente<br />

sowie größere Stücke gebrannten Lehms mit Pflanzenabdrücken vom ehemaligen<br />

Hausverputz zum Vorsche<strong>in</strong>.<br />

In Bauvorbereitung e<strong>in</strong>es Wohn- und Geschäftshauses konnten im Jahre 1996 aus<br />

archäologischer Sicht nur 17 Bohrungen mit e<strong>in</strong>er Tiefe von 11 m und e<strong>in</strong>em Durchmesser<br />

von 65 cm protokolliert werden. 168<br />

Im Norden und Nordwesten bef<strong>in</strong>den sich Anfang der 1980er Jahre verfüllte Gewölbekeller.<br />

In den ungestörten Bereichen zeigten sich bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tiefe von etwa 5 m<br />

neuzeitliche bis mittelalterliche Schichtabfolgen. In den bebauten Zonen reichten die<br />

Sohlen der Feldste<strong>in</strong>fundamente bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tiefe von durchschnittlich 3,50 m unter<br />

der Geländeoberkante. E<strong>in</strong>e natürliche glaziale (eiszeitliche) Bodenbildung zeichnete<br />

sich <strong>in</strong> 8-9 m Tiefe ab.<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Klementstraße 2<br />

Die Wohnhausbebauung des vormals nur als Gartenland genutzten Grundstücks<br />

Klementstraße 2 berührte aus archäologischer Sicht die mittelalterliche Stadtbefestigung<br />

<strong>Bernau</strong>s und liegt somit außerhalb („extra muros“) des Bereichs der ehemaligen<br />

Grabenanlage südlich der Berl<strong>in</strong>er Straße. 169 Im Jahre 1998 konnten hier erstmals zwei<br />

parallel zur südlichen Stadtmauer verlaufende Stadtgräben nachgewiesen werden.<br />

Diese waren komplett modern verfüllt und auch teilweise sehr gestört, jedoch blieb<br />

100<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Klementstraße 2 [1998]<br />

- Berl<strong>in</strong>er Straße 52 [1994]<br />

168 BLDAM-Grabungskurzbericht (B. Wanzek/ehemals<br />

Fa. GAD Berl<strong>in</strong>)<br />

169 BLDAM-Grabungskurzbericht UBO 1998: 175<br />

(T. Wüstefeld/ehemals Fa. GAD)


170 BLDAM-Grabungskurzbericht BAO 1994: BAR 1027/1<br />

(Th. Schobert/ehemals Fa. Archäologische Erkundungen)<br />

vom äußeren westlichen Graben die <strong>in</strong>nere Grabenkante noch gut erhalten. Die<br />

ehemalige östliche Böschungsbefestigung zeichnete sich nur noch durch Bodenverfärbungen<br />

der vergangenen Pfosten ab. Die M<strong>in</strong>destbreite dieses Stadtgrabens<br />

betrug ca. 6 m, die Grabensohle wurde aufgrund der vorgegebenen Bautiefe von etwa<br />

1,50 m unter der heutigen Geländeoberkante nicht erreicht. Parallel dazu erstreckte<br />

sich <strong>in</strong> etwa 8 m östlicher Entfernung dazu die Grenze e<strong>in</strong>es weiteren schwarzbraunen<br />

Verfärbungshorizontes. Dieser wurde vom Ausgräber als westliche Grabenkante<br />

e<strong>in</strong>es zweiten, <strong>in</strong>neren Stadtgrabens gedeutet. Dessen M<strong>in</strong>destbreite konnte aufgrund<br />

e<strong>in</strong>er massiven neuzeitlichen Störung <strong>in</strong> Richtung der östlichen Grabenkante<br />

nicht mehr ermittelt werden. Obwohl hier die vorgenommene Bautiefe von etwa<br />

2 m noch um 50 cm unter der des äußeren Grabens lag, wurde hier die ehemalige<br />

Grabensohle ebenfalls nicht erreicht. E<strong>in</strong> älterer schmaler Abflussgraben wurde durch<br />

diesen <strong>in</strong>neren Stadtgraben geschnitten. Aufgrund der späteren frühneuzeitlichen bis<br />

neuzeitlichen Verfüllung der <strong>bei</strong>den Stadtgräben präsentiert sich dementsprechend<br />

e<strong>in</strong> buntes Fundspektrum von mittelalterlicher Keramik wie harter Grauware bis zu<br />

frühneuzeitlicher heller und glasierter Irdenware, Tonpfeifenfragmenten, Metallobjekten,<br />

Tierknochen und Ziegelste<strong>in</strong>bruch.<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 52<br />

Der Neubau e<strong>in</strong>es Wohn- und Geschäftshauses <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er Straße 52 im Jahre<br />

1994 bef<strong>in</strong>det sich außerhalb der ehemaligen Stadtmauer und bot hier den Anlass,<br />

den möglichen Verlauf der vorgelagerten mittelalterlichen Grabenanlage zu erfassen.<br />

170 Auf dem zuvor beräumten und entsorgten Ru<strong>in</strong>engrundstück zeigte sich der<br />

erwartete mittelalterliche Graben mit e<strong>in</strong>em trapezförmigen Querschnitt im Befund,<br />

der annähernd rechtw<strong>in</strong>klig von der Stadtmauer bzw. Stadtbefestigung wegführt.<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lich handelt es sich hier<strong>bei</strong> um e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>eren Stichgraben, der ausschließlich<br />

mittelalterliche harte Grauware <strong>in</strong> der Verfüllung enthielt. Organisches<br />

Fundmaterial hatte sich wegen des fallenden Grundwasserspiegels im Stichgraben<br />

nicht erhalten können. E<strong>in</strong> gemauerter Ziegelste<strong>in</strong>brunnen mit neuzeitlicher Keramik<br />

wurde an diesem Standort erst Anfang des 19. Jahrhundert errichtet.<br />

101


<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße<br />

Im Jahre 2005 wurde im Zuge der Tr<strong>in</strong>kwasserrohrsanierung im Bereich der Berl<strong>in</strong>er<br />

Straße zwischen der Brüderstraße und der Bürgermeisterstraße e<strong>in</strong>e archäologische<br />

Begleituntersuchung über ca. 160 m Länge x 80 cm Breite x 1,80 m Tiefe erforder-<br />

lich. 171<br />

Wie bereits <strong>in</strong> der Hohen Ste<strong>in</strong>straße als auch im Stadtmauerweg zwischen der<br />

Parkstraße und dem Ste<strong>in</strong>torplatz traten auch hier zwei spätmittelalterliche Kulturhorizonte<br />

auf [116]. Im Zusammenhang mit dem jüngeren spätmittelalterlichen<br />

Kulturhorizont stehen die Reste von vier gleich ausgerichteten Feldste<strong>in</strong>fundamenten<br />

mit entsprechenden Baugruben. Bei zwei Fundamenten konnten anhand der noch<br />

vorhandenen Eckmauern Rückschlüsse auf Hausgrundrisse gezogen werden. In den<br />

ehemaligen Straßenfreiräumen befanden sich vere<strong>in</strong>zelt spätmittelalterliche Laufhorizonte<br />

aus geschichtetem Lehm und kle<strong>in</strong>en Holzresten.<br />

Die jüngere Kulturschicht selbst zeigte sich als durchlaufende, ca. 30-40 cm starke<br />

Schicht mit Holzkohleresten, starken Brandspuren und Ste<strong>in</strong>fundamentresten. Die<br />

Schicht wurde vielfach durch frühneuzeitliche Bauaktivitäten gestört. Der Kultur<strong>in</strong>halt<br />

erbrachte zahlreiche Grauwarefragmente, Tierknochen und e<strong>in</strong>ige Metallobjekte.<br />

Unter den Keramikfragmenten befanden sich Rand-, Wand-, Henkel- und Bodenscherben<br />

von alltäglichen Koch- bzw. Kugeltöpfen, u. a. die Gießtülle e<strong>in</strong>er Kanne.<br />

Der ältere, etwa 1,40 m unter Geländeoberkante liegende Kulturhorizont stellte sich<br />

als e<strong>in</strong>e bis zu 80 cm mächtige, durchlaufende Kulturschicht aus dunkelbraunem<br />

Sand mit vielen Holzkohleresten, Holzstücken, zahlreichen Tierknochen, Metallobjekten<br />

wie Nägel und Schlacken und über 80 Grauwarefragmenten des 13./14. Jahrhun-<br />

102<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Berl<strong>in</strong>er Straße [2005]<br />

- Berl<strong>in</strong>er Straße 24 /<br />

Ecke Brauerstraße [1997]<br />

- Berl<strong>in</strong>er Straße 33-35 [1996]<br />

171 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2005: 92<br />

(M. Escobedo/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).


[116] Zwei spätmittelalterliche<br />

Kulturschichten mit<br />

heller Trennschicht <strong>in</strong> Höhe<br />

der Markierung<br />

derts dar. E<strong>in</strong>ige Keramikteile wiesen Drehscheibenspuren der fabrizierten Massenware<br />

auf.<br />

E<strong>in</strong>e sandige Verfüllung trennt <strong>bei</strong>de Kulturhorizonte vone<strong>in</strong>ander. In Assoziation<br />

dazu konnten sowohl fünf Architekturbefunde e<strong>in</strong>er früheren Bauaktivität als auch<br />

verschiedene Siedlungs-, Bau- und Pfostengruben identifiziert werden. In Höhe der<br />

Fundamentreste erstreckte sich im untersten Bereich der Kulturschicht e<strong>in</strong> versiegelter<br />

Fußboden mit Brandspuren, Holzkohlekonzentrationen und unter Hitzee<strong>in</strong>wirkung<br />

stehenden Ste<strong>in</strong>en.<br />

Zu den Baugruben zählt u. a. e<strong>in</strong>e 3 m lange senkrechte Grube, deren Verfüllung sich<br />

aus graudunklem Sand, zahlreichen Grauwarefragmenten aus dem 14.-15. Jahrhundert,<br />

Tierknochen, Holzstücken, Brandlehmresten und kle<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong>en zusammensetzt.<br />

E<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes E<strong>in</strong>zelobjekt hob sich unter den Fundstücken vor. Hier<strong>bei</strong><br />

handelt es sich um e<strong>in</strong>e fragmentierte, z. T. grün glasierte Tonfigur <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />

Pferdchens [117]. Das K<strong>in</strong>derspielzeug ist vermutlich e<strong>in</strong> importiertes Objekt, das ab<br />

dem 14. Jahrhundert aus anderen Fundorten überliefert ist. Diese Baugrube steht<br />

im Zusammenhang mit e<strong>in</strong>em festgestellten Mauerfundament. Die 4 m breite Baugrube<br />

e<strong>in</strong>es Feldste<strong>in</strong>brunnens durchbricht die mittelalterlichen Kulturschichten<br />

103


und ist somit <strong>in</strong> die frühe Neuzeit zu setzen. Im Untersuchungsbereich wurden die<br />

Überreste von fünf Pfostengruben erkannt, die sich i. d. R. im Profil als ovalförmige,<br />

ca. 30 cm breite Verfärbung darstellten und e<strong>in</strong>e dunkelgraue, sandige Verfüllung mit<br />

Holzkohleresten aufwiesen. Dar<strong>in</strong> enthaltene zahlreiche Grauwarefragmente weisen<br />

<strong>in</strong>s 13./14. Jahrhundert. Insgesamt 6 Siedlungsgruben zeigten im Profil ähnliche<br />

Charakteristika: dunkelgraue, sandige Verfüllung, vermengt mit Kohleresten, Ascheresten,<br />

Ste<strong>in</strong>en und Grauwarefragmenten.<br />

Im untersten Niveau der älteren Kulturschicht befanden sich noch Reste e<strong>in</strong>es<br />

Pflughorizonts. Der Befund wird als sich <strong>in</strong> den anstehenden Boden vertiefende<br />

Spatenspuren <strong>in</strong>terpretiert und entspricht vermutlich e<strong>in</strong>em Teil des mittelalterlichen<br />

Ackersystems.<br />

Unmittelbar vor der Berl<strong>in</strong>er Straße 31 wurde teilweise e<strong>in</strong> Brunnen im Profil<br />

dokumentiert, der anschließend zugeschüttet wurde. Der Durchmesser des runden<br />

Brunnenkranzes beträgt 2,50 m und besteht aus großen und mittelgroßen Feldste<strong>in</strong>en.<br />

Der Befund ist Teil des gut erschlossenen Brunnensystems der ehemals<br />

zahlreich vorhandenen Brauereien, das auch die Innenstadt mit Wasser versorgte.<br />

Vere<strong>in</strong>zelt zeigten sich im obersten Bereich des anstehenden Bodens Reste e<strong>in</strong>es<br />

urgeschichtlichen Kulturhorizonts, woraus sehr wenige Keramikfragmente der<br />

Übergangszeit von der Späten Bronzezeit zur vorrömischen Eisenzeit geborgen<br />

wurden.<br />

Im Sommer 2009 wurde die Berl<strong>in</strong>er Straße zwischen der Brüder- und Bürgermeisterstraße<br />

e<strong>in</strong>schließlich Medienverlegung (Gas-, Elektro-, Regen- und Schmutzwasserleitung)<br />

auf e<strong>in</strong>er Länge von etwa 185 m komplett neu aufgebaut. 172 Die Trassenprofile<br />

boten da<strong>bei</strong> e<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> den Aufbau der südlichen Hauptachse<br />

der <strong>Bernau</strong>er Altstadt. Der moderne Straßenauftrag reichte bis etwa 80 cm unter<br />

der Geländeoberkante h<strong>in</strong>ab. Darunter konnten im gesamten Bereich wiederum die<br />

schon <strong>bei</strong> der Sanierung der Tr<strong>in</strong>kwasserleitung 2005 festgestellten zwei spätmittelalterlich/frühneuzeitlichen<br />

Kulturschichten beobachtet werden, welche durch<br />

e<strong>in</strong>e dazwischen liegende Sandauffüllung klar getrennt waren [118]. Direkt unter<br />

der älteren mittelalterlichen Kulturschicht war e<strong>in</strong> diffuser Verbraunungshorizont<br />

nachweisbar, der durch Keramikfunde, e<strong>in</strong>e Siedlungsgrube und e<strong>in</strong>e Feuerstelle als<br />

vorgeschichtlicher Siedlungshorizont angesprochen werden kann [119].<br />

104<br />

172 BLDAM-Grabungskurzbericht UBO 2009: 51<br />

(M. Escobedo + P. Lutz/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>).<br />

[117] Fund e<strong>in</strong>er Pferdefigur<br />

aus der Berl<strong>in</strong>er Straße


173 BLDAM-Grabungskurzbericht BAO 1996 : BAR 1654<br />

(H. Kretzschmann/ehemals Fa. Strackenbrock<br />

& Urban).<br />

[118] Schichtpaket <strong>in</strong> der<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße<br />

[119] Vorgeschichtliche<br />

Feuerstelle<br />

Von besonderem Interesse ersche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> etwa mittig dem Straßenverlauf folgender<br />

spätmittelalterlicher Graben [120]. Dieser wurde modern mehrfach längs geschnitten<br />

und konnte aufgrund des begrenzten Trassenbereiches nicht komplett im Querschnitt<br />

dokumentiert werden. Aussagen über dessen Breite und Tiefe s<strong>in</strong>d daher<br />

nicht möglich. Der e<strong>in</strong>st wasserführende Graben war mit feuchtem, torfigem Lehm<br />

sowie stellenweise mit großen und mittleren Feldste<strong>in</strong>en verfüllt [121]. Außerdem<br />

ließen sich neben e<strong>in</strong>igen Fragmenten an mittelalterlicher Keramik, Eisenteilen auch<br />

Leder- und Reisigreste bergen [122]. Dieser Graben diente im Mittelalter als Gosse,<br />

welche sowohl überschüssiges Regenwasser als auch Abwasser und alltäglichen<br />

Unrat entsorgte.<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 24 / Ecke Brauerstraße<br />

Die Sanierung des so genannten „Grünen Hauses“ am Eckgrundstück Berl<strong>in</strong>er<br />

Straße 24 / Brauerstraße e<strong>in</strong>schließlich der Neugestaltung bzw. Teilbebauung des<br />

Innenhofes bot im Jahre 1997 den Anlass für archäologische Untersuchungen. 173<br />

Die gesamte Hoffläche wurde um etwa 70 cm abgesenkt. Hier<strong>bei</strong> wurden etwa<br />

60 Befunde erfasst, <strong>bei</strong> denen es sich hauptsächlich um frühneuzeitliche bis neu-<br />

105


zeitliche Baubefunde e<strong>in</strong>schließlich Baugruben, alte Geländeoberflächen und Auffüllungen<br />

handelt. Der spätmittelalterliche Laufhorizont konnte nur an drei Stellen<br />

nachgewiesen werden. Drei parallel, Nord-Süd-verlaufende Mauerreste aus Feldste<strong>in</strong>en<br />

aus dem 16.-18. Jahrhundert weichen vom jetzigen Straßensystem und der<br />

vorhandenen Bebauung ab. Aus jüngerer Zeit – 19. Jahrhundert – stammen die Reste<br />

e<strong>in</strong>es Lagergebäudes e<strong>in</strong>schließlich bis dato unbekannter Unterkellerung. Die ältesten<br />

geborgenen Keramikscherben datieren <strong>in</strong>s 13./14. Jahrhundert, die Masse des Fundmaterials<br />

ist frühneuzeitlich bis neuzeitlich produziert worden.<br />

Berl<strong>in</strong>er Straße 33-35<br />

Anlässlich der Neugestaltung des Hofbereiches der Berl<strong>in</strong>er Straße 33-35 wurden<br />

im Jahre 1996 ausschließlich neuzeitliche Schichten bzw. moderne Auffüllungen<br />

angetroffen, was sicherlich zum Teil auf die nur ger<strong>in</strong>ge E<strong>in</strong>griffstiefe von max. 1 m<br />

zurückzuführen ist. 174 Ferner wurden mehrfach querende Fundamentmauern e<strong>in</strong>er<br />

ehemaligen, nicht unterkellerten Bebauung angetroffen. Das geborgene neuzeitliche<br />

Fundmaterial setzt sich aus Keramikfragmenten, Glasbruch, Tierknochen, Porzellan,<br />

Eisenteilen und dem Rest e<strong>in</strong>es Holzfasses zusammen.<br />

106<br />

[120] Schichtungen mit<br />

deutlicher Grabenausbildung<br />

[121] Graben mit Ste<strong>in</strong>pflastersohle<br />

<strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er<br />

Straße<br />

[122] Reste mittelalterlicher<br />

Lederzuschnitte im Grabenbefund


174 BLDAM-Grabungskurzbericht BAO 1996: BAR<br />

1344/2 (B. Wanzek/ehemals Fa. GAD Berl<strong>in</strong>)<br />

175 BLDAM-Grabungskurzbericht vom 03.04.1993<br />

(A. W<strong>in</strong>kelmann/BLDAM Außenstelle Frankfurt/Oder)<br />

176 BLDAM-Grabungsbericht UBO 2004: 109<br />

(M. Pytlik/Fa. <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong>)<br />

<strong>Bernau</strong> um 1620<br />

Brüderstraße 10 und 12<br />

Archäologische Dokumentation:<br />

- Brüderstraße 10 und 12 [1993]<br />

- Ste<strong>in</strong>torplatz [2002/2004]<br />

- Hussitenstraße [2002/2010]<br />

In Vorbereitung der Baumaßnahmen <strong>in</strong> der Brüderstraße 10 und 12 wurden im Jahre<br />

1993 <strong>in</strong>sgesamt vier Suchschnitte angelegt, von denen sich zwei im ehemaligen<br />

Hofbereich befanden und nicht <strong>in</strong> die mittelalterliche Substanz e<strong>in</strong>griffen. 175 Die<br />

<strong>bei</strong>den anderen Schnitte wurden erst nach dem Auskoffern e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>eren Kellers<br />

dokumentiert. Hier traten mittelalterliche Kultur- und Brandschichten sowie der Rest<br />

e<strong>in</strong>es abgebrannten Fachwerkgebäudes auf. Die Funde wie harte Grauware, Knochen,<br />

Metall und Eisenschlacke ermöglichen e<strong>in</strong>e mittelalterliche E<strong>in</strong>ordnung.<br />

Ste<strong>in</strong>torplatz (Brunnen)<br />

Die Stadt <strong>Bernau</strong> errichtete im Jahre 2004 auf dem Platz am Ste<strong>in</strong>tor e<strong>in</strong>en Zierbrunnen.<br />

Hierzu waren Erde<strong>in</strong>griffe für den Standort des Brunnens, des Wasserspeichers<br />

sowie für die Steuerkabel notwendig, die archäologisch begleitet wurden. 176 Die etwa<br />

quadratische Standfläche des Zierbrunnens wurde nur bis etwa 60 cm, die Baugrube<br />

für den Wasserspeicher sowie der Anschluss an die Wasserleitung h<strong>in</strong>gegen bis<br />

ca. 2,80 m Tiefe ausgekoffert. Dadurch konzentrierte sich die Dokumentation hauptsächlich<br />

auf die zuletzt genannten Bereiche, zudem war e<strong>in</strong> Großteil schon stark<br />

modern bis <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Tiefe von ca. 1 m gestört. Eventuell ehemals vorhandene frühneuzeitliche<br />

oder neuzeitliche Baustrukturen s<strong>in</strong>d durch die frühere Tiefauskofferung<br />

des Platzes abgetragen worden. Die Obergrenze der ungestörten Altstadtschichten<br />

bildete e<strong>in</strong>e partiell erhaltene, wohl frühneuzeitliche Brandschuttschicht mit gebranntem<br />

und ungebranntem Lehm. Es folgten mehrere horizontale ungestörte<br />

107


Wege- oder Befestigungsschichten. Darunter lagen zwei hochmittelalterliche Kulturschichten.<br />

Ab 1,20 m Tiefe folgten e<strong>in</strong>e Kulturschicht mit wenig Keramik, Tierknochen,<br />

Holzkohle und e<strong>in</strong> Pfostenloch für e<strong>in</strong>en vierkantigen vergangenen Pfosten als e<strong>in</strong>ziger<br />

Nachweis e<strong>in</strong>er Baustruktur. Über dem anstehenden Boden befand sich e<strong>in</strong>e<br />

schwarzbraune Kulturschicht mit Holzkohle und Asche. Sie enthielt sehr viel Keramik<br />

und Tierknochen, hier<strong>bei</strong> handelt es sich möglicherweise um den Boden e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en<br />

abgebrannten Hauses [123-124]. Das Gelände war entweder seit dem Mittelalter<br />

weitgehend unbebaut oder der Grabungsschnitt liegt schon im ehemaligen H<strong>in</strong>terhausbereich,<br />

<strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e tieferen Erde<strong>in</strong>griffe stattgefunden haben.<br />

Die aufgelesene mittelalterliche Keramik ist ausschließlich hart gebrannte hell- und<br />

dunkelgraue Irdenware, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall ist e<strong>in</strong> Bauchumbruch (dickste Stelle bzw. größter<br />

Gefäßumfang ) mit gekreuzten Kerbstrichen verziert. Ca. 15 besonders hellgraue<br />

Scherben gehören zu e<strong>in</strong>em Kugeltopf mit gurtfurchenverziertem Hals. Da sich unter<br />

dem genannten Material ke<strong>in</strong>e glasierte oder rottonige Ware bef<strong>in</strong>det, dürfte der<br />

Fund <strong>in</strong>s 12./13. Jahrhundert zu setzen se<strong>in</strong>. Die unverzierten Scherben aus dem<br />

108<br />

[123] Ste<strong>in</strong>torplatz mit<br />

Zierbrunnen<br />

[124] Mittelalterliche<br />

Schichten am Ste<strong>in</strong>torplatz


177 BLDAM-Grabungskurzbericht UBO 2002: 61 vom<br />

30.09.2002 (M. Engel/Dr. Th. Urban & Partner)<br />

178 Westphal 2002, S. 65 (DAI-Labor-Nr.: C 13852;<br />

1253 WWK)<br />

179 BLDAM-Fundmeldung vom 4.6.1976<br />

(F<strong>in</strong>der: H. Smolny).<br />

anstehenden Boden s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>teilig zerbrochen, mürbe und durch eisenoxidhaltiges<br />

Grundwasser braun gefärbt. E<strong>in</strong>ige Scherben haben e<strong>in</strong>e grob geschlickerte Außenseite.<br />

Sie lassen sich allgeme<strong>in</strong> der Bronze- und vorrömischen Eisenzeit (ca. 1000-<br />

500 v. Chr.) zuweisen.<br />

E<strong>in</strong>e Baubegleitung des unmittelbar h<strong>in</strong>ter dem mittelalterlichen Stadttor gelegenen<br />

„Platz am Ste<strong>in</strong>tor“ im Jahre 2002 erbrachte unter zum Teil massiven neuzeitlichen<br />

Auffüllungen und Planierungen sowie Brandschuttschichten e<strong>in</strong>ige mittelalterliche<br />

Fundamente und Mauerzüge, e<strong>in</strong>e Schwellbalkenunterlage sowie verschiedene<br />

Pflasterungen. 177<br />

Hussitenstraße<br />

Während e<strong>in</strong>er Baubegleitung im Bereich Am Ste<strong>in</strong>tor / Hussitenstraße traten im<br />

Jahr 2002 mögliche Reste e<strong>in</strong>er Brückenkonstruktion auf, die laut dendrochronologischer<br />

Bestimmung e<strong>in</strong>es der Brückenhölzer auf das Jahr 1253 datiert werden kann. 178<br />

Bezieht man hierzu diese Datierung auf die vermutete Stadtgründung um 1230, führt<br />

uns diese Stadtbrücke vor dem Ste<strong>in</strong>tor <strong>in</strong> die erste Ausbauphase der sich entwickelnden<br />

Stadt <strong>Bernau</strong>. Immerh<strong>in</strong> bewegen wir uns hier noch rund 40 Jahre vor der Erstwähnung<br />

<strong>Bernau</strong>s im Jahre 1292 bzw. der Nennung als civitas im Jahre 1296. Diese<br />

spätmittelalterlichen Siedlungsnachweise werden zudem durch e<strong>in</strong>e während der<br />

Tiefbauar<strong>bei</strong>ten im Jahre 1976 nachgewiesene Brandschuttschicht <strong>in</strong> etwa 2,50 m<br />

Tiefe im Bereich Bahnhofstraße / Hussitenstraße vor dem Ste<strong>in</strong>tor bestätigt, aus<br />

der u. a. mehrere Keramikfunde e<strong>in</strong>es zur Hälfte wieder zusammensetzbaren, im<br />

Durchmesser 12 cm betragenden Henkelkruges aus harter Grauware stammen. 179<br />

Zudem fand man im näheren Umfeld dazu spätmittelalterliche Armbrustbolzen<br />

und Schusterwerkzeuge [125].<br />

Ebenfalls im Bereich Bahnhofstraße / Hussitenstraße wurden im Jahre 1992 <strong>bei</strong><br />

Schachtar<strong>bei</strong>ten für e<strong>in</strong>e Schmutzwasserleitung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von ca. 1,20 m-2,00 m<br />

mehrere gut erhaltene Holzlagen, Bohlenwege und Bretterauflagen freigelegt, die<br />

im Mittelalter und <strong>in</strong> der Frühen Neuzeit angesichts der hier beg<strong>in</strong>nenden feuchten<br />

Pankeniederung e<strong>in</strong>en festeren Unterboden und Straßenland gewährten. E<strong>in</strong> regelmäßig<br />

angelegter Holzbohlenweg – konstruiert aus halbrunden Eichenbohlen mit<br />

109


darüber liegenden Knüppellagen aus Birke – verlief <strong>in</strong> etwa <strong>in</strong> derselben Richtung<br />

wie die heutige Hussitenstraße. E<strong>in</strong>e dendrochronologische Datierung verweist auf<br />

die Zeit vor 1232 und belegt so zusammen mit der Datierung der Brückenhölzer e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>tensive Ausbauphase <strong>in</strong> der Mitte des 13. Jahrhunderts.<br />

Die Untersuchungen des <strong>Archäologie</strong>büros <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong> im Bereich der Hussitenund<br />

Bahnhofstraße von Juli bis Oktober 2010 zum grundhaften Ausbau der Straße<br />

e<strong>in</strong>schließlich Medienneuverlegung bestätigen die alten Grabungsergebnisse und<br />

belegen neben dem Aufbau der gesamten Zw<strong>in</strong>geranlage des Ste<strong>in</strong>tors auch e<strong>in</strong>e<br />

Erweiterung des Bohlenwegbereiches im Kreuzungsbereich Bahnhofstraße / Hussitenstraße<br />

(siehe Seite 27 und 63). Von der E<strong>in</strong>mündung der Bahnhofsstraße bis <strong>in</strong><br />

Höhe Hussitenstraße 8 konnte <strong>in</strong> der nördlichen Straßenhälfte e<strong>in</strong> mittelalterlicher<br />

Bohlenweg auf bis zu 2 m Breite <strong>in</strong> mehreren Abschnitten dokumentiert werden. Er<br />

lag zwischen 1,00 und 1,50 m unter der heutigen Straßenoberfläche und bestand<br />

aus quer zur Fahrbahn liegenden Rundhölzern und Spaltbohlen aus Eiche, Weide,<br />

Erle, Kiefer, Ha<strong>in</strong>buche und Birke. Im Bereich der Bahnhofsstraße war der Bohlenweg<br />

zweilagig. Teilweise war er von e<strong>in</strong>er Reisiglage und e<strong>in</strong>er Torfschicht überdeckt. Der<br />

Bohlenweg diente der Befestigung des Zugangs zum Ste<strong>in</strong>tor an dieser im Mittelalter<br />

morastigen Stelle. Aus dem Bohlenweg geborgene Hölzer konnten dendrochronologisch<br />

<strong>in</strong> die Zeit von um/nach 1209 bis 1246 datiert werden [126-127]. 180<br />

110<br />

2 cm<br />

180 Die bislang ältesten nachgewiesenen Hölzer<br />

<strong>Bernau</strong>s s<strong>in</strong>d die Dendroprobe DP 22 um/nach<br />

1209 aus dem Bohlenweg Hussitenstraße und die<br />

Dendroprobe DP 14 1209 (+/-10) aus dem Umfeld<br />

des St.-Gertrauden-Hospital.<br />

[125] Mittelalterlicher<br />

Armbrustbolzen und<br />

Schusterwerkzeuge


[126-127] Fund e<strong>in</strong>es mittelalterlichen<br />

Bohlenwegs im<br />

Kreuzungsbereich Husittenstraße<br />

/ Bahnhofstraße<br />

111


112<br />

[128] Übersicht der archäologisch<br />

dokumentierten<br />

bebauten Flächen, Straßen<br />

und Plätze (Stand: November<br />

2010)


[129] Luftbild<br />

<strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

113


Literatur<br />

AUTORENKOLLEKTIV 1980 Autorenkollektiv: Industrieller Wohnungsbau <strong>in</strong> <strong>in</strong>nerstädtischen Umgestaltungsgebieten.<br />

Erfahrungsbericht über die Beispielplanungen der Städte <strong>Bernau</strong>, Gotha<br />

und Greifswald, Berl<strong>in</strong>, 1980.<br />

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Wissenschaftliche Hausar<strong>bei</strong>t zur 1. Wissenschaftlichen Staatsprüfung für das<br />

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Berl<strong>in</strong> 1885.<br />

BERNDT 2007 I. Berndt: Märkische Ansichten. Die Prov<strong>in</strong>z Brandenburg im Bild der Druckgraphik<br />

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BÜGEL 1993 R. Bügel: Das alte <strong>Bernau</strong>. Historische Stadtansichten von 1880 bis 1960.<br />

Berl<strong>in</strong>, 1993.<br />

114


DANNENBERG 1997 H.-D. Dannenberg: Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts.<br />

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DEALBUQUERQUE LEINEBACH DeAlbuquerque Le<strong>in</strong>ebach MG: Die paläopathologischen Untersuchungen der<br />

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(Ar<strong>bei</strong>tstitel). Inauguraldissertation am Fachbereich Biologie, Chemie und<br />

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FABER 2001 A. Faber: Degenerative Gelenkveränderungen <strong>in</strong> der spätmittelalterlichen Bevölkerung<br />

von <strong>Bernau</strong> (Brandenburg) im Vergleich zu frühneuzeitlichen Bevölkerungen.<br />

Diplomar<strong>bei</strong>t, vorgelegt dem Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien<br />

Universität Berl<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong> 2001.<br />

115


FABER/HORNIG/JUNGKLAUS/NIEMITZ<br />

2003<br />

116<br />

A. Faber, H. Hornig, B. Jungklaus u. C. Niemitz: Age Structure and Selected<br />

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FRISKE 2000 M. Friske:. Die mittelalterlichen Kirchen auf dem Barnim: Geschichte – Architektur –<br />

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GARZ 1999 D. Garz: Paläodontologische Untersuchung der hochmittelalterlichen Skelettserie<br />

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GIERTZ 1991 A. Giertz, Bauste<strong>in</strong>e zu e<strong>in</strong>er Geschichte des Barnim, 3 Bde., Petershagen <strong>bei</strong><br />

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HEDERGOTT 1932 W. Hedergott: <strong>Bernau</strong> <strong>in</strong> sieben Jahrhunderten. In: Festschrift zur 700-Jahr-Feier der<br />

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HEINRICH 1999 G. He<strong>in</strong>rich (Hrsg.), Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands. Berl<strong>in</strong> und<br />

Brandenburg. Mit Neumark und Grenzmark Posen-Westpreußen. X. Band. Stuttgart,<br />

1999.<br />

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Historischer Handatlas für Brandenburg Lfg. 27, Berl<strong>in</strong> o.J., Begleitheft.


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X. HA, Pr.Br.Rep. 16, Kle<strong>in</strong>e Erwerbungen, Nr. 163.<br />

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Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berl<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong> 2002.<br />

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<strong>Bernau</strong> und Berl<strong>in</strong>, 1981.<br />

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Inauguraldissertation am Fachbereich Biologie, Chemie und Pharmazie der<br />

Freien Universität Berl<strong>in</strong> (<strong>in</strong> Ar<strong>bei</strong>t).<br />

117


KELLERKATASTER 2006 Keller <strong>in</strong> Mittelalter und Neuzeit. Bericht über die Tagung „Kellerkataster“ Stralsund<br />

2005. Hrsg. von Stefanie Brüggemann In: Beiträge zur <strong>Archäologie</strong>, Baugeschichte<br />

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LUTZE 2003 Landschaft im Wandel – Der Nordosten Brandenburgs vom 17. Jahrhundert bis<br />

heute. Entdeckungen entlang der Märkischen Eiszeitstraße, Heft 8, Eberwalde, 2003.<br />

MERIAN 1925 M. Merian, Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeranie etc.,<br />

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118


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(13.-16. Jahrhundert) aus <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong>. Diplomar<strong>bei</strong>t vorgelegt dem Fachbereich<br />

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119


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anhand der Analyse stabiler Isotope und Spurenelemente. Inauguraldissertation<br />

zur Erlangung des Doktortitels der Naturwissenschaften des Fachbereichs<br />

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(http://www.diss.fu-berl<strong>in</strong>.de/2006/1/schaeuble.pdf)<br />

SCHICH 1980 W. Schich, Stadtwerdung im Raum zwischen Elbe und Oder, <strong>in</strong>: Germania Slavica I,<br />

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SCHICH 1987 W. Schich, Das mittelalterliche Berl<strong>in</strong> (1237-1411), <strong>in</strong>: Geschichte Berl<strong>in</strong>s Bd. 1, Hrsg.<br />

von W. Ribbe, München 1987, S. 139-248.<br />

SCHMIDT 1990 V. Schmidt: Spätmittelalterliche Töpfereierzeugnisse aus Neubrandenburg,<br />

Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Mecklenburgs, Bd. 5 (1990)<br />

.<br />

SCHMIDT 2006 K. Schmidt: Paläopathologische Untersuchung an Schädeln zweier mittelalterlicher<br />

Populationen im Stadt-Land-Vergleich. Diplomar<strong>bei</strong>t vorgelegt dem Fachbereich<br />

Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berl<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong> 2006.<br />

SCHUMANN 1998 D. Schumann: Methoden bauarchäologischer Materialaufnahme. Ar<strong>bei</strong>tsberichte<br />

zur Bodendenkmalpflege <strong>in</strong> Brandenburg, Bd. 1: Baubefunde auf archäologischen<br />

Grabungen, 1998, 1-3.<br />

SCHUMANN 2001 D. Schumann: Untersuchung der Keller des Hauses Brauerstraße 9 <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong>.<br />

Berl<strong>in</strong> 2001.<br />

SCHULTZE 1972 J. Schultze, Der Oberbarnim – E<strong>in</strong> geschichtlicher Rückblick, <strong>in</strong>: Heimatbuch<br />

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120


SCHULZE 1978 H.K. Schulze, Die Besiedlung der Mark Brandenburg im hohen und späten Mittelalter,<br />

<strong>in</strong>: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 28 (1978),<br />

S. 42-178.<br />

SEILER 1736 T. Seiler: Die Chronik der Stadt <strong>Bernau</strong> 1736. Übertragung der handschriftlichen<br />

Fassung von Karl Bülow, 1995.<br />

SEYER 1987 H. Seyer, Berl<strong>in</strong> im Mittelalter. Die Entstehung der mittelalterlichen Stadt,<br />

Berl<strong>in</strong> 1987.<br />

SIEDLER 1914 J. Siedler: Märkischer Städtebau im Mittelalter. Berl<strong>in</strong>, 1914.<br />

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STEINMANN 2007 B. Ste<strong>in</strong>mann: Beile und Äxte. Bestimmungsbuch. 2007.<br />

SÜNDER-GASS 2000 M. Sünder-Gass, St. Nikolai und St. Marien <strong>in</strong> Stendal und die spätgotischen<br />

Hallenkirchen <strong>in</strong> ihrer Nachfolge. Bauuntersuchungen an den großen Stadtkirchen<br />

<strong>in</strong> Stendal, Tangermünde, Seehausen (Altm.), Werben, Brandenburg (Altstadt) und<br />

<strong>Bernau</strong>, Stendal 2000.<br />

VASOLD 1999 M. Vasold, Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter<br />

bis heute, Augsburg 1999.<br />

WANZEK/WITTKOPP 1995 B. Wanzek/B. Wittkopp.: Spätmittelalterliches Boot entdeckt. Archäologische<br />

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121


WANZEK 1995 B. Wanzek: 570 Jahre Stadtgraben. Untersuchungen im Bereich der mittelalterlichen<br />

Befestigung von <strong>Bernau</strong>, Lkr. Barnim. In: Arch. Berl<strong>in</strong> u. Brandenburg, 1993/94, 1995,<br />

137-138.<br />

WEIß/ REHBERG 1941 M. Weiß/M. Rehberg: Zwischen Schorfheide und Spree. Heimatbuch des Kreises<br />

Niederbarnim. Hrsg. von M. Weiß und M. Rehberg. Berl<strong>in</strong> 1941.<br />

WERNICKE 1894/1992 A. Wernicke: <strong>Bernau</strong>er Stadt-Chronik. Nach amtlichen und anderen sicheren<br />

Quellen. <strong>Bernau</strong> 1888 und 1894, Repr<strong>in</strong>t (Eggersdorf 1992).<br />

WERNICKE 2000 H. Wernicke (Hrsg.), Greifswald: Geschichte der Stadt. Schwer<strong>in</strong>, 1995.<br />

WESTPHAL 2002 Th. Westphal, Frühe Stadtentwicklung zwischen mittlerer Elbe und unterer Oder<br />

zwischen ca. 1150-1300 aufgrund der dendrochronologischen Daten. Universitätsforschungen<br />

zur prähistorischen <strong>Archäologie</strong>; Bd. 86: Schriften zur <strong>Archäologie</strong> der<br />

germanischen und slawischen Frühgeschichte; Bd. 6. Bonn, 2002, 65.<br />

WIENS 1932 G. Wiens, Die Baugeschichte der St.-Marien-Kirche zu <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong>, <strong>in</strong>:<br />

Die Denkmalpflege Zeitschrift für Denkmalpflege, 6. Jahrgang der Zeitschrift<br />

für Denkmalpflege, Berl<strong>in</strong>/ Wien 1932, S. 135-143.<br />

WITTKOPP 2000 B. Wittkopp: Kirchfriedhof und Glockenguss. Untersuchungen an der Marienkirche <strong>in</strong><br />

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WITTKOPP 2001 B. Wittkopp: Glockengussgruben an St. Marien <strong>in</strong> <strong>Bernau</strong>. In: Denkmalpflege im Land<br />

Brandenburg 1990-2000: Bericht des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege<br />

und Archäologischen Landesmuseums. Forschungen und Beiträge zur Denkmalpflege<br />

im Land Brandenburg; Bd. 5, 2001, 576-577.<br />

122


WOLFF 1920 F. Wolff, Die Glocken der Prov<strong>in</strong>z Brandenburg und ihre Gießer, Berl<strong>in</strong> 1920.<br />

ZUHRT 1956 R. Zuhrt: Stomatologische Untersuchungen an spätmittelalterlichen Befunden von<br />

Reckahn (12.- 14. Jh.) – I. Die Zahnkaries und ihre Folgen. Deutsche Zahn-, Mund- und<br />

Kieferheilkunde Bd. 25, 1956, 1-24.<br />

123


Glossar<br />

Dendrochronologie<br />

Grapen<br />

Grauware, harte Grauware<br />

124<br />

ist e<strong>in</strong>e Datierungsmethode, <strong>bei</strong> der die Jahresr<strong>in</strong>ge von Bäumen anhand ihrer unterschiedlichen<br />

Breite e<strong>in</strong>er bestimmten, bekannten Wachstumszeit zugeordnet werden.<br />

Am Holzquerschnitt oder anhand von Bohrproben kann unter bestimmten Voraussetzungen<br />

mit Hilfe von speziellen Jahresr<strong>in</strong>gtabellen neben dem Alter auch die<br />

Herkunft des Holzes bestimmt werden. Die Genauigkeit der Datierung ist jedoch von<br />

mehreren Faktoren abhängig. Präzise ist sie nur, wenn das verbaute Holz noch die<br />

sogenannte Waldkante zeigt, wenn das Holz erstverwendet wurde und sich noch am<br />

Ort der Erstverwendung bef<strong>in</strong>det. Die Waldkante ist die Mantelfläche des Baumes<br />

(R<strong>in</strong>de und Borke), sie ist der jüngste Teil (Jahresr<strong>in</strong>g) des Holzes und zeigt den Übergang<br />

zum Spl<strong>in</strong>t- oder Kernholz. Je nach Holze<strong>in</strong>schlag (<strong>in</strong> der Regel im W<strong>in</strong>ter) spricht<br />

man auch von der Sommerwaldkante. Meistens ist das Fälljahr des Baumes identisch<br />

mit dem Jahr des E<strong>in</strong>baus. Fehlen Jahresr<strong>in</strong>ge (Differenz zur Waldkante), s<strong>in</strong>d nur<br />

Annäherungswerte möglich (z. B. „+/- 10 Jahre”, „um/nach 1786”).<br />

ist e<strong>in</strong> im 12. Jahrhundert entstandenes Kochgeschirr, e<strong>in</strong> zunächst irdener (aus Ton),<br />

später bronzener Topf bzw. Kessel. Er besitzt üblicherweise die Form e<strong>in</strong>er leicht<br />

gedrückten Kugel mit schräg nach außen gezogenem Rand und drei Füßen, so dass<br />

er direkt <strong>in</strong> die Glut gestellt werden konnte. E<strong>in</strong> oder zwei Henkel erlaubten aber<br />

auch die Aufhängung an e<strong>in</strong>em Bügel. Damit konnte der Grapen auch an e<strong>in</strong>em<br />

höhenverstellbaren Kesselhaken (Hal) über die offene Feuerstelle gehängt werden.<br />

typische Gebrauchskeramik des Mittelalters und der frühen Neuzeit aus reduziert<br />

gebranntem Ton. Die Oberfläche wird <strong>bei</strong> niedrigen Brenntemperaturen durch den<br />

Metallanteil grau bis dunkelgrau und ist meist schlicht gehalten, teils mit e<strong>in</strong>fachen<br />

Rillen oder E<strong>in</strong>kerbungen verziert.


Irdenware<br />

Malhornware<br />

Sgrafitto-Keramik bzw. -Technik<br />

stratigraphische Grabung<br />

bezeichnet handgefertigte Töpferware und unterscheidet sich zu Fastste<strong>in</strong>zeug,<br />

Ste<strong>in</strong>zeug und Porzellan durch die Brenntemperatur und die verwendeten Rohstoffe.<br />

Ste<strong>in</strong>zeug ist hochgebrannt und wasserundurchlässig, Irdenware durch die niedrige<br />

Brenntemperatur wasserdurchlässiger. Durch Auftragen e<strong>in</strong>er Engobe (oberflächige<br />

Beschichtung) z. B. aus Tonschlick konnte e<strong>in</strong>e glatte, wasserdichte Oberfläche erzielt<br />

werden.<br />

bezeichnet e<strong>in</strong>e Keramik mit malerischen Verzierungen mit Hilfe e<strong>in</strong>es Malhorns.<br />

Dieses spezielle Malwerkzeug, z. B. e<strong>in</strong> Kuhhorn dessen Spitze abgeschnitten und<br />

mit e<strong>in</strong>em Federkiel zur besseren L<strong>in</strong>ienführung versehen werden konnte, wurde<br />

mit farbigem Tonschlick (Engobe) gefüllt, welcher dann mit variantenreichen Mustern<br />

und Motiven auf die Tonware aufgebracht wurde. Die Oberfläche wurde <strong>in</strong> der<br />

Regel anschließend glasiert. Diese Malweise konnte auch mit der Sgrafitto-Technik<br />

komb<strong>in</strong>iert werden.<br />

erreichte im Mittelalter (12.-14. Jahrhundert) ihren Höhepunkt und bezeichnet e<strong>in</strong>e<br />

Schmucktechnik für Tongefäße. Hier<strong>bei</strong> wird durch Kratztechnik das weiche Material<br />

verziert und anschließend im Ofen gebrannt. Danach werden üblicherweise farbige<br />

Lasuren aufgetragen und der Gegenstand erneut gebrannt.<br />

Die Sgrafitto-Technik wurde auch als Kratzputz besonders während der Renaissance<br />

im 16. Jahrhundert <strong>in</strong> der Architektur zur Verzierung der Fassaden angewandt.<br />

beschreibt das Abtragen der <strong>in</strong> sich geschlossenen, im Regelfall unregelmäßig<br />

horizontal verlaufenden Natur- und Kulturschichten (Straten oder Horizont) e<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Zeitstellung entsprechend ihrer tatsächlichen Mächtigkeit. Diese<br />

Methode unterscheidet sich grundsätzlich von der Planumsgrabung, <strong>bei</strong> der ohne<br />

Berücksichtigung des Verlaufes der Kulturschichten e<strong>in</strong>e möglichst gleichmäßig<br />

horizontal verlaufende, ebene Oberfläche (Planum) angestrebt wird.<br />

125


Bildnachweis<br />

126<br />

[historische Stadtansicht nach Merian<br />

1652; 6, 10-12, 15, 17-19, 21, 38, 48-49,<br />

64, 96, 99, 101, 129]<br />

Bildarchiv, Stadt <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

[1, 2, 82, 115]<br />

Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege<br />

und Archäologisches Museum<br />

(BLDAM)<br />

[3, 4, 9, 23-26, 29-35, 37, 40-47, 50, 57-<br />

59, 61-62, 65-67, 69, 73, 78-79, 84-95,<br />

98, 103-111, 114, 116-122, 124-128]<br />

<strong>Archäologie</strong>büro <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong><br />

[5, 51-54, 71, 112-113 ]<br />

Stadtmuseum <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong>/<br />

B. Eccarius<br />

[7, 13-14, 20, 22, 27-28, 36, 39, 55, 63,<br />

68, 70, 72, 74-77, 80-81, 83, 97, 100, 102,<br />

123]<br />

ews Stadtsanierungsgesellschaft mbH<br />

[8]<br />

rekonstruierter Stadtgrundriss 1620<br />

nach Merian, aus: U. Michas: Die<br />

Eroberung und Besiedelung Nordostbrandenburgs.<br />

Entdeckungen entlang<br />

der Märkischen Eiszeitstraße, Heft 7,<br />

Eberwalde, 2003, S.42.; Markierung der<br />

archäologisch dokumentierten Bereiche:<br />

<strong>Archäologie</strong>büro <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong><br />

[16]<br />

B. Wanzek<br />

[56, 60]<br />

B. Wittkopp


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Stadt <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Der Bürgermeister<br />

Marktplatz 2<br />

16321 <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Tel./Fax.: 0 33 38 - 3 65 - 0/1 05<br />

stadtverwaltung@bernau-<strong>bei</strong>-berl<strong>in</strong>.de<br />

www.bernau.de<br />

Autor:<br />

Torsten <strong>Dressler</strong>, M.A.<br />

<strong>Archäologie</strong>büro <strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong><br />

Goethestr. 22a<br />

16548 Glienicke-Nordbahn<br />

Tel./Fax.: 0 33 0 56 - 43 79 - 60 /61<br />

e-mail: t.dressler@abd-dressler.de<br />

Homepage: www.abd-dressler.de<br />

Lektorat:<br />

Berna Kühne-Spicer, Storkow (Mark)<br />

Darstellungen/Karten:<br />

G. Bethmann + T. <strong>Dressler</strong>/<strong>ABD</strong>-<strong>Dressler</strong><br />

Gestaltung und Herstellung:<br />

ews Stadtsanierungsgesellschaft mbH<br />

Grünberger Straße 26<br />

10245 Berl<strong>in</strong><br />

Tel./Fax.: 0 30 - 29 38 11 - 0/20<br />

<strong>in</strong>fo@ews-stadtsanierung.de<br />

www.ews-stadtsanierung.de<br />

Redaktionsschluss:<br />

01. 11. 2010<br />

Auflage:<br />

1.000 Exemplare<br />

Druck:<br />

Tastomat Druck GmbH<br />

Petershagen/Eggersdorf<br />

Die Publikation wurde im Rahmen der Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t anteilig aus Mitteln<br />

der Stadterneuerung des Landes Brandenburg sowie des Bundes gefördert.<br />

127


128


Stadt <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong> | Der Bürgermeister<br />

Marktplatz 2 | 16321 <strong>Bernau</strong> <strong>bei</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Telefon (0 33 38) 3 65 0 | Fax (0 33 38) 3 65 1 05<br />

stadtverwaltung@bernau-<strong>bei</strong>-berl<strong>in</strong>.de | www.bernau.de

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