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Archäologie in Bernau bei Berlin - ABD-Dressler

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Die Gründungstiefe des Stadtmauerfundaments reichte nicht bis auf diese mittelalterliche<br />

Siedlungsschicht h<strong>in</strong>ab, sondern setzte ca. 75 cm darüber an. Die zur Stadtmauer<br />

h<strong>in</strong> ansteigenden bzw. stark e<strong>in</strong>fallenden Schichten wurden somit unmittelbar<br />

vor bzw. nach dem Mauerbau aufgetragen. Dies lässt darauf schließen, dass sich <strong>in</strong><br />

diesem Bereich des heutigen Stadtmauerweges e<strong>in</strong>e tiefe Senke befand. Diese wurde,<br />

beg<strong>in</strong>nend mit den Aufschüttungen für den Mauersockel, erst nach und nach verfüllt<br />

und wohl erst <strong>in</strong> der frühen Neuzeit nach der flächigen E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung der Schuttschichten<br />

als Pflasterweg begehbar.<br />

Vor der Straßennutzung wurde hier häufig Abfall entsorgt, wie die hohe Anzahl von<br />

Schuttgruben belegt. In e<strong>in</strong>er dieser Gruben fand sich sehr dicht gepackter Glaserabfall<br />

bestehend aus Resten von runden Butzenscheiben, z. T. <strong>in</strong> Bleifassung sowie<br />

streifenförmige Randabschnitte von 2 mm dickem Tafelglas. 69 Das Glas ist klar und<br />

farblos bis gelblich. Weiterh<strong>in</strong> enthielt die Grube zahlreiche Streifen von Flachglasabschnitten,<br />

Bruchstücke rund gebrochener Gläser (Butzen), Bleistreifen für die Butzenscheibenherstellung,<br />

verschiedene Eisenteile sowie e<strong>in</strong>en Tonpfeifenstiel. Gleiche<br />

Flachglasstreifen sowie Bruchstücke von Butzen fanden sich auch <strong>in</strong> der Verfüllung<br />

des benachbarten Abwassergrabens. Unter den geborgenen Glasstreifen fielen e<strong>in</strong>ige<br />

wenige bemalte Scherben e<strong>in</strong>es Glaspokals mit S<strong>in</strong>nspruch und e<strong>in</strong>em Zunftwappen<br />

auf. Die dargestellten Instrumente und Werkzeuge wie Zirkel, Breit<strong>bei</strong>l, Stechaxt, Setzlot<br />

und Schrotsäge weisen deutlich auf die Zunft der Zimmermannsleute h<strong>in</strong>.<br />

Der S<strong>in</strong>nspruch konnte wegen fehlender Stücke jedoch noch nicht gedeutet werden.<br />

Erhalten blieb aber die unter dem Text bef<strong>in</strong>dliche Jahreszahl: 1716 [30-31]. 70 Für e<strong>in</strong><br />

Halbfabrikat spricht, dass die Bemalung noch nicht überfangen war und sich das<br />

Gefäß also noch <strong>in</strong> der Herstellung befand sowie se<strong>in</strong>e Lage zwischen Unmengen an<br />

Glaserabfall. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass im Bereich Berl<strong>in</strong>er Straße 7 bis 9<br />

e<strong>in</strong>schließlich der langgestreckten Grundstücke bis zum Stadtmauerweg Anfang des<br />

18. Jahrhunderts e<strong>in</strong>e Glaserwerkstatt bestanden haben muss.<br />

Im untersuchten Bereich wurden 4 Gräben angeschnitten [32]. Graben 1 verlief parallel<br />

zur Goethestraße rechtw<strong>in</strong>klig auf die Stadtmauer zu und führte wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

unter dieser h<strong>in</strong>durch weiter. Der über 2 m breite Graben, dessen Sohle nicht erreicht<br />

wurde, schnitt durch die mittelalterliche Schicht bis <strong>in</strong> den anstehenden Boden e<strong>in</strong>.<br />

32<br />

[30-31] Scherben e<strong>in</strong>es<br />

Zunftpokals mit der<br />

Jahreszahl 1716 und der<br />

Rekonstruktionsversuch<br />

des S<strong>in</strong>nspruchs

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