KulturFenster Nr. 06|2014 - Dezember 2014
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Aus Verband und Bezirken<br />
„Land und Leute kennenlernen“<br />
Wieso in die Ferne schweifen, wenn Interessantes und Wissenswertes so nah liegt?<br />
Unter dem Motto „Land und Leute kennenlernen“<br />
hatte der Heimatpflegeverein<br />
Naturns-Plaus zu einer Fahrt ins Sarntal<br />
mit Besichtigung des Rohrerhauses und<br />
anschließender Einkehr im Gasthof „Höllriegl“<br />
eingeladen.<br />
Allerlei Wissenswertes<br />
Auf der Fahrt ins Sarntal genossen die<br />
Teilnehmer den Blick auf die herbstlich<br />
gefärbte Landschaft und erfuhren von<br />
Josef Pircher, dem Vorsitzenden des Vereines,<br />
vieles über Geschichte und Kultur<br />
des Sarntales. Er wusste zu erzählen vom<br />
alten Kuntnersweg, der angelegt wurde,<br />
um die vordere Talenge zu umgehen, von<br />
der Anlegung der Straße und vom späteren<br />
Ausbau durch die wilde Porphyrschlucht.<br />
Er wies auf die Burgen hin, die<br />
immer noch beredte Zeugnisse der mittelalterlichen<br />
Vergangenheit bilden. Auch die<br />
Bindergasse in Bozen mit den historischen<br />
Gaststätten blieb als beliebter Treffpunkt<br />
der Sarner nicht unerwähnt.<br />
Eigenart des Tales<br />
Die lange Abgeschlossenheit des Tales<br />
war wohl die Ursache für die Entwicklung<br />
und Eigenart der Bevölkerung in Sitte und<br />
Brauchtum. Sie ist sich des Wertes der Natur<br />
und seiner eigenständigen Kultur bewusst,<br />
ist ihrer Wesensart treu geblieben<br />
und mit einer Dosis biederer Schlauheit<br />
ausgestattet, die in den vielen Sarner Witzen<br />
den Niederschlag findet.<br />
Einblicke in den Rohrerhof<br />
Bei der Ankunft im Rohrerhaus schweiften<br />
bewundernde Blicke vorerst über grüne<br />
Matten mit weidenden Rindern, Schafen<br />
und Haflingerpferden und über Schloss<br />
„Reinegg“, ein wuchtiger Bau, wo die Grafen<br />
von Sarnthein die Gerichtsbarkeit über<br />
das Tal ausübten hatten und wo auch die<br />
„Bachler Zottl“, eine Sarntaler Hexe, ihre<br />
Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen abzuwarten<br />
hatte.<br />
Der Heimatpflegeverein lauscht gespannt den interessanten Ausführungen.<br />
Die Heimatpfleger wurden vom Bürgermeister<br />
Franz Locher herzlich begrüßt<br />
und konnten Näheres über die<br />
Geschichte und heutige Nutzung des<br />
Rohrerhofes erfahren. Dieser, erstmals<br />
um 1288 erwähnt, galt früher als einer<br />
der größten Höfe des Tales und befand<br />
sich früher am Ortsrand von Sarnthein.<br />
Heute steht er mitten in den Wohnsiedlungen.<br />
Nach dem Ableben der letzten<br />
Besitzer kaufte die Gemeinde das Bauernhaus,<br />
das nach den Vorschriften des<br />
Denkmalamtes saniert und kulturellen<br />
Zwecken zugeführt wurde.<br />
Kunstsinn und Geschmack<br />
Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen<br />
durch das Haus geführt, das sich als Ort<br />
der Begegnung sieht und nicht so sehr<br />
als statisch museale Einrichtung. Stuben<br />
und Kammern blieben so eingerichtet wie<br />
sie früher waren. Die Räume zeugen von<br />
natürlichem Kunstsinn und Geschmack.<br />
Besondere Aufmerksamkeit wurde den<br />
alten Vertäfelungen in den Stuben, der<br />
urigen Küche und der Sarner Bauerntracht<br />
gewidmet. So erfuhren die Besucher,<br />
dass der Sarner bei der Herstellung<br />
verschiedenster Gebrauchsgegenstände<br />
aus Holz immer schon außerordentlich<br />
geschickt war. Bewundernswert bleiben<br />
die Trachten, die in mühevoller Handarbeit<br />
hergestellt wurden. Die Federkielstickerei<br />
im Tal hat sich behauptet und ist<br />
stets mit Aufträgen eingedeckt.<br />
Heute öffentlicher Raum<br />
Räume, die umgestaltet worden sind,<br />
stehen nun offen für Veranstaltungen,<br />
Seminare und Ausstellungen jeglicher<br />
Art und können auch gemietet werden.<br />
Dem Verein Rohrerhaus obliegt die Organisation<br />
und die kulturelle Tätigkeit.<br />
Kürzlich lief die Ausstellung „Verliebt, verlobt,<br />
verheiratet“ und gab Einblicke in fast<br />
vergessene Bräuche für die Zeit vor und<br />
während der Hochzeit, in der besonders<br />
strenge Sitten und Regeln galten.<br />
Im Außenbereich konnten Bauerngarten,<br />
verschiedene Zäune, Backofen und<br />
Mühle besichtigt werden.<br />
Reicher an Erkenntnissen und Erinnerungen<br />
begaben sich die Teilnehmer in<br />
den kürzlich sanierten Gasthof Höllriegl<br />
zur „Sarnermarend“ und brachen dann<br />
wohlgelaunt zur Heimfahrt auf.<br />
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