Schmerztherapie 1/2010 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
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Nervenheilkunde 2003;22:531-670<br />
Neurologie<br />
nächst eine umfassende Beratung über die<br />
Attackenbehandlung und die prophylaktische<br />
<strong>Therapie</strong> beinhalten. Die folgenden Schritte<br />
bieten sich an.<br />
<strong>Therapie</strong> der menstruations-<br />
bedingten Migräne<br />
Bei der Attackenbehandlung sollte individuell<br />
auf die Schwere und Dauer der einzelnen Migräneattacke,<br />
die auch intraindividuell schwanken<br />
kann, geachtet werden. Die Patienten<br />
sollten angeleitet werden, sich migränespezifisch<br />
zu behandeln, sobald Vorbotensymptome<br />
entstehen und leichte Kopfschmerzen auftreten.<br />
Falls eine Behandlung fehlschlägt oder<br />
die Symptome zu Beginn der Erkrankung sehr<br />
heftig sind, ist es sinnvoll, sich mit migränespezifischen<br />
Medikamenten wie den Triptanen<br />
zu behandeln. Patienten, die sowohl auf Analgetika<br />
als auch auf Triptane nicht ausreichend<br />
ansprechen, bedürfen einer weitergehenden<br />
Diagnostik und Anamnese. Häufig ist auch das<br />
Nichtansprechen auf die Akuttherapie oder ein<br />
Nachlassen der Wirkung ein erster Hinweis<br />
auf einen beginnenden medikamenteninduzierten<br />
Dauerkopfschmerz (Medikamenteneinnahme<br />
mehr als die Hälfte aller Tage eines<br />
Monats).<br />
In der ersten Stufe der Migränebehandlung<br />
können freiverkäufliche <strong>Schmerz</strong>mittel wie<br />
Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Acetaminophen<br />
eingesetzt werden. Vorzugsweise sollten<br />
die Substanzen löslich oder als Zäpfchen zugeführt<br />
werden. Die Absorption kann möglicherweise<br />
durch Kombination mit prokinetischen<br />
Antiemetika wie Domperidon oder Metoclopramid<br />
verbessert werden. Entscheidend ist der<br />
frühe Einsatz dieser Medikation in ausreichend<br />
hoher Dosierung.<br />
Abb. 1: Charakteristisches <strong>Schmerz</strong>tagebuch<br />
bei menstruationsbedingter Migräne.<br />
Gemäß den Empfehlungen der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft steht<br />
der Einsatz von Triptanen an zweiter Stelle der<br />
Migräne-Akutbehandlung. Für eine kleine Anzahl<br />
von Patientinnen ist die spezifische Prophylaxe<br />
als Kurzzeitprophylaxe mit NSAR oder<br />
transdermalem Östrogen sinnvoll.<br />
Eine kontinuierliche Hormongabe unterbindet<br />
die Ovulation und stellt relativ stabile Östrogenspiegel<br />
sicher. Somit kann durch eine kontinuierliche<br />
hormonelle Antikonzeption bei einigen<br />
Frauen die Migräne verbessert werden (Tab. 2).<br />
Migräne und Kontrazeption<br />
Kopfschmerzen sind eine häufige Nebenwirkung<br />
bei Einnahme von hormoneller Antikonzeption,<br />
bilden sich aber meistens nach längerer<br />
Einnahme zurück. Hinsichtlich der Migrä-<br />
Tab. 1: Klassifikation der mentruationsassoziierten und menstruellen Migräne<br />
Klassifikation<br />
Rein menstruelle Migräne ohne Aura<br />
Attacken treten ausschließlich am Tag 1±2 der Menstruation (d.h. Tag –2 bis + 3) in mindestens<br />
2 von 3 Zyklen auf<br />
Menstruationsassoziierte Migräne ohne Aura<br />
Attacken treten am Tag 1±2 der Menstruation (d.h. Tag –2 bis + 3) in mindestens 2 von<br />
3 Zyklen auf, zusätzlich aber auch zu anderen Zeiten des Zyklus<br />
Tab. 2: <strong>Therapie</strong>möglichkeiten der menstruellen Migräne mit Hormonen<br />
ZIEL: Minimierung von Hormonfluktuationen<br />
■ Östrogenergänzungstherapie perimenstruell (Gel, Pflaster)<br />
■ Modifizierung der Kontrazeptivatherapie (kontinuierliche Pilleneinnahme)<br />
■ Unterdrückung des Ovarialzyklus (Antiöstrogene, LHRH-Agonisten)<br />
ne haben hormonelle Antikonzeptiva folgende<br />
Wirkungen: keine Veränderung, Verbesserung<br />
der Migräne in der pillenfreien Phase, Verschlechterung,<br />
Beginn der Migräne de novo<br />
oder Aura de novo. Grundsätzlich bestehen<br />
keine Bedenken gegen die Verordnung einer<br />
hormonellen Antikonzeption bei Frauen mit<br />
Migräne. Das Schlaganfallrisiko ist jedoch bei<br />
Patientinnen, die übergewichtig sind und rauchen,<br />
erhöht. Patientinnen, die an einer Migräne<br />
mit Aura mit mehr als zwei kardiovaskulären<br />
Risikofaktoren leiden, sollten auf andere Kontrazeptiva<br />
ausweichen. Patientinnnen, die vor<br />
allen Dingen während der Pillenpause an Migräne<br />
leiden, können ein sogenanntes „Tricycling“<br />
praktizieren, d.h. drei Monate lang die<br />
Pille durchnehmen, dann eine Pillenpause herbeiführen.<br />
Natürlich besteht auch die Möglichkeit<br />
einer Depotinjektion. ■<br />
INFO-Telegramm<br />
Astrid Gendolla, Essen<br />
Schnelle <strong>Schmerz</strong>linderung nach<br />
Radiotherapie<br />
Eine Radiotherapie mit einer mittleren Gesamtdosis<br />
von 46 Gy bei Krebsschmerz lindert bei jedem<br />
zweiten Patienten den Krebsschmerz vollständig<br />
(bei 45 von 91 Patienten, 49%) und bei<br />
91% immerhin partiell um mehr als 50%, ergab<br />
eine japanische Studie von Nomiya T et al. Bereits<br />
innerhalb von 13 Tagen nahmen die<br />
<strong>Schmerz</strong>en um 50% ab und die vollständige<br />
<strong>Schmerz</strong>linderung trat durchschnittlich nach 24<br />
Tagen ein, sodass auch am Ende der Radiotherapie<br />
bei 44% die Analgetikaeinnahme reduziert<br />
werden konnte (Clin J Pain <strong>2010</strong>;26(1):38–42).<br />
Was leistet die Akupunktur bei<br />
Rückenschmerz?<br />
Nach wie vor fehlen große Studien, die die Effektivität<br />
der Akupunktur bei Rückenschmerz<br />
absichern könnten. Zu diesem Schluss kommen<br />
die amerikanischen Autoren K. Lewis und S.<br />
Abdi aus Miami aufgrund eines neuen Reviews<br />
über den Einsatz der Akupunktur bei Rückenschmerz<br />
und fordern weitere klinische Studien<br />
(Clin J Pain <strong>2010</strong>;26(1):60–9).<br />
Migräne und Depressionen genetisch<br />
verknüpft<br />
Migräne mit Aura ist bidirektional genetisch<br />
mit Depressionen verknüpft. Dies zeigt eine<br />
neue genetische Studie von A. H. Stam et al.<br />
an 151 Patienten mit beiden Erkrankungen,<br />
die nur durch gemeinsame genetische Faktoren<br />
erklärt werden kann (Neurology, <strong>2010</strong>,<br />
Epub ahead of print).<br />
18 SCHMERZTHERAPIE 1/<strong>2010</strong> (26. Jg.)