Schmerztherapie 1/2010 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
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Editorial<br />
Versorgung in der<br />
Breite sichern!<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
„Versorgung in der Breite sichern!“ lautet das auf den ersten Blick provokante<br />
Leitthema des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtages 010. Kümmert sich nicht<br />
jeder Arzt in Deutschland um die <strong>Schmerz</strong>en seiner Patienten?<br />
Ohne jede Frage ist Leiden und <strong>Schmerz</strong>en zu lindern eine hohe ärztliche Heraus-<br />
forderung, die für die meisten von uns Motivation war, diesen Beruf zu ergreifen.<br />
Die Politik kennt keinen <strong>Schmerz</strong><br />
Trotzdem ist auch im 26. Jahr des Bestehens der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Gesellschaft</strong> für <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> e. V. die Entstehung, Diagnostik<br />
und <strong>Therapie</strong> chronifizierter <strong>Schmerz</strong>en weiterhin kein<br />
obligates akademisches Lehr- und Prüffach.<br />
In seinem finalen gesetzgeberischen Akt hat der letzte<br />
<strong>Deutsche</strong> Bundestag die Einführung eines Pflichtfaches<br />
<strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> in die Approbationsordnung erneut verpasst.<br />
Für viele Parlamentarier ist auch heute noch die <strong>Therapie</strong><br />
chronischer <strong>Schmerz</strong>en gleichbedeutend mit Tumorschmerztherapie.<br />
Das große Heer der nicht tumorbedingten<br />
<strong>Schmerz</strong>en spielt in ihrer Wahrnehmung – weil überwiegend<br />
gesund – keine Rolle.<br />
Wie viele von Ihnen wissen, hatte ich nach der verpassten<br />
Abstimmung des <strong>Deutsche</strong>n Bundestages unmittelbar alle<br />
Bundestagsabgeordneten, Bundestagskandidaten für den<br />
neuen Bundestag, Ministerpräsidenten und Landessozial-<br />
und -gesundheitsminister angeschrieben und auf diesen<br />
schweren Mangel hingewiesen. Die zahlreichen positiven<br />
Antworten lassen hoffen, dass ein neuer Anlauf erfolgversprechender<br />
ausgeht.<br />
Koalition gegen den <strong>Schmerz</strong><br />
Die 2003 von der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> für <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong>,<br />
der DGSS und der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>liga gebildete Koalition<br />
gegen den <strong>Schmerz</strong>, inzwischen erweitert um die <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> für Palliativmedizin, die IGOST und den BVSD,<br />
nimmt sich in einer gemeinsamen Anstrengung erneut dieses<br />
Themas an. Wenn Sie diese Zeilen lesen, hat bereits ein parlamentarisches<br />
Frühstück mit den neuen Mitgliedern des gesundheitspolitischen<br />
Ausschusses des Bundestages stattgefunden,<br />
das genau diese Thematik aufgreift: Implementierung<br />
der <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> in die Approbationsordnung als Pflichtfach<br />
als wichtige Voraussetzung einer Verbesserung der<br />
<strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong>, Aufnahme des chronischen <strong>Schmerz</strong>es in<br />
die zuweisungsauslösenden Diagnosen des Morbi-RSA sowie<br />
den Wegfall der Austauschpflicht für stark wirksame Opioide in<br />
der <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> im Rahmen der Rabattgesetzgebung.<br />
Ziel dieser Bemühungen ist nicht die Monopolisierung der<br />
<strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> für wenige Spezialisten, sondern die Implementierung<br />
einer abgestuften <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> und eine<br />
Gerhard H. H. Müller-<br />
Schwefe, Göppingen<br />
Prävention chronischer <strong>Schmerz</strong>en, die bei jedem Hausarzt<br />
und Facharzt als erste Anlaufstelle stattfinden muss.<br />
Agenda 2020 der DGS<br />
Dieses Ziel findet sich auch in den Leitsätzen wieder, die der<br />
Vorstand der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Gesellschaft</strong> für <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> im<br />
Rahmen einer Klausurtagung vom 4. bis 6. Februar <strong>2010</strong> formuliert<br />
hat:<br />
■ Die DGS versteht sich als primärer Ansprechpartner in allen<br />
Fragen der Versorgung von Patienten mit <strong>Schmerz</strong>en.<br />
■ Die DGS steht für eine flächendeckende und abgestufte Versorgung<br />
aller Patienten mit <strong>Schmerz</strong>en und als Interessenvertretung<br />
aller entsprechend aktiven Fachgruppen.<br />
■ Die DGS sieht den mündigen Patienten als Partner; sie unterstützt<br />
die <strong>Deutsche</strong> <strong>Schmerz</strong>liga als Patientenselbsthilfeorganisation<br />
und befürwortet partizipative Behandlungskonzepte.<br />
■ Die DGS verfolgt die Prävention der <strong>Schmerz</strong>chronifizierung<br />
als vorrangiges Ziel.<br />
■ Die DGS sieht <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> und Palliativmedizin als untrennbare<br />
Schwerpunkte ihrer Arbeit.<br />
All diese Leitsätze sind mit Maßnahmen hinterlegt, die das<br />
eine Ziel haben, Prävention und <strong>Therapie</strong> von chronischen<br />
<strong>Schmerz</strong>en für alle Patienten in Deutschland verfügbar zu<br />
machen.<br />
<strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> braucht Zeit<br />
Zwischen geldgierig und ineffizient spielten sich die Kommentare<br />
ab, die die Analyse der Barmer GEK ausgelöst hatte, nach<br />
der Patienten in Deutschland im Durchschnitt 18-mal zum Arzt<br />
gehen – signifikant häufiger als in allen anderen Nationen.<br />
Ohne Frage spiegelt diese Zahl jedoch ein Dilemma wider,<br />
in das unser Gesundheitssystem Patienten und Ärzte gebracht<br />
hat: Die sorgfältige ausführliche Anamneseerhebung<br />
und Untersuchung wird nicht vergütet. Wer’s trotzdem macht,<br />
riskiert den eigenen Bankrott. Konsequenter Weise werden<br />
häufige Überweisungen zu bildgebenden Verfahren und Diagnostik<br />
in zahlreichen Gebieten für diesen Patienten typische<br />
Merkmale ihrer Karriere.<br />
Eine bessere Versorgung werden wir allerdings nur erzielen,<br />
wenn jeder Arzt gerüstet ist, Probleme der <strong>Schmerz</strong>chronifizierung<br />
frühzeitig zu identifizieren und mit ausreichend<br />
SCHMERZTHERAPIE 1/<strong>2010</strong> (26. Jg.)