Schmerztherapie 1/2010 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
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vergüteter Zeit Anamnese und Basisdiagnostik zu erheben.<br />
Deshalb ist <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> wirklich eine Aufgabe für alle<br />
Ärzte in einem abgestuften Versorgungssystem.<br />
<strong>Deutsche</strong>r <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtag <strong>2010</strong><br />
Diesem Anliegen widmet sich intensiv der <strong>Deutsche</strong> <strong>Schmerz</strong>-<br />
und Palliativtag <strong>2010</strong>. Bereits der Eröffnungsvortrag von Klaus<br />
Kutzer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D., mit<br />
dem Thema „Recht auf <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> versus ökonomische<br />
Zwänge – woran orientiert sich <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong>?“ steckt den<br />
Rahmen für die kommenden Veranstaltungen ab.<br />
Sprengstoff birgt auch das erste Symposium im Rahmen<br />
des <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>tages am 18. März <strong>2010</strong> mit dem<br />
Thema „LONTS Leitlinie (Langzeitopioidtherapie bei nicht<br />
Tumorschmerz) – das Ende der Opioidtherapie?“ Sicherlich<br />
kontrovers wird hier die Frage diskutiert werden, ob Opioide<br />
in der <strong>Therapie</strong> von nicht tumorbedingten <strong>Schmerz</strong>en den adäquaten<br />
Stellenwert haben, über- oder unterschätzt werden.<br />
Zahlreiche Hands-on-Workshops, Refresherkurse und<br />
Praktikerseminare spannen ein weites Feld von Hypnotherapie<br />
über Stoßwellen- und Hochtontherapie zu orthomole-<br />
„Meine Leber brennt“<br />
SCHMERZTHERAPIE 1/<strong>2010</strong> (26. Jg.)<br />
Editorial<br />
kularer <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong>, Untersuchungstechniken, therapeutischer<br />
Lokalanästhesie, Palliativversorgung und auch<br />
zu Themen wie Borreliose, Hyperalgesie und anderen. Nicht<br />
zuletzt spielen Gesundheitsökonomie und Stammzellen in<br />
der <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> im Rahmen der großen Themenvielfalt<br />
eine Rolle.<br />
Zu all diesen Veranstaltungen lade ich Sie herzlich ein.<br />
Nützen Sie die Chance, sich für die <strong>Schmerz</strong>medizin des 21.<br />
Jahrhunderts zu rüsten. Ich freue mich auf die Begegnung<br />
mit Ihnen auf dem <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtag in<br />
Frankfurt am Main und grüße Sie herzlich<br />
Ihr<br />
Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe<br />
Präsident<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Gesellschaft</strong> für <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> e. V.<br />
Sprachbarrieren und ein ganzheitlicheres Krankheitsverständnis führen bei Migranten schnell zu Missverständnissen<br />
und gefährlichen Fehldiagnosen. Über die interkulturellen Aspekte bei der Kommunikation<br />
mit Migranten und die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) informiert Daniela Bröhl, Sachgebietsleiterin<br />
Integration, Migration und Flucht und Sozialarbeiterin, Diakonie in Düsseldorf.<br />
Frau Karam (Name geändert) aus Marokko<br />
krümmt sich vor <strong>Schmerz</strong>en und weint:<br />
„Meine Leber brennt, meine Leber brennt!“ Die<br />
Aufregung des Praxispersonals legt sich<br />
schnell. Frau Karam wird von Jamila Bougrine<br />
begleitet, die als Sprach- und Kulturmittlerin im<br />
Rahmen des EU-Projektes „Coach-Mi: Coaching<br />
für Chancengleichheit in der Gesundheitsversorgung<br />
für Migrantinnen“ Klientinnen<br />
zu Arztbesuchen begleitet. Sie erklärt der Ärztin,<br />
dass die Mutter der Patientin gestorben sei.<br />
Die Redewendung „meine Leber brennt“ sei<br />
der Ausdruck ihres <strong>Schmerz</strong>es. Die Sprachmittlerin<br />
unterstützt Frau Karam und die Ärztin<br />
dabei, kultursensibel miteinander umzugehen<br />
und möglichen Fehldiagnosen vorzubeugen.<br />
Verwirrende Organmetaphern<br />
Auch im <strong>Deutsche</strong>n gibt es Organmetaphern:<br />
die Laus, die über die Leber läuft, das Herz,<br />
das bricht, der Kummer, der auf den Magen<br />
schlägt. In anderen Kulturen gibt es andere<br />
Metaphern, die bei einer sprachlich schwie-<br />
rigen Verständigung für noch mehr Verwirrung<br />
sorgen.<br />
Für viele Arztpraxen ist die Behandlung von<br />
Menschen mit Migrationshintergrund Alltag.<br />
Dennoch kommt es immer wieder aufgrund<br />
kultureller und sprachlicher Missverständnisse<br />
zu Irritationen aufseiten von Ärzten und Patienten,<br />
die gravierende gesundheitliche Konsequenzen<br />
nach sich ziehen können.<br />
Wo sitzt der <strong>Schmerz</strong>?<br />
Der Arzt ist daran gewöhnt, dass der „deutsche“<br />
Patient versucht, den <strong>Schmerz</strong> genau zu lokalisieren<br />
und zu beschreiben. Er hält es in der Regel<br />
für möglich, dass „nur“ ein Teil seines Körpers<br />
erkrankt ist und trennt zwischen Körper und Psyche.<br />
Islamische und einige afrikanische Kulturkreise<br />
haben ein ganzheitlicheres Verständnis<br />
von Körper und Psyche. Der <strong>Schmerz</strong> ist überall.<br />
Eine genau lokalisierte Krankheit, die nicht die<br />
gesamte leiblich-seelische und soziale Befindlichkeit<br />
des Betroffenen in Mitleidenschaft zieht, ist<br />
unvorstellbar. Der ganze Mensch ist krank.<br />
<strong>Deutsche</strong>r <strong>Schmerz</strong>-<br />
und Palliativtag <strong>2010</strong><br />
in Frankfurt a. Main<br />
Daniela Bröhl,<br />
Düsseldorf<br />
Starke Somatisierung<br />
Gerade psychische Leiden werden mit organischen<br />
Beschwerden in Verbindung gebracht:<br />
„Mein Kopf ist erkältet“ bedeutet für den türkischen<br />
Patienten weder Kopfschmerzen noch<br />
eine Erkältung, sondern ist der Ausdruck einer<br />
angeschlagenen psychischen Verfassung, vergleichbar<br />
mit „ich werde verrückt“. Der „gebrochene<br />
Arm“ heißt, man fühlt sich ohne Halt, die<br />
„geplatzte Gallenblase“ verdeutlicht, über etwas<br />
sehr erschrocken zu sein. Diese Aufzählung<br />
lässt sich beliebig fortführen. Diese Art<br />
des Ausdrucks von <strong>Schmerz</strong>en, das <strong>Schmerz</strong>verhalten,<br />
aber auch der körperliche Ausdruck<br />
von aus unserer Sicht psychischen Problemen<br />
können auf Ablehnung und Unverständnis stoßen<br />
(Domenig in Machleidt, 2008).<br />
Somatisierte <strong>Schmerz</strong>en bei PTBS<br />
Ein Teil der zugewanderten Bevölkerung ist vor<br />
Kriegen, Folter und Verfolgung geflüchtet und<br />
leidet an teilweise unerkannten psychischen<br />
Traumata. Bei der Begutachtung von Menschen