Schmerztherapie 1/2010 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
Schmerztherapie 1/2010 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
Schmerztherapie 1/2010 - Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Schmerz</strong>patienten zwischen<br />
Wunsch und trauriger Realität<br />
Mehr Lebensqualität durch eine bessere schmerztherapeutische Versorgung mit weniger<br />
<strong>Schmerz</strong>en, das ist der größte Wunsch von <strong>Schmerz</strong>kranken hierzulande. Nach<br />
wie vor wird europaweit an wirksamen und verträglichen <strong>Schmerz</strong>mitteln gespart,<br />
sodass die Betroffenen vielfach den Lebensmut verlieren und ihr Alltag zur Hölle<br />
wird. Einen erschütternden Einblick in die Situation <strong>Schmerz</strong>kranker schilderten die<br />
Experten* und forderten nachdrücklich, dass stark wirksame und gut verträgliche<br />
Analgetika, insbesondere die modernen Retardopioide der WHO-Stufe III, frühzeitiger<br />
zum Einsatz kommen müssten.<br />
PainStory deckt europaweit Defizite auf<br />
Eine europaweite Studie (Pain Study Tracking<br />
Ongoing Responses for a Year) in 13 europäischen<br />
Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland,<br />
Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Niederlande,<br />
Norwegen, Schweden, Schweiz,<br />
Spanien, Großbritannien), bei der die Lebensqualität<br />
von 294 <strong>Schmerz</strong>kranken über ein Jahr<br />
verfolgt wurde, bestätigt die verbesserungswürdige<br />
Situation von <strong>Schmerz</strong>kranken. Nach<br />
einem Jahr hatten trotz Behandlung 95% der<br />
Befragten mittelstarke bis starke <strong>Schmerz</strong>en,<br />
erklärte Dipl.-Psych. Christine Liebers vom<br />
Marktforschungsinstitut Ipsos, Hamburg. 19%<br />
beklagten sogar, dass ihre <strong>Schmerz</strong>en in dem<br />
Jahr zugenommen hätten. Trotz der massiven<br />
<strong>Schmerz</strong>en erhielten aber nur 12% starke Opioide.<br />
64% sind im Glauben, dass sie die bestmögliche<br />
<strong>Therapie</strong> erhielten. Jeder Fünfte<br />
nahm allerdings wegen Nebenwirkungen sein<br />
Analgetikum auch nicht so ein wie verordnet.<br />
Zudem gingen die Patienten nicht regelmäßig<br />
zum Arzt, zu Studienbeginn konsultierten noch<br />
83%, nach einem Jahr nur noch 70% ihren<br />
Arzt. Die Folge war, dass starke <strong>Schmerz</strong>en<br />
die Lebensqualität der Patienten weiterhin<br />
einschränkten, Alltagsarbeiten konnten kaum<br />
mehr verrichtet werden und der <strong>Schmerz</strong><br />
kontrollierte das Leben. Zwei Drittel leiden an<br />
Depressionen und Angstzuständen, schilderte<br />
Liebers. Tagebücher und Illustrationen zeigen,<br />
wie traurig das Leben dieser Patienten mit starken<br />
<strong>Schmerz</strong>en ist (Abb. 1), sie erleben es als<br />
* Pressegespräch „<strong>Schmerz</strong>patienten zwischen<br />
Wunsch und Wirklichkeit – Initiative <strong>Schmerz</strong><br />
messen zeigt Diskrepanzen“ am 10.11.2009 in<br />
Berlin. Veranstalter: „Initiative <strong>Schmerz</strong> messen“<br />
mit freundlicher Unterstützung der Mundipharma<br />
GmbH<br />
SCHMERZTHERAPIE 1/<strong>2010</strong> (26. Jg.)<br />
„Gefängnis und Hölle“ und 28% würden phasenweise<br />
am liebsten sterben.<br />
Effektive Analgesie schafft<br />
Lebensqualität<br />
Lebensqualität muss auch bei starken <strong>Schmerz</strong>en<br />
kein Wunschdenken sein, sondern kann<br />
Realität werden, illustrierte Dr. med. Gerhard<br />
H.-H. Müller-Schwefe, Göppingen, anhand einer<br />
Patientin mit stärksten <strong>Schmerz</strong>en nach<br />
einer Radiustrümmerfraktur, die zu einem komplexen<br />
regionalen <strong>Schmerz</strong>syndrom geführt<br />
hatten. Seit 2002 litt die 53-Jährige, die mit<br />
einem schwachen Opioid der Stufe 2 versorgt<br />
wurde, unter stärksten <strong>Schmerz</strong>en. Das zu<br />
schwache Opioid linderte die <strong>Schmerz</strong>en nur<br />
unzureichend, löste aber aufgrund der hohen<br />
Dosen viele Nebenwirkungen aus: Die Patientin<br />
war benommen, apathisch und unkonzentriert<br />
und wandte sich schließlich an das<br />
<strong>Schmerz</strong>- und Palliativzentrum Göppingen.<br />
Durch die Umstellung auf ein verträgliches<br />
lang wirksames Opioid der Stufe III, retardiertes<br />
Oxycodon, das durch die Kombination<br />
mit Naloxon keine Obstipation auslöst, gewann<br />
diese Frau erstmals wieder Mut und Lebensqualität.<br />
Mit dieser <strong>Therapie</strong> kann sie ihrem<br />
Hobby Schneidern wieder nachgehen, meistert<br />
ihren Alltag und hat ihr individuelles <strong>Therapie</strong>ziel<br />
erreicht. „Die richtige <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong><br />
ermöglicht eine annehmbare <strong>Schmerz</strong>linderung.<br />
Ich bin das beste Beispiel dafür. Kein<br />
Mensch mit chronischen <strong>Schmerz</strong>en muss sich<br />
mit seinem Schicksal abfinden“, appellierte die<br />
Patientin.<br />
<strong>Schmerz</strong>therapeutische Versorgung im<br />
Abseits<br />
Die Versorgung der <strong>Schmerz</strong>kranken ist auch<br />
aus der Sicht der Fachverbände und <strong>Schmerz</strong>therapeuten<br />
nach wie vor unzulänglich, kriti-<br />
© Mundipharma International Limited 2009<br />
Kongresse<br />
Abb. 1: Wenn <strong>Schmerz</strong>en ein Gesicht hätten:<br />
Viele <strong>Schmerz</strong>patienten empfinden eine große<br />
Traurigkeit, die sie in Form eines weinenden<br />
Gesichts darstellen.<br />
sierte Dr. med. Gerhard H.-H. Müller-Schwefe.<br />
Im Bereich der medikamentösen Behandlung<br />
werden die Substanzen der Stufe 1 (NSAR und<br />
Coxibe) trotz ihrer hohen Organtoxizität und<br />
die schwachen, nicht retardierten Opioide der<br />
Stufe 2 zu lange und unkritisch eingesetzt. Retardierte<br />
Opioide der Stufe 3 besitzen dagegen<br />
eine gleichbleibende Wirkung, fördern nicht die<br />
Abhängigkeit und sind auch in der Langzeittherapie<br />
sehr verträglich. Insbesondere die<br />
Fixkombination aus retardiertem Oxycodon<br />
und retardiertem Naloxon wird sehr gut vertragen,<br />
da sie die Darmfunktion nicht beeinträchtigt.<br />
Dies erhöht die Compliance und vereinfacht<br />
die <strong>Therapie</strong>, da keine Laxanzien zusätzlich<br />
erforderlich werden.<br />
Um die Versorgung der <strong>Schmerz</strong>kranken<br />
zu sichern, muss die <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong> endlich<br />
fester Bestandteil der Ausbildungsordnung und<br />
damit ein verpflichtendes Lehr- und Prüfungsfach<br />
für Medizinstudenten werden. Die chronische<br />
<strong>Schmerz</strong>krankheit sollte endlich in die<br />
Liste der 80 Krankheiten (Morbi-RSA), für die<br />
Krankenkassen eine erhöhte Zuweisung aus<br />
dem Gesundheitsfonds erhalten. Chronische<br />
<strong>Schmerz</strong>en müssen multimodal behandelt werden,<br />
zur medikamentösen <strong>Therapie</strong> gehören<br />
meist psychotherapeutische und physiotherapeutische<br />
Maßnahmen. Obwohl chronische<br />
<strong>Schmerz</strong>en zu den teuersten Erkrankungen<br />
des Gesundheitssystems gehören, sind sie in<br />
dieser Liste bislang nicht aufgeführt.<br />
StK ■<br />
21