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IM KW 53

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„...wenn nicht, ist der Bürger machtlos“<br />

Landesvolksanwalt Dr. Josef Hauser über Raumordnung, Freude und Belastung in seiner letzten Amtsperiode<br />

(dgh/tom) Der Jahresbericht<br />

der Landesvolksanwaltschaft<br />

Tirol liegt vor. Ein besonderes<br />

Anliegen – und zwar seit Jahren<br />

– ist Dr. Josef Hauser aus Pians<br />

die Raumordnung. Der Jurist<br />

fasste zudem den Entschluss,<br />

sich nicht für eine weitere<br />

Amts-periode zu bewerben.<br />

Mittlerweile steht seine designierte<br />

Nachfolgerin mit Maria<br />

Luise Berger aus Barwies fest.<br />

Sie wird ihr Amt per 1. April<br />

2016 antreten.<br />

5858 Beratungs- und Beschwerdefälle<br />

hatte die Landesvolksanwaltschaft<br />

im vergangenen Jahr zu<br />

stemmen. Meist handelt es sich<br />

um Rat suchende Menschen – Beschwerden<br />

gibt es in Imst nicht mehr<br />

als in anderen Bezirken. Tirolweit<br />

sind es vor allem das Sozialrecht,<br />

Behindertenanliegen sowie Baurecht<br />

und Raumordnung, die Josef<br />

Hauser und Co. beschäftigen. Eine<br />

Oberland-spezifische Häufung kann<br />

Hauser grundsätzlich nicht feststellen.<br />

Besonders bei den Sozialanliegen<br />

gebe es eine stark auf die Stadt Innsbruck<br />

und die umliegenden Gemeinden<br />

bezogene Häufung, weil hier 80<br />

Prozent der Bezieher von Mindestsicherung<br />

wohnen. Demgegenüber<br />

sind in den ländlichen Bezirken mehr<br />

Beschwerden und Anfragen zu den<br />

klassischen Verwaltungsmaterien,<br />

insbesondere Baurecht und Raumordnung,<br />

privatrechtliche Anfragen<br />

(wo die Landesvolksanwaltschaft<br />

eigentlich nicht zuständig ist), Straßenrecht,<br />

Wohnbauförderung usw.<br />

festzustellen.<br />

Vertrauen dauerhaft<br />

zerstört. Gerade das Thema<br />

Rechtsschutz in der Raumordnung<br />

ist Hauser zunehmend sehr wichtig<br />

– im aktuellen Jahresbericht der<br />

Landesvolksanwaltschaft schildert er<br />

einen drastischen Fall: Zwei Familien<br />

konnten kein Haus bauen, weil das<br />

betreffende Grundstück zwar zentral,<br />

aber außerhalb der Baulandgrenzen<br />

lag und es in der betreffenden<br />

Gemeinde einen Bauland überhang<br />

gibt – also keine Widmung als Bauland.<br />

Mit anderen Worten: Es müsste<br />

ein Baugrund gekauft werden. Josef<br />

Hauser kommt zum unmissverständlichen<br />

Schluss: „Im Ergebnis wird<br />

damit massiv in die Lebensplanung<br />

von jungen Menschen eingegriffen<br />

und man muss davon ausgehen, dass<br />

in solchen Fällen das Vertrauen in<br />

Josef Hausers zweite Amtsperiode als Landesvolksanwalt läuft am 31. März 2016 aus – der Pianner Jurist bewarb sich nicht<br />

für eine dritte Amtsperiode. <br />

Foto: foto.albertbloch.at<br />

Politik und Verwaltung dauerhaft zerstört<br />

wird.“ Der Landesvolksanwalt<br />

gesteht den meisten Bürgermeistern<br />

und Gemeinderäten zu, dies sehr<br />

gut zu machen – „aber wenn nicht,<br />

ist der Bürger machtlos“. Er versucht<br />

seit Jahren, dem Tiroler Landtag eine<br />

ähnliche Regelung, wie sie in Vorarlberg<br />

seit 2010 besteht, schmackhaft<br />

zu machen: Dazu müsste das Tiroler<br />

Raumordnungsgesetz entsprechend<br />

novelliert werden. Im Vorarlberger<br />

Raumplanungsgesetz gibt es z.B. ein<br />

Antragsrecht von Grundeigentümern<br />

und die Verpflichtung der Gemeinde,<br />

Vorschläge zu prüfen, weiters einen<br />

unabhängigen Sachverständigenrat<br />

und das Recht der Landesregierung,<br />

den Beschluss der Gemeinde, kein<br />

Umwidmungsverfahren einzuleiten,<br />

aufzuheben. Josef Hauser lässt jedenfalls<br />

nicht locker.<br />

Abgrenzen. Und wie geht’s<br />

einem Juristen, der dauernd mit Problemfällen<br />

befasst ist? „Nun, schon<br />

im zwölften Jahr meiner Tätigkeit<br />

geht es mir als Landesvolksanwalt<br />

immer noch gut. Das ist eine sehr erfüllende<br />

– in rund 50% der Fälle können<br />

wir helfen –, oft aber durchaus<br />

auch belastende Tätigkeit. Man muss<br />

wirklich auch für sich selbst etwas<br />

tun.“ Hauser z.B. hat vor einigen Jahren<br />

die Ausbildung zum Lebens- und<br />

Sozialberater mit dem Schwerpunkt<br />

Mentaltraining absolviert, was auch<br />

ihm selbst helfe. Er achtet darauf,<br />

Kritik und verbale Angriffe nicht persönlich<br />

zu nehmen, viel Geduld beim<br />

Zuhören aufzubringen und sich laufend<br />

gut abzugrenzen (was gerade bei<br />

der morgendlichen und abendlichen<br />

Bahnfahrt von Landeck nach Innsbruck<br />

und zurück gut gelingt). Und:<br />

Josef Hauser muss für sich selbst akzeptieren,<br />

dass auch ein LVA trotz<br />

bestem Bemühen nicht einfach alles<br />

regeln kann. Hausers zweite Amtsperiode<br />

läuft am 31. März 2016 aus. In<br />

den meisten europäischen Ländern<br />

ist diese Tätigkeit ausdrücklich auf<br />

zwölf Jahre beschränkt, nicht aber<br />

in Tirol. Der Pianner Jurist könnte<br />

sich also für eine dritte Amtsperiode<br />

bewerben – und die ginge sich genau<br />

aus: 2022 kann Josef Hauser in<br />

die Regelpension gehen. Nach langer<br />

Überlegungszeit fasste er jedoch den<br />

Entschluss, sich für keine weitere<br />

Amtsperiode zu bewerben und noch<br />

einige Jahre als Jurist in der Verwaltung<br />

zu verbringen.<br />

Die Landesvolksanwaltschaft<br />

Maria Luise Berger aus Barwies ist die<br />

designierte Nachfolgerin von Landesvolksanwalt<br />

Hauser.<br />

Foto: privat<br />

Berger ab 1. April. Mit überwältigender<br />

Mehrheit wurde dieser<br />

Tage die Juristin Maria Luise Berger<br />

vom Tiroler Landtag zur neuen Landesvolksanwältin<br />

gewählt. Sie tritt ihr<br />

Amt am 1. April 2016 an. Landtagspräsident<br />

Herwig van Staa gratulierte<br />

der neuen Landesvolksanwältin im<br />

Anschluss an die Wahl. Die designierte<br />

Landesvolksanwältin ist 43<br />

Jahre alt, hat an der Universität Innsbruck<br />

im zweiten Bildungsweg Jus<br />

studiert und ist seit dem Jahr 2003<br />

beim Land Tirol beschäftigt. Ihre bisherigen<br />

Stationen im Landesdienst<br />

waren die Gewerbereferate an der BH<br />

Imst und an der BH Innsbruck, seit<br />

dem Jahr 2006 ist sie Mitarbeiterin<br />

der Abteilung Gemeinden des Amtes<br />

der Landesregierung. Berger, die aus<br />

einer Großfamilie stammt und bis<br />

zum Jahr 2001 als gelernte Zahnarztassistentin<br />

tätig war, lebt in Barwies.<br />

(tom) Der/Die LandesvolksanwältIn<br />

ist ein Organ des Landtages, untersteht<br />

diesem unmittelbar und ist auch nur<br />

dem Landtag verantwortlich. Er/sie<br />

hat in den Angelegenheiten der Landesverwaltung<br />

und der mittelbaren<br />

Bundesverwaltung kostenlos jedermann<br />

auf Verlangen Rat zu erteilen<br />

und Beschwerden entgegenzunehmen.<br />

Gemeinsam mit weiteren Anwaltschaften<br />

des Landes Tirol ist die Landesvolksanwaltschaft<br />

seit dem Jahr 2010<br />

im Haus der Anwaltschaften als zentrale<br />

Anlaufstelle für die BürgerInnen in<br />

der Innsbrucker Meraner Straße 5 zu<br />

finden. Die Landesvolksanwältin wird<br />

vom Landtag auf Vorschlag des Landtagspräsidenten<br />

auf die Dauer von<br />

sechs Jahren gewählt; eine Wiederwahl<br />

ist zulässig.<br />

RUNDSCHAU Seite 20 29./30. Dezember 2015

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