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Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration<br />

Ausstieg aus der betäubungslosen<br />

Ferkelkastration – welche Alternativen<br />

bleiben uns?<br />

Nachdem der Gesetzgeber schon vor<br />

längerer Zeit einen Ausstieg aus der<br />

betäubungslosen Ferkelkastration<br />

zum 01.01.2019 beschlossen hat, ist<br />

das Thema durch die Bekanntgabe<br />

führender Lebensmitteleinzelhändler<br />

ab dem 01.01.2017 kein Fleisch von<br />

betäubungslos kastrierten Tieren<br />

bzw. von überhaupt kastrierten Tieren<br />

mehr anbieten zu wollen, aktuell<br />

wieder stark in den Fokus gerückt.<br />

Somit wendet sich der Blick auf die<br />

zur Verfügung stehenden Alternativen,<br />

die in diesem Artikel beleuchtet<br />

werden sollen.<br />

Ebergeruch – das Problem<br />

Der Grund für die seit Jahrhunderten<br />

bestehende Praxis männliche Ferkel<br />

zu kastrieren liegt in dem unangenehmen<br />

Geruch, welcher einem<br />

bestimmten Anteil des Eberfleischs<br />

anhaftet. Verantwortlich für diesen<br />

Geruch sind in der Hauptsache zwei<br />

Komponenten: das Androstenon, ein<br />

männliches Pheromon und Skatol,<br />

ein Endprodukt des Eiweißstoffwechsels<br />

im Darm. Daneben gibt es<br />

noch zahlreiche andere Komponenten,<br />

die weit weniger bedeutsam<br />

sind (z. B. Indol). Androstenon ist ein<br />

Metabolit des Sexualhormons Testosteron<br />

und wird im Hoden männlicher<br />

Tiere gebildet (siehe Abbildung<br />

1, Infobox Ebergeruch). Obwohl es<br />

bereits im Ferkelalter vorkommt,<br />

wird es erst ab der Pubertät in<br />

hohem Ausmaß produziert. Androstenon<br />

wird von empfindlichen Personen<br />

als schweiß- bis urinartiger<br />

Geruch beschrieben 1 . Die zweite<br />

Hauptkomponente Skatol wird von<br />

Bakterien im Colon (Dickdarm) im<br />

Rahmen des Abbaus der Aminosäure<br />

Tryptophan gebildet. Es bewirkt<br />

einen Geruch & Geschmack des Fleisches,<br />

der von empfindlichen Personen<br />

als Mottenkugel-, Mist- oder Teer<br />

charakterisiert wird 1 . Da beide Stoffe<br />

lipohil („fettliebend“) sind, werden<br />

sie sehr stark im Fettge<strong>web</strong>e eingelagert,<br />

was wiederrum ein besonderes<br />

Problem beim Fleischverzehr bedeutet.<br />

Bisher wurden die männlichen<br />

Ferkel kastriert, um dieses Problem<br />

zu lösen. Ein kastriertes Tier bildet<br />

kein Androstenon mehr und auch die<br />

Konzentration von Skatol im Vergleich<br />

zu intakten Ebern ist deutlich<br />

reduziert. Dies ist vermutlich durch<br />

einen veränderten Leberstoffwechsel<br />

bei den Ebern bedingt, welcher zu<br />

einem langsameren Abbau des Skatols<br />

führt. In Studien sind bis zu 75%<br />

(Männer) bzw. 84% (Frauen) in<br />

Europa empfindlich für Androstenon<br />

1 . Der Anteil von geruchsauffälligen<br />

Tieren schwankt je nach Untersuchung<br />

stark. In einer Studie der<br />

bayerischen LfL wiesen z. B. 8,1%<br />

der Eber eine erhebliche Geruchsabweichung<br />

auf. Zudem zeigten 40,5%<br />

eine geringe Geruchsabweichung<br />

gegenüber nur 4,4% bei den Kastraten<br />

2 .<br />

Welche Möglichkeiten bieten sich?<br />

In den vergangen Jahren wurden<br />

zahlreiche Verfahren getestet, um<br />

alternative Lösungen für das Problem<br />

des Ebergeruchs zu finden.<br />

Hierbei lassen sich grundsätzlich<br />

zwei unterschiedliche Lösungsansätze<br />

unterscheiden: 1. Das Fortführen<br />

der Kastration unter Nutzung verschiedenster<br />

Verfahren um eine<br />

Schmerzreduktion bzw. Ausschaltung<br />

(evtl. unter Narkose) zu ermöglichen<br />

und 2. Der Verzicht auf die Kastration.<br />

I. Fortführung der Kastration<br />

Hinsichtlich der Fortführung der Kastration<br />

wurden die verschiedensten<br />

Verfahren, welche eine Schmerzreduktion<br />

bzw. Ausschaltung ermöglichen<br />

sollen, getestet. Da derzeit in<br />

der Hauptsache nur noch ein Verfahren<br />

als praxistauglich diskutiert wird<br />

(Isofluran-Narkose), soll auf die anderen<br />

nur sehr kurz eingegangen wer-<br />

Infobox 1: Entstehung des Ebergeruchs/Regelkreislauf<br />

Im Hypothalamus (einem speziellen Bereich des<br />

Gehirns) wird beim Schwein wie bei allen Säugetieren<br />

der Gonadotropin-Releasing-Factor (GnRF/GnRH) gebildet.<br />

Dieser gelangt dann in die Hirnanhangsdrüse<br />

(Hypophyse) und löst dort eine Produktion von luteinisierendem<br />

Hormon (LH) und Follikel-Stimulierendem<br />

Hormon (FSH) aus. Diese Hormone gelangen dann<br />

beim Eber in den Hoden wo in den Leydigzellen Testosteron,<br />

Androstenon und andere Steroide gebildet werden.<br />

Skatol entsteht auf einem komplett anderen Weg –<br />

es ist Produkt des Abbaus der Aminosäure Tryptophan<br />

und wird beim bakteriellen Nahrungsabbau im Darm<br />

gebildet.<br />

Abbildung 1: Entstehung des Ebergeruchs.<br />

10 <strong>Schweine</strong>-<strong>Welt</strong> - <strong>Dezember</strong> <strong>2015</strong>

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