Schweine-Welt-2015-Dezember-web-blaettertest
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den. Zur Messung des Schmerzes<br />
wird beim Schwein häufig der Parameter<br />
Serumcortisol benutzt, da eine<br />
gute Korrelation zu einer vorhandenen<br />
Schmerzreaktion besteht.<br />
Lokalanästhesie/Lokale Betäubung<br />
In einer Studie der Klinik für <strong>Schweine</strong><br />
der LMU München 3 wurden zwei<br />
verschiedene Lokalanästhetika (Procain<br />
& Lidocain) in Bezug auf ihre<br />
Fähigkeit getestet, den Kastrationsschmerz<br />
zu reduzieren. Die Lokalanästhetika<br />
wurden dabei intratestikulär<br />
(in den Hoden) bzw. intraskrotal<br />
(in den Hodensack) appliziert. Es<br />
zeigte sich hierbei, dass durch die<br />
Lokalanästhetika keine Reduktion<br />
des Kastrationsschmerzes erreicht<br />
werden konnte.<br />
CO 2 Narkose<br />
In einer Studie, welche die Kastration<br />
unter CO 2 Narkose untersuchte 4 ,<br />
wurden Ferkel entweder mit einer<br />
Mischung aus CO 2 und Sauerstoff<br />
(70%/30%) anästhesiert oder aber<br />
ohne Narkose kastriert. Eine zusätzliche<br />
Gruppe wurde mit CO 2 anästhesiert<br />
ohne kastriert zu werden. Bei<br />
den unter CO 2 Narkose kastrierten<br />
Tieren zeigte sich eine Stunde nach<br />
der Kastration eine geringe Reduktion<br />
der Cortisolspiegel (und damit<br />
des Schmerzlevels). Es zeigte sich<br />
jedoch auch ein extremer Anstieg<br />
des Stresshormons Noradrenalin<br />
während der Einleitung der Narkose<br />
sowohl bei den kastrierten Tieren als<br />
auch bei der unkastrierten aber<br />
anästhesierten Kontrollgruppe. Die<br />
Schlussfolgerung der Autorin in der<br />
Studie lautet: „Demzufolge kann<br />
diese Form der Betäubung keine<br />
Schmerz- und Stressfreiheit erzielen<br />
und wird damit den Ansprüchen an<br />
eine Narkose nicht gerecht 4 .“ Somit<br />
verbietet sich ein Einsatz der CO 2<br />
Narkose schon aus Tierschutzgesichtspunkten<br />
eindeutig.<br />
<strong>Schweine</strong>-<strong>Welt</strong> - <strong>Dezember</strong> <strong>2015</strong><br />
Infobox 2: Hinweise für die korrekte Durchführung einer Isofluran Narkose<br />
(Auszüge aus Factsheet Anwendung von Isofluran zur Inhalationsanästhesie<br />
von Ferkeln, Schweizerische<br />
Unfallversicherungsanstalt) 6<br />
- Abschlussdichte Anästhesiemaske mit integrierter Gasabsaugung<br />
muss vorhanden sein<br />
- Aus der Anästhesiemaske abgesaugtes Gas darf nicht in die Raumluft<br />
zurück, sondern muss zuverlässig und sicher ins Freie geführt werden –<br />
keine Aktivkohlefilter<br />
- Ein freies Ausströmen aus einer nicht belegten Anästhesiemaske<br />
muss mit technischen Maßnahmen verhindert werden oder der Gasfluss<br />
automatisch gestoppt werden<br />
- Die Instandhaltung des Gerätes gemäß den Angaben des Herstellers<br />
ist zu gewährleisten und zu dokumentieren<br />
- Während der Vorbereitung und des Betriebs des Anästhesiegerätes<br />
ist für eine ausreichende natürliche oder künstliche Lüftung des<br />
Raumes zu sorgen<br />
- Für den Umgang mit dem Anästhesiegerät und mit Isofluran ist eine<br />
betriebsspezifische Arbeitsanweisung zu erstellen, darin sollen unter<br />
anderem die notwendigen Schutzmaßnahmen beim Betrieb des Gerätes<br />
sowie das Verhalten im Havariefall festgelegt werden.<br />
Inhalationsnarkose mit Isofluran<br />
Die Inhalationsnarkose mit Isofluran<br />
ist ein nach wie vor diskutiertes Verfahren,<br />
welches auch in begrenztem<br />
Umfang in Deutschland eingesetzt<br />
wird/wurde und zudem in der<br />
Schweiz Anwendung findet. Bei der<br />
Betrachtung der Eignung von Isofluran<br />
sind mehrere Aspekte zu<br />
betrachten. Zunächst stellt sich das<br />
Problem, dass es in Deutschland kein<br />
für <strong>Schweine</strong> zugelassenes Isofluran-<br />
Präparat gibt. Aufgrund der Möglichkeit<br />
einer Injektionsanästhesie mit<br />
zugelassenen Medikamenten (Ketamin/Azaperon)<br />
ist es fraglich, ob eine<br />
Umwidmung des Präparates derzeit<br />
überhaupt rechtlich möglich ist (kein<br />
Therapienotstand). Zusätzlich stellt<br />
sich das Problem, dass derzeit ein<br />
Tierarzt die Narkose durchführen<br />
muss, hierzu heißt es im Tierschutzgesetz:<br />
„Die Betäubung warmblütiger<br />
Wirbeltiere sowie von Amphibien<br />
und Reptilien ist von einem<br />
Tierarzt vorzunehmen“, was die<br />
Frage nach der Durchführbarkeit bei<br />
20-25 Millionen männlichen Ferkeln<br />
pro Jahr aufwirft. Zudem ist die<br />
Arbeitssicherheit für den Tierarzt/Landwirt<br />
bei der Durchführung<br />
der Narkose unter Stallbedingungen<br />
ein Problem. Die Schweizerische<br />
Unfallversicherungsanstalt (SUVA)<br />
gibt hierzu konkrete Hinweise für<br />
Landwirte (siehe Infobox „Hinweise<br />
für die korrekte Durchführung einer<br />
Isofluran-Narkose“), die verdeutlichen<br />
welche hohen Anforderungen<br />
an eine Anästhesie im Stall gestellt<br />
werden (müssen). Neben diesen<br />
Aspekten muss natürlich auch<br />
berücksichtigt werden, ob eine Narkose<br />
mit Isofluran aus fachlicher<br />
Sicht zu befürworten ist. Hierbei zeigt<br />
eine Untersuchung 7 der Klinik für<br />
<strong>Schweine</strong> der LMU München, dass<br />
zwar eine Reduktion von Noadrenalin<br />
und damit des Stresslevels während<br />
der Kastration gegeben ist, der Kastrationsschmerz<br />
(gemessen anhand<br />
der Höhe des Cortisolspiegels) aber<br />
vom Isofluran nicht beeinflusst wird.<br />
Dieser Effekt verwundert anhand der<br />
schlechten analgetischen (schmerzlindernden)<br />
Wirkung von Isofluran<br />
nicht. Eine zusätzliche Gabe von<br />
einem nicht-Opioidanalgetikum (ein<br />
Schmerzmittel wie z. B. Meloxicam)<br />
reduziert zwar diesen Schmerz 7 , dies<br />
kann aber auch durch eine alleinige<br />
Gabe von z. B. Meloxicam erreicht<br />
werden (siehe Infobox „Schmerzmittel“).<br />
Schmerzreduktion (-auschaltung)<br />
Es ist mittlerweile seit vielen Jahren<br />
bestehende Praxis, vor bzw. zu der<br />
Kastration ein Schmerzmittel aus der<br />
Klasse der nicht-Opioidanalgetika zu<br />
verabreichen. Hierzu zählen z. B.<br />
Meloxicam, Metamizol und Flunixin.<br />
Hierbei ist eine deutliche Reduktion<br />
des Kastrationschmerzes, gemessen<br />
anhand von Cortisolspiegeln erreicht<br />
worden 8 , ohne aber natürlich eine<br />
Schmerzausschaltung zu erreichen.<br />
Aufgrund der Tatsache, dass das<br />
Tierschutzgesetz die Möglichkeit<br />
einer „Schmerzausschaltung“ ohne<br />
Beeinträchtigung der Wahrnehmungs-<br />
und Empfindungsfähigkeit<br />
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