Schweine-Welt-2015-Dezember-web-blaettertest
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Absetzferkeldurchfall, ein Verwandter der Ödemkrankheit<br />
Durchfallerkrankungen bei Absetzferkeln<br />
sind in vielen Ferkelerzeugerbetrieben<br />
zu beobachten und häufiger<br />
Anlass für den metaphylaktischen<br />
Einsatz von Antibiotika.<br />
Wie bei der Ödemkrankheit (s.<br />
„<strong>Schweine</strong>welt“ Juni/<strong>2015</strong>) sind die<br />
Verursacher auch hier bestimmte<br />
Stämme krankmachender Colibakterien.<br />
In diesem Fall trifft es fast ausschließlich<br />
frisch abgesetzte Ferkel,<br />
doch in seltenen Fällen kann es nach<br />
jeder Futterumstellung oder Futterkarenz<br />
zu dem unten beschriebenen<br />
Krankheitsbild kommen. Wir erinnern<br />
uns an dieser Stelle, dass viele<br />
Colibakterien natürliche und für den<br />
Wirt nützliche Bewohner des Dickdarmes<br />
sind. Pathogene, also krankmachende<br />
Varianten können jedoch,<br />
wenn sie in ausreichend hoher<br />
Anzahl im Darm sind, verschiedene<br />
schwere Erkrankungen auslösen.<br />
Pathogene E.coli Bakterien<br />
Zur Wiederholung: es handelt sich<br />
um ein gramnegatives Stäbchenbakterium.<br />
Pathogene Arten können sich<br />
mit Hilfe von wichtigen Virulenzfaktor,<br />
den Fimbrien, an die Dünndarmschleimhaut<br />
anheften. Dort vermehren<br />
sie sich und produzieren je nach<br />
Stamm unterschiedliche Giftstoffe.<br />
Das können Endotoxine (bilden alle<br />
Colibakterien), Neurotoxine oder<br />
Enterotoxine sein. Je nach Art der<br />
produzierten Toxine entsteht entweder<br />
Durchfall, plötzlicher Tod durch<br />
ein Schockgeschehen oder die sog.<br />
Ödemkrankheit. Auch Mischformen<br />
werden beobachtet.<br />
E.coli Bakterien, die Enterotoxine<br />
bilden<br />
Absetzferkeldurchfall wird durch<br />
Enterotoxine verursacht. Das Bakterium<br />
dockt mit speziesspezifischen<br />
Fimbrien an den Dünndarmzotten an,<br />
vermehrt sich und bildet Enteroxine.<br />
Diese zerstören die Darmzotten in<br />
der Regel nicht, führen jedoch zu<br />
einer vermehrten Sekretion im Dünndarmbereich.<br />
Es wird also vermehrt<br />
Flüssigkeit vom Körper in den Darm<br />
abgegeben. Dieser Menge an Flüssigkeit<br />
ist der Dickdarm nicht<br />
16<br />
Quelle: Waldmann/Wendt - Lehrbuch der <strong>Schweine</strong>krankheiten.<br />
gewachsen, weshalb nur ein kleiner<br />
Teil davon rückresorbiert werden<br />
kann. Dadurch gehen Flüssigkeit und<br />
Elektrolyte verloren und der Kot wird<br />
dünnflüssig. Nährstoffe werden weitgehend<br />
aufgenommen. In Einzelfällen<br />
können gleichzeitig vorhandene<br />
Endotoxine (Bestandteil der Bakterienzellwand)<br />
auch die Darmwand<br />
überwinden und zum Schockgeschehen<br />
führen, was mit plötzlichen<br />
Todesfällen einhergeht, noch bevor<br />
der Durchfall zu sehen ist.<br />
Klinik<br />
Die Ferkel zeigen einen typisch wässrigen<br />
Durchfall, der in der Regel weitgehend<br />
frei von unverdauten Nahrungsbestandteilen<br />
ist. Die Farbe ist<br />
abhängig vom aufgenommenen Futter.<br />
Der Geruch ist fade. Die Tiere<br />
trocknen aus, wodurch die Haut faltig<br />
und rau wird. Die Wirbel und die Rippen<br />
treten hervor, die Borsten werden<br />
struppig. Wird der Flüssigkeitsund<br />
Elektrolytverlust nicht ausgeglichen,<br />
sterben die betroffenen Tiere<br />
an Nierenversagen.<br />
Eine sehr seltene Form ist die hämorrhagische<br />
(blutige) Gastroenteritis.<br />
Infolge eines Kreislaufschocks treten<br />
blaue Hautverfärbungen sowie gelbbrauner<br />
Durchfall auf. Die Tiere sterben<br />
kurz nach Krankheitsbeginn.<br />
Eine Diagnostik ist für die richtige<br />
Behandlung wichtig und notwendig.<br />
Wässriger Kot innerhalb der ersten<br />
Woche nach dem Absetzen ist ein<br />
deutlicher Hinweis für das Vorliegen<br />
einer E. coli-bedingten Darmerkrankung.<br />
Dennoch sollte versucht werden,<br />
über Kotproben oder besser<br />
Tupfer aus dem Dünndarm von Sektionstieren<br />
den Erreger zu isolieren<br />
und ein Antibiogramm zu erstellen.<br />
Gleichzeitig kann im Verdachtsfall<br />
durch Typisierung eine Abgrenzung<br />
zu Shigatoxin-bildenden Colistämmen<br />
erfolgen.<br />
Faktorenerkrankung mit vielfältigen<br />
Auslösern<br />
Absetzferkeldurchfall tritt fast immer<br />
innerhalb der ersten Woche nach<br />
dem Absetzen auf. Grund ist die mit<br />
dem Absetzen verbundene Futterumstellung<br />
(der Verdauungsapparat<br />
der Tiere muss sich von einem Tag<br />
auf den anderen von hauptsächlich<br />
Muttermilch auf Getreidefütterung<br />
umstellen) in Verbindung mit dem<br />
Absetzstress (Änderung der Futterquelle,<br />
Trennung von der Mutter, i. d.<br />
R. Stallwechsel, Umgruppierungen,…).<br />
Dies alles sind Stressfaktoren<br />
für den Darm, der dadurch aus<br />
dem Gleichgewicht gerät. Ein<br />
„gestresster Darm“ aber ermöglicht<br />
den krankmachenden Bakterien eine<br />
<strong>Schweine</strong>-<strong>Welt</strong> - <strong>Dezember</strong> <strong>2015</strong>