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Absetzferkeldurchfall, ein Verwandter der Ödemkrankheit Durchfallerkrankungen bei Absetzferkeln sind in vielen Ferkelerzeugerbetrieben zu beobachten und häufiger Anlass für den metaphylaktischen Einsatz von Antibiotika. Wie bei der Ödemkrankheit (s. „Schweinewelt“ Juni/2015) sind die Verursacher auch hier bestimmte Stämme krankmachender Colibakterien. In diesem Fall trifft es fast ausschließlich frisch abgesetzte Ferkel, doch in seltenen Fällen kann es nach jeder Futterumstellung oder Futterkarenz zu dem unten beschriebenen Krankheitsbild kommen. Wir erinnern uns an dieser Stelle, dass viele Colibakterien natürliche und für den Wirt nützliche Bewohner des Dickdarmes sind. Pathogene, also krankmachende Varianten können jedoch, wenn sie in ausreichend hoher Anzahl im Darm sind, verschiedene schwere Erkrankungen auslösen. Pathogene E.coli Bakterien Zur Wiederholung: es handelt sich um ein gramnegatives Stäbchenbakterium. Pathogene Arten können sich mit Hilfe von wichtigen Virulenzfaktor, den Fimbrien, an die Dünndarmschleimhaut anheften. Dort vermehren sie sich und produzieren je nach Stamm unterschiedliche Giftstoffe. Das können Endotoxine (bilden alle Colibakterien), Neurotoxine oder Enterotoxine sein. Je nach Art der produzierten Toxine entsteht entweder Durchfall, plötzlicher Tod durch ein Schockgeschehen oder die sog. Ödemkrankheit. Auch Mischformen werden beobachtet. E.coli Bakterien, die Enterotoxine bilden Absetzferkeldurchfall wird durch Enterotoxine verursacht. Das Bakterium dockt mit speziesspezifischen Fimbrien an den Dünndarmzotten an, vermehrt sich und bildet Enteroxine. Diese zerstören die Darmzotten in der Regel nicht, führen jedoch zu einer vermehrten Sekretion im Dünndarmbereich. Es wird also vermehrt Flüssigkeit vom Körper in den Darm abgegeben. Dieser Menge an Flüssigkeit ist der Dickdarm nicht 16 Quelle: Waldmann/Wendt - Lehrbuch der Schweinekrankheiten. gewachsen, weshalb nur ein kleiner Teil davon rückresorbiert werden kann. Dadurch gehen Flüssigkeit und Elektrolyte verloren und der Kot wird dünnflüssig. Nährstoffe werden weitgehend aufgenommen. In Einzelfällen können gleichzeitig vorhandene Endotoxine (Bestandteil der Bakterienzellwand) auch die Darmwand überwinden und zum Schockgeschehen führen, was mit plötzlichen Todesfällen einhergeht, noch bevor der Durchfall zu sehen ist. Klinik Die Ferkel zeigen einen typisch wässrigen Durchfall, der in der Regel weitgehend frei von unverdauten Nahrungsbestandteilen ist. Die Farbe ist abhängig vom aufgenommenen Futter. Der Geruch ist fade. Die Tiere trocknen aus, wodurch die Haut faltig und rau wird. Die Wirbel und die Rippen treten hervor, die Borsten werden struppig. Wird der Flüssigkeitsund Elektrolytverlust nicht ausgeglichen, sterben die betroffenen Tiere an Nierenversagen. Eine sehr seltene Form ist die hämorrhagische (blutige) Gastroenteritis. Infolge eines Kreislaufschocks treten blaue Hautverfärbungen sowie gelbbrauner Durchfall auf. Die Tiere sterben kurz nach Krankheitsbeginn. Eine Diagnostik ist für die richtige Behandlung wichtig und notwendig. Wässriger Kot innerhalb der ersten Woche nach dem Absetzen ist ein deutlicher Hinweis für das Vorliegen einer E. coli-bedingten Darmerkrankung. Dennoch sollte versucht werden, über Kotproben oder besser Tupfer aus dem Dünndarm von Sektionstieren den Erreger zu isolieren und ein Antibiogramm zu erstellen. Gleichzeitig kann im Verdachtsfall durch Typisierung eine Abgrenzung zu Shigatoxin-bildenden Colistämmen erfolgen. Faktorenerkrankung mit vielfältigen Auslösern Absetzferkeldurchfall tritt fast immer innerhalb der ersten Woche nach dem Absetzen auf. Grund ist die mit dem Absetzen verbundene Futterumstellung (der Verdauungsapparat der Tiere muss sich von einem Tag auf den anderen von hauptsächlich Muttermilch auf Getreidefütterung umstellen) in Verbindung mit dem Absetzstress (Änderung der Futterquelle, Trennung von der Mutter, i. d. R. Stallwechsel, Umgruppierungen,…). Dies alles sind Stressfaktoren für den Darm, der dadurch aus dem Gleichgewicht gerät. Ein „gestresster Darm“ aber ermöglicht den krankmachenden Bakterien eine Schweine-Welt - Dezember 2015
• Eine optimale Rationsgestaltung (Säure-Bindungs-Kapazität < 700 meq/kg, kleine Protionen, optimaler Rohfasergehalt,…) um den Darm gesund zu erhalten • Ausreichend Wärme (Tiere müssen nebeneinander, nicht aufeinander liegen) • Zugluft in jedem Fall vermeiden • Wasser in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung stellen (Durchfluss, Tränkehöhe und -plätze) Auch Wasser ist wichtig für die Darmgesundheit. Futterstreß durch zu wenig Futterplätze (Quelle IDT). starke Vermehrung und damit erhöhte Toxinausscheidung. Wichtig ist also der Erhalt einer stabilen Darmgesundheit in der kritischen Übergangsphase. Diese erreicht man durch die Vermeidung jeglichen Stresses, optimalem Futter und ausreichend Wasser in guter Qualität. Therapie Wichtigste Maßnahme ist der Ersatz von Flüssigkeit und Elektrolyten. Am besten geschieht dies durch die Bereitstellung zusätzlicher Tränkeschalen, die immer wieder gereinigt und mit sauberem Tränkewasser neu befüllt werden müssen. Hilfreich ist auch die Herstellung einer Elektrolytlösung, die neben Wasser auch wichtige Salze und Puffersubstanzen enthält. Zusätzlich sollte sofort mit einer wirksamen Antibiotikatherapie begonnen werden, die erst beendet wird, wenn der Durchfall komplett ausgeheilt ist. Dabei muss das Antibiotikum zuerst nach Erfahrungswerten ausgewählt werden. Sobald ein Antibiogramm vorliegt, kann die Therapie darauf abgestimmt werden. Wichtig ist es auch, die Ferkel wirklich warm zu halten, da die Durchfallerkrankung zu einem erhöhten Wärmebedürfnis führt. Vorbeugemaßnahmen Da es sich beim E. coli-bedingten Absetzferkeldurchfall grundsätzlich um den gleichen Erreger bei derselben Altersgruppe handelt, der für die Ödemkrankheit verantwortlich ist, gelten auch die gleichen Vorbeugemaßnahmen: • jede Art von Stressvermeidung • kein abrupter Futterwechsel • Keine ad libitum Fütterung nach Futterkarenz • Ein Anfüttern der Ferkel spätestens ab der 3., besser ab der 2. Lebenswoche • Ein gleitender Übergang zur Aufzuchtmischung • Eine ausreichende Eingewöhnung an neue Futtertechniken, um unnötigen Stress am Futterbarren und zu lange Fresspausen zu vermeiden • Ausreichend Futterplätze, um Stress am Futterbarren zu vermeiden. Vor allem beim Absetzen am besten ein Fressplatzverhältnis von 1:1 (evtl. zusätzliche Schalen beim Absetzen) gewährleisten. Futterstreß vermeiden durch höhere Anzahl an Futterplätzen. Tränken in genügender Menge und mit guter Wasserqualität anbieten. • Eventuell Zusätze wie Prä-Probiotika oder pflanzliche Zusätze,… verwenden • Absetz-, Umstallungs-, Gruppierungsstress so weit wie möglich vermeiden • Überbelegung vermeiden • Häufige und genaue Tierkontrollen, um schnell reagieren zu können • Erregerdruck durch Hygiene minimieren • … Fazit Der Absetzferkeldurchfall wird von bestimmten E-coli-Bakterien verursacht, wenn der Darm aus dem Gleichgewicht gerät. Um dies zu vermeiden, hilft die konsequente Umsetzung eines Management-, Gesundheits- und Hygienekonzepts, sowie eine angepasste Futterrationsgestaltung. Bei Auftreten der Krankheit sind eine schnelle Therapie, sowie die Diagnostik mit Erstellung eines Antibiogramms zur Optimierung von Prophylaxe und Therapie wichtig. Dr. Ulrike Mittermeier, Tiergesundheitsdienst Bayern e. V. Schweine-Welt - Dezember 2015 17
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