Schweine-Welt-2015-Dezember-web-blaettertest
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LPA-Bucht mit Abrufstation<br />
schleimbeuteln (Bursitiden). Dazu<br />
werden direkt nach der Entblutung<br />
der Tiere an den Gliedmaßen der<br />
Schlachtkörper eventuelle Schleimbeutel<br />
festgestellt und ihre Ausprägung<br />
beurteilt. Diese Bonitierung<br />
erfolgt in Anlehnung an eine von der<br />
LMU durchgeführte Studie. Dabei<br />
werden die Gliedmaßen beginnend<br />
mit der Stufe 0 (kein Schleimbeutel)<br />
bis hin zur Stufe 3 (geschwüriger,<br />
blutender Schleimbeutel) beurteilt.<br />
Die ersten Auswertungen zeigen,<br />
dass wenn Hilfsschleimbeutel vorhanden<br />
sind, diese vorrangig an den<br />
Hintergliedmaßen auftreten. Dabei<br />
handelt es sich bei den allermeisten<br />
Fällen um Hilfsschleimbeutel der<br />
Stufe 1 (geringer Befund). Völlig<br />
unbekannt ist derzeit noch, ob Bursitiden<br />
quantitativ genetisch determiniert<br />
sind und ob das Tierwohl bei<br />
gering- bzw. mittelgradigem Auftreten<br />
beeinträchtigt wird. Im Rahmen<br />
der Untersuchungen soll festgestellt<br />
werden, ob es Unterschiede zwischen<br />
den verschiedenen Rassen im<br />
Hinblick auf das Auftreten von Bursitiden<br />
gibt und wie hoch der Erblichkeitsgrad<br />
dieser Auffälligkeit ist.<br />
Außerdem interessieren die systematischen<br />
Einflussfaktoren und die<br />
Beziehungen zu Lahmheiten von Tieren.<br />
Hierzu werden ergänzende Versuche<br />
durchgeführt.<br />
Ein weiteres Zukunftsfeld für die<br />
Leistungsprüfung ist die Untersuchung<br />
von Verhaltensmerkmalen.<br />
Nur in den Prüfanstalten kann das<br />
Verhalten von Tieren mit bekannter<br />
Abstammung und aus allen bayerischen<br />
Zuchtbetrieben mit vertretbarem<br />
Aufwand beobachtet werden.<br />
Das Ziel muss aber auch hier sein,<br />
möglichst einfache Hilfsmerkmale zu<br />
entwickeln, die an vielen tausend<br />
Tieren jährlich erhoben werden können.<br />
So wurde die Erfassung von<br />
Hautverletzungen durch Rangkämpfe<br />
(Läsionen) als mögliches Kriterium<br />
für aggressives Verhalten über einen<br />
längeren Zeitraum festgestellt. Dabei<br />
zeigte sich, dass der Erfassungszeitpunkt<br />
(Anfang, Mitte oder Ende der<br />
Mast) und das Geschlecht der Tiere<br />
keinen großen Einfluss auf das Auftreten<br />
haben und dass alle Rassen<br />
bzw. Kreuzungskombinationen in<br />
gleicher Weise von Läsionen betroffen<br />
sind. Eine Neugruppierung der<br />
Bucht wirkt sich in jedem Fall in Richtung<br />
stärkerer Läsionsgrade aus. Am<br />
häufigsten traten Läsionen in der<br />
Kopf-/ Schulterregion auf. Es ist noch<br />
nicht geklärt, ob die Erfassung weiter<br />
fortgesetzt werden kann, um genügend<br />
Daten für eine genetische Analyse<br />
zu sammeln.<br />
Wüchsige Piétrain<br />
Eine weitere Stärke der stationären<br />
Leistungsprüfung neben der Erhebung<br />
von im Feld nicht erfassbaren<br />
Merkmalen ist, dass die Stall- und<br />
Fütterungsbedingungen standardisiert<br />
sind und somit bei optimalen<br />
Haltungsbedingungen genetische<br />
Leistungsunterschiede zwischen den<br />
Tieren deutlich erkennbar werden.<br />
So werden seit dem Jahr <strong>2015</strong> nicht<br />
nur das Stallabteil, sondern sogar die<br />
einzelne Bucht oder auch der<br />
Schlachttag als Umwelteffekte in der<br />
Zuchtwertschätzung berücksichtigt.<br />
Die Folge sind noch exaktere Zuchtwerte<br />
zur Einschätzung der Vererbungsleistung<br />
der Tiere.<br />
In den vergangenen Jahren wurden<br />
große Anstrengungen zur Harmonisierung<br />
der Prüfbedingungen in den<br />
beiden LPAs unternommen. Leistungsunterschiede<br />
zwischen den beiden<br />
Prüfstationen treten seit mehreren<br />
Jahren deshalb kaum noch auf.<br />
Trotzdem werden etwa 10 % der<br />
Prüftiere aus Südbayern in Schwarzenau<br />
und umgekehrt etwa 10 % der<br />
Tiere aus Nordbayern in Grub<br />
geprüft, um eine saubere Schätzung<br />
genetischer Unterschiede zwischen<br />
den Prüfanstalten zu ermöglichen.<br />
Ein Leistungsvergleich über mehrere<br />
Jahre ist erst ab 2012 möglich, weil<br />
seitdem die Schlachtgewichte von 85<br />
kg auf 95 kg bei Mutterrassen und<br />
Endprodukten bzw. auf 90 kg bei PI-<br />
Reinzuchttieren heraufgesetzt wurden.<br />
Damit wurde in Bayern das Prüfendgewicht<br />
den in der Praxis<br />
üblichen Schlachtgewichten angepasst.<br />
Die Erhöhung der Schlachtgewichte<br />
bedingt auf Grund der Anforderungen<br />
der <strong>Schweine</strong>haltungsverordnung<br />
einen erhöhten Platzanspruch<br />
je Tier und durch die längere<br />
Mastdauer eine Reduzierung der<br />
Zahl der Umtriebe pro Jahr. Da man<br />
sich in den Prüfanstalten aber nicht<br />
mit dem gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Mindestwert zufrieden geben<br />
will, wird seit dem 1.7.<strong>2015</strong> in Anlehnung<br />
an die Vorgaben der Initiative<br />
Tierwohl das Platzangebot pro Tier<br />
freiwillig um 20% erhöht. Insgesamt<br />
bedeuten diese Maßnahmen einen<br />
merklichen Kapazitätsverlust, wodurch<br />
das strikte Management bei<br />
<strong>Schweine</strong>-<strong>Welt</strong> - <strong>Dezember</strong> <strong>2015</strong> 19