W+M Regional Sachsen-Anhalt
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10 | <strong>W+M</strong> <strong>Regional</strong> Interview<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU):<br />
„Da Chemie seit Generationen zu unserer Region<br />
gehört, gibt es dafür auch eine hohe Akzeptanz“<br />
<strong>W+M</strong>: Herr Minister, Sie haben den größten<br />
Teil Ihrer politischen Laufbahn in Niedersachsen<br />
verbracht. Seit fast zwei Jahren<br />
sind Sie nunmehr Wirtschaftsminister<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Wie ist aus Ihrer Sicht<br />
der wirtschaftliche Aufholprozess hier inzwischen<br />
vorangekommen?<br />
Hartmut Möllring: In allen fünf neuen Ländern<br />
haben wir einen Mangel an Großindustrie.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind 13 Prozent der<br />
Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als<br />
500 Beschäftigten tätig, in den alten Bundesländern<br />
sind es dagegen 26 Prozent.<br />
Das ist eine Größenordnung, die so schnell<br />
nicht aufzuholen ist, weil Großunternehmen<br />
nicht einfach aus dem Boden gestampft<br />
werden können. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
haben wir viele kleine und mittlere Unternehmen,<br />
die in ihren Branchen nicht selten<br />
Weltmarktführer sind. Allerdings sind das<br />
dann Marken, die leider noch nicht so bekannt<br />
sind. Nehmen wir zum Beispiel<br />
Hasseröder-Bier. Kaum jemand<br />
weiß, dass das aus dem Wernigeroder<br />
Ortsteil Hasserode<br />
stammt. Oder: Jede zweite<br />
deutsche Flasche Sekt kommt<br />
aus Freyburg – dort werden<br />
Rotkäppchen und Mumm<br />
produziert. Diese<br />
Marken sind erfolgreich,<br />
reichen<br />
aber natürlich nicht an<br />
Marken wie VW, Audi, Porsche<br />
oder BMW heran.<br />
<strong>W+M</strong>: Die chemische Indus-trie<br />
gehört zu den Branchen,<br />
die von der Landesregierung<br />
gefördert werden.<br />
Welche Rolle spielt die chemische<br />
Industrie heute für<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>?<br />
Hartmut Möllring: Sie spielt<br />
eine große Rolle und belegt<br />
einen führenden Platz<br />
im Branchenspektrum. Hier<br />
kommt es darauf an, wie man<br />
es rechnet. Wenn das Benzin mit zur Chemie<br />
gezählt wird, ist bei uns die Chemie stärker<br />
als die Ernährungswirtschaft. Ohne Benzin<br />
liegt die Chemie etwa gleichauf mit der Ernährungswirtschaft.<br />
Die chemische Industrie<br />
kann hier auf eine 100-jährige<br />
Geschichte zurückblicken.<br />
In Leuna etwa wurde ab<br />
1915 Schießpulver hergestellt.<br />
In Bitterfeld-Wolfen<br />
wurde bei Agfa – später<br />
dann ORWO – der erste<br />
Farbfilm der Welt erfunden<br />
und produziert. Heute ist ORWO wieder<br />
eine erfolgreiche Firma. Darüber hinaus<br />
haben wir mit DOW und Total Weltfirmen<br />
vor Ort. Nicht zu vergessen die Bayer AG,<br />
die sich 1990 auf Bitten des damaligen Bundeskanzlers<br />
Helmut Kohl in Bitterfeld angesiedelt<br />
hat und dort seither erfolgreich<br />
Aspirin-Produkte herstellt.<br />
<strong>W+M</strong>: Lassen Sie uns einen Blick voraus<br />
werfen. Wo steht die chemische Industrie<br />
zwischen Bitterfeld und Halle im<br />
Jahr 2025? Welche Perspektive<br />
trauen Sie dieser Branche<br />
zu?<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s<br />
Wirtschaftsminister<br />
Hartmut Möllring.<br />
Fotos: <strong>W+M</strong>