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einigkeit 06/15

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ERFOLGE<br />

Vom Reichstarifvertrag zum Mindestlohn<br />

tenindustrie die 40-Stunden-Woche für alle<br />

Beschäftigten eingeführt. Die durchschnittliche<br />

Wochenarbeitszeit in der Bundesrepublik<br />

betrug noch bis weit in die 1960er<br />

Jahre 48 Stunden. In der DDR wurde 1967<br />

die reguläre Arbeit am Samstag abgeschafft<br />

und die Wochenarbeitszeit auf 43,75 Stunden<br />

verkürzt. Allerdings wurden gleichzeitig<br />

einige christliche Feiertage abgeschafft.<br />

Backpulververpackung bei Dr. Oetker in Bielefeld vor 1914<br />

Wer sich mit der Geschichte unserer Gewerkschaft<br />

NGG befasst, kommt nicht umhin<br />

festzustellen, dass es uns nicht nur schon<br />

sehr lange gibt, sondern dass wir in mancherlei<br />

Hinsicht Vorreiter waren und unsere<br />

(Tarif-) Erfolge die deutsche Arbeitswelt und<br />

Gewerkschaftslandschaft entscheidend<br />

mitgeprägt haben.<br />

Eine unserer „Pioniertaten“ war sicherlich<br />

der erste Reichstarifvertrag. Er wurde 1904<br />

für Backmeister und Bäcker in Konsum- und<br />

Genossenschaftsbäckereien vereinbart. Er<br />

sah einen Acht-Stunden-Tag für Schichtbetriebe<br />

vor, eine Woche Urlaub mit Lohnfortzahlung<br />

und u.a. Verbesserungen bei der<br />

Ventilation, sowie den Einbau von Toiletten<br />

und Sitzbänken in den Speiseräumen. Der<br />

Tarifvertrag galt für alle Genossenschaften<br />

im Deutschen Reich, die beim Zentralverband<br />

Mitglied waren. (Info: http://<strong>15</strong>0.ngg.<br />

net/mitbestimmung-und-tarifvertraege/<br />

reichstarifvertrag/).<br />

„Die Feinde unseres Verbandes unter den<br />

Berufskollegen:<br />

[…] Fangen wir zunächst bei unsern offenen<br />

und bewußten Feinden unter den Kollegen<br />

an. Deren Zahl ist nicht allzugroß, aber<br />

leider immer noch groß genug, um unsere<br />

Wirksamkeit zur Erzielung besserer Lohnund<br />

Arbeitsbedingungen mitunter sehr zu<br />

hemmen. Da haben wir fast in jeder Stadt<br />

miteinigen Speichelleckern und Liebedienern<br />

bei den Innungen zu rechnen. Diese schmutzigen,<br />

charakterlosen Elemente sind zu jeder<br />

Zeit bereit, für einen herablassenden Blick<br />

oder ein Schmeichelwort ihres Arbeitgebers<br />

[…] ihre und ihrer Kollegen Interessen an die<br />

Arbeitgeber zu verraten. […] Jedoch alle diese<br />

bewußten und unbewußten Feinde unserer<br />

Organisation, die wir leicht überwinden würden,<br />

sie reichen alle nicht an den einen<br />

heran, an unseren schlimmsten und größten<br />

Feind! Den Feind, den wir am tiefsten hassen,<br />

der uns umlagert schwarz und dicht – Das ist<br />

der Unverstand der Massen! Unverstand und<br />

Gleichgültigkeit, die noch tausende unserer<br />

Kollegen in dumpfen Dahinbrüten gefangen<br />

halten, die sie nicht denkende Menschen<br />

werden lassen, sondern sie zu Sklaven<br />

der Backstube erniedrigen, sind unsere<br />

schlimmsten Feinde. Und das Mittel, durch<br />

welches nur allein diese unsere schlimmsten<br />

Feinde überwunden werden können, es<br />

heißt: Aufklärung und Belehrung! Mitglieder,<br />

laßt es daran nirgends fehlen!“<br />

Bericht in der Deutschen Bäcker-Zeitung<br />

über die Verhandlungen zum Tarifvertrag. Nr.<br />

10, 25. Juni 1904.<br />

40-Stunden-Woche eingeführt<br />

Am 1. April 1957 vereinbarte NGG für die<br />

Schichtarbeiter in der Zigarettenindustrie<br />

die 40-Stunden-Woche. Das war das erste<br />

Mal, dass in einem bundesrepublikanischen<br />

Tarifvertrag diese wöchentliche Arbeitszeit<br />

erreicht wurde. Am 1. Januar 1959 wurde –<br />

NGG war wiederum Vorreiter – in der Zigaret-<br />

Foto: Kay Herscehlmann<br />

Herzlichen Glückwunsch zum <strong>15</strong>0.<br />

Jubiläum! Es ist mir als Vorsitzende der<br />

GEW eine Freude, in der „<strong>einigkeit</strong>“ zu<br />

gratulieren, denn auf Einigkeit kommt<br />

es an, wenn wir uns für die Verbesserungen<br />

der Arbeitsbedingungen einsetzen.<br />

Glückwunsch auch zur Einführung des<br />

Mindestlohns. Euer Einsatz war maßgeblich!<br />

Weiter so! Für mich persönlich ist<br />

Emma Sorgenfrei, Mitglied im Allgemeinen<br />

Deutschen Cigarrenarbeiter-Verein<br />

in Kiel, als Gewerkschafterin ein Vorbild.<br />

Nach ihr ist das Eingangsforum des Kieler<br />

Gewerkschaftshauses benannt. Ihr Mut und ihre Kraft haben mich immer inspiriert.‘<br />

Marlis Tepe, Vorsitzende der GEW<br />

Einheitliche Regelung für gewerbliche ArbeitnehmerInnen<br />

und Angestellte<br />

Auch in den 1970er Jahren preschte NGG<br />

voran: mit dem Ziel, die Einkommen von<br />

gewerblichen ArbeitnehmerInnen und Angestellten<br />

einheitlich per Tarifvertrag zu regeln.<br />

Der am 1. Januar 1974 in Kraft getretene<br />

Bundesrahmentarifvertrag Brauindustrie war<br />

der erste Einheitliche Einkommenstarifvertrag<br />

in der Geschichte der Bundesrepublik.<br />

Arbeitszeit Älterer verkürzen/Vorruhestandsregelung<br />

Während es in den 1960er und 1970er vorrangig<br />

darum ging, die gesundheitlichen<br />

Nachteile der Schichtarbeit in zahlreichen<br />

Manteltarifverträgen abzumildern, trat NGG<br />

in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre an,<br />

die Arbeitszeit älterer ArbeitnehmerInnen<br />

zu verkürzen. Am 1. Juni 1978 wurde der<br />

erste spektakuläre Abschluss in der Zigarettenindustrie<br />

getroffen: die so genannte<br />

Sudermühlen-Regelung. ArbeitnehmerInnen,<br />

die das 60. Lebensjahr vollendet hatten,<br />

konnten wählen: entweder bei Fortzahlung<br />

von 75 Prozent der Bruttobezüge freigestellt<br />

oder aber bei einer verkürzten Wochenarbeitszeit<br />

von nur 20 Stunden mit vollem<br />

Arbeitsentgelt weiterbeschäftigt zu werden.<br />

Vor dem Hintergrund der Beschäftigungskrise<br />

brachte der NGG-Hauptvorstand 1981<br />

einen neuen Vorschlag in die Diskussion:<br />

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