26.02.2016 Aufrufe

einigkeit 06/15

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

GESCHICHTE<br />

„Wenn der Hunger zur Tür hineintritt,<br />

fliegt das Prinzip zum Fenster hinaus.“<br />

Foto: Heinrich-Kaufmann-Stiftung<br />

Adolph von Elm<br />

Zwei Zigarrenarbeiter waren die Pioniere der<br />

Arbeitslosenversicherung.<br />

Über die Höhe der Arbeitslosenversicherung<br />

kann man trefflich streiten. Stichwort<br />

Hartz IV. Aber ganz ohne Arbeitslosenversicherung<br />

– wer könnte sich das heute noch<br />

vorstellen? Einen gesetzlichen Anspruch<br />

auf Arbeitslosenunterstützung gibt es erst<br />

seit 1927. Verschiedene Gewerkschaften<br />

hatten aber bereits zuvor die Leistung von<br />

Arbeitslosengeld in ihrer Satzung verankert,<br />

so etwa der Verband der Zigarrensortierer<br />

und Kistenbekleber unter ihrem Vorsitzenden<br />

und späteren Reichstagsabgeordneten<br />

Adolph von Elm. Die Gewerkschaften waren<br />

in der Frage der Arbeitslosenversicherung<br />

tief gespalten. Die einen hielten sie für nicht<br />

finanzierbar, denn die erforderlichen hohen<br />

Beiträge würden die Mitglieder verschrecken<br />

und vertreiben. Es könne auch nicht Aufgabe<br />

der Gewerkschaften sein, die Folgen der<br />

Arbeitslosigkeit als „Krebsschaden des Kapitalismus“<br />

erträglich zu machen. Auch in der<br />

SPD wurde diese Auffassung lange geteilt.<br />

Bei der Aufstellung des Erfurter Programms<br />

1891 wurde noch nicht einmal die Forderung<br />

nach einer Arbeitslosenversicherung erhoben,<br />

denn sie sei undurchführbar.<br />

Anders Adolph von Elm. Er hatte in den USA<br />

Erfahrungen mit der gewerkschaftlichen<br />

Arbeitslosenunterstützung gesammelt, hatte<br />

die Sache durchgerechnet und nach seiner<br />

Rückkehr nach Hamburg 1883 beim Verband<br />

der Zigarrensortierer für eine deutliche<br />

Beitragserhöhung und die Einführung der<br />

Arbeitslosenunterstützung gesorgt. Noch<br />

1892 leisteten ihren Mitgliedern von den<br />

über 50 gewerkschaftlichen Zentralverbänden<br />

nur zehn eine Hilfe bei Arbeitslosigkeit.<br />

Von Elm: „Wenn der Hunger zur Tür hineintritt,<br />

fliegt das Prinzip zum Fenster hinaus.“<br />

Und: „Die Arbeitslosenversicherung hat sich<br />

als das beste Mittel bewährt, die Arbeiter<br />

fester an die Gewerkschaft zu ketten, ihnen<br />

im täglichen Kampfe um die im Streik errungenen<br />

Vorteile den Rücken zu stärken.“ Von<br />

Elm sah durchaus die finanziellen Probleme<br />

vieler Gewerkschaften, weshalb er das<br />

„Genter Modell“ favorisierte, benannt nach<br />

der belgischen Stadt Gent. Dort leisteten<br />

die Gewerkschaften Arbeitslosenhilfe, aber<br />

sie wurden dabei finanziell von der Stadt<br />

unterstützt. Ähnliche Modelle gab es auch in<br />

zahlreichen deutschen Städten, so in Mannheim,<br />

Köln, Stuttgart und Ludwigshafen. Auf<br />

verschiedenen Gewerkschaftskongressen<br />

und in umfangreichen Zeitschriftenaufsätzen<br />

hat von Elm für die Arbeitslosenversicherung<br />

geworben, schon bei der Gründung der<br />

Generalkommission der Gewerkschaften<br />

Deutschlands, der Vorläuferorganisation des<br />

Foto: Heinrich-Kaufmann-Stiftung<br />

heutigen DGB, deren Mitglied er war.<br />

Ein Gegenspieler von Elms war Hermann<br />

Molkenbuhr, auch ein aus dem Hamburger<br />

Gebiet stammender Tabakarbeiter, der seit<br />

1890 für die SPD Mitglied des Reichstages<br />

war und sich dort zu einem anerkannten<br />

Sozialpolitiker entwickelt hatte. Er hielt eine<br />

allgemeine Arbeitslosenversicherung nur in<br />

Hermann Molkenbuhr<br />

der Form einer staatlichen Pflichtversicherung<br />

für machbar und setzte diese Position<br />

in der Führung der SPD durch. Seine Konzeption<br />

wurde schließlich 1927 mit dem „Gesetz<br />

über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung<br />

(AVAVG)“ realisiert. Für<br />

die Arbeitnehmer war dies ein großer Erfolg,<br />

allerdings mit dem Wermutstropfen für die<br />

Gewerkschaften, dass sie mit der eigenen<br />

Arbeitslosenunterstützung ein wesentliches<br />

Werbeargument für neue Mitglieder verloren.<br />

Autor: Burchard Bösche, ehemaliger NGG-<br />

Vorstandssekretär<br />

Hand in Hand zum Vorteil:<br />

<strong>15</strong>0 Jahre NGG und 10 Jahre DeinPlus!<br />

NGG-Mitglieder haben es besser. Sie genießen nicht nur den Schutz und die<br />

Sicherheit ihrer Gewerkschaft rund um das Arbeits leben. NGG-Mitglieder und<br />

ihre Angehörigen kommen bereits seit über 10 Jahren über den NGG Mitgliedervorteil<br />

in den Genuss ausgewählter Produkte und Dienstleistungen zu günstigen<br />

und fairen Konditionen.<br />

Wir gratulieren !<br />

Dein Plus GmbH • Olof-Palme-Straße 19<br />

60439 Frankfurt am Main • Tel.: <strong>06</strong>9 95737-556<br />

Fax: <strong>06</strong>9 95737-555 • E-Mail: mitgliedervorteil@deinplus.de<br />

www.ngg-mitgliedervorteil.de<br />

NGG MV_8009_6/20<strong>15</strong><br />

<strong>einigkeit</strong> 6 /20<strong>15</strong> 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!