Jugendliche Gewalttäter zwischen Jugendhilfe- und krimineller Karriere
AST_Abschlussbericht_Gewalttaeter
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Abschlussbericht „<strong>Jugendliche</strong> <strong>Gewalttäter</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>- <strong>und</strong> <strong>krimineller</strong> <strong>Karriere</strong>“<br />
dass auch diese Maßnahme abgebrochen werden muss. Auch Talib äußert im<br />
Interview, dass das Schulprojekt für ihn nicht passend war. Er ist der Meinung,<br />
dass sich <strong>Jugendliche</strong> mit ähnlicher Problemlage gegenseitig negativ beeinflussen<br />
<strong>und</strong> er sich in einem solchen Setting nicht „bessern“ kann.<br />
„Mit Talib war von vornherein klar gewesen, enge Zusammenarbeit ist zwingend<br />
notwendig, die gab's mit RSD Frau B. <strong>und</strong> JGH Frau A. hervorragend,<br />
gab' och, wat ich wirklich sehr geschätzt hab' an RSD Frau B. oder an ihrer,<br />
ihrer Kompetenz auch, ist tatsächlich die Fähigkeit zur Flexibilität, ja, also<br />
auch wirklich unkonventionelle Wege zu gehen“ (Fachkraft Schulprojekt)<br />
Die Kooperation <strong>zwischen</strong> den freien Trägern, dem RSD <strong>und</strong> der JGH wird<br />
von allen Seiten als sehr positiv, flexibel <strong>und</strong> wenn nötig unkonventionell bewertet<br />
<strong>und</strong> scheint auf einer vertrauensvollen <strong>und</strong> sich wertschätzenden Zusammenarbeit<br />
zu beruhen. Auch nach Abbruch der Maßnahme im Schulprojekt<br />
A. versuchen die beteiligten Institutionen (JGH, RSD <strong>und</strong> freier Träger)<br />
noch in einer Abschlusskonferenz eine Einzelfallhilfe für Talib zu organisieren,<br />
wozu es aufgr<strong>und</strong> der erneuten Inhaftierung aber nicht mehr kommt.<br />
Im Winter 2013 wird Talib wegen verschiedener Raub- <strong>und</strong> Diebstahlsdelikte<br />
wieder verhaftet <strong>und</strong> befindet sich bis zum zweiten Interview in Untersuchungshaft.<br />
42 Laut der JGH Frau A. kann Talib die erneute Inhaftierung zunächst<br />
schwer ertragen <strong>und</strong> hat in einem Gespräch mit ihr mit Selbstmord<br />
gedroht, wenn sie keine Haftverschonung für ihn erwirkt.<br />
Fazit<br />
Die Zusammenarbeit der Familie mit der <strong>Jugendhilfe</strong> wird von allen Beteiligten<br />
(Talib, Vater, Fachkräfte) als sehr schwierig angesehen. Es scheint, dass die<br />
<strong>Jugendhilfe</strong> vor allem bis zu Talibs erstem Antritt der Jugendstrafe kein Vertrauensverhältnis<br />
zu der Familie aufbauen konnte, so dass keine Gr<strong>und</strong>lage für<br />
eine konstruktive Zusammenarbeit bestand. Die Eltern haben seit Talibs früher<br />
Delinquenz kaum noch Erziehungseinfluss auf ihn, wollen aber auch nicht<br />
mit der <strong>Jugendhilfe</strong> zusammenarbeiten <strong>und</strong> leugnen stattdessen die Probleme.<br />
Obwohl das Jugendamt schon früh gesehen hat, dass das Kindeswohl gefährdet<br />
sein könnte <strong>und</strong> die Eltern sich gegen eine Zusammenarbeit sträubten,<br />
wurde das Sorgerecht trotz mehrmaliger Anhörungen vor dem Familiengericht<br />
nicht entzogen. Durch Umzüge <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> struktureller Veränderungen im<br />
Jugendamt haben sich die Zuständigkeiten von RSD <strong>und</strong> JGH mehrmals geändert,<br />
was eine kontinuierliche Betreuung ebenfalls erschwert hat. So konnte<br />
trotz zahlreicher Maßnahmen <strong>und</strong> Interventionen nicht verhindert werden,<br />
dass Talib zunächst eine Jugendstrafe von einem Jahr <strong>und</strong> zehn Monaten verbüßen<br />
musste <strong>und</strong> auch nicht, dass er danach– trotz guter Kooperation bei<br />
den Entlassungsvorbereitungen – wieder in sein altes Umfeld gerät <strong>und</strong> schon<br />
nach kurzer Zeit wieder Straftaten begeht <strong>und</strong> in Untersuchungshaft kommt.<br />
42 Talib hat sich zum Zeitpunkt des zweiten Interviews noch in Untersuchungshaft bef<strong>und</strong>en, da das<br />
Urteil über ein Jahr <strong>und</strong> sechs Monate Jugendstrafe noch nicht rechtskräftig war.<br />
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