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anderen Verkehrsträger fließen, sondern flankierende<br />

Maßnahmen bei der Haushalts- sowie Verkehrspolitik<br />

ergriffen werden. Dazu gehört vor allem das Streichen<br />

der Deckungsfähigkeiten der Bautitel im Verkehrshaushalt,<br />

sonst bleibt selbiger ein Verschiebebahnhof zu<br />

Gunsten des Neu- und Ausbaus der Straßen. Zudem<br />

müssen unsinnige Großprojekte gestrichen werden, um<br />

Mittel für Verwaltungsaufgaben – d.h. die Erhöhung der<br />

Planungskapazitäten – frei zu bekommen. Damit ist vor<br />

allem die Planung von Erhaltungsmaßnahmen gemeint,<br />

denn bei der Planung des Aus- und Neubaus (auf der<br />

Straße) sind keine echten Defizite zu erkennen, weil<br />

hier alle Mittel verplant und sogar verbaut wurden.<br />

Das ganze muss verkehrspolitisch unterstützt werden,<br />

vor allem durch die Aufstellung eines dem BVWP korrespondierenden<br />

»Erhaltungsplanes«. Hier fehlt es bisher<br />

an einem belastbaren verkehrsträgerübergreifenden<br />

Netzzustandsberichtes, auf dessen Basis Erhaltungsmaßnahmen<br />

zu priorisieren und umzusetzen wären.<br />

Zudem müssen Verwaltungsreformen her, z.B. die<br />

Rückabwicklung der WSV-Reform sowie endlich klare<br />

Verwaltungsvereinbarungen bei der Auftragsverwaltung<br />

der Bundesfernstraßen, deren Fehlen in der Vergangenheit<br />

dazu führte, dass die Länder zu viel in Neu- und<br />

Ausbau investierten – bei sträflicher Vernachlässigung<br />

von Erhaltungsmaßnahmen.<br />

Zudem sollten die externen Kosten des Verkehrs den<br />

einzelnen Verkehrsträgern angelastet werden, was z.B.<br />

eine deutliche Erhöhung der Lkw-Mautsätze bedeuten<br />

würde. Wenn man dann noch im Personenverkehr die<br />

öffentlichen Angebote ausweiten und erschwinglicher<br />

machen würde (im Nahverkehr idealer Weise zum Nulltarif),<br />

hätte die Betonpolitik der letzten Jahrzehnte keine<br />

Grundlage mehr. Es wäre vielmehr der Grundstein für<br />

eine sozial-ökologische Verkehrswende gelegt, ohne die<br />

es um den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage<br />

schlecht bestellt ist.<br />

Bundesverkehrswegeplan 2030:<br />

erste Bewertung und Analyse<br />

von Gerrit Schrammen<br />

Seit 21. März läuft die erstmals durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung<br />

zum neuen Bundesverkehrswegeplan<br />

(BVWP), sie endet am 2. Mai. Eine erste Analyse<br />

zeigt, dass auch dieser Plan wie alle vorherigen eine<br />

unfinanzierbare Wunschliste von über 1.000 Verkehrsprojekten<br />

ist, die allermeisten bei der Straße. Eine<br />

Verkehrswende läutet dieser Plan definitiv nicht ein,<br />

geht es wie bisher doch nur darum, wie man dem angeblich<br />

unaufhaltsam weiter ansteigenden Verkehr Herr<br />

werden kann. Bei den Schienenprojekten gibt es ein<br />

paar ganz gute Ansätze: So soll der Deutschland-Takt<br />

realisiert werden. Allerdings werden die großen Geldvernichtungsmaschinen<br />

weiter gebaut – und auch die<br />

Mottgers-Spange ist wieder im Rennen, als zumindest<br />

präferierte Variante. Die »Abarbeitung« aller Schienenprojekte<br />

würde allerdings bedingen, dass deutlich mehr<br />

Geld als bislang für den Neu- und Ausbau zur Verfügung<br />

gestellt wird – und selbst dann wird es eher 2050 als<br />

2030, bis alle Maßnahmen fertig sind. Der 200 Seiten<br />

starke Entwurf des BVWP 2030 vom März 2016 findet<br />

sich als pdf unter http://gleft.de/1fs.<br />

Politische Bewertung<br />

1. An der grundlegenden Kritik der Bundesverkehrswegeplanung<br />

ändert sich auch durch den neuen BVWP<br />

nichts. Wie alle seine Vorgänger basiert er auf einer<br />

Verkehrsprognose, die ebenfalls wie immer erhebliche<br />

Steigerungen vorhersagt. Die einzelnen Verkehrsprojekte<br />

werden anschließend nur danach beurteilt, inwieweit<br />

sie zum »Abfahren« des gestiegenen Bedarfs beitragen.<br />

Deshalb hat sogar mehr als die Hälfte aller Straßenprojekte<br />

einen positiven Umweltnutzen – weil eben Stau<br />

vermieden wird und Menschen innerorts von Lärm<br />

entlastet werden – so die Logik des BVWP. Erforderlich<br />

wäre und ist weiterhin ein komplettes vom Kopf auf die<br />

Füße stellen der Verkehrsplanung. Zunächst muss auf<br />

Basis von klar definierten Umwelt- und weiteren Zielen<br />

ein Szenario entwickelt werden, mit dem diese Ziele<br />

erreicht werden können. Dieses kann nicht nur aus<br />

Infrastrukturinvestitionen beruhen, sondern muss die<br />

gesamte Verkehrspolitik unter Einbeziehung insbesondere<br />

der finanziellen, steuerlichen (Fehl-)Anreize<br />

betrachten. Erst darauf basierend ist dann zu schauen,<br />

welche Verkehrsprojekte man dafür benötigt, um dieses<br />

Szenario umzusetzen.<br />

2. Trotz des zu Grunde Legens eines weiteren Verkehrswachstums<br />

hätten sich Handlungsmöglichkeiten<br />

ergeben. Wie aus der Betrachtung der drei Investitionsszenarien<br />

ersichtlich wird, hätte es durchaus die<br />

Möglichkeit gegeben, die Investitionsmittel deutlich<br />

zu Gunsten der umweltfreundlicheren Verkehrsträger<br />

Schiene und Wasserstraße umzuschichten. Hierbei<br />

würden erhebliche Umweltnutzen entstehen und –beeinträchtigungen<br />

vermieden. Die diesen Umweltnutzen<br />

gegenüber stehenden niedrigeren sonstigen monetarisierten<br />

Nutzen (überwiegend durch kürzere Fahrzeiten<br />

verursacht), die deutlich über den Umweltnutzen liegen,<br />

basieren alleine darauf, dass der Anstieg des Verkehrs<br />

als gegeben hingenommen wird. Wer eine Verkehrswende<br />

will, kann das Verkehrswachstum nicht als gegeben<br />

hinnehmen, sondern will Verkehr, Mobilität gestalten.<br />

Es sollten also die Investitionen in Richtung des Szenarios<br />

Schiene/Wasserstraße verschoben werden. Die<br />

errechneten volkswirtschaftlichen »Verluste« sind nur<br />

theoretischer Natur.<br />

3. Der BVWP 2030 ist ebenso eine Wunschliste wie<br />

alle bisherigen Bundesverkehrswegepläne, eigentlich<br />

eine noch größere und unrealistischere als der letzte<br />

Bundesverkehrswegeplan von 2003. Trotz der geplanten<br />

Investitionen von im Durchschnitt jährlich 15 Milliarden<br />

Euro 3 bis 2030 können selbst viele Projekte des<br />

Vordringlichen Bedarfs nicht in der Laufzeit realisiert<br />

3<br />

2016 sind es mit dem Dobrindtschen »Investitionshochlauf« 12,6 Mrd. €,<br />

bis 2018 sollen die Mittel auf 13,4 Mrd. € steigen! Wegen des dann auslaufenden<br />

»Zukunftsinvestitionsprogramms sinken sie ab 2019 wieder.<br />

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