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Vor allem ist es aber die falsche Strategie, um einen<br />

klima- und umweltfreundlichen Verkehr zu erreichen.<br />

Wie will sich die DB weiter als Klima-Vorreiter präsentieren,<br />

wenn sie – paradoxerweise auch noch zeitgleich<br />

zur Klimakonferenz in Paris – den Schienengüterverkehr<br />

weiter abbaut und den Nachtzugverkehr ganz<br />

kaputt macht, der auf längeren Strecken die einzige<br />

klimafreundliche Alternative zum Luftverkehr ist?<br />

Alternativer Lösungsvorschlag<br />

Es gäbe eine andere Lösung, die der DB AG tatsächlich<br />

helfen könnte: Die DB AG müsste sich von den Unternehmensbereichen<br />

trennen, die mit dem Bahnverkehr<br />

im Inland nichts zu tun haben. Das wären zum ersten<br />

die internationalen Logistikaktivitäten von DB Schenker<br />

Logistics, aber auch DB Arriva, das DB-Tochterunternehmen<br />

vor allem für Bus- und etwas Bahnverkehr in<br />

vielen anderen Ländern. Beides hat mit dem Kerngeschäft<br />

Bahnverkehr in Deutschland – oder dem »Brotund-Butter-Geschäft«,<br />

wie Rüdiger Grube es nennt<br />

– nichts zu tun, kostet aber extrem viel Geld, bindet<br />

Kapital, Ressourcen und Aufmerksamkeit.<br />

Bei einem solchen Verkauf könnten binnen weniger<br />

Monate bis zu 10 Milliarden Euro eingenommen werden,<br />

die sinnvollerweise für zwei Dinge verwendet werden<br />

sollten: Zum ersten sollten die erheblichen Schulden<br />

des Konzerns abgebaut werden, um die Belastungen<br />

durch die Kapitalkosten wieder zu verringern. Zum zweiten<br />

sollte das Geld verwendet werden, um die akuten<br />

Probleme zu mindern und bestehende Engstellen im<br />

Bahnnetz zu beseitigen. Der Verkauf der bahnfremden<br />

Unternehmen müsste mit dem klaren Bekenntnis<br />

einhergehen, dass die »Global Player«-Strategie der DB<br />

gescheitert ist. Mit dieser Erkenntnis wäre die DB AG<br />

nicht das erste Unternehmen: Bevor er zur DB AG kam,<br />

war Hartmut Mehdorn Chef der Heidelberger Druckmaschinen<br />

AG, und auch dort verfolgte er die gleiche Idee:<br />

Mit dem Aufkauf von Unternehmen in der ganzen Welt<br />

sollte das Geschäftsfeld erheblich erweitert werden.<br />

Nach Mehdorns Weggang hat das neue Management<br />

sehr schnell den Großteil dieser Erwerbungen wieder<br />

verkauft, und eine Erweiterung der Produktpalette findet<br />

inzwischen eher über strategische Partnerschaften<br />

statt.<br />

Bei der DB AG steht die Rückbesinnung auf das Kerngeschäft<br />

noch aus. Und Rüdiger Grube könnte eigentlich<br />

derjenige sein, der hier wertvolle Erfahrungen beitragen<br />

kann: Denn auch bei Daimler, seinem vorherigen<br />

Arbeitgeber, hatte man einmal die Idee, einen Weltkonzern<br />

aufzubauen, der Daimler, Chrysler, Mitsubishi<br />

und schließlich sogar Hyundai umfassen sollte. Diese<br />

Strategie ist krachend gescheitert und hat der Daimler<br />

AG eine schwere Krise beschert. Rüdiger Grube war zu<br />

jener Zeit im Daimler-Konzern als Vorstandsmitglied für<br />

Konzernentwicklung maßgeblich an dieser Expansionsstrategie<br />

beteiligt.<br />

Um keine Missverständnisse entstehen zu lassen:<br />

Mit Verkauf ist hier wirklich die vollständige Trennung<br />

von den Sparten gemeint, die mit dem Kerngeschäft<br />

Bahnverkehr in Deutschland oder maximal in die<br />

Nachbarländer nichts zu tun haben. Es geht nicht um<br />

eine »Teilprivatisierung« von Sparten, wie sie bei der<br />

DB AG jetzt schon angedacht ist und möglicherweise<br />

ebenfalls heute diskutiert wird, sondern um eine klare<br />

Konzentration auf das Wesentliche. Tatsächlich plant<br />

die DB AG aber, sogenannte »Investoren« durch erhebliche<br />

Beteiligungen an DB Schenker Logistics und DB<br />

Arriva in den Konzern hineinzuholen. Eine solche Form<br />

des Konzernumbaus würde erhebliche Risiken mit sich<br />

bringen, weil Investoren mit anderen Interessen damit<br />

indirekt Einfluss auf das gesamte Geschäft der DB AG<br />

erhalten würden – und wohl kaum primär das Ziel eines<br />

nachhaltigen Bahnverkehrs verfolgen.<br />

Neben dem Verkauf sollte das DB-Management der<br />

Bundesregierung als Vertreterin des Eigentümers –<br />

nämlich uns allen – reinen Wein einschenken und mit<br />

ihr neue Ziele vereinbaren: Die Bahn ist keine Gewinnmaschine.<br />

Eine wirkliche Eigenwirtschaftlichkeit der<br />

Bahn ist im jetzigen Verkehrsmarkt nicht zu machen.<br />

Bei den bisherigen – positiv aussehenden – Bilanzen<br />

handelt es sich vielmehr um eine »potemkinsche<br />

Profitabilität« 17 . Stattdessen sollte die – auf ihr Kerngeschäft<br />

zurückgeführte – Bahn an anderen Zielen gemessen<br />

werden, nämlich an dem einer flächeneckenden,<br />

zuverlässigen und bezahlbaren Grundversorgung mit<br />

Mobilität. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB),<br />

formell auch eine AG 18 , machen vor, wie das gehen<br />

kann: In regelmäßigen Abständen werden Ziele zwischen<br />

der SBB AG und dem Bund vereinbart, und auf<br />

der Basis des Erreichens dieser Ziele erhält das Unternehmen<br />

die vereinbarten finanziellen Zuwendungen. So<br />

ist das Unternehmen primär am Gemeinwohl und nicht<br />

an einem vermeintlichen Gewinn orientiert.<br />

Außerdem sollte der Bahnchef – oder sein Chefflobbyist<br />

Pofalla – die Bundesregierung bei jeder Gelegenheit<br />

daran erinnern, dass der heutige Verkehrsmarkt die<br />

Bahn erheblich benachteiligt, und Änderungen einfordern.<br />

Diese Benachteiligung geschieht vor allem<br />

dadurch, dass die externen Kosten für Unfälle, Klimaund<br />

Umweltfolgen, von denen der Luft- und Straßenverkehr<br />

ganz besonders viele verursacht, von uns allen<br />

und nicht von den Verursachern getragen werden, aber<br />

auch durch die ungleiche Belastung mit Steuern und<br />

Abgaben. Wenn sich das endlich ändert und die DB an<br />

anderen Zielen als nur einem vermeintlichen Bilanzgewinn<br />

ausgerichtet wird, hat die Bahn auch wieder eine<br />

reelle Chance.<br />

17<br />

Sven Böll: Die Lebenslüge von der profitablen Deutschen Bahn. Spiegel<br />

Online, 2.12.2015.<br />

18<br />

Es gibt in der Schweiz für Unternehmen wie die SBB eine besondere<br />

Form der Aktiengesellschaft, die sogenannte spezialgesetzliche AG. Eine<br />

analoge Rechtsform könnte aber auch in Deutschland geschaffen werden<br />

– oder die DB müsste in eine andere Rechtsform wie eine Anstalt<br />

öffentlichen Rechts (analog zur KfW) umgewandelt werden.<br />

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