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Bundesregierung ist nicht an Aufklärung<br />

interessiert<br />

Als der Skandal bei VW öffentlich wurde, hat Verkehrsminister<br />

Dobrindt ganz schnell eine Untersuchungskommission<br />

eingerichtet. Es wird immer offensichtlicher,<br />

dass diese nicht das Ziel hat, lückenlos und schonungslos<br />

aufzuklären. Vielmehr lautet wohl das eigentliche<br />

Ziel, die deutsche Autoindustrie vor einer Ausweitung<br />

des Skandals oder weiteren Skandalen zu schützen.<br />

Dafür spricht:<br />

1. Es verwundert, dass sich Umweltministerin Hendriks<br />

zum Thema kaum und Gesundheitsminister Gröhe gar<br />

nicht öffentlich äußern. Werden sie von Dobrindt mit dem<br />

Segen der Kanzlerin und des Vizekanzlers ausgebremst?<br />

2. Lange blieb unklar, wer überhaupt in der Kommission<br />

sitzt. Schließlich wurden die Mitglieder bekannt<br />

gegeben, als der Druck zu groß wurde: Das ist neben<br />

Dobrindt selbst Staatssekretär Odenwald, zwei weitere<br />

Personen aus dem Verkehrsministerium und drei aus<br />

dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA): alle also aus Behörden,<br />

die erstens schon längst über die Manipulation<br />

von Abgaswerten Bescheid wussten und nichts, aber<br />

auch gar nichts unternommen hatten, dieser Praxis<br />

Einhalt zu gebieten. Eine einzige externe Person sitzt<br />

als »wissenschaftliche Begleitung« in der Kommission:<br />

ein Professor von der TU München, der in der Vergangenheit<br />

für die Fahrzeugindustrie gearbeitet hat. Der<br />

Spiegel titelte zurecht: »Vor dieser Truppe muss VW<br />

keine Angst haben«.<br />

3. Bekannt ist, welche 53 Fahrzeugmodelle verschiedener<br />

Hersteller im Auftrag dieser Kommission untersucht<br />

werden. Ergebnisse wurden bis Mitte März nicht<br />

veröffentlicht und sollten auch erst mit dem Abschlussbericht<br />

öffentlich werden, für dessen Erscheinen keine<br />

Zeitangaben gemacht wurden – die Herren wollten sich<br />

wohl noch von der Autoindustrie beraten lassen, wie<br />

diese zu interpretieren sind.<br />

Nun hat aber Greenpeace die Veröffentlichung erster<br />

Messergebnisse nach dem Umweltinformationsgesetz<br />

eingeklagt. Laut KBA (auf Anfrage von Focus online) gibt<br />

die Liste »Eingangsmessungen wieder, die darüber Aufschluss<br />

geben sollen, ob das zu den anschließend geplanten<br />

Testzwecken beschaffte Gebrauchtfahrzeug sich in<br />

einem technisch einwandfreien Zustand befindet. Rückschlüsse<br />

auf Mängel bei der Typkonformität können daraus<br />

nicht gezogen werden«. Bei diesen Messungen auf dem<br />

Rollenprüfstand haben zwei Modelle den NEFZ-Grenzwert<br />

überschritten (Opel Astra und Smart). Dass die anderen 51<br />

Modelle die Grenzwerte unter diesen idealisierten Laborbedingungen<br />

einhielten, ist nicht verwunderlich, haben doch<br />

alle Modelle die Typenzulassung nach diesem Test erhalten.<br />

Spannend wird es erst, wenn weitere Messungen auf<br />

der Straße gemacht werden, die laut KBA noch ausstehen.<br />

Warum diese immer noch nicht durchgeführt wurden,<br />

während das ZDF mal eben drei Modelle in der Schweiz<br />

testen lässt (alle drei mit mehrfach überhöhten Emissionen<br />

auf der Straße), bleibt unverständlich. Vielleicht werden die<br />

Messergebnisse dieser Tests auch nur geheim gehalten.<br />

4. Vor allem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ließ<br />

inzwischen weitere unabhängige Prüfungen durchführen<br />

– und zwar in der Schweiz, weil es sich TÜV, DEKRA<br />

und andere Prüfstellen in Deutschland nicht mit ihren<br />

Hauptauftraggebern (den großen Autoherstellern)<br />

verderben wollen. Bei Modellen von Daimler, BMW,<br />

Renault und Fiat wurden im realen Fahrbetrieb deutlich<br />

höhere Emissionen gemessen, als unter den Laborbedingungen<br />

für die Typenzulassung. Die Messergebnisse,<br />

die die DUH ans Verkehrsministerium schickte, blieben<br />

unbeantwortet. Eigentlich wäre es ja naheliegend, dass<br />

sich Dobrindts Untersuchungskommission mal mit den<br />

kritischen Abgas-Experten trifft. Aber diese Auseinandersetzung<br />

wird offensichtlich gefürchtet.<br />

Das Lobbygeflecht der Autoindustrie in Brüssel (Screenshot aus der ZDF-Doku »Die Abgaslüge«)<br />

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