Besser verkehren
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ordnung. Demnach sollten Reeder von Schiffen unter<br />
deutscher Flagge nicht wie heute mindestens vier<br />
EU-Bürger/innen auf jedem großen Schiff einstellen<br />
müssen, sondern nur noch zwei. Dem hat das Bundesverkehrsministerium<br />
im Dezember letzten Jahres<br />
ohne Rücksprache mit der Gewerkschaft Verdi in einer<br />
Vereinbarung mit dem VDR schon zugestimmt. Für<br />
Verdi war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen<br />
gebracht hat. Die Gewerkschaft kündigte daraufhin das<br />
sogenannte Maritime Bündnis endlich auf.<br />
Für Seeleute ist dieser Vorstoß der Reeder und der<br />
Groko ein weiterer Angriff auf ihre Arbeitssicherheit.<br />
Wieder müssen bis zur Hälfte der Kolleginnen und Kollegen<br />
um ihren Job fürchten. Damit droht der Beruf in<br />
Deutschland und damit auch das maritime Know-How<br />
langsam völlig zu verschwinden. Um diesen klaren Angriff<br />
auf die maritime Beschäftigung zu stoppen, haben<br />
engagierte Seeleute mit dem Arbeitsrechtsanwalt Rolf<br />
Geffken eine Petition mit dem Titel »Rettet die deutsche<br />
Seeschifffahrt – Gegen die Abschaffung der Seefahrtsberufe«<br />
gestartet, die schon mehr als 2.700 Menschen<br />
unterschrieben haben. Mitte April sollte die Petition<br />
dem Petitionsausschuss des Bundestages überreicht<br />
werden.<br />
DIE LINKE im Bundestag unterstützt die Petitionsinitiative<br />
und bekämpft die Steuervergünstigungen für<br />
die Reeder und die Abschwächung der Schiffsbesetzungsverordnung<br />
entschlossen. Zum Gesetzesentwurf<br />
der Bundesregierung zur Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts<br />
haben wir einen Entschließungsantrag<br />
(Drucksache 18/7378) eingebracht, in dem wir fordern,<br />
dass alle Steuervergünstigungen für die Seeschifffahrt<br />
gestrichen werden. Nach dem Motto »keine Leistung<br />
ohne Gegenleistung« sollten Steuervergünstigungen<br />
nur erlaubt werden, nachdem ein neues Maritimes<br />
Bündnis auf Grundlage belastbarer Verpflichtungen zur<br />
Sicherung von Arbeitsplätzen und maritimer Ausbildung<br />
gegründet wird.<br />
Im gleichen Antrag fordern wir auch, dass die Fassung<br />
der Schiffsbesetzungsverordnung vom 26. August 1998<br />
wieder in Kraft gesetzt wird. Damit würden u.a. für<br />
Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von mehr als 8000<br />
BRZ wieder fünf Besetzungsmitglieder mit Staatsbürgerschaft<br />
eines EU-Mitgliedstaates vorgeschrieben<br />
werden. Die Reedereien werden sich gegen diese Vorschläge<br />
wehren und mit weiterer Flaggenflucht drohen.<br />
Die Erfahrung zeigt aber, dass die Ausflaggung mit<br />
Steuergeschenken und Subventionen nicht zu stoppen<br />
ist. Es ist höchste Zeit für ein Verbot der Ausflaggung in<br />
Flaggen von Staaten außerhalb der EU.<br />
Rotterdamer Hafen streikt gegen Stellenverluste<br />
infolge der Automatisierung<br />
von Freek Blauwhof<br />
Für die Hafenbetreiber in Europa gilt der Rotterdamer<br />
Hafen mit seiner dominanten Marktstellung und dem<br />
vollautomatisierten Containerterminal Maasvlakte II<br />
als absolutes Erfolgsmodell. Doch die Kolleginnen und<br />
Kollegen haben wenig von den schwindelerregenden<br />
Umschlagzahlen. Wegen der Automatisierung stehen<br />
bis zu 800 Stellen unmittelbar vor dem Aus. Nun treten<br />
die Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter Anfang Januar<br />
in einen wahrscheinlich wochenlangen Streik. Sie<br />
fordern den garantierten Erhalt aller Stellen im Hafen<br />
bis 2021 und einen Sozialplan.<br />
Kaum ein anderer Hafen bietet dem interkontinentalen<br />
Containerverkehr einen besseren Zugang zu den<br />
Märkten und Industriegebieten Westeuropas. Mit einem<br />
Güterumschlag von 445 Mio. Tonnen im Jahr 2014 strömen<br />
jährlich mehr als dreimal so viele Güter durch die<br />
Rotterdamer Terminals als in Hamburg. Der Containerterminalkomplex<br />
Maasvlakte und die fast fertiggestellte<br />
Erweiterung Maasvlakte II sind direkt von der Nordsee<br />
und dem Ärmelkanal erreichbar und für die derzeit<br />
größten Containerschiffe mit 19.000 TEU und bis zu 20<br />
Metern Tiefgang problemlos zugänglich. Zudem ist der<br />
Hafen sowohl über Rhein und Maas als auch über die<br />
Schienenanbindung bestens am Hinterland angebunden.<br />
Mitte 2016 sollen die fast vollständig automatisierten<br />
Containerterminals von DP World und APM Terminals<br />
auf der Maasvlakte II in Betrieb gehen. Nach Einschätzung<br />
der Gewerkschaft FNV Havens führt dies zu<br />
erheblicher Überkapazität, die den Hafenarbeiterinnen<br />
und Hafenarbeiter im Containersektor wie ein Damoklesschwert<br />
über den Kopf hängt. Erwartungsgemäß<br />
werden trotz wachsender Umschlagzahlen bis zu 800<br />
Kolleginnen und Kollegen aufgrund der Automatisierung<br />
ihren Job verlieren. Deswegen verhandeln die Arbeitgeber,<br />
der Hafenbedrijf Rotterdam und die Lagerbetriebe,<br />
sowie die Gewerkschaften FNV Havens und CNV Vakmensen<br />
über einen Beschäftigungs- und Sozialplan.<br />
Nachdem die Kolleginnen und Kollegen im Containersektor<br />
schon Ende November mehrheitlich für Streikaktionen<br />
gestimmt hatten, wurde ein letzter Versuch<br />
unternommen, eine Einigung mit den Arbeitgebern zu<br />
erreichen. Am Freitag 11. Dezember platzte jedoch der<br />
Verhandlungsprozess. Nach 12 Stunden Verhandlungen<br />
entschieden sich die Kolleginnen und Kollegen um 23:00<br />
ihrer Forderungen mit einem unangekündigten Streik<br />
Nachdruck zu verleihen, woraufhin die Arbeitgeber die<br />
Gespräche beendeten. Nach Auffassung des Gewerkschaftssekretärs<br />
Niek Stam beabsichtigen der Hafenbetreiber<br />
und die Hafenbetriebe, der Gewerkschaft das<br />
Genick zu brechen: »Sie riechen Blut. Die älteren Hafenarbeiterinnen<br />
und Hafenarbeiter werden bald in Rente<br />
gehen. Und jetzt wollen sie auf einem Schlag mit den<br />
Großmäulern, die Stellensicherung fordern, abrechnen.<br />
Davon halten wir nichts.«<br />
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