Besser verkehren
16041214-VZ-09-96dpi
16041214-VZ-09-96dpi
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
uns immer wieder entwertet. Der Preis dieser BahnCard<br />
muss dabei eine Höhe haben, dass er nicht abschreckt<br />
– die heutigen 255 Euro, immerhin auch inflationsbereinigt<br />
fast eine Verdoppelung seit der Bahnreform 1994,<br />
sind in Anbetracht der Tatsache, dass diese BahnCard<br />
eben bei weitem nicht überall gilt, deutlich zu hoch.<br />
Und ebenso erschwinglich sollte auch die BahnCard 100<br />
als ultimative Mobilitätskarte sein, denn damit gewinnt<br />
man die Menschen endgültig als Dauerkunden für die<br />
Bahn. Bei Preisen jenseits von 4000 Euro bleibt die<br />
BahnCard 100 jedoch – anders als das im Vergleich zu<br />
der deutlich größeren Leistung günstigere »Generalabonnement«<br />
in der Schweiz – ein Nischenprodukt.<br />
Und noch etwas muss das Angebotskonzept des Bahn-<br />
Fernverkehrs widerspiegeln: Es gibt ganz unterschiedliche<br />
Kundenbedürfnisse. Die einen wollen schnell<br />
ankommen und zahlen dafür gerne einen höheren Preis,<br />
andere sind mit etwas mehr Zeit unterwegs und wollen<br />
lieber weniger zahlen oder umsteigefrei reisen. Die<br />
zweite Gruppe hatte die DB AG im Fernverkehr lange<br />
vergessen und merkt nun mit dem Erfolg der Fernbusse<br />
plötzlich, dass diese Menschen nicht einfach sowieso<br />
Bahn fahren, auch wenn die Bahn ihnen kein gutes<br />
Angebot macht. Die unterschiedlichen Reisebedürfnisse<br />
müssen sich bei den Zugangeboten und damit<br />
verbunden in den unterschiedlichen Preisen wiederfinden<br />
– und auch das ist keine neue Erfindung: Dafür<br />
gibt es die klassische Unterscheidung zwischen dem<br />
sehr schnellen ICE, dem schnellen IC und bis Anfang<br />
der 2000er Jahre dem InterRegio. Stattdessen fahren<br />
inzwischen auch auf vielen langsamen Strecken ICEs<br />
und ICs, so dass die unterschiedlichen Produkte kaum<br />
noch erkennbar sind. Wir brauchen wieder eine klare<br />
Unterscheidung der Zuggattungen und Wahlmöglichkeiten<br />
in Hinblick auf Geschwindigkeit und Preis: Der<br />
neue InterRegio-Express zwischen Hamburg und Berlin<br />
darf keine einzelne Strecke bleiben, sondern daraus<br />
muss wieder ein deutschlandweites Netz von InterRegios<br />
werden – mit der Möglichkeit, auf vielen Strecken<br />
alleine durch die Zugwahl sehr viel günstiger, aber auch<br />
bequem und oftmals ohne Umsteigen unterwegs zu<br />
sein. So kann die Bahn auch ohne Schnäppchenangebote<br />
sehr günstig sein – und das für alle transparent<br />
und nachvollziehbar.<br />
Schrumpfung der Güterbahn –<br />
der Weg aus der Krise?<br />
von Bernhard Knierim<br />
Der Güterverkehr der Deutschen Bahn AG, die DB<br />
Schenker Rail AG, ist in der Krise. Seit Jahren macht die<br />
Sparte keine größeren Gewinne. Die Umsätze stagnieren<br />
bei knapp 5 Milliarden Euro im Jahr, und nach dem<br />
Wirtschaftskrisen-Einbruch 2009 (189 Mio. Euro Verlust)<br />
gab es in den letzten Jahren zwar minimale Gewinne<br />
(siehe Grafik 1), aber 2015 fuhr die DB-Güterbahn wohl<br />
nach allem, was zu hören ist, wieder in die Verlustzone.<br />
Nun hat Bahnchef Rüdiger Grube, dem sonst oft<br />
ein eher zögerliches Management vorgeworfen wird,<br />
50<br />
entschlossen reagiert: Er will den Güterverkehr auf der<br />
Bahn sanieren, und zu diesem Zweck hat er die üblichen<br />
Experten von McKinsey eingeladen. Das Ergebnis<br />
ist dann auch das, was man von den McKinsey-Beratern<br />
erwartet: DB Schenker Rail soll durch Schrumpfung gesunden,<br />
und dabei sollen etwa 2600 Arbeitsplätze – immerhin<br />
rund ein Sechstel der momentanen Belegschaft<br />
– abgebaut werden; anfangs war sogar von bis zu 5000<br />
Stellen die Rede. 22 Ist diese Entscheidung unvermeidlich<br />
oder gäbe es auch Alternativen?<br />
Ein kleiner Blick zurück: Schon vor mehr als 10 Jahren<br />
gab es unter dem damaligen Bahnchef Mehdorn ein<br />
Programm zur Sanierung des Bahn-Güterverkehrs, der<br />
damals noch Railion hieß. Dieses Programm unter dem<br />
Namen »Marktorientiertes Angebot Cargo« (»Mora C«)<br />
führte in den Jahren 2002 bis 2004 ebenfalls zu einer<br />
enormen Schrumpfung: So wurden zahlreiche Güterverkehrsstellen<br />
abgebaut, und insbesondere wurden viele<br />
Gleisanschlüsse gekündigt. Solche Gleisanschlüsse, die<br />
bis auf das Firmengelände führen, ermöglichen Unternehmen<br />
die direkte Verladung auf die Bahn. Werden<br />
sie gekündigt, heißt das für die meisten Unternehmen,<br />
dass sie ihre Güter kaum noch wirtschaftlich mit der<br />
Bahn transportieren können. Sie können direkt nur<br />
noch auf Lkw verladen, und das spätere Umladen auf<br />
die Bahn ist oft zeit- und kostenaufwändig. So bedeutete<br />
die Schrumpfung im Rahmen von »Mora C« letztlich<br />
eine Verlagerung vieler Transporte von der Bahn auf die<br />
Straße – was auch zahlreiche Firmen kritisierten, die<br />
gerne weiter per Bahn transportiert hätten, aber nicht<br />
das Transportvolumen aufbrachten, dass die DB nun<br />
von ihnen verlangte. Die nachfolgende Grafik illustriert<br />
den extremen Rückgang der Zahl an Gleisanschlüssen,<br />
der offensichtlich auch unabhängig von Mora C schon<br />
seit der Bahnreform 1994 in vollem Gange war.<br />
Die neue Strategie der DB AG im Güterverkehr beinhaltet<br />
seitdem immer mehr die Konzentration auf die<br />
gut 300 Großunternehmen, mit denen sie den überwiegenden<br />
Teil ihrer Umsätze erzielt. Viele dieser Unternehmen<br />
buchen vor allem langlaufende Ganzzüge, also<br />
ganze Güterzüge mit dem gleichen Start und Ziel. Aus<br />
dem Stückgutverkehr ist die DB hingegen komplett<br />
ausgestiegen, und auch der Einzelwagenverkehr scheint<br />
nicht mehr im Fokus des Interesses zu stehen, weil er<br />
technisch und organisatorisch aufwändig ist und die<br />
Gewinnmargen dort geringer sind als beim Transport<br />
von ganzen Zügen über lange Strecken. Dass dieser<br />
Schrumpfkurs nun mit der angekündigten Sparrunde<br />
verschärft fortgesetzt werden soll, zeigt die Abwärtsspirale,<br />
in die die Güterbahn mit »Mora C« und den<br />
sonstigen Kürzungen gestoßen wurde. Es soll wieder<br />
das gleiche Mittel angewandt werden, das schon vorher<br />
die Krise nicht gelöst hat. Frank Nachtigall, der Bezirksvorsitzende<br />
der GDL für Berlin, Brandenburg und<br />
Sachsen kritisiert ebenfalls diese Rückzugsstrategie<br />
von DB Schenker Rail: »Die Bahn will sich aus dem<br />
zeitaufwendigen und arbeitsintensiven Tagesgeschäft<br />
zurückziehen«. Die DB arbeite seiner Analyse nach oft<br />
22<br />
http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/deutschebahn-plant-jobabbau-im-gueterverkehra-1058369.html