smartLiving 01_2016 ePaper
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Sanierung, Energie & Umwelt<br />
Kräftig angeschoben wird die momentane<br />
Entwicklung in der<br />
Handwerksbranche zudem von<br />
der Weltwirtschaftslage und den<br />
durch die Notenbanken dauerhaft<br />
niedrig gehaltenen Zinsen,<br />
die einen ungebremsten Trend ausgelöst<br />
haben: Den Drang vieler Eigentümer,<br />
das durchaus vorhandene Barvermögen<br />
und Kapital in den eigenen vier Wänden anzulegen.<br />
Gerd Kistenfeger: „Die Niedrigzinsen sind für viele das<br />
Zünglein an der Waage, das Geld nicht auf die Bank zu tragen,<br />
sondern es in Immobilien und Sachwerte zu stecken.“ Gleichzeitig<br />
spielt nach Einschätzung der Handwerkskammer noch<br />
ein weiterer Aspekt eine tragende Rolle: Die demografische<br />
Entwicklung, also der Wandel in Deutschland hin zu einer Gesellschaft,<br />
die immer älter wird. Die Veränderungen, die als<br />
Folge davon viele Lebensbereiche betreffen, sind grundlegend<br />
und dauerhaft - und eben auch im Handwerk zu spüren. Der<br />
Anteil an Wohnungen und Häusern, die barrierefrei umgebaut<br />
werden sollen und müssen, so Gerd Kistenfeger, „hat in den<br />
vergangenen Jahren deutlich zugenommen“.<br />
Qualifizierte Fachkräfte fehlen<br />
Höhenverstellbare Waschtische, Duschräume mit barrierefreiem<br />
Zugang, Treppenlifte, verbreiterte Hauseingänge, Bewegungsmelder<br />
im ganzen Haus, elektrisch bedienbare Rollläden,<br />
leichtgängige Armaturen: Die Möglichkeiten und Notwendigkeiten,<br />
eine Wohnung oder ein Haus altersgerecht einzurichten<br />
und umzubauen, sind reich gesät. Die Arbeiten selbst sind oft<br />
aufwendig und damit zeitintensiv. In den meisten Fällen seien<br />
unterschiedliche Gewerke und Handwerker an einer Maßnahme<br />
beteiligt, vom Elektroinstallateur über den Rollladenbauer<br />
zum Sanitärfachmann bis zum Maurer und Maler, sagt Kistenfeger.<br />
„Solche Arbeiten lassen sich nicht beliebig beschleunigen,<br />
wenn die Qualität stimmen soll.“<br />
29 585 Handwerksbetriebe waren Ende vergangenen Jahres in<br />
der Region Stuttgart gemeldet. „Im Vergleich zu anderen Regionen<br />
ist das eine hohe Dichte, mit der wir eigentlich eine sehr<br />
ordentliche Verbraucherversorgung erreichen“, sagt Gerd Kistenfeger.<br />
Weil viele der Unternehmen dennoch „bis an die Kante<br />
ausgelastet“ sind, wollen sie möglichst schnell expandieren,<br />
den Malerbetrieb oder das Stuckateurgeschäft ausbauen, mehr<br />
Mitarbeiter einstellen. Der gute Wille und die unternehmerische<br />
Absicht seien vielfach vorhanden, sagt Kistenfeger. Allein:<br />
„Es fehlt massiv an qualifizierten Fachkräften auf dem Markt“,<br />
betont er. „Inzwischen meint ja jeder, studieren zu müssen.<br />
Diesen Trend in Richtung Akademisierungswahn verfolgen wir<br />
mit großer Sorge.“<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass sich auch hier der demografische<br />
Wandel auswirkt, da es im Vergleich zu früher immer weniger<br />
Schulabgänger gibt. Die Betriebe hätten das Dilemma<br />
zwischenzeitlich aber erkannt und seien dazu übergegangen, so<br />
Gerd Kistenfeger, im immer härteren Wettbewerb um junge<br />
Fachkräfte die künftigen Mitarbeiter selber auszubilden und zu<br />
qualifizieren. Die Ausbildungszahlen in den Betrieben in der<br />
Region Stuttgart würden kontinuierlich ansteigen, wobei erfreulicherweise<br />
auch immer mehr Abiturienten eine berufliche<br />
Ausbildung im Handwerk machen würden, so Kistenfeger. Im<br />
Vergleich zum Vorjahr sei der Anteil an Abiturienten um beachtliche<br />
24 Prozent gestiegen.<br />
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