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Köln 12<br />
eine bestimmte Form der Sexualität oder<br />
sexuellen Orientierung. Wir behandeln<br />
alle gleich. Darauf achten wir auch in<br />
unserer Bildsprache und unseren Kampagnen.<br />
WARUM?<br />
Wir wollen nicht, dass Leute sich verstecken<br />
müssen, ein Doppelleben führen.<br />
Wenn Leute zu sich stehen, sind sie<br />
selbstbewusster und offener dafür, sich<br />
zu schützen. So haben wir auch den Dreh<br />
zum eigentlichen Sinn unserer Arbeit.<br />
CSD INTERNATIONAL<br />
JUGEND GEGEN AIDS<br />
Die Graswurzelorganisation „Jugend<br />
gegen Aids“ hat sich zum Cologne Pride<br />
etwas ganz Besonderes einfallen lassen.<br />
Wir trafen die Vorstandsmitglieder Marlon<br />
Jost und Daniel Nagel und quetschten<br />
sie über die Organisation aus.<br />
WAS GENAU PASSIERT AUF DEM FLUGHA-<br />
FEN ZUM CSD?<br />
Zum größten CSD in Europa wird der<br />
Köln-Bonner Flughafen zum Willkommenstor<br />
für den CSD. Und zwar der<br />
gesamte Flughafen, egal ob jemand aus<br />
Teheran oder aus San Francisco kommt.<br />
Jeder bekommt Kondome, Infomaterial,<br />
es gibt Installationen, Fotoaktionen.<br />
Überall, wo Fluggäste durchkommen,<br />
setzen wir positive Botschaften.<br />
IHR SAGTET, DER FLUGHAFEN WIRD<br />
UMBENANNT?<br />
Aus CGN International Airport wird für<br />
zwei Wochen CSD International Airport.<br />
STEHT DAS AUCH AUF DEN ANZEIGETA-<br />
FELN UND SOGAR DEN TICKETS?<br />
Wir arbeiten daran. Das ist aber natürlich<br />
ein riesiger Aufwand. Bis zum CSD wissen<br />
wir genauer, wie viel wir umsetzen<br />
können.<br />
WIE SEID IHR AUF DIE IDEE GEKOMMEN?<br />
Wir haben vor drei Jahren klein angefangen<br />
dank guter Kontakte zum Flughafen.<br />
Und da es so was weltweit noch nicht<br />
gegeben hat, ist das natürlich eine gute<br />
Chance, unserem Vereinsziel „Öffentlichkeit<br />
für HIV-Thematik“ Schub zu<br />
geben. Besonders, da wir verschiedenste<br />
Menschen erreichen, auch die außerhalb<br />
der Community.<br />
… WAS JA AUCH ZIEL DES CSD IST. WIR<br />
WOLLEN UNS ZWAR AUCH SELBST FEIERN,<br />
DENNOCH RICHTET SICH DIE DEMONS-<br />
TRATION AN DIE DISKRIMINIERUNG<br />
DURCH DIE MEHRHEITSGESELLSCHAFT.<br />
WARUM IST EIGENTLICH DIE „JUGEND<br />
GEGEN AIDS“ BEIM CSD AKTIV?<br />
Wir heißen „Jugend gegen Aids“, aber das<br />
ist historisch durch Aktionen zum Welt-<br />
Aids-Tag begründet. Daraus hat sich<br />
inzwischen DIE Jugendbewegung für<br />
Aufklärung und für sexuelle Gesundheit<br />
entwickelt. Für uns gehört zu sexueller<br />
Gesundheit auch, dass man über sexuelle<br />
Vielfalt, über unterschiedliche Lebenskonzepte<br />
spricht. Der CSD ist dafür<br />
natürlich eine gute Plattform, da er für<br />
die gleichen Anliegen steht.<br />
BEZEICHNET IHR EUCH ALS SCHWULE<br />
ORGANISATION, ALS QUEER?<br />
Otto Normal, würde ich sagen. Wir sind<br />
der breite Schnitt der Gesellschaft. Wir<br />
definieren uns nicht über die Unterschiede,<br />
sondern über die Gemeinsamkeiten.<br />
WIE DRÜCKT SICH DAS AUS?<br />
Wir fragen nicht zuerst nach der Orientierung<br />
und wir propagieren auch nicht<br />
FOTOS: JUGEND GEGEN AIDS <strong>2016</strong><br />
INWIEFERN?<br />
Als wir anfingen, haben wir Wikipedia-<br />
Referate über Aids gehalten. Wenn<br />
jemand kommt und sagt „Heute reden<br />
wir über HIV und Aids“, haben die Zuhörer<br />
drei Assoziationen: schwul, Af<strong>rik</strong>a<br />
und Drogen. Also reagiert Max Müller:<br />
„Interessiert mich nicht, hab ich nichts<br />
mit zu tun.“ Wir müssen demnach anders<br />
an die Menschen herankommen, wir<br />
müssen über Sexualität reden, nicht nur<br />
über HIV. Über Kondome, über Tripper,<br />
Syphilis. Das ist ein Evolutionsprozess<br />
unserer Organisation, der immer weitergeht.<br />
WIE GROSS IST JUGEND GEGEN AIDS?<br />
Wir sind in Hamburg regional gestartet<br />
und inzwischen 39 Regionalgruppen, die<br />
Workshops an Schulen geben, auf Festivals<br />
sind, die CSDs besuchen. Der Kern,<br />
der regelmäßig mitarbeitet, Kampagnen<br />
entwirft und die Workshops durchführt,<br />
sind zurzeit 526 aktive Mitglieder. Zu<br />
besonderen Aktionen wie rund um den<br />
Welt-Aids-Tag sind bis zu 8.000 Menschen<br />
für uns unterwegs. Also da haben<br />
wir schon eine ganz ordentliche Durchdringung<br />
der jungen Generation.<br />
ALSO KEINE STAATLICHEN ZUSCHÜSSE?<br />
Nein. Wollen wir auch nicht. Wir wollen<br />
unsere dezentrale Organisationsstruktur<br />
beibehalten. Eigentlich sind wir eher ein<br />
Netzwerk als eine Organisation.<br />
WAS MACHT IHR NEBEN DEN CSDS?<br />
Wir versuchen, unsere Altersgruppe<br />
ohne moralisierenden Zeigefinger aufzuklären.<br />
Wir machen Flyerkampagnen,<br />
Plakataktionen, Magazine, Schulaufklärung.<br />
WAS BEDEUTET DAS WORT „JUGEND“ IM<br />
VEREINSNAMEN?<br />
Dass man bei uns mit 26 über die<br />
biologische Klippe springt. Wir glauben,<br />
dass Gleichaltrige untereinander sich<br />
authentischer erreichen.<br />
•Interview: Christian Knuth<br />
www.jugend-gegen-aids.de