Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Film<br />
Natürlich sind mir Parallelen aufgefallen. Was Mary und<br />
Veronica – neben ihrem Hunger nach Wahrheit und der<br />
Leidenschaft für investigativen Journalismus – gemeinsam<br />
haben, ist ohne Frage ihr Missfallen an Scheinheiligkeit<br />
und ihre Abneigung gegen sogenannte Bullys, also<br />
Leute, die andere Menschen schikanieren, einschüchtern<br />
und mobben. Gleichzeitig denke ich, dass sie sehr unterschiedlich<br />
mit solchen Tyrannen umgegangen sind. Während<br />
Veronica Guerin eher ein einsamer Wolf war, agierte<br />
Mary stets als Team-Player. Abgesehen davon, dass sie<br />
hinter der Kamera und auch in ihren Storys im Hintergrund<br />
blieb, während Veronica sich und ihre persönliche<br />
Meinung vehement in ihre Texte einbrachte.<br />
SIE HABEN SCHON DIE EIGENEN ERFAHRUNGEN MIT DER<br />
PRESSE ANGEDEUTET. FÜHLEN SIE SICH ALS FILMSTAR DA<br />
OFT BELÄSTIGT?<br />
Als Filmstar? So sehe ich mich selbst ehrlich gesagt<br />
nicht. Ich bin Schauspielerin, nicht mehr und nicht weniger.<br />
Außerdem habe ich vier Kinder und bin in Sidney<br />
mit unserer Theaterkompanie beschäftigt. Alles andere<br />
interessiert mich nicht, deswegen findet man mich auch<br />
weder bei Facebook und Twitter noch bei Instagram.<br />
Dass es Menschen gibt, die sich für mich und mein Leben<br />
interessieren, sehe ich eher als Luxusproblem. Wobei<br />
ich selbst das gar nicht nachvollziehen kann. Persönlich<br />
jedenfalls finde ich es im Kino am schönsten, so wenig<br />
wie möglich über die Leute dort auf der Leinwand zu<br />
wissen. Nur so kann man sich doch wirklich auf die Rollen<br />
einlassen, die sie spielen.<br />
AB 2. JUNI IM KINO<br />
IN DER TAT IST ES EIGENTLICH ERSTAUNLICH, WIE SELTEN<br />
SIE IN DEN KLATSCHBLÄTTERN ZU FINDEN SIND ...<br />
Dabei ist es keine Zauberei. Ich spreche einfach nicht<br />
über mein Privatleben, fertig. Und Urlaubsfotos stelle ich<br />
auch keine ins Netz. Je nachdem, mit wem man ausgeht<br />
und wo man seine Abende verbringt, sieht die Sache<br />
natürlich anders aus. Aber das hat man ja durchaus selbst<br />
in der Hand. Wobei ich schon staune, wie sich diese<br />
Klatsch-Berichterstattung in den letzten 15 Jahren verändert<br />
hat. Als ich damals meine Karriere begann, wurde<br />
man ohne Frage deutlich weniger behelligt.<br />
DANN LASSEN SIE UNS DOCH ZUM ABSCHLUSS NOCH<br />
KURZ ÜBER „CAROL“ SPRECHEN, DER INZWISCHEN AUF<br />
DVD ERSCHIENEN IST. WAS MACHT DEN FILM FÜR SIE SO<br />
BESONDERS?<br />
Oh, ganz viele Aspekte. Zum einen erzählt er einfach eine<br />
wunderschöne Geschichte über das Verlieben. Und zwar<br />
ganz allgemein, auch wenn natürlich sowohl der Altersunterschied<br />
der beiden Frauen als auch das Außenseiterdasein<br />
ihrer Liebe – sprich: Homosexualität in den<br />
Fünfzigerjahren – dabei eine wichtige Rolle spielen. Zum<br />
anderen war es für mich ohne Frage Todd Haynes, der<br />
„Carol“ zu einem außergewöhnlichen Film machte.<br />
WARUM DAS?<br />
Er ist einfach anders als alle anderen Regisseure, mit denen<br />
ich je gearbeitet habe – was ich ja durch unsere erste Zusammenarbeit<br />
bei „I’m Not There“ schon wusste. Er hat einerseits<br />
den Hunger und die Risikobereitschaft eines Filmstudenten,<br />
andererseits aber die Expertise, die Weitsicht und das Feingefühl<br />
eines großen Meisters. Das Verschmelzen dieser beiden<br />
Elemente sorgt in der Arbeit mit ihm für eine Atmosphäre, die<br />
ich sonst noch nie erlebt habe.<br />
•Interview: Jonathan Fink