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46 <strong>Das</strong> <strong>Stadtgespräch</strong><br />
Der Fischer und seine Frau auf Litauisch<br />
Reise auf die Kurische Nehrung<br />
Wer in den Siebziger Jahren am<br />
Ratsgymnasium in Wiedenbrück<br />
Schüler war, der weiß, was die Kurische<br />
Nehrung ist. Andere wissen<br />
es vermutlich nicht, mussten sie<br />
doch nicht am »Mittel- und Ostdeutschen<br />
Schülerwettbewerb«<br />
teilnehmen, der später in »Die<br />
Deutschen und ihre östlichen<br />
Nachbarn« umbenannt wurde. Jedenfalls<br />
traten die Ratsgymnasiasten<br />
jedes Jahr im Kunstunterricht<br />
zu diesem Wettbewerb an – und<br />
sogar ich habe zweimal etwas gewonnen,<br />
einen Zirkelkasten, der<br />
noch heute bestimmt auffindbar<br />
ist, wenn ich lange genug nach einem<br />
modisch hellblauen Kasten,<br />
der vollkommen unberührt ist,<br />
forsche. Aber ich will das Ganze<br />
nicht unnötig ins Lächerliche ziehen,<br />
denn vielleicht wäre ich gar<br />
nicht auf die Idee gekommen, der<br />
Kurischen Nehrung einen Besuch<br />
abzustatten, wenn mir der Name<br />
so gar nichts gesagt hätte. Und<br />
der Besuch lohnt auf jeden Fall,<br />
finde ich heute.<br />
Hauptattraktion:<br />
viel Gegend!<br />
Die Kurische Nehrung trennt das<br />
Kurische Haff von der Ostsee. Die<br />
mit knapp vier Kilometern breiteste<br />
Stelle befindet sich nordöstlich<br />
von Nidden, dem Grenzort<br />
des litauischen Teils. An seiner<br />
schmalsten Stelle ist die Nehrung<br />
keine 400 Meter breit. Diese so<br />
schmale Insel ist etwa 100 Kilometer<br />
lang, wobei die nördliche<br />
Hälfte in Litauen und die nur wenig<br />
kleinere südliche Hälfte zu<br />
Russland, zur russischen Exklave<br />
um Kaliningrad, dem ehemaligen<br />
Königsberg, gehört. Schon Wilhelm<br />
von Humboldt sagte vor gut<br />
zweihundert Jahren, dass man diese<br />
Gegend gesehen haben müsse,<br />
weil einem ansonsten ein »wunderbares<br />
Bild in der Seele« fehlen<br />
würde. Und das will man ja nicht.<br />
Die gesamte Nehrung besteht aus<br />
Sand. Die Dünen ragen zum Teil 70<br />
Meter in die Höhe und begruben<br />
bis weit ins 19. Jahrhundert hinein<br />
noch ganze Ortschaften unter<br />
sich. <strong>Das</strong> tun sie nun längst nicht<br />
mehr, aber heute wird auch kein<br />
Raubbau mehr an der Natur betrieben.<br />
Im Gegenteil, denn heute<br />
ist das gesamte Gebiet ein Naturschutzgebiet,<br />
für das Autofahrer<br />
sogar einen Obolus entrichten<br />
müssen. Belohnt wird der Besucher<br />
durch eine unberührt wirkende<br />
Natur, in der heute selbst<br />
freilaufende Elche leben, die auch<br />
schon mal am Straßenrand zu<br />
sehen sind. Mit denen sollte man<br />
besser keinen Unfall haben, denn<br />
sie sind bei einer Schulterhöhe von<br />
über zwei Metern rund 700 Kilogramm<br />
schwer.<br />
Wer braucht Italien?<br />
Die Bewohner auf der Kurischen<br />
Nehrung leben heute in erster<br />
Linie vom Tourismus. Mehr Sandstrand<br />
geht auch nicht, jedenfalls