Archivnachrichten Nr. 40 , März 2010 - Landesarchiv Baden ...
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Mit den Augen eines Lokführers<br />
Die immer wieder eingehenden Anfragen<br />
mancher vom Eisenbahnvirus infizierter<br />
Personen nach dem Verbleib der<br />
in Insiderkreisen schon lange bekannten<br />
bahngeschichtlichen Sammlung von<br />
Hans Noller aus Heilbronn kann das<br />
Staatsarchiv Ludwigsburg jetzt positiv<br />
beantworten. Ende November 2009 war<br />
es möglich geworden, den umfangreichen<br />
Nachlass des 2007 an den Folgen eines<br />
tragischen Verkehrsunfalls verstorbenen<br />
Lokomotivführers von dessen Witwe<br />
käuflich zu erwerben.<br />
Auf dem Führerstand verschiedenster<br />
Loktypen der Deutschen Bundesbahn<br />
tätig – dem in der Ausbildung zunächst<br />
noch der harte körperliche Einsatz als<br />
Heizer kohlenbefeuerter Dampflokomotiven<br />
vorausgegangen war – wurde in<br />
Hans Noller schon früh der Wunsch<br />
wach, die vielen visuellen Eindrücke<br />
beim täglichen Befahren der Bahnstrecken<br />
festzuhalten und für spätere Generationen<br />
zu dokumentieren. So hat er es<br />
mit der Zeit verstanden, seinen verantwortungsvollen<br />
Dienst zu verbinden mit<br />
dem Fotografieren der beim Blick aus<br />
dem Fenster der Lokführerkabine den<br />
Augen weit sich öffnenden, schier endlos<br />
scheinenden stählernen Schienenwege –<br />
eingebettet in einer von Menschenhand<br />
gestalteten Eisenbahnlandschaft mit all<br />
ihren Signalen, Leitungsmasten, Bahnübergängen,<br />
Wärterhäusern, Stellwerken,<br />
Bahnhöfen, Tunneln und der freien<br />
Natur. Aus dieser Perspektive heraus war<br />
für ihn mühelos auch wieder ein Brückenschlag<br />
möglich zwischen richtiger<br />
großer Eisenbahn und der Welt einer in<br />
kleinerem Maßstab nachgebauten Modelleisenbahn,<br />
die schon den Zehnjährigen<br />
ganz in ihren Bann geschlagen hatte<br />
und seinen Berufsweg entscheidend<br />
beeinflussen sollte. So wuchsen im Lauf<br />
der Jahre die Fotobestände ständig an,<br />
bis Hans Noller seine rund 20 000 Farbdias<br />
zählende Dokumentation aller<br />
baden-württembergischen Eisenbahnstrecken<br />
Anfang August 2007 erfolgreich<br />
zum Abschluss bringen konnte – einen<br />
Tag vor seinem schicksalhaften Unfall!<br />
Neben dem Aufbau der Diasammlung<br />
war Hans Noller bestrebt, auch den Ursprüngen<br />
und planerischen Grundlagen<br />
der fotografisch dokumentierten Bahnstrecken<br />
nachzuspüren. War es in früheren<br />
Jahren noch möglich gewesen,<br />
Recherchen direkt bei den verschiedenen<br />
damals noch bestehenden Dienststellen<br />
der Bundesbahn vorzunehmen, so verlagerten<br />
sich seine Nachforschungen<br />
mit der schrittweise vollzogenen Umstrukturierung<br />
der Bahn seit den 1990er-<br />
Jahren nach und nach in die Archive,<br />
welche zeitgleich immer mehr von der<br />
Deutschen Bahn AG aktuell nicht mehr<br />
benötigtes Schriftgut übernehmen<br />
konnten. So ist es nur folgerichtig, dass<br />
Hans Noller seit 1998 auch regelmäßiger<br />
Besucher im Staatsarchiv Ludwigsburg<br />
war – Aufbewahrungsort der schriftlichen<br />
Überlieferung der Bundesbahn-<br />
Die Schmalspurbahn „Öchsle“ bei Maselheim<br />
an der Bahnstrecke Warthausen–Ochsenhausen,<br />
31. Juli 1999.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> StAL PL 723 Bü. 153;<br />
Aufnahme: Hans Noller<br />
Bahngeschichtliche Sammlung von Hans Noller jetzt im Staatsarchiv Ludwigsburg<br />
direktion Stuttgart und ihrer nachgeordneten<br />
Dienststellen. Die aus diesen<br />
Forschungen gewonnenen und über Reproduktionen<br />
und Originaldokumente<br />
unterschiedlichster Herkunft belegten<br />
Erkenntnisse machen vom Umfang her<br />
mittlerweile den größten Teil dieses<br />
Nachlasses aus. Sie umfassen 250 Aktenordner,<br />
die ebenso wie die Dias nach<br />
Strecken geordnet und somit leicht zu<br />
nutzen sind.<br />
Abgerundet wird die Überlieferung<br />
durch weitere 50 Ordner, die – wie kann<br />
es bei einem passionierten Lokführer<br />
anders sein – dem Thema Lokomotiven<br />
gewidmet sind.<br />
Wolfgang Schneider<br />
Schrankenwärterposten „B“ beim Bahnhof Lorch<br />
(Württ.) auf der Strecke Stuttgart-Bad Cannstatt–<br />
Nördlingen bei Kilometer 39+300, April 1963.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> StAL PL 723 Bü. 48; Aufnahme:<br />
Hans Noller<br />
<strong>Archivnachrichten</strong> <strong>40</strong> / <strong>2010</strong> 33