Archivnachrichten Nr. 40 , März 2010 - Landesarchiv Baden ...
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18<strong>40</strong> in Württemberg bereit. Es trat als<br />
Beförderungsmittel rasch in Konkurrenz<br />
zur Postkutsche, zumal die frühen Bahnverbindungslinien<br />
oft parallel zu den<br />
alten Hauptpostrouten verliefen.<br />
Allmählich wurde die Postkutsche auf<br />
die schienenfernen Bereiche zurückgedrängt.<br />
Trotz des um 1900 letztlich recht<br />
dichten Schienennetzes in Südwestdeutschland<br />
gab es – reliefbedingt –<br />
immer noch genügend Räume abseits<br />
der Schiene. Früh kam daher der<br />
Gedanke auf, dort den von Gottlieb<br />
Daimler 1886 erfundenen vierrädrigen<br />
Kraftwagen zur Personenbeförderung<br />
heranzuziehen. Pionier einer solchen<br />
Kraftpost war bezeichnenderweise Daimler<br />
selbst, der dazu 1898 auf der durch<br />
die tiefen Taleinschnitte von Kocher und<br />
Jagst gekennzeichneten Strecke von Künzelsau<br />
nach (Bad) Mergentheim einen<br />
mit fünf Personen besetzten Viktoria-<br />
Motorwagen einsetzte. Ständige technische<br />
Schwierigkeiten und schließlich ein<br />
noch glimpflich ausgegangener Unfall<br />
bei Künzelsau beendeten den Versuch<br />
bereits ein Jahr später. Erst 1924 konnte<br />
hier ein regulärer Kraftpostbetrieb mit<br />
Autobussen aufgenommen werden.<br />
Das Automobil als Transportmittel<br />
kam erst nach dem Ersten Weltkrieg zum<br />
Durchbruch. Doch bereits Mitte der<br />
1920er-Jahre war abzusehen, dass das<br />
vorhandene Straßennetz dem wachsenden<br />
Kraftwagenverkehr nicht lange<br />
würde standhalten können, zumal auch<br />
Fuhrwerke noch wesentlich die Verkehrsverhältnisse<br />
bestimmten. So entstand<br />
die Idee, zur Verkehrsentzerrung und zügigeren<br />
Fortbewegung Nur-Autostraßen<br />
anzulegen. Diesen Gedanken setzte<br />
dann die Reichsregierung 1933 mit dem<br />
Bau der Autobahnen um. Der enorme<br />
Ausbau dieses Netzes nach dem Zweiten<br />
1<br />
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1 | Das Postauto der Linie Künzelsau–Mergentheim<br />
vor dem Hotel „Deutscher Hof“ in Künzelsau, 1897.<br />
Vorlage: Stadtarchiv Künzelsau<br />
2 | Blick von der Königstraße in Stuttgart auf<br />
den im Bau befindlichen zweiten Hauptbahnhof,<br />
1. Juli 1916.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> StAL PL 723<br />
3 | Dampfschnellzug bei der Ausfahrt aus dem<br />
Hauptbahnhof Stuttgart, um 1950.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> StAL PL 723<br />
Weltkrieg wollte nicht nur dem inzwischen<br />
durch das Auto rapide gestiegenen<br />
Individualverkehr Rechnung tragen.<br />
Er hatte auch zum Ziel, eine möglichst<br />
rasche überregionale Erreichbarkeit aller<br />
wichtigen Wirtschaftsregionen des Bundesgebiets<br />
zu ermöglichen.<br />
Heute ist der Individualverkehr jene<br />
Form der räumlichen Mobilität, die zunehmend<br />
kritisch gesehen wird. Allerdings<br />
ist es maßgeblich sie, welche jene<br />
räumliche Trennung von Tätigkeitsstandorten<br />
– Wohn-, Arbeits- sowie Erholungsstandorte<br />
– überwindet, die aus<br />
dem sozioökonomischen Differenzierungsprozess<br />
hervorgegangen ist. Und<br />
in dem Maß, in dem dieser Prozess fortschreitet,<br />
wird diese Mobilität selbst<br />
über größere Distanzen hinweg nicht<br />
nur weitergehen, sondern zunehmen.<br />
Jörg-Wolfram Schindler<br />
<strong>Archivnachrichten</strong> <strong>40</strong> / <strong>2010</strong> 5<br />
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