Archivnachrichten Nr. 40 , März 2010 - Landesarchiv Baden ...
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36<br />
Kommen und Gehen im Staatsarchiv<br />
Migrationserfahrungen am außerschulischen Lernort<br />
Morgens halb zehn in Ludwigsburg: Suppengeruch<br />
zieht durch das Staatsarchiv.<br />
Wer sich auf die Suche nach der Ursache<br />
dieses ungewöhnlichen Dufts machte,<br />
wurde im Vortragssaal fündig. Dieser<br />
hatte sich nämlich an diesem Donnerstag<br />
für 13 Kinder in eine Suppenküche verwandelt.<br />
Nach einem Originalrezept von<br />
1816 kochten diese eine Rumford’sche<br />
Suppe. Früher wurde die wegen ihrer<br />
Hauptbestandteile Graupen und Kartoffeln<br />
sehr nahrhafte Suppe an Arme und<br />
Bedürftige verteilt. Heute an weniger bedürftige<br />
als viel mehr begeisterte Kinder,<br />
die sich die – wenn man von Schnellkochtopf<br />
und Maggi absieht – originalgetreue<br />
Suppe schmecken ließen.<br />
Die ungewöhnliche Veranstaltung behandelte<br />
die Hungersnot von 1816/17.<br />
Unter Anleitung von Elke Koch hatten<br />
die Teilnehmer zuvor das Jahr ohne Sommer,<br />
König Friedrich den Dicken und<br />
die Armenspeisungen unter Königin<br />
Katharina kennengelernt. Während das<br />
Kochen von Armensuppe nur im Kinderferienprogramm<br />
möglich ist, spielt das<br />
Hungerjahr 1816/17 vor allem wegen der<br />
gewaltigen Auswanderungswelle, die es<br />
auslöste, eine große Rolle in den neuen<br />
1 | Rumford’sche Armensuppe im Kinderferienprogramm.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> StAL<br />
<strong>Archivnachrichten</strong> <strong>40</strong> / <strong>2010</strong><br />
1<br />
archivpädagogischen Programmen des<br />
Staatsarchivs Ludwigsburg.<br />
In den Modulen Auswandern mit Archi<br />
und Migration früher und heute wird das<br />
Thema aufgenommen und altersgerecht<br />
umgesetzt. Die von Magdalena Wolff<br />
während ihres Freiwilligen Kulturellen<br />
Jahrs ausgearbeiteten Programme sind so<br />
angelegt, dass sie sich auch für den fächerübergreifenden<br />
Unterricht eignen.<br />
Die Grundschulkinder machen sich gemeinsam<br />
mit der Archivmaus Archi auf,<br />
um im Archiv Spuren von Auswanderern<br />
zu verfolgen. Was wollte zum Beispiel<br />
Familie Aufrecht 1816 in Kaukasien?<br />
Warum ist auf einem Reisepass des<br />
19. Jahrhunderts kein Passfoto, sondern<br />
eine Personenbeschreibung zu sehen, und<br />
wieso hat er so viele Stempel? Was hat<br />
es mit der Ulmer Schachtel auf sich? Zum<br />
Schluss wird ein Koffer gebastelt und<br />
jeder bekommt einen Reisepass.<br />
Davon ausgehend, dass Migrationserfahrungen<br />
in vielen Schulklassen heute<br />
zum Alltag gehören, wurde unter dem<br />
Titel Migration früher und heute auch ein<br />
Modul für weiterführende Schulen entwickelt.<br />
Es zeigt, was es früher und heute<br />
bedeutet(e), wenn Menschen ihre Heimat<br />
2 | Bezugsscheine für die Armenspeisung, die Rumford’sche<br />
Armensuppe.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> StAL<br />
2<br />
verlassen (müssen). Originalquellen aus<br />
dem Archiv sollen schließlich Antworten<br />
geben auf die zuvor erarbeiteten Fragen.<br />
So wird spielerisch und anschaulich die<br />
Problematik der Migration erörtert und<br />
forschendes Lernen im Archiv eingeübt.<br />
Da das Thema Migration auch für die<br />
Jahrgangsstufe im Bildungsplan steht,<br />
können diese den außerschulischen Lernort<br />
Archiv am Beispiel der historischen<br />
Aus- und Einwanderungsbewegungen<br />
ebenfalls kennenlernen. Für die älteren<br />
Schüler werden natürlich die Einführung<br />
ins Archiv und die damit verbundenen<br />
Möglichkeiten, Lebensspuren von Menschen<br />
zu erforschen, stärker betont. Aber<br />
auch hier steht die Beschäftigung mit<br />
den Quellen im Mittelpunkt; sorgfältiges<br />
Lesen und Interpretieren ist angesagt.<br />
Ziel der Archivpädagogik ist es, Schüler<br />
schon von klein auf an den außerschulischen<br />
Lernort Archiv heranzuführen und<br />
ihnen das Archiv als Ort zu präsentieren,<br />
an dem man sich auf die Suche nach<br />
Spuren der Vergangenheit machen kann.<br />
Außer dem neuen Themenbereich<br />
Migration bietet das Staatsarchiv Ludwigsburg<br />
ein breites Repertoire an Veranstaltungen<br />
für verschiedene Zielgruppen<br />
an; das Gesamtangebot findet sich im<br />
Internet unter: http://www.landesarchivbw.de/web/46839.<br />
Für Rückfragen stehen<br />
die Mitarbeiterin vom Freiwilligen<br />
Kulturellen Jahr Leonie Kühner unter<br />
Telefon 07141/18-6336 und fkj.staludwigsburg@la-bw.de<br />
und Dr. Elke Koch<br />
unter Telefon 07141/18-6321 und<br />
elke.koch@la-bw.de zur Verfügung.<br />
3<br />
Leonie Kühner<br />
3 | Auswandern mit Archi, der Archivmaus,<br />
aus der Präsentation des Grundschulprogramms.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> StAL