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Name Werner Pfeffer<br />

Zeremonienmeister,<br />

Ideen-Coach und Künstler,<br />

wird in Zukunft diese<br />

Kolumne schreiben.<br />

Sein Buch querDENKEN erscheint<br />

diesen November.<br />

www.pepperworks.at<br />

0 ZWISCHEN 1<br />

Ein Prolog<br />

Ich lernte Programmieren. Vor 45 Jahren. Mich faszinierte der<br />

Anspruch, exakt und klar denken zu müssen. Alle Überlegungen<br />

folgten einem Prinzip: ENTWEDER – ODER. Wann immer<br />

ich programmierte, etwa eine Formel, und es mich zu einer<br />

Entscheidung drängte, hieß es: ENTWEDER es ist so, dann<br />

passiert Folgendes. ODER es ist so, dann passiert das andere.<br />

Es gab nur das ENTWEDER-ODER-Prinzip. Ich musste nach ihm<br />

entscheiden.<br />

Heute triumphiert die Digitalisierung. Wir halten sie täglich in<br />

der Hand, sehen ihr am Bildschirm in die Augen; werden von<br />

ihr gelenkt und geschoben und versuchen, ihren Empfehlungen<br />

und Hinweisen zu folgen oder zu entkommen – entweder,<br />

oder, wie auch immer. Apps, Algorithmen, Soziale Netzwerke,<br />

Suchmaschinen, Postings, Passwörter. Es gibt nur 0 oder 1. Im<br />

binären System, das dem zugrunde liegt; kein Dazwischen,<br />

keine Übergänge, keine Zwischentöne, kein Vielleicht.<br />

Genau da sind wir jetzt. Genau das haben wir geschaffen:<br />

0 oder 1. So sieht unser Umgang miteinander aus. Es gibt<br />

RICHTIG oder FALSCH, WEISS oder SCHWARZ, DAFÜR oder<br />

DAGEGEN. Strikt JA oder strikt NEIN. Es gibt kein „na ja“, kein<br />

„Wie wäre es denn, wenn“, kein „Nehmen wir doch was von dem<br />

und von dem“, kein „Wie wäre es, wenn ich dieses und jenes gemeinsam<br />

denke“ und auch kein „So eindeutig ist das vielleicht<br />

gar nicht“.<br />

Gibt es nicht. Es gibt nur mehr 0 oder 1. So sehen unsere Diskussionen<br />

aus, unsere Wahlmöglichkeiten, unsere Positionen,<br />

unsere Zugänge. Das stimmt mich traurig, macht mich hilflos,<br />

drängt mich in die EINE (0) oder die ANDERE (1) Position. Was<br />

ich nicht will!<br />

Deshalb rufe ich auf zur Rückeroberung der Zwischenräume.<br />

Zum Wiederauffinden der Übergänge. Zum Wiederbehaupten<br />

der Zwischentöne. 0 und 1 definieren keinen Raum. Die Räume,<br />

in denen ich leben möchte, sind dazwischen. Zwischen 0 und 1.<br />

0 zwischen 1.<br />

DENKEN<br />

QUER<br />

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