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AUSGETRÄUMT?<br />

AUFGEWACHT!<br />

Das Projekt „Bank für Gemeinwohl“ biegt in die Zielgerade. Wir sprachen mit<br />

Sabine Lehner (Koordination Regionalgruppe Salzburg und Referentin, Bank<br />

für Gemeinwohl) und Mike Drechsler (Referent, Bank für Gemeinwohl).<br />

Sabine Lehner<br />

Mike Drechsler<br />

Die Idee eines ersten ethischen Finanzinstituts für<br />

Österreich, das den Prinzipien des Gemeinwohls<br />

verpflichtet ist, wurde 2010 geboren. Was waren<br />

die bisherigen Meilensteine und wo steht das<br />

Projekt jetzt?<br />

SabineL: Ein ganz großer Schritt passierte im<br />

Dezember 2014 mit der Eintragung der Genossenschaft<br />

ins Firmenbuch. Damit wurde die rechtliche<br />

Grundlage für den nächsten Schritt geschaffen:<br />

Genossenschaftskapital sammeln. Der Plan war, mit<br />

ca. 40.000 GenossenschafterInnen ein Startkapital<br />

von ca. 10–15 Mio Euro zu generieren. Jetzt halten<br />

wir bei 4.000 GenossenschafterInnen und gezeichneten<br />

Anteilen von knapp 3 Mio Euro. Das heißt,<br />

dass wir die Hälfte der 6 Mio Euro, die wir für die<br />

Banklizenz benötigen, bereits erreicht haben. Und<br />

das mit einem Zehntel der geplanten GenossenschafterInnen!<br />

Die restlichen 3 Mio wollen wir im<br />

nächsten halben Jahr schaffen – auch durch unsere<br />

erste Werbeoffensive, die sehr frisch, lebendig und<br />

aktivierend daherkommt!<br />

Das ist ja auf den ersten Blick sehr erfolgreich.<br />

Warum habe ich das Gefühl, dass es trotzdem viel<br />

zu langsam geht?<br />

SabineL (lacht): Das Gefühl haben wir auch. Aber,<br />

um das zu verstehen, muss man ein paar Dinge<br />

wissen. Da ist zum einen die FMA (Finanzmarktaufsicht),<br />

bei der wir mit unserem alternativen<br />

Bankprojekt – sagen wir es einmal so – nicht gerade<br />

offene Türen eingerannt haben. Die Eintragung als Genossenschaft<br />

gelang dann schlussendlich über eine ‚regionale Ausweichroute’:<br />

Anstatt in Wien fand die Eintragung in Wr. Neustadt statt.<br />

Zum anderen hat das auch damit zu tun, dass das Projekt nicht<br />

von einer Handvoll potenter GeldgeberInnen gegründet wurde,<br />

sondern von einer großen Anzahl engagierter Personen und aus<br />

der Zivilgesellschaft heraus; mit nicht-hierarchischen Entscheidungsprozessen<br />

und einer Haltung, die den Unterschied zum<br />

klassischen Finanzmarkt in jedem Schritt erkennen lässt.<br />

Stichwort Unterschied zu herkömmlichen Banken. Wie kann<br />

man diese Haltung auf den Punkt bringen?<br />

MikeD: Dass wir anders mit dem Geld umgehen, das uns anvertraut<br />

wird; und dass wir keine spekulativen Eigengeschäfte<br />

machen, sondern nur Projekte unterstützen, die den Gemeinwohlgedanken<br />

fördern; und dass wir Geld nicht als Zweck sehen,<br />

sondern als Mittel begreifen, die Welt sinnvoll zu gestalten. Das ist<br />

auf den ersten Blick nicht so leicht zu verkaufen, weil es Gewohntes<br />

aus den Angeln hebt.<br />

Meinst du, dass die Menschen vor dem Neuen Angst haben?<br />

MikeD: Es gehört schon eine Portion Mut dazu, Neues zu denken<br />

und nicht alles schicksalsergeben hinzunehmen. Zu denken, dass<br />

es auch ganz anders sein kann, dass die Dinge von Menschen<br />

gemacht und von Menschen verändert werden können. Und dass<br />

man selbst aktiv wird und aufhört, die Schuld beim anderen zu<br />

suchen.<br />

Als Referenten seid ihr ja bei euren Infoveranstaltungen laufend<br />

mit potenziellen GenossenschafternInnen in Kontakt. Was sind die<br />

unangenehmsten Fragen für ReferentInnen?<br />

MikeD: Was mich fasziniert, ist, dass die Leute oft Dinge ansprechen,<br />

die sehr weit in der Zukunft liegen oder so unwahrscheinlich<br />

sind wie die Nebenwirkungen von Medikamenten auf den<br />

Beipackzetteln …<br />

SabineL: … oder es werden Maßstäbe an unser Bankenprojekt<br />

angelegt, die man bei klassischen Banken nie anlegen würde. Da<br />

kommt es zum Beispiel vor, dass Leute nach den Lebensläufen<br />

unserer Aufsichtsräte fragen …<br />

MikeD: … was ja grundsätzlich kein Problem ist. Es ist nur<br />

erstaunlich, dass bei diesem Gemeinwohl-orientierten Projekt viel<br />

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