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Aber warum sollten Insekten auch<br />
in Europa eine größere Rolle in der<br />
Ernährung der Menschen spielen?<br />
„Der wichtigste Vorteil ist, dass<br />
Insekten gut schmecken“, so auch<br />
viele Nahrungsmittelexperten. Es<br />
gebe rund 2000 Arten, die als essbar<br />
gelten und schmackhaft seien. „Das<br />
wäre doch schon einmal die Grundvoraussetzung,<br />
um daraus ein Geschäft<br />
zu machen.“<br />
Die Experten sehen in den Insekten<br />
als Nahrungsmittel viele Vorteile.<br />
„Insekten sind sehr nachhaltig“, sagt<br />
Sergiy Smetana, Doktorand beim<br />
Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik<br />
(DIL) in Quakenbrück.<br />
Insekten sind laut FAO gesund und<br />
nahrhaft, reich an Proteinen und<br />
gesunden Fetten, besitzen viel Kalzium,<br />
Eisen und Zink. Ihre Aufzucht<br />
ist deutlich weniger klimaschädlich<br />
als die der meisten anderen Tiere, sie<br />
belastet das Grundwasser weniger.<br />
Und sie sind effizienter: Um dieselbe<br />
Menge an Proteinen zu erzeugen,<br />
benötigen Grashüpfer zwölfmal<br />
weniger Futter als Rinder und halb<br />
so viel Futter wie Schweine oder<br />
Hähnchen. Außerdem benötigen Insekten<br />
weniger Land. „Insektenaufzucht<br />
ist daher auch besonders für<br />
urbane Regionen gut geeignet“, sagt<br />
Smetana. Ein wichtiges Argument, da<br />
weltweit immer mehr Menschen in<br />
Städten leben.<br />
Mit einem Wort: Nahrungsmittel aus<br />
Insekten sind umweltfreundlicher als<br />
tierische Produkte. Gesünder, das belegen<br />
auch Studien, sind sie ohnehin..<br />
„Die Proteine werden sehr gut vom<br />
Körper aufgenommen.“ Anders als<br />
Rind- und Schweinefleisch enthalten<br />
sie kaum gesättigte Fettsäuren, die<br />
für viele Zivilisationskrankheiten<br />
mit ursächlich sind, und sind reich an<br />
Vitamin B12.<br />
So weit die Vorteile. Und trotzdem: In<br />
der Europäischen Union ist das Essen<br />
ganzer Insekten zwar erlaubt, nicht<br />
Netzwerke schaffen und<br />
diese nutzen, ist längst ein übliches<br />
Regularum unserer Zeit.<br />
Die Ursprungsintentionen tauchen<br />
aber auch dort auf, wo man sie so<br />
gar nicht vermuten würde.<br />
Kommen Sie mit auf<br />
eine spannende Reise durch die<br />
Nahrungsmittelproduktion<br />
zwischen Quakenbrück<br />
und den mesopotamischen<br />
Zivilisationen Ur und Babylon.<br />
von Andreas Brinker<br />
aber der Genuss von verarbeiteten<br />
Tieren. Gemahlene und zu Burger-<br />
Klopsen verarbeitete Insekten gelten<br />
als neuartige Lebensmittel (Novel<br />
Food). „Es ist ein neues Nahrungsmittel,<br />
und das muss erst auf seine<br />
Verträglichkeit getestet werden”,<br />
sagt DIL-Experte Smetana. Viel<br />
Forschung wird noch nötig sein,<br />
weil nicht jedes Insekt auch für die<br />
menschliche Nahrungsaufnahme<br />
geeignet ist.<br />
Was also übrigbleibt von zehntausend<br />
Jahren Nahrungsmittelproduktion:<br />
Dass wir als „Genusskonsumenten“<br />
wieder dort stehen, wo sich im<br />
mesopotamischen Zweistromland,<br />
in und um Metropolen wie Ur und<br />
Babylon, bei Heuschrecken, Algen<br />
und Flechten als Nahrung der Kreis<br />
schließt. Und dass wir „back to<br />
the roots“ - zurück zu unseren<br />
Ernährungsursprüngen – auch und<br />
vor allem deshalb gekommen sind,<br />
weil uns die Wissenschaftler und<br />
Forscher des DIL auf diesen Weg<br />
gebracht haben.<br />
Und für all jene, denen Heuschreckenburger<br />
und Wurmklösschen noch<br />
etwas zu urorganisch klingen mögen:<br />
selbstverständlich ist dieser Weg<br />
auch längst in einen Begriff gefasst<br />
– Neuerfindung der Nahrungsmittel<br />
durch Basis-Optimierung.<br />
Zurück nach Quakenbrück. Und nach<br />
vorne mit dem Deutschen Institut für<br />
Lebensmitteltechnik – in eine völlig<br />
neue Zukunft unserer Nahrungsmittel!<br />
Ausgabe <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> mq | 31