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MQ Herbst 2016

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LITERATUR<br />

Else und Rudolf Bosenius<br />

vor einem Grade-Eindecker (ca. 1912)<br />

schauer mit Spannung Bosenius’ Vorführungen.<br />

Er musste einen Höhenflug von<br />

50 (!) Metern präsentieren (viele kamen<br />

damals noch nicht in solch „schwindelnde<br />

Höhen“) und fünf Achten fliegen, was<br />

bedeutete, dass er sich eine ganze Weile<br />

in der Luft zu halten und dann auch noch<br />

eine Ziellandung zu bauen hatte. Wenige<br />

Tage darauf legte er beim Flugtag in<br />

Ankum bei seinen von Seitenwind beeinträchtigten<br />

Flügen „Geistesgegenwart<br />

und Kaltblütigkeit an den Tag“.<br />

Unter den Bewunderern des Quakenbrücker<br />

Flugtages stand auch ein junges<br />

Mädchen, die einzige Tochter Else des<br />

Realgymnasial-Oberlehrers Professor<br />

Hermann Morgenroth. Der Flugtag<br />

entschied das Schicksal des Piloten.<br />

Die junge Dame überreichte ihm einen<br />

Blumenstrauß, und es dauerte nicht<br />

lange, da schlossen Else Morgenroth und<br />

Rudolf Bosenius den Bund fürs Leben.<br />

Anfang 1914 diente Bosenius als Pilot<br />

an der Westfront. Aber schon im März<br />

1915 holte man ihn von dort weg, denn<br />

Rudolf Bosenius in seinem Büro des THW-Heimes (ca. 1957)<br />

nun wurde er als Fluglehrer nach Köslin,<br />

Graudenz, Posen und schließlich an<br />

die damalige Hohe Schule der Fliegerei<br />

Berlin-Johannisthal abkommandiert.<br />

Dort erlebte er das Ende des Ersten Weltkrieges.<br />

Bosenius blieb dem „Revier“ treu,<br />

so wurde er im Mai 1933 als Fluglehrer<br />

in Dortmund eingesetzt, ein Jahr darauf<br />

Stammflugzeugführer bei der Luftwaffe<br />

in Paderborn und anschließend in Werl.<br />

1937 musste er aufgrund eines Erlasses<br />

aus der Luftwaffe ausscheiden, denn<br />

Flieger in der Luftwaffe durfte man<br />

danach nur sein, wenn man jünger als 35<br />

Jahre war. Das bedeutete das Ende seiner<br />

aktiven Fliegerei.<br />

Im Zweiten Weltkrieg meldete sich<br />

Bosenius freiwillig zur Front und war in<br />

Nordnorwegen und Finnland eingesetzt,<br />

um anschließend nach Deutschland<br />

zurückkommandiert zu werden. Kurz vor<br />

dem Einmarsch der westlichen Alliierten<br />

meldete sich Bosenius freiwillig zum<br />

Infanterieeinsatz an die Front, geriet<br />

aber in Gefangenschaft und wurde von<br />

den Amerikanern 1945 nach Frankreich<br />

abtransportiert. Nach seiner Heimkehr<br />

1946 stellte sich Bosenius den vielfältigen<br />

Aufgaben des öffentlichen Lebens in<br />

Quakenbrück zur Verfügung. So wurde<br />

er als begeisterter Sänger 1948 Schriftführer<br />

des neu belebten Quakenbrücker<br />

Männerchores, und 1952 erfolgte auf<br />

seine Anregung unter Mitarbeit von Lore<br />

Pfaffendorf die Gründung des Gemischten<br />

Chores. Hier ernannte man ihn bald<br />

zum Ehrenvorsitzenden. Auch gehörte er<br />

dem Vorstand des Kyffhäuser-Bundes an.<br />

Doch der Name Rudolf Bosenius ist bis<br />

heute untrennbar verbunden mit dem<br />

Aufbau und der Entwicklung des Ortsverbandes<br />

des Technischen Hilfswerkes<br />

(THW), den er zunächst kommissarisch<br />

und ab 1956 als bestellter Ortsbeauftragter<br />

leitete. Bereits in den Jahren vor dem<br />

Zweiten Weltkrieg hatte es in Quakenbrück<br />

sozusagen als Vorläufer eine Technische<br />

Nothilfe gegeben. Konsequent<br />

arbeitete Bosenius in stiller Stube und in<br />

vielen Übungen an der Fortentwicklung<br />

des THW-Ortsverbandes, wobei ihm eine<br />

treue Helferschar zur Seite stand.<br />

Auf dem Hof der damaligen Stadtwerke<br />

an der Wilhelmstraße befand sich das<br />

mit Unterstützung durch den Kreis, die<br />

Stadt und das Entgegenkommen der<br />

Bundesvermögensverwaltung geschaffene<br />

erste Übungsgelände. Groß war die<br />

Freude, als 1956 die Schildsche Baracke<br />

mit Ölbunker als erste eigene Unterkunft<br />

bezogen werden konnte. Dieses<br />

Gebäude an der Artlandstraße auf dem<br />

Gelände der Firma Kynast wurde 1971<br />

abgebrochen (heute Standort Wohnhäuser<br />

Kynast und Hehler). Nach einer<br />

Übergangszeit in der Steinbaracke an<br />

der Danziger Straße (heute Heimstatt<br />

des Neustädter Schützenbundes und der<br />

Burgmannskapelle Quakenbrück) ist der<br />

THW-Ortsverband seit 1980 in der ehemaligen<br />

Ehrenhalle des Fliegerhorstes an<br />

der Ostlandstraße ansässig.<br />

Rudolf Bosenius ist am 5. Februar 1960<br />

in Quakenbrück verstorben. Leider ist die<br />

Familiengrabstätte Morgenroth-Bosenius<br />

unmittelbar an der evangelischen<br />

Friedhofskapelle bereits 1990 aufgelöst<br />

und neu belegt worden. Die Erinnerung<br />

an Bosenius, der in Quakenbrück eine<br />

markante Persönlichkeit war, halten die<br />

THW-Helfer bis heute wach. Er ist ihnen<br />

Vorbild für einen ehrenamtlichen Idealismus,<br />

durch den ein Verein sein festes<br />

Fundament hat.<br />

Ausgabe <strong>Herbst</strong> <strong>2016</strong> mq | 5

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