Kapitel VII »Na also, er kommt zu sich. Schön wachbleiben, Herr Wiesner.« Gott, die Stimme dieses Kerls klingt geradezu widerlich fröhlich. Mir dagegen ist eher zum Sterben zumute, so wie mein Schädel weh tut. Von der Übelkeit ganz zu schweigen. Ich schaffe es geradeso meine Augen zu öffnen. Gleich drei besorgte Gesichter starren mich an. Jonas, Vince und ein Mann in weißem Kittel. Ein Stethoskop baumelt um seinen Hals. Aha, ein Arzt. Ein Rundumblick verrät mir, dass ich mich in einem Krankenhaus befinde. »Simon!« Mein Mann lächelt mich erleichtert an. »Großer Gott, hast du mir vielleicht einen Schrecken eingejagt!« In meinem Hirn geht es noch ziemlich drunter und drüber, aber langsam setzen sich die fetzen zu einem Bild zusammen. Der Stall! Kössing. Ich will hochfahren, bereue das aber sofort. »Scheiße, ich glaube ich muss kotzen!« Sofort hält mir der Arzt eine Schüssel hin und ich übergebe mich herzhaft. Danach will ich eigentlich nur noch sterben, doch leider haben sowohl der Arzt, als auch Vincent was dagegen. Ersterer untersucht mich gründlich, steckt mich in eines der unsäglichen Krankenhaushemden, letzterer gluckt wie eine aufgescheuchte Henne um mich herum. Mein Hals fühlt sich an, wie die Wüste Gobi, sonst würde ich gerne lautstark protestieren. Mehr als »Wasser, bitte«, bringe ich leider nicht hervor. »In kleinen Schlucken trinken, Herr Wiesner«, ermahnt mich der Arzt. Vincent stützt mich, als ich trinke und bettet mich anschließend wieder behutsam in die Kissen. »Besser?« Ich nicke, zu mehr fühle ich mich gerade nicht in der Lage. Vince ist am Leben und unverletzt, was mit Kössing ist, geht mir erst mal am Allerwertesten vorbei. Schlafen, und der Stimme meines Mannes lauschen, mehr will ich nicht … Drei Tage später entlasse ich mich auf eigene Verantwortung aus dem Krankenhaus – was denn, herumliegen kann ich auch Zuhause! – und Vincent fährt mich zum Hof. Mittlerweile bin ich wieder auf dem Laufenden, noch etwas angeschlagen, aber schon ganz munter. Kössing sitzt endlich im Knast, Vince und Jonas haben ihn dabei überrascht, wie er auch noch das Wohnhaus anzünden wollte. Vince hat ihn mit einer rechten Geraden ausgeknockt, wie Jonas mir stolz erzählt hat. Mein Held! Der Stall war allerdings nicht mehr zu retten, ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Ich bin immer noch froh darüber, dass wir die Pferde draußen gelassen haben! »So, wir sind da.« Vince bremst den Wagen ab. »Brauchst du Hilfe, beim Aussteigen?« Ich werfe ihm einen bösen Blick zu. »Untersteh dich, sehe ich etwa aus wie ein Invalide?« Er lacht nur, weiß um meinen Stolz und dass ich ein verdammt mieser Patient sein kann. Ohne im Geringsten beeindruckt zu sein, hilft er mir tatsächlich aus dem Auto und ins Haus. Ich versuche es mir nicht anmerken zu lassen, aber ich bin doch heilfroh, als ich mich auf die mit Kissen gepolsterte Couch sinken lassen kann. Diese blöde Gehirnerschütterung und eine anständige Rauchvergiftung haben mir ganz schön zugesetzt. Was ich natürlich vor meinem Mann niemals zugeben würde. Als er sich jedoch neben mich setzt, hält mich nichts mehr zurück. Tief aufatmend kuschele ich mich eng an
ihn. »Hey, alles klar, Schatz?«, fragt er zärtlich. »Jetzt? Ja.« Du bist da. Lebst, und bist bei mir. Mehr brauche ich nicht. Sein leises Lachen dicht an meinem Ohr verrät mir, dass er ganz genau weiß, was in mir vorgeht. »Ich liebe dich auch, Simon.« ENDE