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FLUG REVUE 02/2017

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Das Raketentriebwerk XR-5M15 wurde für bemannte<br />

Raumfahrzeuge entwickelt und in der Wüste getestet.<br />

Ein XCOR-Ingenieur arbeitet am<br />

Lynx-Hauptantrieb XR-5K18.<br />

sich hinter diesen Wänden eine private<br />

Raumfahrtfirma verbirgt. XCOR wurde<br />

1999 unter anderem mit dem Ziel gegründet,<br />

einmal Suborbitalflüge für<br />

Weltraumtouristen und Forschungsinstitutionen<br />

anzubieten.<br />

GÜNSTIGE RAKETENMOTOREN<br />

Aufbau Lynx<br />

Kanzel<br />

knapp 4,2 Quadratmeter<br />

Fläche für gute Aussicht<br />

Cockpit<br />

Platz für zwei<br />

Personen<br />

Hitzeschild<br />

für die Absorption der<br />

hohen Temperaturen<br />

beim Wiedereintritt<br />

Behälter<br />

für wissenschaftliche<br />

Experimente<br />

In einem kleinen Nachbargebäude steht<br />

ein Mock-up des zweisitzigen Lynx. Mit<br />

seinen Deltaflügeln und dem weißen<br />

Rumpf mit schwarzer Unterseite ähnelt<br />

er dem Space Shuttle. Daneben steht die<br />

EZ-Rocket, eine Long-EZ, die von einem<br />

Raketenmotor so groß wie eine<br />

Bierdose angetrieben wurde und am<br />

21. Juli 2001 erstmals flog. Sie war der<br />

erste Versuchsträger von XCOR. Die<br />

EZ-Rocket ist das bisher einzige Raketenflugzeug,<br />

mit dem ein Touch-and-Go<br />

geflogen wurde.<br />

Zurück im Hangar 61, geht es zunächst<br />

durch ein Labyrinth aus Stahlschränken<br />

und Regalen in einen großen,<br />

offenen Bereich vor den Hallentoren.<br />

Hier steht ein Triebwerk des Lynx, das<br />

XR-5K18, eine Eigenentwicklung von<br />

XCOR. Einer der entscheidenden Unterschiede<br />

zu herkömmlichen Raketentriebwerken<br />

ist die Verwendung von<br />

Kolben- statt Turbopumpen. Sie sind<br />

einfach im Aufbau und zuverlässig. Dadurch<br />

lassen sich enorm Kosten sparen.<br />

Zudem kann eine Pumpe zwei Triebwerke<br />

gleichzeitig versorgen.<br />

Jeremy Voigt, Entwickler und Konstrukteur<br />

von XCOR, trägt seit Kurzem<br />

den Titel „Lead Engineer“. Seine Visitenkarte<br />

hat er mit einem Kugelschreiber<br />

aktualisiert. Mit seinem jugendlichen<br />

Aussehen macht er eher den Eindruck<br />

eines Studenten als den eines Raketeningenieurs.<br />

Er arbeitet gerade am Reaktionskontrollsystem<br />

(Reaction Control<br />

System, RCS). Mit ihm wird der Lynx<br />

gesteuert, wenn er außerhalb der Atmosphäre<br />

fliegt. Auf einem Werkstattwagen<br />

steht ein Triebwerk des RCS, das<br />

3 N 22. Es ist sehr einfach im Aufbau,<br />

entwickelt einen Schub von 177 Newton<br />

und hat mit mehr als 2000 Zündungen<br />

bereits seine Tauglichkeit bewiesen.<br />

Statt der üblicherweise benutzten hochgiftigen,<br />

hypergolen Treibstoffe wird eine<br />

eigene Treibstoffkombination verwendet,<br />

deren Zusammensetzung ein<br />

Treibstofftank<br />

fasst 750 kg<br />

Vier XR-5K18-Triebwerke mit<br />

Kerosin und flüssigem Sauerstoff<br />

betrieben, wiederzündbar<br />

und laut XCOR mehr als<br />

5000-mal zu verwenden<br />

Rumpf und Flügel<br />

aus Verbundwerkstoffen<br />

für<br />

möglichst geringes<br />

Gewicht<br />

Fotos: XCOR (4), Hans Jürgen Zimmermann (3)<br />

Lynx-Versionen<br />

Lynx bietet Platz für nur einen Weltraumpassagier,<br />

soll aber pro Tag bis zu fünfmal ins All fliegen<br />

können. Die im Bau befindliche Version Mark 1 dient<br />

in erster Linie der Erprobung aller Systeme und der<br />

Ausbildung zukünftiger Piloten. Die geplante maximale<br />

Flughöhe wird rund 62 km betragen. Mark 2<br />

soll eine Höhe von über 100 km erreichen und die<br />

ersten Passagiere befördern. Mark 3 soll mittels eines<br />

externen Behälters Nutzlasten wie wissenschaftliche<br />

Experimente befördern und Mikrosatelliten starten<br />

können. Ein Flug dauert etwa 30 Minuten, mit einer<br />

Phase der Schwerelosigkeit von fast sechs Minuten.<br />

Der aktuelle Preis für einen Flug liegt bei 150 000<br />

US-Dollar und damit deutlich unter dem anderer<br />

Anbieter. Bisher sind 300 Tickets verkauft worden.<br />

Firmengeheimnis ist. Für die Steuerung<br />

werden zwölf dieser Schubdüsen an<br />

Bug, Heck und Flügelspitzen benötigt.<br />

Auf der anderen Seite der Halle steht<br />

der Lynx Mark 1, der Raumgleiter, mit<br />

dem die erste Serie von Flügen stattfinden<br />

soll. Der Rumpf ist unlackiert, die<br />

Flügel fehlen noch. Bis zum Erstflug<br />

wird es wohl noch dauern. Der ursprüngliche<br />

Termin wurde immer wieder<br />

verschoben, und mittlerweile gibt es keine<br />

Angaben mehr dazu. Im Gegensatz<br />

zu anderen privaten Raumfahrtfirmen<br />

fehlen XCOR finanzstarke Investoren<br />

wie Elon Musk, Richard Branson oder<br />

Paul Allen. Deshalb kündigte das Unternehmen<br />

Ende Mai 2016 an, sich zunächst<br />

auf die Entwicklung des mit flüssigem<br />

Sauerstoff und flüssigem Wasserstoff<br />

betriebenen Oberstufentriebwerks<br />

8H21 zu fokussieren. United Launch<br />

Alliance (ULA) hat Interesse daran bekundet,<br />

es in der neuen Vulcan-Rakete<br />

einzusetzen. Aufgeben will XCOR den<br />

Lynx aber nicht. Denn eines Tages soll er<br />

an die Grenze zum Weltraum fliegen,<br />

nicht nur im Simulator.<br />

FR<br />

HANS JÜRGEN ZIMMERMANN<br />

<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Februar <strong>2017</strong> 79

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