seitenbühne Nr. 6 - Niedersächsische Staatstheater Hannover
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In jedem Kleiderschrank wird von Zeit zu<br />
Zeit ausgemistet; so auch seit einigen<br />
Wochen im Kostümfundus der <strong>Staatstheater</strong><br />
<strong>Hannover</strong>. Für die Altkleidersammlung sind<br />
die aussortierten Stücke aber viel zu schade.<br />
Deshalb veranstaltet der Fundus am 10.<br />
November in den Foyers der Staatsoper<br />
einen Kostümbasar. Auf diese Weise findet<br />
so manches Prachtexemplar noch eine Verwendung<br />
außerhalb des Theaters, denn das<br />
ist die Gelegenheit, um sich schon mal für die<br />
Faschingszeit einzudecken. Doch Fundusverwalter<br />
Dirk Ihrig und seine Mitarbeiter<br />
Karin Fliegel und Emerich Tissberger<br />
schauen dem Ereignis auch ein bisschen<br />
wehmütig entgegen. Verständlich, wenn<br />
man die Vielfalt des Bestandes überblickt.<br />
Im fünften Stock des Opernhauses und im<br />
Tiefenmagazin im Keller der Ständehausstraße<br />
15 lagern über 40 000 Kleidungsstücke.<br />
Wie findet man da ein einzelnes<br />
Kleid? „Den Überblick verschaffen wir uns<br />
mit einem altbewährten System, das immer<br />
wieder von außerhalb gelobt wird“, berichtet<br />
Karin Fliegel stolz: Alle Bühnenstücke<br />
der <strong>Staatstheater</strong> bekommen Nummern und<br />
eine sogenannte Abrechnung. Auf dieser<br />
sind die verschiedenen Kostüme wiederum<br />
nummeriert aufgeführt. Im Kostüm selbst<br />
findet man den Namen des Stückes und des<br />
Künstlers, der es getragen hat.<br />
Die Kostümbildner oder -assistenten<br />
suchen sich ihre Kostüme aus, die dann auf<br />
Listen erfasst und zusammen auf eine fahrbare<br />
Kleiderstange gehängt werden. So entsteht<br />
zu jedem Stück der aktuellen Spielzeit<br />
ein eigener Ständer. Am Tag der jeweiligen<br />
Vorstellung wandern die Kostüme in die<br />
Garderobe. Braucht man die Kostüme außer<br />
Haus, findet der Transport in grauen Rollschränken<br />
statt. Wenn die Vorstellung eine<br />
Zeit lang nicht mehr gespielt wird, „ruht“<br />
sie, d.h. der Ständer bleibt erhalten. Er wird<br />
„aufgelöst“, wenn die Vorstellung aus dem<br />
Programm verschwindet. Dann prüfen die<br />
Mitarbeiter anhand der Abrechnung Vollständigkeit<br />
und Zustand der Kostüme. Die<br />
gut erhaltenen kommen wieder an ihren<br />
Platz in den Reihen, die restlichen je nach<br />
Aus den Werkstätten <strong>seitenbühne</strong> | Seite 19<br />
Kleiderschrank mit System<br />
Im Kostümfundus laufen die Vorbereitungen für den Kostümbasar<br />
Art des Schadens in die Schneiderei oder<br />
Färberei. Neben den inventarisierten Kostümen<br />
gibt es auch welche ohne Nummern.<br />
Diese befinden sich nicht mehr in optimalem<br />
Zustand. Die Künstler tragen sie nur<br />
noch in Proben, da hier der Verschleiß<br />
immer groß ist. Sehr alte oder empfindliche<br />
Stücke wie Blusen aus sehr feiner Spitze dürfen<br />
gar nicht mehr benutzt werden und stehen<br />
nur noch zur Ansicht zur Verfügung –<br />
oder als Modell für die Schneiderei.<br />
Der Fundus ist aufgeteilt in Herren- und<br />
Damenfundus, Wäsche-, Pullover- und<br />
Hemdenzimmer. Neben den klassischen<br />
Uniformen, Ritterrüstungen und Ballkleidern<br />
gibt es auch alltägliche Kleidungsstücke<br />
wie Jeans und T-Shirts, die ganz<br />
unspektakulär im Kaufhaus erstanden werden.<br />
Alles ist in Reihen sortiert, die im täglichen<br />
Sprachgebrauch Namen bekommen<br />
haben wie „Volks-“, „Arbeits-“ oder „Phantasiereihe“.<br />
Man findet zum Beispiel eine<br />
ganze Reihe nur mit Hosen in allen vorstellbaren<br />
Farben. „Mir helfen ein gutes<br />
Gedächtnis, ein ausgeprägtes Farbempfinden<br />
und ein Gefühl für die verschiedenen<br />
Materialien. Die meisten in unserem Beruf<br />
haben auch eine Schneiderausbildung absolviert“,<br />
erzählt Karin Fliegel.<br />
Aber ein Kostüm ist sehr viel mehr als das<br />
bloße Gewand. In unzähligen Kisten, gestapelt<br />
bis unter die Decke, lagern Häubchen,<br />
Schals, Strümpfe und vieles mehr. Es gibt<br />
sogar eigens zuständige Mitarbeiter für<br />
Schmuck, Hüte und Schuhe. Sie alle helfen<br />
dem Kostümbildner, seine Figuren einzukleiden.<br />
Oft kommt er in den Fundus, um<br />
sich inspirieren zu lassen. Wie er können die<br />
Besucher des Kostümbasars am 10. November<br />
durch die endlosen Stoffreihen schlendern<br />
und in die Welt der Illusion und<br />
Phantasie eintauchen.<br />
Also, auf zum Kostümbasar!<br />
Nelly Schmitt<br />
Kostümbasar<br />
der <strong>Staatstheater</strong> <strong>Hannover</strong><br />
Samstag, 10. November, 10-13 Uhr<br />
Fundusmitarbeiterin Karin Fliegel<br />
und Hutmacherin Sina Kropp<br />
mit den Kostbarkeiten aus dem Fundus