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Adenauer und die deutschen Ostgebiete in den fünfziger Jahren

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496 Axel Frohn<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Neutralisierung Deutschlands im Zentrum, war im Herbst 1951 also <strong>in</strong><br />

vollem Gang.<br />

Als <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> am 24. September auf Schloß Ernich <strong>die</strong> Verhandlungen mit <strong>den</strong> Hohen<br />

Kommissaren über <strong>den</strong> Deutschlandvertrag aufnahm, sah er <strong>die</strong> West<strong>in</strong>tegration<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik, <strong>die</strong> se<strong>in</strong>er Auffassung nach allen Wiedervere<strong>in</strong>igungsbemühungen<br />

vorauszugehen hatte, e<strong>in</strong>er doppelten Gefährdung ausgesetzt. Wie <strong>die</strong> Konferenz<br />

im Palais Marbre Rose gezeigt hatte, war e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung der Westmächte mit der Sowjetunion<br />

<strong>in</strong> der Deutschlandfrage auf Kosten der Deutschen ebensowenig auszuschließen<br />

wie e<strong>in</strong> Erfolg der se<strong>in</strong>es Erachtens verfrühten <strong>und</strong> derzeit völlig verfehlten<br />

<strong>deutschen</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igungsbestrebungen. Das Ergebnis wäre im e<strong>in</strong>en wie im anderen<br />

Fall dasselbe gewesen: Die Wiedererrichtung e<strong>in</strong>es Besatzungsregimes, dessen<br />

Ablösung gerade erst <strong>in</strong> greifbare Nähe zu rücken schien, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Neutralisierung<br />

Deutschlands, <strong>die</strong> für <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> i<strong>den</strong>tisch war mit bolschewistischer Herrschaft 41 .<br />

Der Entschluß des B<strong>und</strong>eskanzlers, bei<strong>den</strong> Gefahren entgegenzuwirken, stand<br />

fest. Dazu sollte e<strong>in</strong> zügiger Abschluß der Vertragsverhandlungen beitragen. Der<br />

Schlüssel zum Erfolg aber lag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er taktisch geschickt gelenkten Debatte über das<br />

Problem der <strong>deutschen</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igung. Das Verhandlungsergebnis mußte e<strong>in</strong>en<br />

künftigen Alle<strong>in</strong>gang der Westmächte <strong>in</strong> der Deutschlandfrage verh<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

deutsche Öffentlichkeit überzeugen, daß Deutschlandvertrag <strong>und</strong> West<strong>in</strong>tegration<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik nicht im Gegensatz zur Wiedervere<strong>in</strong>igung Deutschlands stan<strong>den</strong>,<br />

sondern <strong>die</strong>ses Ziel ganz im Gegenteil fördern wür<strong>den</strong>.<br />

Nach <strong>den</strong> Ereignissen der vorangegangenen Wochen war jetzt auch <strong>den</strong> Hohen<br />

Kommissaren an e<strong>in</strong>er Klarstellung der <strong>deutschen</strong> Position gelegen. Hätten sich <strong>die</strong><br />

„Russen" zu wirklichen Zugeständnissen <strong>und</strong> tatsächlich zu freien Wahlen <strong>in</strong> Deutschland<br />

durchgerungen, um <strong>die</strong> West<strong>in</strong>tegration der B<strong>und</strong>esrepublik zu verh<strong>in</strong>dern, so argumentierte<br />

McCloy gegenüber se<strong>in</strong>en bei<strong>den</strong> Kollegen Andre Francois-Poncet <strong>und</strong><br />

Sir Ivone Kirkpatrick, dann hätten <strong>die</strong> Deutschen bei <strong>den</strong> bevorstehen<strong>den</strong> Verhandlungen<br />

<strong>die</strong> Grenzen der westlichen Konzessionsbereitschaft ausloten können, ohne selbst<br />

irgendwelche Verpflichtungen e<strong>in</strong>gehen zu müssen. Bevor man sich darauf e<strong>in</strong>ließ,<br />

sollte zunächst <strong>die</strong> E<strong>in</strong>stellung des B<strong>und</strong>eskanzlers noch e<strong>in</strong>mal ausgeforscht wer<strong>den</strong><br />

42 .<br />

Dies geschah gleich zu Beg<strong>in</strong>n der ersten Gesprächsr<strong>und</strong>e am 24. September 1951.<br />

<strong>A<strong>den</strong>auer</strong> griff <strong>die</strong> Chance, <strong>die</strong> sich hier bot, sofort auf: Jeder, der wie er an <strong>die</strong> absolute<br />

Notwendigkeit der Integration Europas glaube, müsse entschlossen se<strong>in</strong>, allen<br />

russischen Verh<strong>in</strong>derungsmanövern zu widerstehen, ob sie nun ernstgeme<strong>in</strong>t seien<br />

oder nicht, <strong>den</strong>n es sei völlig offenk<strong>und</strong>ig, daß <strong>die</strong> „Russen" der West<strong>in</strong>tegration e<strong>in</strong>es<br />

vere<strong>in</strong>ten Deutschland niemals zustimmen wür<strong>den</strong>. Als der Kanzler <strong>die</strong>se Fest-<br />

41 Vgl. <strong>A<strong>den</strong>auer</strong>. Teegespräche 1950-1954, hrsg. v. Rudolf Morsey <strong>und</strong> Hans-Peter Schwarz, bearb. v.<br />

Hanns Jürgen Küsters, Berl<strong>in</strong> 2 1985, S.28, 39, 99, 102f.; Schwarz, <strong>A<strong>den</strong>auer</strong>. Der Aufstieg, S.841.<br />

42 Siehe FRUS 1951, III, part 2, S. 1785-1787; Kirkpatrick an Foreign Office, 24.9. 1951, <strong>in</strong>: Rolf<br />

Ste<strong>in</strong><strong>in</strong>ger, E<strong>in</strong>e Chance zur Wiedervere<strong>in</strong>igung? Die Stal<strong>in</strong>-Note vom 10. März 1952, Bonn<br />

1985,S.110f.

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