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Adenauer und die deutschen Ostgebiete in den fünfziger Jahren

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<strong>A<strong>den</strong>auer</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Ostgebiete</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>fünfziger</strong> <strong>Jahren</strong> 499<br />

Gleich am 1. Oktober 1951, als der Kanzler zum erstenmal ausführlich zum alliierten<br />

Vertragsentwurf Stellung nahm, griff er <strong>die</strong>sen Themenkomplex - wohl<br />

auch auf Drängen Schumachers - auf, <strong>und</strong> zwar im Zusammenhang mit der Ausübung<br />

der obersten Gewalt. Dabei g<strong>in</strong>g es wieder um das Leitmotiv se<strong>in</strong>er Verhandlungsführung,<br />

im Interesse der <strong>deutschen</strong> Gleichberechtigung das Besatzungsrecht<br />

so weit wie irgend möglich durch Vertragsrecht zu ersetzen. „Es falle ihm<br />

schwer, e<strong>in</strong>zusehen", erklärte er, „warum man <strong>die</strong>se höchste Gewalt heute noch wegen<br />

Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> der Wiederherstellung der E<strong>in</strong>heit aufrechterhalten wolle, warum<br />

man nicht vielmehr <strong>die</strong>se Frage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em besonderen Vertrag regeln könne." 53 Ferner<br />

wies er darauf h<strong>in</strong>, daß <strong>in</strong> der „Erklärung <strong>in</strong> Anbetracht der Niederlage<br />

Deutschlands", <strong>in</strong> der <strong>die</strong> Ausübung der obersten Gewalt durch <strong>die</strong> Alliierten kodifiziert<br />

wor<strong>den</strong> war, zwei ganz verschie<strong>den</strong>e Materien enthalten seien. „E<strong>in</strong>mal regele<br />

sie <strong>die</strong> Funktion, <strong>die</strong> <strong>die</strong> vier Regierungen im allgeme<strong>in</strong>en übernehmen. [...] Außerdem<br />

enthalte aber <strong>die</strong> Vere<strong>in</strong>barung vom 5. Juni 1945 Abmachungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Alliierten<br />

als Verbündete unter sich geschlossen hätten, zum Beispiel <strong>die</strong> Regelung<br />

von Grenzfragen. Diese Fragen hätten aber mit der obersten Regierungsgewalt<br />

nichts zu tun." 54 Damit sprach <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> <strong>die</strong> Klausel an, <strong>in</strong> der sich <strong>die</strong> vier Mächte<br />

vorbehalten hatten, „später <strong>die</strong> Grenzen Deutschlands oder irgende<strong>in</strong>es Teiles<br />

Deutschlands <strong>und</strong> <strong>die</strong> rechtliche Stellung Deutschlands oder irgende<strong>in</strong>es Gebietes,<br />

das gegenwärtig e<strong>in</strong>en Teil <strong>deutschen</strong> Gebietes bildet", festzulegen 55 . Da <strong>die</strong> Westmächte<br />

im Generalvertrag ausdrücklich an <strong>die</strong>ser Erklärung festhalten wollten, erk<strong>und</strong>igte<br />

sich der Kanzler, ob <strong>die</strong>s wohl bedeuten solle, daß <strong>die</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />

im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Wiederherstellung der <strong>deutschen</strong> E<strong>in</strong>heit „nicht selbständig<br />

handeln könne, sondern sich dem fügen müsse, was <strong>die</strong> Westalliierten bestimmten"<br />

56 - e<strong>in</strong>e Frage, deren Brisanz angesichts der Grotewohl-Initiative <strong>und</strong> der Erwartungen,<br />

<strong>die</strong> sie <strong>in</strong> der <strong>deutschen</strong> Öffentlichkeit geweckt hatte, allen Anwesen<strong>den</strong><br />

bewußt war.<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang, fuhr <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> fort, sei auch auf Artikel IV, Absatz 2,<br />

des alliierten Entwurfs h<strong>in</strong>zuweisen, <strong>den</strong> er danach - geschickt entstellt - zitierte:<br />

„Auf Antrag der Regierung der B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong> <strong>in</strong> allen Fällen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en <strong>die</strong>se<br />

selbst hierzu nicht <strong>in</strong> der Lage ist, wer<strong>den</strong> <strong>die</strong> Regierungen der drei Mächte <strong>die</strong> erforderlichen<br />

Maßnahmen treffen, um <strong>die</strong> Interessen der B<strong>und</strong>esrepublik gegenüber anderen<br />

Staaten <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong>ternationalen Organisationen oder auf e<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong>ternationalen<br />

Konferenzen zu vertreten." 57<br />

53 Verlaufsprotokoll der Sitzung vom 1.10. 1951, <strong>in</strong>: Ebenda, S.393; zur Rolle Schumachers siehe<br />

Verlaufsprotokoll 3. 10. 1951, <strong>in</strong>: Ebenda, S.402, <strong>und</strong> FRUS 1951, III, part 2, S. 1544.<br />

54 Verlaufsprotokoll 1.10. 1951, <strong>in</strong>: AAPD, Bd. 1, S.399.<br />

55 Präambel der „Erklärung <strong>in</strong> Anbetracht der Niederlage Deutschlands <strong>und</strong> der Übernahme der<br />

obersten Regierungsgewalt h<strong>in</strong>sichtlich Deutschlands" vom 5.6. 1945, <strong>in</strong>: Berber/Randelzhofer<br />

(Hrsg.), Völkerrechtliche Verträge, S.316.<br />

56 Verlaufsprotokoll 1. 10. 1951, <strong>in</strong>: AAPD, Bd. 1, S.394.<br />

57 Ebenda; tatsächlich lautete der Satz im Vertragsentwurf: „Auf Ersuchen der Regierung der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

wer<strong>den</strong> <strong>die</strong> Regierungen der Drei Mächte Vorkehrungen treffen, um <strong>die</strong> Interessen

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