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Adenauer und die deutschen Ostgebiete in den fünfziger Jahren

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524 Axel Frohn<br />

Vere<strong>in</strong>ten Nationen zurück 166 . Manchmal sprach er auch von e<strong>in</strong>er „<strong>in</strong>ternationalen<br />

Verwaltung", e<strong>in</strong>er „Integration der Gebiete jenseits von Oder <strong>und</strong> Neiße <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gesamteuropäische<br />

E<strong>in</strong>heit" oder e<strong>in</strong>er Lösung des Problems „auf europäischer Basis"<br />

167 . Mehr darüber zu sagen, hatte nach se<strong>in</strong>er Auffassung „gar ke<strong>in</strong>en Zweck",<br />

war es doch völlig offen, „wie <strong>die</strong> Welt [...] aussehen" würde, sollte es e<strong>in</strong>mal zu e<strong>in</strong>er<br />

Regelung kommen 168 .<br />

Vom Frühjahr 1955 an zog <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> jedoch auch zunehmend <strong>die</strong> Möglichkeit <strong>in</strong><br />

Betracht, daß <strong>die</strong> Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze der Preis für <strong>die</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />

der bei<strong>den</strong> <strong>deutschen</strong> Staaten se<strong>in</strong> könnte. Weder könne er <strong>die</strong> Oder-Neiße-<br />

L<strong>in</strong>ie als deutsch-polnische Grenze h<strong>in</strong>nehmen, vertraute er dem amerikanischen<br />

Hohen Kommissar James B. Conant an, noch könne er <strong>die</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igung ablehnen,<br />

wenn <strong>die</strong> Anerkennung der Ostgrenze zur Bed<strong>in</strong>gung gemacht würde. Dies dürfe<br />

er aber nicht öffentlich sagen 169 . Leichter hatte es da schon Wilhelm Grewe, als er<br />

vier Jahre später <strong>den</strong>selben Gedanken formulierte: „Ich glaube, daß es überhaupt<br />

nur e<strong>in</strong>e Aussicht gibt, das deutsche Volk mit e<strong>in</strong>er Lösung zu versöhnen, <strong>die</strong> größere<br />

Gebietsopfer verlangen würde: Das wäre e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung der Grenzfrage mit e<strong>in</strong>er<br />

positiven Regelung der Wiedervere<strong>in</strong>igungsfrage." 170<br />

In ihren „Essentials" stimmte <strong>die</strong> Auffassung der B<strong>und</strong>esregierung zum Grenzproblem<br />

jedoch auch am Ende der „Ära <strong>A<strong>den</strong>auer</strong>" noch völlig mit der Position übere<strong>in</strong>,<br />

<strong>die</strong> <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> bereits 1951 <strong>in</strong> Paris vertreten hatte. Auf <strong>die</strong> Frage des amerikanischen<br />

Außenm<strong>in</strong>isters Rusk, „was <strong>die</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igung gebietsmäßig bedeute", antwortete<br />

Gerhard Schröder knapp drei Wochen vor dem Rücktritt des B<strong>und</strong>eskanzlers:<br />

„Es wäre [...] falsch, wenn man <strong>in</strong> Deutschland schon heute sagen würde, welches<br />

<strong>die</strong> deutsche M<strong>in</strong>imalposition wäre, weil <strong>die</strong> andere Seite dann sofort versuchen<br />

würde, daraus e<strong>in</strong>e Maximalposition zu machen <strong>und</strong> <strong>die</strong>se weiter herunterzudrücken.<br />

Man müsse vielmehr sagen, daß <strong>die</strong>se Fragen nur von e<strong>in</strong>er gesamt<strong>deutschen</strong> Regierung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Frie<strong>den</strong>svertrag unter <strong>den</strong> dann bestehen<strong>den</strong> Bed<strong>in</strong>gungen behandelt<br />

wer<strong>den</strong> könnten. [...] Die e<strong>in</strong>zige Antwort, <strong>die</strong> man zur Zeit geben könne, sei <strong>die</strong>,<br />

daß das Selbstbestimmungsrecht zur Anwendung kommen sollte <strong>und</strong> daß nichts geschehen<br />

dürfe, was zu e<strong>in</strong>er vorzeitigen Preisgabe der Positionen führen würde, <strong>die</strong><br />

e<strong>in</strong>em Frie<strong>den</strong>svertrag vorbehalten bleiben müßten." 171<br />

166<br />

Siehe <strong>A<strong>den</strong>auer</strong>, Teegespräche 1950-1954, S.308 <strong>und</strong> S.696f., Anm. 13; „Four Power Talks on<br />

Germany and Austria: German Frontiers", ohne Datum [20.6. 1951], <strong>in</strong>: NA, RG 59, 762.022/6-<br />

2051, microfilm C 0040, reel 6, frames 128-131, bes. frame 131; Schwarz, <strong>A<strong>den</strong>auer</strong>. Der Staatsmann,<br />

S. 104 <strong>und</strong> 379.<br />

167<br />

Ebenda, S.86 <strong>und</strong> 379; <strong>A<strong>den</strong>auer</strong>, Teegespräche 1955-1958, hrsg. v. Rudolf Morsey <strong>und</strong> Hans-Peter<br />

Schwarz, bearb. v. Hanns Jürgen Küsters, Berl<strong>in</strong> 1986, S.201 f.<br />

168<br />

<strong>A<strong>den</strong>auer</strong>, Teegespräche 1955-1958, S. 81.<br />

169<br />

FRUS 1955-1957, V, Austrian State Treaty; Summit and Foreign M<strong>in</strong>isters Meet<strong>in</strong>gs 1955, Wash<strong>in</strong>gton<br />

1988, S. 148 f.<br />

170<br />

Wilhelm G.Grewe, Deutsche Außenpolitik der Nachkriegszeit, Stuttgart 1960, S. 420; siehe auch<br />

FRUS 1958-1960, IX, S. 34.<br />

171<br />

Gespräch Schröders mit Rusk <strong>und</strong> Lord Home, 27.9. 1963, <strong>in</strong>: AAPD 1963, Bd. II, S.1245f.

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