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Adenauer und die deutschen Ostgebiete in den fünfziger Jahren

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504 Axel Frohn<br />

Wie wichtig dem Kanzler das Ziel war, das er mit dem Streit um <strong>die</strong> <strong>Ostgebiete</strong><br />

verfolgte, läßt sich daran erkennen, daß er ihn suchte, obwohl er zuvor immer wieder<br />

auf e<strong>in</strong>e Beschleunigung der Verhandlungen <strong>und</strong> ihren zügigen Abschluß gedrängt<br />

hatte, „damit Fakten geschaffen wür<strong>den</strong>" 78 . In <strong>die</strong>selbe Richtung weist der Umstand,<br />

daß <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> <strong>die</strong> Grenzfrage erst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er letzten Gesprächsr<strong>und</strong>e mit <strong>den</strong> Hohen<br />

Kommissaren am 14. November thematisierte. Offenbar maß er der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

so entschei<strong>den</strong>de Bedeutung bei, daß er sie gar nicht mit <strong>den</strong> untergeordneten<br />

Hohen Kommissaren <strong>in</strong> Bonn, sondern vielmehr e<strong>in</strong>e Woche später mit <strong>den</strong> drei<br />

westlichen Außenm<strong>in</strong>istern <strong>in</strong> Paris führen wollte.<br />

Ausgangspunkt der Debatte war - wie bereits angedeutet 79 - <strong>die</strong> Formulierung, <strong>die</strong><br />

Wilhelm Grewe für Artikel IV des Bürgenstock-Entwurfs gewählt hatte. Danach<br />

sollten <strong>die</strong> „Hohen vertragschließen<strong>den</strong> Parteien" ihre E<strong>in</strong>igkeit bek<strong>und</strong>en, „daß <strong>die</strong><br />

friedliche Wiederherstellung der <strong>deutschen</strong> E<strong>in</strong>heit [...] e<strong>in</strong> wesentliches Ziel ihrer<br />

geme<strong>in</strong>samen Politik" sei 80 . Nach mehr als fünf Verhandlungswochen fand sich <strong>die</strong>ser<br />

Satz <strong>in</strong> etwas abgewandelter Form <strong>in</strong> Artikel VI (später Artikel VII) der alliierten<br />

Fassung des Generalvertrags wieder. Jetzt lautete er: „Die Drei Mächte <strong>und</strong> <strong>die</strong> B<strong>und</strong>esregierung<br />

wer<strong>den</strong> zusammenarbeiten, um mit friedlichen Mitteln ihr geme<strong>in</strong>sames<br />

Ziel e<strong>in</strong>es wiedervere<strong>in</strong>igten Deutschlands zu erreichen." 81 Als John J. McCloy am<br />

3. November e<strong>in</strong>en annotierten Vertragsentwurf, <strong>in</strong> dem sich der Stand der Verhandlungen<br />

widerspiegelte, zur Kenntnisnahme an das State Department übersandte, vermerkte<br />

er h<strong>in</strong>ter <strong>die</strong>sem Satz: „Agreed" 82 . Die <strong>deutschen</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> alliierten Unterhändler<br />

hatten sich Anfang November also bereits auf e<strong>in</strong>e vom <strong>deutschen</strong> Vorschlag<br />

nicht wesentlich abweichende Formel gee<strong>in</strong>igt. So je<strong>den</strong>falls dachte McCloy.<br />

Gegen Ende der nächsten Zusammenkunft am 8. November 1951 erklärte <strong>A<strong>den</strong>auer</strong><br />

jedoch plötzlich, <strong>die</strong> alliierte Fassung des Artikels VI sei „völlig unannehmbar" 83 ,<br />

<strong>und</strong> am Tag vor der abschließen<strong>den</strong> Sitzung mit <strong>den</strong> Hohen Kommissaren ließ er<br />

im Kab<strong>in</strong>ett durchblicken, daß er alle eventuell verbleiben<strong>den</strong> Differenzpunkte<br />

noch e<strong>in</strong>mal zuspitzen wolle, damit sie vor se<strong>in</strong>er Konferenz mit <strong>den</strong> westlichen Außenm<strong>in</strong>istern<br />

<strong>in</strong> Paris auch „ganz klar" seien 84 .<br />

<strong>A<strong>den</strong>auer</strong> eröffnete <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung um <strong>die</strong> <strong>Ostgebiete</strong> am 14. November<br />

mit der Feststellung, daß das Wort „unification" <strong>in</strong> der englischen Fassung des Generalvertrags<br />

gewählt wor<strong>den</strong> sei, weil <strong>die</strong> Alliierten <strong>die</strong> Auslegung vermei<strong>den</strong> wollten,<br />

78<br />

AAPD, Bd. 1, Verlaufsprotokoll 10. 10. 1951 S. 415; ebenda, Aufzeichnung Hallste<strong>in</strong>s der Besprechung<br />

<strong>A<strong>den</strong>auer</strong>s mit <strong>den</strong> Alliierten Hohen Kommissaren (künftig: Aufzeichnung Hallste<strong>in</strong>s)<br />

vom 17.10. 1951, S.553; ebenda, Aufzeichnung Hallste<strong>in</strong>s vom 25.10. 1951, S. 559 <strong>und</strong> 561.<br />

79<br />

Siehe oben S. 493.<br />

80<br />

AAPD, Bd. 1, S. 518.<br />

81<br />

Ebenda, S. 523.<br />

82<br />

FRUS 1951, III, part 2, S. 1566-1571, bes. S. 1566, dort auch Anm.3, <strong>und</strong> S. 1571.<br />

83<br />

Aufzeichnung Grewes vom 8. ll. 1951, <strong>in</strong>: AAPD, Bd. 1, S.569. McCloy nahm <strong>A<strong>den</strong>auer</strong>s Erklärung<br />

offenbar nicht zur Kenntnis; je<strong>den</strong>falls reagierte er nicht darauf, <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bericht an<br />

das State Department erwähnte er sie nicht. Siehe FRUS 1951, III, part 2, S. 1576-1579.<br />

84<br />

Vgl. Kab<strong>in</strong>ettsprotokolle, Bd.4, 1951, S.754, Anm.40.

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