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Adenauer und die deutschen Ostgebiete in den fünfziger Jahren

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500 Axel Frohn<br />

Dieser Wortlaut sei sehr unbestimmt, beschwerte er sich. Nähere Erläuterungen<br />

seien dr<strong>in</strong>gend notwendig 58 . Während <strong>die</strong> Westmächte jedoch nur „auf Ersuchen"<br />

der B<strong>und</strong>esregierung im Interesse der B<strong>und</strong>esrepublik tätig wer<strong>den</strong> wollten, erweckte<br />

<strong>A<strong>den</strong>auer</strong> durch se<strong>in</strong>e kaum merkliche Textumstellung, durch <strong>die</strong> er se<strong>in</strong>e Verhandlungspartner<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Defensive drängte <strong>und</strong> <strong>die</strong> ihnen zunächst auch entg<strong>in</strong>g,<br />

<strong>den</strong> völlig unzutreffen<strong>den</strong> E<strong>in</strong>druck, daß <strong>die</strong> Alliierten mit oder ohne Auftrag beabsichtigten,<br />

„<strong>in</strong> allen Fällen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en <strong>die</strong>se selbst hierzu nicht <strong>in</strong> der Lage ist," für<br />

<strong>die</strong> B<strong>und</strong>esrepublik zu handeln. Die Konsequenz e<strong>in</strong>er solchen Politik lag für<br />

<strong>A<strong>den</strong>auer</strong> auf der Hand, kannte er doch <strong>die</strong> „außeror<strong>den</strong>tliche Stärke der Tradition<br />

des Quai d'Orsay [...], <strong>die</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Sowjetrußland nicht aufzugeben", <strong>und</strong><br />

hatte es doch erst kürzlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Leitartikel der französischen Zeitung Le Monde<br />

geheißen, „daß man ohne Schwierigkeiten <strong>den</strong> Gedanken e<strong>in</strong>er Neutralisierung<br />

Deutschlands <strong>in</strong>s Auge fassen könne" 59 .<br />

Auch <strong>die</strong>smal g<strong>in</strong>g Kirkpatrick auf <strong>den</strong> Schachzug des Kanzlers e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>dem er<br />

gleich zu Beg<strong>in</strong>n der nächsten Zusammenkunft am 3. Oktober erklärte, „[das] Projekt<br />

e<strong>in</strong>er Neutralisierung Deutschlands sei nicht nur <strong>und</strong>urchführbar [...], sondern<br />

auch schädlich" 60 . Im übrigen, fuhr Kirkpatrick fort, strebten <strong>die</strong> Westmächte e<strong>in</strong><br />

möglichst hohes Maß von Konsultationen mit der B<strong>und</strong>esregierung an, <strong>und</strong> zwar<br />

„vor allem h<strong>in</strong>sichtlich der Fragen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igung Deutschlands betreffen",<br />

<strong>und</strong> sie planten e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft, „<strong>in</strong> der nichts h<strong>in</strong>ter dem Rücken des Partners<br />

unternommen wer<strong>den</strong> dürfe, weder von alliierter noch von deutscher Seite".<br />

<strong>A<strong>den</strong>auer</strong> fand <strong>die</strong>s recht <strong>und</strong> billig 61 .<br />

Trotzdem ließen ihm <strong>die</strong> alliierten Vorbehaltsrechte im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Frie<strong>den</strong>sregelung ke<strong>in</strong>e Ruhe. Würde e<strong>in</strong>e Wiederherstellung<br />

der <strong>deutschen</strong> E<strong>in</strong>heit, falls <strong>die</strong> Sowjetunion <strong>und</strong> <strong>die</strong> Westmächte sich darauf e<strong>in</strong>igten,<br />

nicht zwangsläufig zur erneuten Vier-Mächte-Kontrolle über Gesamtdeutschland<br />

führen? Und würde <strong>die</strong> gesamtdeutsche Regierung dann nicht alle Freiheiten<br />

<strong>und</strong> Rechte wieder verlieren, <strong>die</strong> er <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten <strong>Jahren</strong> für Westdeutschland errungen<br />

hatte oder <strong>in</strong> <strong>den</strong> Verhandlungen über <strong>den</strong> Generalvertrag erst noch zu gew<strong>in</strong>nen<br />

hoffte? Aus <strong>die</strong>ser Sorge heraus ließ er Hallste<strong>in</strong> am 18. Oktober 1951 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sitzung<br />

des Lenkungsausschusses, der sich aus <strong>den</strong> politischen Beratern der Hohen<br />

Kommissare <strong>und</strong> dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts zusammensetzte <strong>und</strong><br />

sich mit politischen Gr<strong>und</strong>satzfragen befaßte, <strong>den</strong> Wunsch nach e<strong>in</strong>er „B<strong>in</strong>dungsklausel"<br />

vortragen. Diese Klausel sollte <strong>die</strong> Westmächte dazu verpflichten, e<strong>in</strong>em<br />

wiedervere<strong>in</strong>igten Deutschland <strong>die</strong>selben Freiheiten <strong>und</strong> <strong>den</strong>selben rechtlichen Status<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik <strong>in</strong> ihren Beziehungen zu anderen Staaten <strong>und</strong> <strong>in</strong> bestimmten <strong>in</strong>ternationalen<br />

Organisationen oder Konferenzen zu vertreten, soweit <strong>die</strong> B<strong>und</strong>esrepublik dazu nicht selbst <strong>in</strong><br />

der Lage ist." Erster alliierter Entwurf für e<strong>in</strong>en Generalvertrag vom 24. 9. 1951, Art. IV, <strong>in</strong>: Ebenda,<br />

S. 514.<br />

58 Verlaufsprotokoll 1.10. 1951, <strong>in</strong>: Ebenda, S.394.<br />

59 Ebenda, S.394 f.; vgl. FRUS 1951, III, part 2, S. 1540-1544, bes. S. 1541.<br />

60 Verlaufsprotokoll 3. 10. 1951, <strong>in</strong>: AAPD, Bd. 1, S.400.<br />

61 Ebenda, S.402; FRUS 1951, III, part 2, S. 1544 f.

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